TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/29 90/17/0026

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Veröffentlicht am 29.09.1992
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Index

55 Wirtschaftslenkung;

Norm

MOG 1985 §27 Abs1;
MOG 1985 §28 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der G P in D, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses des Getreidewirtschaftsfonds vom 5. Dezember 1989, Zl. 06434/I, betreffend Importbewilligung nach dem Marktordnungsgesetz 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schriftsatz vom 22. Juli 1989 die Erteilung der Einfuhrbewilligung für 5.000 kg türkischer Weizengrütze "wie gehabt".

In einem weiteren Schriftsatz vom 5. September 1989 wurde die Erledigung des Antrages urgiert. Gleichzeitig wurde ein Vorbringen erstattet, wonach wegen der großen Anzahl türkischer Gastarbeiter in Österreich Bedarf nach türkischer Weizengrütze bestehe, der auch von der Wiener Firma A, die seit kurzem Weizengrütze (sogenanntes "Bulgur") herstelle, nicht befriedigt werde.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde auf Grund des Beschlusses des geschäftsführenden Ausschusses des Getreidewirtschaftsfonds vom 8. September 1989 die Bewilligung für die Einfuhr von 5.000 kg türkischer Weizengrütze nicht erteilt.

Dieser Abspruch wurde wie folgt begründet:

"Gemäß § 28 MOG bedarf die Einfuhr von Weizengrütze, wie die Einfuhr der übrigen im § 26 MOG genannten Waren, der Bewilligung des Fonds, der, sofern die Bedarfslage es erfordert, entsprechende Einfuhren zu veranlassen hat.

Mit Schreiben vom 22. September 1989 beantragen Sie die Erteilung der Einfuhrbewilligung für 5.000 kg türkische Weizengrütze, wobei Sie in einem weiteren Schreiben ausführen, daß die Firma A zwar Weizengrütze anbiete, dies aber zu einem überhöhten Preis. Des weiteren würde die inländische Weizengrütze von den türkischen Gastarbeitern, die den Großteil Ihrer Kundschaft darstellen, nicht angenommen, da die Aufschrift in türkischer Sprache und, da es sich um ein österreichisches Produkt handelt, die Bezeichnung als türkisches Produkt, fehle.

Mangelnde Bezugsmöglichkeiten im Inland oder Qualitätsunterschiede gegenüber der türkischen Ware wurden nicht behauptet. Bezüglich des höheren Inlandspreises ist festzustellen, daß Weizengrütze anläßlich der Einfuhr einem Importausgleich gemäß § 38 MOG unterliegt, wodurch die Differenz zwischen niedrigerem Auslands- und höherem Inlandspreis abgeschöpft wird, sodaß Sie die türkische Ware nur zum selben Letztverbraucherpreis abgeben könnten wie die inländische.

Die mangelnde Beschriftung in türkischer Sprache stellt kein Kriterium dar, das eine Einfuhr trotz ausreichender Inlandsproduktion rechtfertigen würde.

Da somit eine ausreichende Versorgung mit Weizengrütze im Inland möglich ist, war die Erteilung einer Einfuhrbewilligung, wie im Spruch ersichtlich, abzulehnen."

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht verletzt, "die beantragten 5.000 kg türkische Weizengrütze nach Österreich einzuführen". Das Beschwerdevorbringen geht dahin, die belangte Behörde habe es unterlassen, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und die erforderlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen. Insbesondere fehle für den Ausspruch, daß eine ausreichende Versorgung mit Weizengrütze im Inland möglich sei, jede Tatsachengrundlage.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der § 27 Abs. 1 des Marktordnungsgesetzes 1985 - MOG, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung BGBl. Nr. 210, (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Marktordnungsgesetz-Novelle 1992, BGBl. Nr. 373) bestimmt:

"Zur Erreichung folgender Ziele wird der "Getreidewirtschaftsfonds" (in den folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes als "Fonds" bezeichnet) errichtet:

1.

Schutz der inländischen Getreideerzeugung,

2.

Stabilisierung der Brot- und Mehlpreise,

3.

Gewährleistung der Versorgung mit den im § 26 genannten Waren in einer der Verwendung entsprechenden Qualität."

Der § 28 Abs. 3 MOG hat folgenden Wortlaut:

"(3) Einfuhren der im § 26 genannten Waren bedürfen der Bewilligung des Fonds. Soweit es die Stabilität der Preise der im § 26 genannten Waren und die Bedarfslage erfordern, hat der Fonds die entsprechenden Einfuhren zu veranlassen. Zu diesem Zweck hat er zu Anbotstellungen für die in Aussicht genommenen Einfuhren durch öffentliche Bekanntmachung aufzufordern oder einen den jeweiligen wirtschaftlichen Notwendigkeiten entsprechenden Bewilligungsvorgang zu beschließen, bei welchem er auch Mindest- und Höchstmengen für jeden Einfuhrantrag festsetzen kann. Fordert der Fonds durch öffentliche Bekanntmachung zu Anbotstellungen auf, so ist der Importabgabepreis Preisbasis für die Anbotstellungen, sofern der Fonds nicht zur Erreichung der im § 27 Abs. 1 genannten Ziele in der öffentlichen Bekanntmachung eine andere Preisbasis bestimmt. Der Fonds hat den preiswertesten Einfuhrantrag zu bewilligen; er hat jedoch die Bewilligung nur für eine Teilmenge zu erteilen oder von einer Bewilligung überhaupt abzusehen, wenn seit der Aufforderung zur Anbotstellung Änderungen in den für diese Aufforderung maßgebenden Voraussetzungen - insbesondere hinsichtlich der Bedarfslage oder der Preislage - eingetreten sind. Bei der Beurteilung der Preiswertigkeit hat der Fonds auch auf die allgemeinen volkswirtschaftlichen Interessen (wie z.B. die Bedürfnisse der Handels- und Devisenpolitik, die allgemeine Marktlage, die Marktbedürfnisse und die handelsüblichen Gepflogenheiten) Bedacht zu nehmen. Die Bewilligung des Fonds bildet die Voraussetzung für die Erteilung der nach den devisenrechtlichen Vorschriften und der nach den Vorschriften über den Warenverkehr mit dem Ausland erforderlichen Bewilligungen."

Die belangte Behörde hat die Rechtslage verkannt, indem sie erkennbar als Bewilligungsmaßstab für den gegenständlichen Antrag die Kriterien des § 28 Abs. 3 zweiter Satz MOG heranzog:

Wie sich aus der oben wörtlich wiedergegebenen Regelung des § 28 Abs. 3 MOG ergibt, hat, soweit es die Preisstabilität und die Bedarfslage erfordern, der Fonds die entsprechenden Einfuhren "zu veranlassen". Er hat also unter diesen Voraussetzungen von Amts wegen ein sogenanntes "Ausschreibungsverfahren" einzuleiten bzw. "einen den jeweiligen wirtschaftlichen Notwendigkeiten entsprechenden Bewilligungsvorgang zu beschließen"; im Falle der Aufforderung zur Anbotstellung ist der preiswerteste Einfuhrantrag unter den näher bezeichneten Kriterien zu bewilligen. Die Preisstabilität und die Bedarfslage sind nur Kriterien für die amtswegige Einleitung eines dieser beiden im Gesetz besonders geregelten Einfuhrverfahren, nicht jedoch Maßstab für die Bewilligung eines außerhalb DIESER Einfuhrverfahren gestellten Antrages.

Als Bewilligungsmaßstab für einen außerhalb der oben genannten (besonderen) Einfuhrverfahren gestellten, zulässigerweise auf § 28 Abs. 3 ERSTER Satz MOG gestützten Individualantrag sind vielmehr primär (vgl. auch die Regelungen des § 28 Abs. 1 und 2 MOG über die Vermarktungspläne) jene öffentlichen Interessen heranzuziehen, die im § 27 Abs. 1 MOG als Ziel der Regelung über die Getreidewirtschaft (Schutz der inländischen Getreideerzeuger, Stabilisierung der Brot- und Mehlpreise, Gewährleistung der Versorgung mit den im § 26 genannten Waren in einer der Verwendung entsprechenden Qualität) genannt sind.

In Verkennung der Rechtslage hat es die belangte Behörde unterlassen, den gegenständlichen Einfuhrbewilligungsantrag an den vorgenannten Bewilligungskriterien zu messen, die sich nur teilweise inhaltlich mit jenen von der Behörde herangezogenen Kriterien des § 28 Abs. 3 zweiter Satz MOG decken.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage dahingehende Erörterungen und Feststellungen unterließ, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990170026.X00

Im RIS seit

27.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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