TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/22 92/07/0152

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Veröffentlicht am 22.09.1992
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §73 Abs2;
AVG §8;
B-VG Art132;
VwGG §27;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §102 impl;
WRG 1959 §104;
WRG 1959 §107;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §115 impl;
WRG 1959 §12 impl;
WRG 1959 §5 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der J T in X, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 14. Jänner 1992, Zl. 410.612/01-I4/92, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht in einer Wasserrechtssache (mitbeteiligte Partei: R & Co, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in Y), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid vom 15. März 1985 hatte der Landeshauptmann von Kärnten (LH) der mitbeteiligten Partei (mP) unter Festsetzung des Maßes der Wassernutzung, der abzugebenden Pflichtwassermenge und Vorschreibung zahlreicher "Bedingungen und Auflagen" auf eine Dauer von 50 Jahren die wasserrechtliche Bewilligung zu der Errichtung des Kraftwerkes B, der Nutzung der Wasserkraft der Gurk und der Errichtung der in dem (näher umschriebenen) Projekt dargestellten Bauwerke und Anlagen erteilt.

2. Den dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführerin und der mP hatte der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 10. November 1986 teilweise stattgegeben und den erstinstanzlichen Bescheid in verschiedenen Punkten abgeändert. U.a. war mit der modifizierten Bedingung 38 und der neu aufgenommenen Bedingung 40 der mP die Nachreichung eines Detailprojektes "betreffend Ausmaß des Fremdwassers von der Straße unter Berücksichtigung des Faktors Fließzeit" sowie einer Reihe weiterer ergänzender Unterlagen aufgetragen worden.

3. Dieser Bescheid vom 10. November 1986 war aufgrund der dagegen von der Beschwerdeführerin eingebrachten Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Jänner 1989, Zl. 87/07/0051, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden. Hinsichtlich der Entscheidungsgründe und der näheren Darstellung der Vorgeschichte wird auf dieses Erkenntnis verwiesen.

4. Mit dem daraufhin ergangenen Ersatzbescheid vom 20. Dezember 1989, Zl. 410.612/08-I4/89, hatte der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft den Berufungen der Beschwerdeführerin und der mP neuerlich teilweise stattgegeben und den Bescheid des LH vom 15. März 1985 teilweise abgeändert. Auch mit diesem Ministerialbescheid war (unter Bedingung 40) der mP die Nachreichung eines Detailprojektes betreffend den Hochwasserschutz des Anwesens der Beschwerdeführerin aufgetragen worden.

5. In Entsprechung dieser Vorschreibung legte die mP dem LH ein Detailprojekt vor, mit dem Antrag, dieses wasserrechtlich zu bewilligen. Darüber wurde am 22. Februar 1991 eine Verhandlung durchgeführt; weitere bereits anberaumt gewesene Verhandlungen wurden vertagt. (Nach den Angaben der belangten Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid fanden schon mehrere Verhandlungen statt.) Da der LH bis dahin keine Entscheidung traf, stellte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 29. Juli 1991 beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung in dieser Angelegenheit.

6. Mit Bescheid vom 14. Jänner 1992 wies der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (die belangte Behörde) den Antrag der Beschwerdeführerin "auf Übergang der Entscheidungspflicht im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren für das Kraftwerk B der Firma R & Co" gemäß § 73 AVG als unzulässig zurück.

Begründet wurde diese Entscheidung unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. Nr. 7479/1968 damit, daß, solange über ein Ansuchen um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung ein Ermittlungsverfahren anhängig sei, in dem die betroffene Partei (hier: die Beschwerdeführerin) Einwendungen erhoben habe, ohne daß über das Ansuchen oder die Einwendungen ein Bescheid ergangen sei, nur der Bewilligungswerber, nicht aber der Betroffene die Verletzung der Entscheidungspflicht geltend machen könne.

7. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluß vom 24. Juni 1992, B 290/92, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Art. 144 Abs. 3 B-VG).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf meritorische Entscheidung seitens der belangten Behörde verletzt. Sie macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend und begehrt deshalb dessen Aufhebung.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, daß die Wasserkraftanlage der mP schon seit ca. elf Jahren betrieben werde. Die "Teilbewilligung" liege erst seit ca. sechs Jahren vor. Gänzlich unerledigt sei der Hochwasserschutz ihrer Liegenschaften. Es könne nicht Rechtens sein, daß es ihr als Oberliegerin der Wasserkraftanlage verwehrt sein solle, in einem rund "zwölfjährigen Wasserrechtsverfahren" auf eine Erledigung zu drängen. Es könne auch nicht Rechtens sein, daß die mP berechtigt sein solle, ihre Wasserkraftanlage zu betreiben, ohne daß ein entsprechender Hochwasserschutz für die Liegenschaften der Beschwerdeführerin wasserrechtlich bewilligt und hergestellt worden sei. Es könne schließlich nicht Rechtens sein, daß die Beschwerdeführerin nicht berechtigt sein solle, auf eine Erledigung des "gegenständlichen Verfahrens bzw. des Hochwasserschutzes betreffend meine Liegenschaften" zu drängen. Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. Nr. 7479/1968 sei ein "völlig anderer Sachverhalt" zugrunde gelegen. Dort seien zwar auch Einwendungen der Partei vorgelegen, doch sei eine Bewilligung noch nicht erteilt gewesen. Im hier vorliegenden Fall seien hingegen "sämtliche Bewilligungen (mit Ausnahme des Hochwasserschutzes betreffend meine Liegenschaften)" erteilt worden, und es sei die Wasserkraftanlage auch in Betrieb.

