TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/28 90/10/0193

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Veröffentlicht am 28.09.1992
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Index

L55005 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Salzburg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art131a;
NatSchG Slbg 1957 §29 Abs1;
NatSchG Slbg 1977 §39 Abs4;
NatSchG Slbg 1977 §49 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der XY-KG in N, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, wegen Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, zu Recht erkannt:

Spruch

Die am 2. Oktober 1990 durch Bedienstete der Gemeinde T über Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vorgenommene Entfernung einer Reklametafel in T, an der T-Landesstraße beim Holzlagerplatz der Firma Z, war rechtswidrig.

Das Land Salzburg hat der beschwerdeführenden Gesellschaft Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgender Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist als Kommanditgesellschaft beim Kreis- als Handelsgericht Korneuburg im Handelsregister, Abteilung A, unter der Nr. xx1, registriert. Im Jahre 1974 - noch unter der Geltung des Salzburger Naturschutzgesetzes 1957, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung, LGBl. Nr. 72 (in der Folge: NSchG 1957) - errichtete sie in T, an der T-Landesstraße beim Holzlagerplatz der Firma Z eine Ankündigungsanlage (Reklametafel).

Mit Schreiben vom 21. Juni 1985 ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (in der Folge: Bezirkshauptmannschaft bzw. belangte Behörde) die Beschwerdeführerin um Anzeige der Errichtung dieser Anlage gemäß § 20 Abs. 1 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1977, LGBl. Nr. 86 (in der Folge: NSchG 1977). Aus der Stellungnahme des Amtssachverständigen gehe hervor, daß die Ankündigungsanlage aufgrund der geringen Einsehbarkeit das Landschaftsbild nur unerheblich beeinträchtige. Daraufhin zeigte die beschwerdeführende Gesellschaft die Anlage mit Schreiben vom 3. Juli 1985 bei der Bezirkshauptmannschaft an.

Mit Schreiben vom 19. September 1990 teilte die Bezirkshauptmannschaft der Beschwerdeführerin mit, daß diese auf dem genannten Grundstück eine Ankündigungsanlage für wiederkehrende Ankündigungen ohne Anzeige nach § 20 Abs. 1 lit. d NSchG 1977 errichtet habe. Die Bezirkshauptmannschaft habe sich deshalb veranlaßt gesehen, die Anlage gemäß § 39 Abs. 4 leg. cit. durch die Marktgemeinde T beseitigen zu lassen. Die Beschwerdeführerin werde aufgefordert, die Anlage binnen einem Monat ab Erhalt dieses Schreibens beim Marktgemeindeamt T abzuholen, widrigenfalls alle bisherigen Rechte an diesem Gegenstand erlöschen würden. Die Beschwerdeführerin habe die Kosten der Entfernung und Verwahrung zu ersetzen.

Gegen diese Maßnahme richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die beschwerdeführende Gesellschaft bringt dabei im wesentlichen vor, die gegenständliche Anlage mit Schreiben vom 3. Juli 1985 gemäß § 20 Abs. 1 lit. d NSchG 1977 bei der belangten Behörde angezeigt zu haben. Diese habe die Anlage nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten ab dem Einlagen der Anzeige nach § 20 Abs. 2 leg. cit. untersagt. Nach § 38 Abs. 3 NSchG 1977 gelte die gemäß § 20 entstandene Berechtigung, eine Ankündigungsanlage zu verwenden, für höchstens fünf Jahre. Unter Berücksichtigung des Postlaufes sei die Anzeige der Beschwerdeführerin vom 3. Juli 1985 frühestens am 4. Juli 1985 bei der belangten Behörde eingelangt. Die Berechtigung, die Ankündigungsanlage zu verwenden, sei erst nach Ablauf der in § 20 Abs. 2 NSchG 1977 vorgesehenen Frist von 3 Monaten entstanden. Erst mit diesem Zeitpunkt beginne die fünfjährige Frist des § 38 Abs. 3 NSchG 1977. Diese Frist sei im Zeitpunkt der Entfernung der gegenständlichen Ankündigungsanlage noch nicht abgelaufen gewesen.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem im Beschwerdefall noch anzuwendenden Art. 131a B-VG kann gegen die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person diese Person Beschwerde erheben, wenn sie durch die betreffende Maßnahme in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet.

Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 131a B-VG beträgt nach § 26 Abs. 1 VwGG idF. vor der Novelle BGBl. Nr. 330/1990 sechs Wochen. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, sofern er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung (§ 26 Abs. 1 Z. 5 VwGG).

Bereits mit Schreiben vom 19. September 1990 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, daß sie sich veranlaßt gesehen habe, die Anlage gemäß § 39 Abs. 4 NSchG 1977 durch die Marktgemeinde T beseitigen zu lassen.

