TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/23 92/01/0236

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Veröffentlicht am 23.09.1992
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
AVG §56;
B-VG Art130 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des B in K, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. November 1991, Zl. 4.304.135/2-III/13/91, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 11. Dezember 1990 ab und sprach aus, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.

Die belangte Behörde ging dabei von folgendem Sachverhalt aus: Der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, sei am 29. September 1990 in das Bundesgebiet eingereist und habe am 2. Oktober 1990 Asyl beantragt. Bei der niederschriftlichen Befragung habe er angegeben, er gehöre seit Jänner 1990 der demokratischen Bewegung im Kosovo als Mitglied an. Er habe seine Heimat aus politischen Gründen, aber auch deshalb verlassen, weil er wegen des mißlungenen Versuches einer illegalen Ausreise eine Nacht im Arrest verbracht habe. Seit 27. Jänner 1990 habe er regelmäßig an Demonstrationen für die Rechte der Albaner im Kosovo, für Menschenrechte, gegen die Unterdrückung durch die serbische Miliz und für den Teilrepublikstatus des Kosovo demonstriert. Er habe gemeinsam mit Freunden und Bekannten Straßensperren errichtet. Die Miliz habe ihn ausgeforscht und "mehrmals gesucht". Er habe sich bei seinem Onkel versteckt gehalten. Am 27. September 1990 habe er versucht, illegal die Grenze nach Österreich zu überschreiten. Er sei von der Miliz aufgegriffen und eine Nacht im Arrest eingesperrt worden. Dann sei ihm mit Bescheid aufgetragen worden, in seinen Heimatstaat zurückzukehren. Dies habe er jedoch nicht getan, sondern nochmals versucht, die Grenze illegal zu überschreiten. Er sei neuerlich aufgegriffen, diesmal aber nicht mehr eingesperrt worden. Am 29. September 1991 sei ihm die Einreise nach Österreich gelungen.

In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, der Beschwerdeführer habe konkrete Verfolgungen aus einem der in der Konvention taxativ aufgezählten Gründe nicht dargetan. Die Festnahme oder Anhaltung von Teilnehmern an verbotenen Demonstrationen erweise sich nicht als Verfolgungshandlung im Sinne der Konvention. Auch sein Vorbringen, er sei wegen illegalen Grenzübertrittes arretiert worden, könne nicht zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft führen, da Sanktionen wegen eines Verstoßes gegen die den Grenzübertritt oder den Aufenthalt eines Staatsangehörigen im Ausland regelnden Vorschriften für sich alleine noch keine Verfolgung aus den in der Genfer Konvention normierten Gründen darstellten. Überdies seien ihm daraus keine nachteiligen Konsequenzen erwachsen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, ihm sei bei seiner Einvernahme nicht bewußt gewesen, ob die Angaben über seine politischen Aktivitäten und seine Verfolgung in Jugoslawien für die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus ausreichten. Die belangte Behörde hätte ihn im Rahmen der Manuduktionspflicht belehren und den Sachverhalt durch weitere Befragungen genauer abklären müssen.

Dem ist entgegenzuhalten, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium heranzuziehen ist und es dem Asylwerber obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen. Es ist nicht Aufgabe der Behörde, dem Asylwerber Unterweisungen dahin zu erteilen, wie er sein Vorbringen auszuführen habe, damit seinem Antrag allenfalls stattgegeben werden kann (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juli 1992, Zl. 92/01/0592, und die dort zitierte Vorjudikatur). Schon aus diesem Grund wird mit dem - in der Richtung, welche Unterweisungen die Behörde hätte erteilen sollen und welcher Sachverhalt ihr infolge deren Unterbleiben unbekannt blieb, nicht konkretisierten - Hinweis der Beschwerde auf die Manuduktionspflicht der Behörde kein Verfahrensmangel aufgezeigt.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, die belangte Behörde habe ihr Ermessen unrichtig angewendet; anderen Antragstellern sei der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden, obwohl sie weniger oder annähernd gleiche politisch bedingte Verfolgungshandlungen hätten angeben bzw. nachweisen können.

Damit verkennt der Beschwerdeführer, daß es sich bei einer Entscheidung gemäß § 1 AsylG nicht um eine Ermessensentscheidung der Asylbehörden handelt, sondern um einen Feststellungsbescheid darüber, ob die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955 erfüllt sind (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 7. November 1990, Zl. 90/01/0154). Auch davon abgesehen ist der (im übrigen nicht konkretisierte) Hinweis der Beschwerde auf ein Vorgehen der Behörde in anderen Fällen nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.

Auf die Darlegungen der Beschwerde, der angefochtene Bescheid sei hinsichtlich der "gewählten Wertungsmaßstäbe" nicht ausreichend begründet, war nicht weiter einzugehen, weil sie offenbar auf der - nach dem oben Gesagten unzutreffenden - Auffassung des Beschwerdeführers beruhen, beim angefochtenen Bescheid handle es sich um eine Ermessensentscheidung.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010236.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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