TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/13 92/05/0064

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Veröffentlicht am 13.10.1992
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §52;
AVG §66 Abs4;
BauO NÖ 1976 §100 Abs1;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §120 Abs2;
BauO NÖ 1976 §120 Abs3 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §120 Abs3;
BauRallg impl;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1.) des K,

2.) der C und 3.) des W in E, alle vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Februar 1992, Zl. R/1-V-84225/3, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) G-Baugenossenschaft, reg. Gen.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in W,

2) Gemeinde E, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,--, der Erstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- und der Zweitmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 15. März 1984 hatte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der Erstmitbeteiligten die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage mit insgesamt 111 Wohnungen und drei Geschäftslokalen auf näher bezeichneten Grundstücken der KG E erteilt.

Die dagegen von Nachbarn erhobene Berufung war nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. November 1984 als unbegründet abgewiesen worden.

Auf Grund der Vorstellung von Nachbarn hatte die NÖ Landesregierung mit Bescheid vom 4. Juli 1985 die Berufungserledigung aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen. In der Folge war ein ergänzendes Gutachten erstattet worden, die mitbeteiligte Bauwerberin hatte ihr Projekt reduziert und es waren weitere Projektsänderungen besprochen worden.

In einer beim Gemeindeamt am 22. Juli 1987 eingelangten Eingabe beantragte die Erstmitbeteiligte die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für ein neu erstelltes Projekt, welches der Baubeschreibung zufolge 16 Stiegenhäuser mit ingesamt 98 Wohnungen zum Gegenstand hatte. Gegenüber den früheren Projekten bedeutet das neue Vorhaben eine Verringerung der Wohnungsanzahl, eine Reduzierung der Gebäudehöhe um ein Geschoß und insbesondere eine Veränderung der Baukörperanordnung. Nach Durchführung einer Bauverhandlung, bei welcher Nachbarn abermals Einwendungen erhoben, erteilte der Bürgermeister mit Bescheid vom 3. März 1988 die von der Erstmitbeteiligten angestrebte Baubewilligung. Einwendungen von Nachbarn wurden als unbegründet abgewiesen bzw. auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Der dagegen von Nachbarn erhobenen Berufung gab der Gemeinderat nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens mit Bescheid vom 28. Dezember 1988 keine Folge.

Auf Grund der dagegen von Nachbarn, darunter den Beschwerdeführern, erhobenen Vorstellung behob die NÖ Landesregierung mit Bescheid vom 23. Mai 1990 den Berufungsbescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, das bisherige Ermittlungsverfahren habe nicht ausreichend die Frage geklärt, inwieweit das Bauvorhaben zur bestehenden Bebauung in einem auffallenden Widerspruch stehe bzw. inwieweit dadurch subjektiv-öffentliche Rechte der Nachbarn verletzt werden. Aus den für diese Frage maßgeblichen Bestimmungen des § 120 Abs. 3 und 4 der NÖ Bauordnung 1976 sei entgegen der im Berufungsbescheid vertretenen Meinung ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht abzuleiten. Die Beurteilung der Frage, ob ein Bauvorhaben zur bestehenden Bebauung in einem auffallenden Widerspruch stehe, erfordere konkrete Feststellungen über die Grenzen des Bezugsbereiches (Abgrenzung des Gebietes, das als Maßstab herangezogen werden soll) und sodann die Aufnahme des vorhandenen Baubestandes innerhalb dieses Bereiches. Hiebei seien alle Liegenschaften, die nach der tatsächlich vorherrschenden Bebauung ein zusammenhängendes Ganzes bilden, das sich dem äußeren Eindruck nach von den angrenzenden Gebieten abhebe, heranzuziehen. (In diesem Zusammenhang wurde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 1984, Zl. 84/05/0131, BauSlg. Nr. 335, verwiesen.) Weder das von der Baubehörde erster Instanz anläßlich der Bauverhandlung am 18. September 1987 eingeholte Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen noch das von der Berufungsbehörde nachträglich eingeholte Gutachten eines weiteren Amtssachverständigen würden nach den Anforderungen der Judikatur einem Gutachten nach § 120 Abs. 3 und 4 der NÖ Bauordnung 1976 entsprechen. Nach weiteren Ausführungen zu bisherigen Gutachten wies die Vorstellungsbehörde darauf hin, daß "wohl die Bauklasse von III auf II herabgesetzt" worden sei, "sich dadurch jedoch gleichzeitig die bebaute Fläche vergrößert habe", was wiederum hinsichtlich der Beurteilung der Bebauungsdichte von Bedeutung sei. Tatsächlich sei im ursprünglich eingereichten Projekt von einer bebauten Fläche von 2895 m2 die Rede gewesen, wogegen in dem nunmehrigen Bauvorhaben die bebaute Fläche mit 3375,88 m2 angegeben werde. Schon im Hinblick auf die daraus notwendigerweise resultierende Erhöhung der Bebauungsdichte, hinsichtlich derer die Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte möglich ist, wäre es notwendig gewesen, sich auch mit diesem Aspekt auseinanderzusetzen. Zur Abgrenzung der erwähnten erforderlichen Bezugsbereiche enthalte auch das zuletzt eingeholte Ergänzungsgutachten keine ausreichenden Feststellungen.

In der Folge hat die mitbeteiligte Bauwerberin im Zuge des Berufungsverfahrens ihr Projekt um zwei Stiegenhäuser reduziert und legte abgeänderte Baupläne vor. Die Gemeinde ersuchte daraufhin den zur Begutachtung zuletzt beigezogenen Zivilingenieur für Bauwesen um neuerliche Erstattung eines Gutachtens. In seinem Gutachten vom 23. Juli 1990 führte der Sachverständige aus, daß er das gesamte zusammenhängend bebaute Gebiet der Gemeinde untersucht und dabei festgestellt habe, daß die nähere Umgebung des Projektes nicht als ein zusammengehöriges Ganzes bezeichnet werden könne. Es sei nämlich weder in der näheren noch in der weiteren Umgebung irgendeine Einheitlichkeit in bezug auf die Bebauung festzustellen, und zwar weder in bezug auf die Bauform - es seien Baukörper verschiedener Baumassen, sowohl Einfamilienhäuser wie große Wohnanlagen vorhanden - noch in bezug auf die Gebäudehöhe - es seien die Bauklassen I bis III und IV vertreten - noch in bezug auf die Verwendung der Gebäude - Wohnhäuser, Fabriken, Gewerbebetriebe, öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Kindergarten, Bahnhof, Post, etc. Auch sei ein städtebaulich oder bauhistorisch schützenswertes Ensemble nicht vorhanden. Es seien Gebäude verschiedenster Baualter zu finden, wobei auch ältere Gebäude der Bauklasse III zuzuordnen seien. Die Bebauung des näheren (ca. 300 m) und weiteren (ca. 600 m) Umkreises sei also nicht zusammenhängend und weise unterschiedlichste Merkmale der Bebauung in bezug auf Bauklasse, Geschoßanzahl und Baumasse etc. auf. Ein zusammenhängendes Ganzes innerhalb eines bebauten Gebietes könnte nur z.B. ein reines Einfamilienhausgebiet, das in der Bausubstanz einheitliche Ensemble einer Siedlung usw., sein. Hier schiene aber jedwedes Herausschneiden eines bestimmten Bezugsbereiches aus der organisch gewachsenen Ortschaft willkürlich und wäre nicht zu begründen. Es werde daher im konkreten Fall als Bezugbereich das ganze zusammenhängend bebaute Gebiet der Gemeinde E (ohne Außenbereiche wie z.B. Z, B) gewählt. In den dem Gutachten angeschlossenen Planunterlagen und Tabellen wird dieser Befund ergänzt und es folgt sodann noch eine Reihe von Feststellungen betreffend die Bestandsaufnahme der bestehenden Bebauung. Weiters wurde vergleichsweise das Bauvorhaben geprüft und hinsichtlich Bebauungsdichte, Bauweise, Bauklasse und Firstrichtung mit der bestehenden Bebauung verglichen. Unter dem Titel Begutachtung vertritt der Gutachter sodann die Auffassung, daß das Bauvorhaben nach den genannten Kriterien in keinem auffallenden Widerspruch zur bestehenden Bebauung stehe, sodaß kein Versagungsgrund im Sinne des § 120 Abs. 3 und 4 der NÖ Bauordnung vorliege. In diesem Zusammenhang wurde erwähnt, daß in bezug auf das Kriterium Bauklasse das Bauvorhaben zwar nicht dem Durchschnitt der bestehenden Bebauung entspreche, ein auffallender Widerspruch daraus aber nicht abzuleiten sei. Dieses beim Gemeindeamt am 22. August 1990 eingegangene Gutachten wurde den Beschwerdeführern in Fotokopie übermittelt und ihnen die Möglichkeit eingeräumt, in einer Besprechung am 28. Jänner 1991 hiezu Stellung zu nehmen. An dieser Besprechung nahm der Niederschrift zufolge auch der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde teil. Der Vizebürgermeister führte die Verhandlung, ließ zuerst das abgeänderte Projekt erläutern und sodann das ergänzend eingeholte Gutachten. Nachbarn vertraten weiterhin die Auffassung, daß das Bauvorhaben nicht dem Durchschnitt der bestehenden Bebauung entspreche und das gesamte Gemeindegebiet auch nicht als einheitliches Bebauungsgebiet herangezogen werden dürfe.

Mit Bescheid vom 30. April 1991 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung der Nachbarn neuerlich keine Folge. In der Begründung gab die Berufungsbehörde umfangreich das bisherige Verwaltungsgeschehen wieder, insbesondere auch das zuletzt eingeholte Gutachten des Zivilingenieurs, welches als schlüssig erachtet und der Entscheidung zugrunde gelegt wurde. Ein von Nachbarn vorgelegtes Gutachten eines Architekten S. vom 4. April 1991 wurde kurz zusammenfassend in der Begründung des Bescheides gleichfalls wiedergegeben, und die Berufungsbehörde vertrat die Ansicht, daß diesem Gutachten nicht nur ein Teil des bebauten Ortsgebietes zugrunde gelegt hätte werden dürfen, weil bei kleinen Ortschaften diese in ihrer Gesamtheit zu beurteilen seien. Es liege sohin kein Grund zu einer Versagung der Baubewilligung vor, sodaß der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich zu bestätigen sei.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer sowie weitere Nachbarn Vorstellung. Nach Durchführung einer Verhandlung wies die NÖ Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 20. Februar 1992 die Vorstellung als unbegründet ab. Die Gemeindeaufsichtsbehörde teilte zwar die Auffassung der Vorstellungswerber, daß als Bezugsbereich jedenfalls nicht das gesamte Gemeindegebiet herangezogen hätte werden dürfen, wie dies in dem Gutachten des Zivilingenieurs geschehen sei, doch sei auch der Versuch der Abgrenzung eines Bezugsbereiches im Gutachten des Architekten S. zu bemängeln, weil die Ausklammerung des westlich des Baugrundstückes gelegenen Bereiches zwischen der Landeshauptstraße und der Bahnlinie nicht nachvollziehbar sei. Die Aufsichtsbehörde stimme den Feststellungen des Zivilingenieurs insoweit zu, daß weder in der näheren noch in der weiteren Umgebung des Bauprojektes - auch nicht in dem vom Architekten S. gewählten Vergleichsgebiet - ein Bezugsbereich mit einem einheitlichen Baubestand erkennbar sei. So hätte auch der Gutachter in keiner Weise darlegen können, welcher einheitliche Baubestand in dem von ihm angenommenen Bezugsbereich erkennbar wäre. In diesem Bereich befänden sich insbesondere südlich und südwestlich des vom Bauvorhaben betroffenen Bauplatzes sehr großflächige und überwiegend unbebaute Grundstücke. Die Aufsichtsbehörde hätte sich durch eigene Wahrnehmung beim Lokalaugenschein am 5. Februar 1992 davon überzeugen können, daß die Aussage des Zivilingenieurs in seinem Gutachten, wonach kein einheitlich bebauter, abgegrenzter Bezugsbereich erkennbar sei, den Tatsachen entspreche. Wenn jedoch, wie im vorliegenden Fall, kein einheitlich bebauter zusammenhängender Bezugsbereich als Beurteilungsmaßstab herangezogen werden könne, so sei die "Versagung" eines Bauvorhabens deswegen, weil es zur bestehenden Bebauung in einem auffallenden Widerspruch stünde, nicht möglich. Es müsse auch festgestellt werden, daß die Methode beider Gutachter, aus dem jeweils angenommenen Bezugsbereich den Durchschnitt der bestehenden Bebauung zu bilden und festzustellen, ob das Bauvorhaben diesem Durchschnitt entspreche, für die hier maßgebliche Frage nicht zulässig sei. Eine - im übrigen nur geringfügige - Abweichung vom Durchschnitt begründe jedenfalls keinen auffallenden Widerspruch zur bestehenden Bebauung im Sinne des § 120 Abs. 3 und 4 der NÖ Bauordnung 1976. Zur Ermittlung der Bebauungsdichte des Bezugsbereiches im Gutachten des Architekten S. vom 4. April 1991 sei festzustellen, daß es nicht zulässig sei, auch die unbebauten Grundstücke miteinzubeziehen. Abgesehen davon sei nicht die überbaute Fläche im Verhältnis zur jeweiligen Grundstücksgröße zu setzen, sondern lediglich die bebaute Fläche, wie sich dies aus der Definition des Begriffes Bebauungsdichte im § 2 Z. 10 der NÖ Bauordnung 1976 ergebe. Nach weiteren Ausführungen zur Bebauungsdichte vertrat die Gemeindeaufsichtsbehörde die Ansicht, daß in Bebauungsplänen von Gemeinden nur in ganz unbedeutenden Ausnahmefällen eine Bebauungsdichte von weniger als 30 Prozent festgelegt werde, sodaß eine Bebauungsdichte um 29 Prozent vertretbar sei.