Aus einem im Verwaltungsakt erliegenden Schreiben der Gemeinde T vom 21. Februar 1991 geht hervor, daß die gegenständliche Ankündigungsanlage von Gemeindearbeitern erst am 2. Oktober 1990 entfernt worden ist. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde am 31. Oktober 1990 zur Post gegeben; sie erweist sich damit jedenfalls als rechtzeitig.

Die Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt setzt begriffsnotwendig ein positives Tun der die Zwangsgewalt gebrauchenden Behörde einer bestimmten Person gegenüber voraus und liegt nur vor, wenn es keines dazwischengeschalteten weiteren Handels mehr bedarf, um den behördlich gewollten Zustand herzustellen (vgl. etwa den Beschluß vom 24. November 1977, VwSlg. 9439/A). Auch Vollstreckungshandlungen, welche ohne vorangegangenes Verfahren (vgl. VfSlg. 3648/1959) durchgeführt werden, sind Maßnahmen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (vgl. VfSlg. 8752/1980).

Die Entfernung der gegenständlichen Reklametafel wurde auf § 39 Abs. 4 NSchG 1977 gestützt, wonach die Naturschutzbehörde eine ohne Rücksicht auf die Anzeigepflicht angebrachte oder geänderte Ankündigung oder Ankündigungsanlage auch sofort entfernen oder deren Entfernung veranlassen kann.

Die Beschwerde ist daher zulässig.

Aus folgenden Überlegungen ist die Beschwerde auch

begründet:

Die gegenständliche Ankündigungsanlage wurde nach der Aktenlage noch unter der Geltung des Salzburger Naturschutzgesetzes 1957 errichtet. Nach § 29 Abs. 1 NSchG 1957 war nur die Anbringung oder Aufstellung jeder Art von Ankündigungen, insbesondere zu Reklamezwecken, in der freien Landschaft oder an landschaftlich bemerkenswerten Punkten einer Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde bedürftig. Für das Aufstellen der Ankündigungsanlage allein (Aufstellen einer leeren Plakatwand) war jedoch eine Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde nicht erforderlich.

Die Übergangsbestimmung des § 49 Abs. 3 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1977 erfaßt nur Bewilligungen, Genehmigungen, Ausnahmegewährungen udgl. aufgrund des Salzburger Naturschutzgesetzes 1957 (§ 4 Abs. 1 lit. a, § 12, § 19 Abs. 1, § 22, § 23 Abs. 4, § 28 und § 29 Abs. 1); diese gelten als Bewilligung im Sinne des Salzburger Naturschutzgesetzes 1977. Nach § 49 Abs. 3 vierter Satz dieses Gesetzes gilt für Maßnahmen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ohne die erforderliche naturschutzbehördliche Bewilligung, Genehmigung, Ausnahmegewährung udgl. durchgeführt wurden, § 39 mit der Maßgabe, daß naturschutzbehördliche Aufträge hienach nur innerhalb von drei Jahren ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden können. Eine Bewilligung nach dem Naturschutzgesetz 1957 war für die gegenständliche Anlage jedoch nach dem vorher Gesagten nicht erforderlich, weshalb § 39 Abs. 4 iVm. § 49 Abs. 3 NSchG 1977 nicht zum Tragen kommt.

Einer nachträglichen Anzeige der gegenständlichen Anlage bedurfte es ebenfalls nicht, da § 20 Abs. 1 NSchG 1977 zur Voraussetzung hat, daß die Anlage noch nicht errichtet ist ("Die nachstehend angeführten Maßnahmen sind der Naturschutzbehörde vor ihrer Ausführung anzuzeigen ..."), und daher auf Anlagen, die bereits vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung errichtet worden sind, nicht anzuwenden ist. Die mit Schreiben der beschwerdeführenden Gesellschaft vom 3. Juli 1985 bei der Bezirkshauptmannschaft erfolgte Anzeige der bereits vor dem genannten Zeitpunkt errichteten Anlage ging daher ins Leere.

Da die gegenständliche Anlage weder vom Naturschutzgesetz 1957 noch vom Naturschutzgesetz 1977 erfaßt wird, ist davon auszugehen, daß der zuständige Gesetzgeber daran keine Rechtsfolgen geknüpft hat. Mangels einer entsprechenden Anzeigepflicht war auch die auf § 39 Abs. 4 NSchG 1977 gestützte Entfernung unzulässig.

Aufgrund dieser Ausführungen erweist sich die am 2. Oktober 1990 durchgeführte Entfernung der Ankündigungsanlage als rechtswidrig. Da die Entfernung gemäß § 39 Abs. 4 NSchG 1977 in die Zuständigkeit der Naturschutzbehörde fällt, ist die über ihre Anordnung durch Bedienstete der Gemeinde Thalgau durchgeführte Entfernung ihr zuzurechnen (vgl. z.B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1983, VwSlg. 5097/F).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Für die nur in einer Ausfertigung vorzulegenden Beilagen konnte nur ein Stempelgebührenersatz in der Höhe von S 90,-- zuerkannt werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990100193.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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