2. Mit der von ihr als "Teilbewilligung" bezeichneten Bewilligung bezieht sich die Beschwerde erkennbar auf die Tatsache, daß die Wasserkraftanlage der mP zunächst zum Gegenstand einer "generellen" wasserrechtlichen Bewilligung gemacht worden ist (vgl. den Bescheid des LH vom 15. März 1985 in der durch den Bescheid der belangten Behörde vom 20. Dezember 1989 geänderten Fassung), während der Hochwasserschutz der Liegenschaft der Beschwerdeführerin der Anordnung des zuletzt genannten Bescheides (Bedingung 40) zufolge einem eigenen Projekt (Detailprojekt) vorbehalten und zum Gegenstand eines gesonderten, nachfolgenden Detailbewilligungsverfahrens gemacht werden soll. Dazu, daß gegen diese Vorgangsweise der Teilung eines wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens zum Zweck einer generellen Bewilligung und einer darauf aufbauenden Bewilligung eines Detailprojektes keine rechtlichen Bedenken bestehen, wird auf das bereits erwähnte hg. Erkenntnis Zl. 87/07/0051 verwiesen, in dem unter II.4.2. der Gerichtshof u.a. die auch schon im Bescheid der belangten Behörde vom 10. November 1986 enthaltene Anordnung betreffend die Vorlage eines entsprechenden Detailprojektes seitens der mP einer inhaltlichen Prüfung unterzogen hatte.

Die Darstellung des Geschehensablaufes (oben I.), die u.a. auch auf den Beschwerdeangaben basiert, sowie die vorstehend wiedergegebenen Beschwerdeausführungen lassen keinen Zweifel daran, daß es der Beschwerdeführerin ausschließlich um die behördliche Erledigung des Antrages der mP vom 7. Jänner 1991 (so die Datierung in der Beschwerde) bzw. vom 22. Jänner 1991 (so die Zeitangabe im angefochtenen Bescheid) auf wasserrechtliche Bewilligung des von dieser vorgelegten Detailprojektes geht. In diesem Verfahren aber wurde bis zur Stellung des Devolutionsantrages durch die Beschwerdeführerin von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz - nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens - weder über den betreffenden Antrag der mP noch über die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Einwendungen bescheidmäßig abgesprochen. (Daß die Beschwerdeführerin solche Einwendungen geltend gemacht hat, wird von ihr in der Beschwerde bestätigt, indem sie bei dem von ihr angestellten Vergleich mit dem dem Erkenntnis

Slg. Nr. 7479/1968 zugrunde gelegenen Sachverhalt darauf hinweist, daß dort "zwar auch Einwendungen der Partei" vorgelegen waren.) Die Ansicht der Beschwerdeführerin, dem vorzitierten Erkenntnis sei ein "völlig anderer Sachverhalt" zugrunde gelegen, ist demnach unzutreffend. Letztlich wird auch in der Beschwerde eingeräumt, daß im vorliegenden Beschwerdefall die Bewilligung betreffend den Hochwasserschutz der Liegenschaft der Beschwerdeführerin noch nicht erteilt worden ist, also die erstinstanzliche Entscheidung über das von der mP eingereichte, eben diesen Schutz anstrebende Detailprojekt im Zeitpunkt der Erhebung des Devolutionsantrages noch ausständig war.

3. Nach dem Vorgesagten gleicht der hier zu entscheidende Beschwerdefall in sachverhaltsmäßiger Hinsicht in allen wesentlichen Punkten jenem, der dem Erkenntnis vom 20. Dezember 1968, Slg. Nr. 7479/A, zugrunde gelegen war. Von daher gesehen begegnet die von der belangten Behörde unter Berufung auf dieses Erkenntnis ausgesprochene Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung in dem auf Antrag der mP vom LH eingeleiteten Detailbewilligungsverfahren keinen rechtlichen Bedenken, fehlte doch der Beschwerdeführerin - im Gegensatz zur mP - in der gegebenen verfahrensrechtlichen Situation die Legitimation zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht (vgl. dazu des weiteren die bei RINGHOFER, Verwaltungsverfahrensgesetze I, Wien 1987,

S. 785 f unter E 76 bis 78 zitierten, Baubewilligungsverfahren betreffenden, aber auch hier zum Tragen kommenden hg. Entscheidungen).

4. Der Gerichtshof sieht sich abschließend zu folgender Bemerkung veranlaßt: Die dem Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 20. Dezember 1989 (vgl. oben I. 4.) spruchmäßig beigefügte "Bedingung 40", der zufolge die mP der Wasserrechtsbehörde ein Detailprojekt den Hochwasserschutz der Liegenschaft der Beschwerdeführerin betreffend nachzureichen hat, ist als Bedingung im eigentlichen Sinn zu werten, und zwar als aufschiebende Bedingung, die den Beginn der Wirksamkeit der der mP erteilten generellen wasserrechtlichen Bewilligung ihres Kraftwerkes vom Eintritt des in der Bedingung genannten Ereignisses abhängig macht (vgl. dazu allgemein ANTONIOLLI-KOJA, Allgemeines Verwaltungsrecht, Wien 1986, 512). Solange also im vorliegenden Fall das besagte Detailprojekt nicht nachgereicht und - nur so kann die Anordnung sinnvollerweise verstanden werden - auch bewilligt worden ist, ist die Wasserkraftanlage der mP als "eigenmächtige Neuerung" i. S. des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 zu qualifizieren, mit der Folge, daß es der Beschwerdeführerin als Betroffener offensteht, die Erlassung eines diesbezüglichen wasserpolizeilichen Auftrages zu verlangen.

5. Da die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt - war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Parteistellung ParteienantragVerletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992070152.X00

Im RIS seit

12.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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