TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/23 92/03/0138

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.09.1992
beobachten
merken

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §31 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs2 lite;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des H in 0, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 14. April 1992, Zl. 15/44-1/1992, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 5. Februar 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 1. Jänner 1992 um ca. 0,00 Uhr in Oberperfuß an einem bestimmten Ort einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und es unterlassen, die nächste Polizeioder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen oder dem an seinem Vermögen Geschädigten (Straßenverwaltung) Name und Anschrift nachzuweisen, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO begangen. Über ihn wurde nach § 99 Abs. 3 lit. b StVO eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen) verhängt. In der Begründung wurde auf die Anzeige des Gendarmeriepostens Kematen vom 1. Jänner 1992 verwiesen, aus der zu entnehmen ist, daß der Beschwerdeführer als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet habe, nämlich mit dem Fahrzeug von der Straße abgekommen sei und dabei einen Leitpflock umgefahren und beschädigt habe. Nach dem Unfall habe er weder eine Anzeige erstattet noch sich mit dem Geschädigten in Verbindung gesetzt.

Die belangte Behörde wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. April 1992 die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit der Maßgabe als unbegründet ab, daß der Beschwerdeführer eine Übertretung nach § 99 Abs. 2 lit. e StVO anstelle der ihm vorgeworfenen Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO begangen habe und die Strafe gemäß § 99 Abs. 2 lit. e StVO verhängt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht verletzt, nicht wegen der angezogenen Verwaltungsübertretung bestraft zu werden.

Der Beschwerde kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Zufolge § 99 Abs. 2 lit. e leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist ... zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt anbringt, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.

Zufolge § 31 Abs. 1 StVO dürfen Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (insbesondere Verkehrsampeln,

Signalscheiben, Straßenverkehrszeichen, Verkehrsleiteinrichtungen, Sockel für Verkehrsposten, Verkehrstürme, Schutzinseln, Sperrketten, Geländer, Begrenzungspfeiler, Randsteine, radableitende Randbegrenzungen, Straßenbeleuchtungseinrichtungen, Schneegatter, Verkehrsspiegel und das allenfalls mit solchen Einrichtungen verbundene Rückstrahlmaterial) nicht beschädigt oder unbefugt angebracht, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert werden.

Die Beschädigung von Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs anläßlich eines Verkehrsunfalles und die Unterlassung der rechtzeitigen Meldung an die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter ist nach der Spezialbestimmung des § 31 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. e StVO, nicht aber nach der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 5 leg. cit. zu bestrafen (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., zu § 44a Z. 2 VStG unter E 53.a. wiedergegebene Judikatur, S. 974).

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten, wobei es der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale bedarf, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z. 2) erforderlich sind. Die Tat ist entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren (vgl. abermals Hauer-Leukauf, a.a.O., S. 939).

Die belangte Behörde hat zwar.zutreffend erkannt, daß die Beschädigung des Leitpflockes nicht der Bestimmung des § 4 Abs. 5 StVO unterstellt werden kann und demgemäß den Abspruch hinsichtlich der Subsumtion und der Strafbestimmung abgeändert. Sie hat es jedoch unterlassen, den Bescheidspruch gemäß der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG entsprechend zu konkretisieren, wie der Wortlaut des von der belangten Behörde sonst unverändert übernommenen Abspruchs der Behörde erster Instanz im Vergleich mit den Bestimmungen des § 99 Abs. 2 lit. e in Verbindung mit S 31 Abs. 1 StVO zeigt. Damit hat sie aber durch den Verstoß gegen § 44a Z. 1 VStG ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Es erübrigte sich somit ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das über den Ersatz von Stempelgebühren für die nur in dreifacher Ausfertigung erforderliche Beschwerde (je Ausfertigung S 120,--), die Vollmacht (S 120,--) und die nur in einfacher Ausfertigung erforderlichen Beilagen (zusammen S 90,--) hinausgehende Mehrbegehren war gemäß § 58 VwGG abzuweisen.

W i e n , am 23. September 1992

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992030138.X00

Im RIS seit

05.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten