TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/18 91/12/0220

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Veröffentlicht am 18.09.1992
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §38 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des NN in B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 16. Juli 1991, Zl. 116.490/6-7/91, betreffend Versetzung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf das in dieser Sache ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1990, Zl. 90/12/0179, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Mit dem zitierten Erkenntnis wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 2. April 1990 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben und ausgesprochen, die vom Beschwerdeführer in seinen Einwendungen gegen die ihm von der Behörde erster Instanz mitgeteilte Absicht, ihn zu versetzen, vorgebrachten gesundheitlichen Umstände gehörten zu den persönlichen Verhältnissen des Beamten, die nach § 38 Abs. 3 erster Satz von Amts wegen zu berücksichtigen seien. Dem Gesetz dürfe keineswegs der Sinn unterstellt werden, daß eine drohende gesundheitliche Beeinträchtigung des Beamten infolge der mit der Versetzung verbundenen Belastung im Verfahren über die Versetzung unbeachtet bleiben müßte und erst nach dadurch verursachter dauernder Dienstunfähigkeit oder infolge Krankheit oder Gebrechens eingetretener einjähriger Abwesenheit vom Dienst und Dienstunfähigkeit (§ 14 Abs. 1 Z. 1 und 2 BDG 1979) geprüft werden könnte, ob die Voraussetzungen für den Übertritt in den Ruhestand vorlägen.

Im fortgesetzten Verfahren hat die belangte Behörde Befund und Gutachten des Amtsarztes des Landesarbeitsamtes Wien Dr. A vom 8. Mai 1991 eingeholt, das wie folgt lautet:

"Herr NN wurde am 16.4.1991 hieramts untersucht und gebeten, einen Röntgenbefund der gesamten WS, nachzureichen. Dieser langte am 25.4.1991 ho. ein.

Anamnese: 1963 AE, seit 1980 rez. Cervikalsyndrom und Dorsolumbalgie, 1983 akute Lumboischialgie re., seit 1985 Gonarthralgie re. mit Chondropathie, 1986 Physikotherapie wegen Lumbalgie, 1988 Meniskusschaden im re. Kniegelenk, 2 Tage stationär im KH-Mödling, vorgesehene Knieoperation wurde wegen Fettleber vom Internisten aus verschoben, 7. Mai 1990 Meniskusoperation im re. Kniegelenk mit Arthroskopie, 23.1.1991 Schleimbeutelop. im re. Kniegelenk nach rez. Schwellung - KH Lilienfeld, 5.4.1991 akute Nierenkolik mit kl.

Harnleiterstein li. mit Spontanabgang - KH Lilienfeld und Urolog. Abt. KH-St. Pölten.

Derzeitige Beschwerden: zeitweise Verspannungsschmerzen an der HWS mit fallweiser starker Migräne, bei starker Nässe- und Kälteeinwirkung auf li. Schultergelenk rheumatoide Beschwerden, zeitweise geringe Bandschwäche im re. Kniegelenk, zeitweise Depressionen, Schlafstörungen und bei Streßbelastung Neigung zu Erschöpfungszuständen.

Untersuchung:

AZ: entsprechend            Größe: 172cm, Gewicht: 83kg

EZ: adipös                  Alk.: 0, Nik.: 0, Ven.: 0

Sensorium: frei             Allergie: 0

Sehvermögen: o.B.           Med.: Legalon 140mgKps.2xtgl.

Hörvermögen: altersentsprechend

Gebiß: saniert

Cor.: rhythm. Aktionen, reine HT

Pulmo: VA ohne NGs

Abd.: weich, adipös

WS: li.konvexe Skoliose an der BWS und LWS

Extrem: St.p. Meniskus- und Schleimbeuteloperation

im re. Kniegelenk

Auf Grund des Vergleiches der Röntgenbefunde der gesamten WS vom 18.4.1986 und des neueingeholten Befundes vom 19.4.1991 besteht lediglich eine li. konvexe Skoliose an der BWS und LWS, sowie eine Streckhaltung der unteren BWS. Eine Zunahme von Abnützungserscheinungen während dieses Zeitraumes kann an der WS nicht festgestellt werden.

Eine 2x einstündige Busfahrt in modernen Linienbussen zur Dienststelle kann zu keiner wesentlichen Abnützung der Wirbelsäule führen, andererseits kann es durch die Fehlhaltung der Wirbelsäule zu zeitweisen Verspannungsschmerzen der Rückenmuskulatur und zum Aufbau von UNLUSTGEFÜHLEN KOMMEN, die weiter entfernte Dienststelle zu besuchen."

Zu diesem Gutachten nahm der Beschwerdeführer am 3. Juni 1991 Stellung und führte im wesentlichen aus, der Amtssachverständige habe ihm bei der Untersuchung gesagt, daß er vom medizinischen Standpunkt aus nicht mit Sicherheit sagen könne, daß durch das zusätzliche Pendeln eine Verschlimmerung des Wirbelsäulenschadens eintreten werde, er könne eine Verschlimmerung aber auch nicht mit Bestimmtheit ausschließen. Die Aussagen im Gutachten erschienen ihm vage und stünden im Widerspruch zu den vom Hausarzt des Beschwerdeführers festgestellten Untersuchungsergebnissen. Dieser vertrete die Meinung, daß ein tägliches Pendeln den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers verschlechtern würde. Da es sich beim Amtsarzt nicht um einen Facharzt handeln dürfte, werde dessen Gutachten nicht als Basis für eine negative Entscheidung hingenommen. Auch würden seiner Meinung nach auf der von ihm zu benützenden Strecke keine "modernen Linienbusse" eingesetzt. Zu seinem Gesundheitszustand brachte der Beschwerdeführer vor, daß die Anfälligkeit für sehr starke Kopfschmerzen seit seinem täglichen Pendeln nach Y in vermehrtem Ausmaß auftrete und er daher gezwungen sei, vermehrt Medikamente einzunehmen und ärztliche Hilfe zu beanspruchen.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid dahin ab, der Beschwerdeführer werde von Amts wegen mit Wirksamkeit vom 1. August 1991 vom Arbeitsamt X zum Arbeitsamt Y gemäß § 38 Abs. 2 BDG 1979 versetzt. Begründend wird nach Wiedergabe des Verfahrensganges im wesentlichen ausgeführt, die Versetzung sei gemäß § 38 Abs. 2 BDG 1979 wegen eines wichtigen dienstlichen Interesses zulässig. Wegen der Reorganisation der Verfahrensabläufe im Leistungsbereich und der damit verbundenen Rückverlegung der Leistungsagenden vom Arbeitsamt X zum Arbeitsamt Y habe bei dem letztgenannten Amt eine neue Abteilung errichtet werden müssen, für die qualifiziertes Personal mit einschlägiger Erfahrung benötigt worden sei. Gleichzeitig sei beim Arbeitsamt X bedingt durch teilweise Abgabe der Leistungsagenden, ein Personalüberhang gegeben. Zu den Einwendungen des Beschwerdeführers gegen das amtsärztliche Gutachten wird ausgeführt, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, die fachliche Kompetenz des Amtsarztes oder die inhaltliche Richtigkeit seines Gutachtens, das schlüssig und nachvollziehbar sei, in Zweifel zu ziehen. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte schriftliche Bestätigung des Hausarztes vom 2. Oktober 1989 könne zu keinem anderen Ergebnis führen, weil darin nur allgemein von einem "gesundheitlichen Nachteil" die Rede sei, der mit der weiteren Anfahrtsstrecke zum Arbeitsplatz verbunden wäre, ohne näher darauf einzugehen, worin dieser Nachteil bestehen solle und wie schwerwiegend er sei. Das vom Beschwerdeführer erwähnte Auftreten starker Kopfschmerzen seit dem Pendeln nach Y und die vom ärztlichen Sachverständigen erwähnte Möglichkeit des Auftretens von Verspannungsschmerzen und Unlustgefühlen stünden der Versetzung nicht entgegen, weil ein Kausalzusammenhang zwischen dem Pendeln nach Y und diesen Symptomen nicht nachgewiesen sei und die Symptome nicht als schwerwiegend einzustufen seien. Wenn bereits ein Vorhandensein von Unlustgefühlen eines Bediensteten gegen die Verrichtung einer bestimmten Tätigkeit an einem bestimmten Ort eine erforderliche Versetzung vereiteln könnte, wäre eine effektive öffentliche Verwaltung nicht mehr gewährleistet. Der Versetzung des Beschwerdeführers zum Arbeitsamt Y stünden daher keine schwerwiegenden gesundheitlichen Nachteile, welche die Versetzung unzulässig machen würden, entgegen. Die Fahrtzeit X - Y - X mit öffentlichen Verkehrsmitteln könne tatsächlich in einer Stunde und 38 Minuten zurückgelegt werden. Durch die Übersiedlung des Beschwerdeführers am 22. November 1989 von X nach B habe sich seine Reisezeit um insgesamt rund eine Stunde verlängert. Dieser zusätzliche Zeitaufwand, der durch die Verlegung des Wohnsitzes nach Erlassung des Bescheides erster Instanz, mit dem die Versetzung zum Arbeitsamt Y ausgesprochen worden sei, entstanden wäre, könne nicht berücksichtigt werden, weil es sonst der Bedienstete in der Hand hätte, jede Versetzung durch eine willkürliche Wohnsitzverlegung zu verhindern. Der Beschwerdeführer habe nicht vorgebracht, daß die Wohnsitzverlegung aus zwingenden Gründen erfolgen habe müssen. Eine tägliche Reisebewegung im Ausmaß von einer Stunde und 38 Minuten sei jedem Beamten zumutbar und stelle keine soziale Härte dar. Weiters wird im angefochtenen Bescheid auf die Frage eines wesentlichen wirtschaftlichen Nachteiles der Versetzung eingegangen, doch ist diese Frage nicht mehr Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, da sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift ausschließlich mit der Frage der gesundheitlichen Auswirkungen seiner Versetzung auseinandersetzt.

Mit der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 BDG 1979 von Amts wegen an einen anderen Dienstort versetzt zu werden und in Verfahrensvorschriften verletzt.

Die belangte Behörde hat unter Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich die Überprüfung der Frage, ob bei der Versetzung des Beschwerdeführers die Bestimmung des § 38 Abs. 3 BDG 1979 richtig angewendet wurde. Zu dieser Rechtsfrage ist auf das Vorerkenntnis in dieser Sache vom 26. November 1990, Zl. 90/12/0179, zu verweisen. Danach waren die vom Beschwerdeführer gegen die Versetzung vorgebrachten gesundheitlichen Gründe in einem mängelfreien Verwaltungsverfahren zu prüfen. Insbesondere war festzustellen, ob dem Beamten eine gesundheitliche Beeinträchtigung infolge der mit der Versetzung verbundenen Belastung durch längere Fahrzeiten drohe. Diese Frage war zunächst auf der Grundlage eines mängelfreien und schlüssigen ärztlichen Gutachtens zu beantworten. Danach war die Frage zu klären, ob dem Beamten die Fahrzeiten, die durch die Versetzung bedingt werden, vom medizinischen Standpunkt aus ohne wesentliche Beeinträchtigung seiner Gesundheit bei regelmäßiger Benützung von Massenverkehrsmitteln, zugemutet werden können.

Entsprechend diesen Voraussetzungen hat die belangte Behörde das - vorher wiedergegebene - Gutachten des Amtsarztes des Landesarbeitsamtes Wien eingeholt, in dem der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers eingehend erhoben und eine weitere Gesundheitsschädigung des Beschwerdeführers durch die längere Busfahrt, abgesehen von zeitweisen Verspannungsschmerzen und "Unlustgefühlen, die weiter entfernte Dienststelle zu besuchen", verneint wird. Diesen nicht unschlüssigen Ausführungen ist der Beschwerdeführer nicht auf gleichem fachlichen Niveau, also durch Vorlage eines neuerlichen ärztlichen Gutachtens entgegengetreten, (vgl. beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1986, Zl. 84/05/0016 u.v.a.).

Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die von ihm bereits im Verfahren vorgelegte, nur eine allgemeine Feststellung enthaltende Bestätigung seines Hausarztes vom 2. Oktober 1989 über den gesundheitlichen Nachteil einer längeren Anfahrtsstrecke wird diesen Erfordernissen sowohl im Hinblick auf ihren Inhalt als auch den zwischenzeitig gegebenen Zeitablauf (Oktober 1989 bzw. Mai 1991) nicht gerecht.

Die belangte Behörde konnte daher zutreffend davon ausgehen, daß mit der längeren Anfahrtszeit des Beschwerdeführers für dessen Gesundheitszustand keine relevante Beeinträchtigung im Sinne des § 38 Abs. 3 BDG 1979 gegeben ist.

Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991120220.X00

Im RIS seit

18.09.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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