TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/25 92/09/0241

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.1992
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
77 Kunst Kultur;
96/02 Sonstige Angelegenheiten des Straßenbaus;

Norm

ASAGG 1981 §4 Abs1;
AVG §8;
DMSG 1923 §1 Abs3 idF 1990/473;
DMSG 1923 §2 idF 1990/473;
DMSG 1923 §3 Abs3 idF 1978/167;
DMSG 1923 §6 Abs1 idF 1990/473;
DMSG 1923 §6 Abs2 idF 1990/473;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der ASAG Autobahnen- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 24. Juli 1992, Zl. 28.236/1-III/3/92, betreffend Parteistellung in einem Verfahren nach dem Denkmalschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und den ihr angeschlossenen Bescheiden des Bundesdenkmalamtes vom 22. Mai 1992 und der belangten Behörde vom 24. Juli 1992 ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Beim Bundesdenkmalamt ist ein Unterschutzstellungsverfahren nach dem Denkmalschutzgesetz betreffend das im grundbücherlichen Eigentum zweier Privatpersonen stehende Objekt "Hainischhaus" in Jauern Nr. 7 anhängig. Am 28. April 1992 stellte die Beschwerdeführerin an das Bundesdenkmalamt den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung und auf Akteneinsicht in diesem Verfahren. Sie begründete diesen Antrag mit ihrem rechtlichen Interesse, welches sich aus ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Errichtung der S 6 (Semmeringschnellstraße) und zur Durchführung der dafür erforderlichen Einlösungsverfahren ergebe. Der festgelegte Trassenverlauf der S 6 erfordere u.a. die Einlösung des Objektes Jauern Nr. 7.

Diese Anträge hat des Bundesdenkmalamt mit Bescheid vom 22. Mai 1992 mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Beschwerdeführerin nicht dem Kreis der im Denkmalschutzgesetz taxativ aufgezählten Parteien des Unterschutzstellungsverfahrens angehöre.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24. Juli 1992 abgewiesen. Im Verfahren zur Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung unbeweglicher Denkmale komme entsprechend § 1 Abs. 3 des Denkmalschutzgesetzes in der Fassung gemäß BGBl. Nr. 473/1990 nur den dort Genannten Parteistellung zu; als Eigentümer gelte gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. nur der grundbücherliche Eigentümer. Bei der Beurteilung der Parteistellung habe § 1 Abs. 3 des Denkmalschutzgesetzes als lex specialis Vorrang vor der Bestimmung des § 8 AVG. Die Beschwerdeführerin zähle nicht zu dem in der genannten Gesetzesstelle aufgezählten Personenkreis, ihr komme daher im Unterschutzstellungsverfahren Parteistellung und damit auch ein Recht auf Akteneinsicht nicht zu. Ein gesetzlicher Auftrag zur Errichtung einer Schnellstraße, deren Trassenführung durch Verordnung festgelegt sei, einschließlich des unmittelbaren Bevorstehens einer Grundablöse sei für die Erlangung der Parteistellung im vorliegenden Verfahren unbeachtlich. Es sei irrelevant, ob ein Eigentumsübergang allenfalls bevorstehe oder nicht, ausschlaggebend sei nur, wer derzeit grundbücherlicher Eigentümer sei. Die von der Beschwerdeführerin beantragte Einvernahme ihres Direktors Werner Schiendl habe somit als rechtlich unerheblich unterbleiben können.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die Beschwerdeführerin wiederholt in ihrer Beschwerde ihren bereits im Verwaltungsverfahren eingenommenen Rechtsstandpunkt, wonach ihr entgegen der Meinung der belangten Behörde auf Grund des Gesetzes über die Errichtung einer Autobahnen- und Schnellstraßen-Gesellschaft, BGBl. Nr. 300/1981, und auf Grund der Verordnung über den Straßenverlauf der S 6, BGBl. Nr. 475/1989, in Verbindung mit § 6 des Denkmalschutzgesetzes ein rechtliches Interesse am laufenden Unterschutzstellungsverfahren zukomme, welches ihre Parteistellung und damit ihr Recht auf Akteneinsicht begründe.

Dieser Auffassung vermag der Verwaltungsgerichtshof in Übereinstimmung mit der von den eingeschrittenen Denkmalschutzbehörden vertretenen Rechtsmeinung nicht zu folgen.

Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes kann die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Partei ist, nicht an Hand des AVG allein entschieden werden. Diese Entscheidung ist vielmehr nur aus dem Inhalt der in Betracht kommenden Normen des materiellen Verwaltungsrechtes, gegebenenfalls auch nach den Vorschriften des speziellen Verfahrensrechtes, zu treffen (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, auf S. 104 angeführte Judikatur). Eine Prüfung der im Beschwerdefall in Betracht kommenden Vorschriften läßt eine Grundlage für die von der Beschwerdeführerin in Anspruch genommene Parteistellung nicht erkennen.

Soweit Verfahren gemäß § 2, § 3 Abs. 1, § 6 Abs. 2 und § 10 Abs. 3 die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung unbeweglicher Denkmale betreffen, kommt gemäß § 1 Abs. 3 des Denkmalschutzgesetzes in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung gemäß BGBl. Nr. 473/1990 Parteistellung nur dem Eigentümer (§ 3 Abs. 3), dem Landeshauptmann, der Gemeinde und dem Bürgermeister, im Falle des Vorliegens eines Baurechtes auch dem Bauberechtigten, zu.

Als Eigentümer im Sinne dieses Gesetzes gilt bei unbeweglichen Gegenständen gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. der grundbücherliche Eigentümer.

Diesem im Gesetz taxativ aufgezählten Personenkreis gehört die Beschwerdeführerin unbestritten nicht an. Sie meint aber, "unter analoger Anwendung des § 6 Abs. 2 Denkmalschutzgesetzes in Verbindung mit Bundesgesetzblatt 300/1981 und der Verordnung über den Straßenverlauf der S 6" sei von ihrem rechtlichen Interesse und damit von ihrer Parteistellung auszugehen.

Eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 2 des Denkmalschutzgesetzes kommt im Beschwerdefall aus mehreren Gründen nicht in Betracht und würde auch nicht zu dem von der Beschwerdeführerin gewünschten Ergebnis führen. Nach dieser Gesetzesstelle darf die Bewilligung zu einer Veräußerung gemäß Abs. 1 (dieser betrifft die freiwillige Veräußerung von Denkmalen im Sinne des § 2) nur bei gleichzeitiger Namhaftmachung des Erwerbers erteilt werden. Bei Erteilung der Bewilligung an eine nicht im § 2 genannte Person ist zugleich festzustellen, ob ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Denkmals besteht. Dem Erwerber kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu.

Ein derartiges Verfahren ist im Beschwerdefall nicht anhängig und steht auch offenbar nicht bevor, weil es sich weder beim Objekt Jauern Nr. 7 um ein Denkmal im Sinne des § 2 des Denkmalschutzgesetzes handelt noch seine "Einlösung" im Zuge der Errichtung der S 6 als eine freiwillige Veräußerung anzusehen wäre. Für die Veräußerung eines nicht dem § 2 unterliegenden Denkmals ist ein derartiges Bewilligungsverfahren und demzufolge auch eine Parteistellung des Erwerbers im Gesetz nicht vorgesehen.

Den weiteren von der Beschwerdeführerin zur Begründung der von ihr in Anspruch genommenen Parteistellung herangezogenen Bestimmungen ist für den Beschwerdefall nur zu entnehmen, daß

a) die Beschwerdeführerin die für die Errichtung bestimmter Schnellstraßen notwendigen Grundflächen auf ihre Kosten im Namen des Bundes zu erwerben hat (§ 4 Abs. 1 des Gesetzes BGBl. Nr. 300/1981) und

b) der Trassenverlauf der S 6 den vorliegenden Plänen gemäß offenbar den Erwerb des Objektes Jauern Nr. 7 notwendig macht (Verordnung BGBl. Nr. 475/1989).

Daraus folgt zunächst, daß als "Erwerber" nicht die Beschwerdeführerin, sondern nur der Bund in Betracht kommt. Aber auch abgesehen davon läßt sich daraus nicht ableiten, daß der vom Gesetzgeber offenbar gewünschte künftige Erwerb des Objektes Jauern Nr. 7 eine Einbeziehung des Erwerbers in den Kreis der im § 1 Abs. 3 des Denkmalschutzgesetzes taxativ aufgezählten Parteien des Unterschutzstellungsverfahrens begründen würde.

Da somit der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992090241.X00

Im RIS seit

02.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten