TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/6 92/14/0048

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Veröffentlicht am 06.10.1992
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
33 Bewertungsrecht;

Norm

BewG 1955 §53;
BewG 1955 §56 Abs1;
EStG 1972 §6 Z1;
EStG 1972 §6 Z2;
EStG 1972 §7 Abs1;
EStG 1972 §8 Abs3;
EStG 1988 §6 Z1;
EStG 1988 §6 Z2;
EStG 1988 §8 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):92/14/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerden der S-AG in S Rechtsnachfolgerin iSd Art. III § 8 Abs. 6 StruktVG 1) der A-Warenhandels- und BeteiligungsgmbH & Co KG, 2) der A-Warenhandels- und BeteiligungsgmbH Treibstoff-Vertriebs-KG, jeweils vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen die Bescheide (Berufungsentscheidungen) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) 1) vom 7. Februar 1992, Zl. 337-3/88, betreffend Gewerbesteuer und einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1983 und 1984 sowie Festsstellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1984, 2) vom 11. Februar 1992, Zl. 101-3/89, betreffend Gewerbesteuer und einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1983 bis 1985, sowie Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1984 und zum 1. Jänner 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von zusammen S 23.260,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin kaufte Gesellschaftsanteile der A Warenhandels- und BeteiligungsgmbH & Co KG, welche zwei Supermärkte betrieb, sowie der A Warenhandels- und BeteiligungsgmbH Treibstoff-Vertriebs KG, welche bei diesen Supermärkten je eine Tankstelle betrieb.

Im Zuge abgabenbehördlicher Prüfungen stellte der Prüfer unter anderem fest, daß die auf Grund der Anteilsveräußerungen sich ergebende Auflösung der stillen Reserven anteilsmäßig dem Anlagevermögen, zum überwiegenden Teil aber dem Firmenwert zugerechnet worden sei. Vom aktivierten Firmenwert sei für das Jahr 1983 eine AfA von 20 % und 1984 (hinsichtlich der zweitgenannten KG auch 1985) eine solche von 25 % geltend gemacht worden. Eine AfA vom Firmenwert werde aber nicht anerkannt, da ein überwiegend auf den Standort des Unternehmens bezogener Firmenwert kein abnutzbares Wirtschaftsgut darstelle. Kundenstock, Ertragslage und Umsatzkennzahlen hätten sich nach Erwerb des Firmenwertes in keiner Weise negativ entwickelt, sodaß auch eine Teilwertabschreibung vom Firmenwert im Prüfungszeitraum nicht gerechtfertigt erscheine.

Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden verneinte die belangte Behörde die Abschreibbarkeit der Firmenwerte insbesondere deshalb, weil der Teil der Kaufpreise der Mitunternehmeranteile, der über die Teilwerte der Betriebsvermögen hinausgehe, weniger auf personenbezogene Wertkomponenten als vielmehr auf den Vorteil des Standortes zurückzuführen sei.

Hiedurch erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Absetzung für Abnutzung von Firmenwerten verletzt. Sie beantragt, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihren Gegenschriften die Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Verbindung der Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung - erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens herrscht Übereinstimmung, daß die Beurteilung des Firmenwertes der zweitgenannten KG (deren auf den Supermarktarealen befindliche Tankstellenanlagen mußten als "Nebensache" mitgekauft werden) in Zusammenhang mit dem Erwerb der Gesellschaftsanteile an der erstgenannten KG stattzufinden hat. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat gegen diese Betrachtungsweise keine Bedenken.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes zum EStG 1972 kann der Firmenwert sowohl ein abnutzbares als auch ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut darstellen. Entscheidend für die Abnutzbarkeit ist, daß der Firmenwert auf die persönliche unternehmerische Fähigkeit und Leistung des Rechtsvorgängers zurückzuführen ist. In seiner jüngeren Rechtsprechung hat der Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß der gute Standort eines Betriebes regelmäßig nicht im Firmenwert, sondern im Wert des dem Betrieb dienenden Grund und Bodens seinen wertmäßigen Niederschlag findet. Dies gilt auch für bebaute Liegenschaften und gemietete Geschäftslokale mit der Maßgabe, daß der Wert von Gebäuden bzw. von Mietrechten an Gebäuden von der guten Lage mitbestimmt wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Mai 1991, 88/13/0031, und vom 20. Februar 1992, 88/13/0099). Diese Erwägungen sind auch im Falle von Supermärkten (bzw. von auf deren Areal befindlichen Tankstellen) maßgeblich. Die Konkurrenzsituation bei solchen Unternehmen macht in der Regel die Geschäftsführung und damit die persönliche Firmenwertkomponente zum überwiegend diesen Wert bestimmenden Faktor.

Wenn die belangte Behörde darauf verweist, daß die Beschwerdeführerin weder Eigentümerin eines Betriebsgründstückes sei noch Mietrechte erworben habe, so führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der gute Standort war nicht deshalb im Rahmen der gegenständlichen Firmenwerte zu berücksichtigen, weil eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin Grund und Boden gemietet und ein Superädifikat gekauft hat. Allenfalls hat sich eine gute Lage auf den Wert von Wirtschaftsgütern dieser Gesellschaft ausgewirkt. Die Auffassung der belangten Behörde, die strittigen Mehrbeträge seien weder als Firmenwert, noch als Wert des Grund und Bodens, noch als Mietrechtserwerb, sondern als eigenes, mietrechtsähnliches, nicht abnutzbares Wirtschaftsgut zu behandeln, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Vielmehr stellen diese Mehrbeträge - nach den hiefür maßgebenden Grundsätzen ermittelte - Firmenwerte dar.

Läßt man aber den von der belangten Behörde als maßgeblich genannten Standortvorteil außer acht, so ergibt sich aus ihren Feststellungen kein Überwiegen sachbezogener Firmenwertkomponenten. Besondere Bedeutung für die Beurteilung des Firmenwertes als abnutzbares Wirtschaftsgut kommt dann der Änderung des Umsatzes und des Erfolges zu (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Mai 1991, Zl. 88/13/0031, und vom 26. November 1991, Zl. 91/14/0160): Nach den Feststellungen der belangten Behörde wurden die Erträge gesteigert; unbestritten blieb auch die Darstellung der Beschwerdeführerin, wonach sich innerhalb von zwei Jahren ab Anteilserwerb eine Umsatzsteigerung des größeren Marktes um 66 %, innerhalb von vier Jahren um 113 % ergeben hat. Daß im vorliegenden Fall die Umsatz- und Ertragslage beim Rechtsvorgänger zuletzt stagnierte, während in den Fällen der beiden zuletzt zitierten Erkenntnisse bei den Vorgängern rückläufige Entwicklungen zu beobachten waren, spricht nicht gegen die Abnutzbarkeit des Firmenwertes. Der Vergleich der Entwicklung vor und nach dem Verkauf (bei im wesentlichen unveränderten äußeren Rahmenbedingungen) zeigt auch hier die Bedeutung unternehmerischer Leistung für den Firmenwert.

Im Beschwerdefall lagen somit Umstände vor, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Überwiegen der für die Abnutzbarkeit des Firmenwertes sprechenden persönlichen Komponenten erkennen lassen. Die belangte Behörde hätte daher davon ausgehen müssen, daß die Firmenwerte in den Beschwerdefällen abnutzbare Wirtschaftsgüter darstellten.

Die angefochtenen Bescheide waren somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992140048.X00

Im RIS seit

14.01.2002

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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