Hinsichtlich der Bebauungshöhe hätte anläßlich des Lokalaugenscheines am 5. Februar 1992 festgestellt werden können, daß der Abstand des Bauprojektes von den Grundflächen der anrainenden Nachbarn 14,7 m bzw. 10 m betrage, sodaß bei einer Gebäudehöhe von jeweils 7,8 m im Falle einer in einem Bebauungsplan festgelegten offenen Bebauungsweise ein zwei- bis dreifacher Bauwich eingehalten werde. Eine Beeinträchtigung der Nachbarn durch die Gebäudehöhe könne daher nicht in Betracht kommen. Zusammenfassend ergebe sich, daß das Bauvorhaben mangels eines abgrenzbaren, einheitlichen Bezugsbereiches dem vorherrschenden Baubestand nicht auffallend widersprechen könne und hinsichtlich jener Gesichtspunkte, die als Regelungsinhalt eines Bebauungsplanes den Anrainern ein Mitspracherecht einräumen würden, eine Verletzung in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten ausgeschlossen werden könne. Die Gemeindeaufsichtsbehörde schließe sich auch dem Standpunkt des Gemeinderates an, wonach durch die Verkleinerung des Bauvorhabens im Rahmen des Berufungsverfahren um zwei Stiegenhäuser die Anrainer ebenfalls nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden können. Die Behauptung, daß durch den Entfall der beiden Stiegenhäuser eine Änderung hinsichtlich der Lärmsituation bzw. des Brandschutzes eintreten würde, scheine der Aufsichtsbehörde nicht nachvollziehbar und widerspreche jeder Lebenserfahrung. Die Einholung weiterer Gutachten zu dieser Frage sei jedenfalls entbehrlich. Wenngleich den Vorstellungswerbern zugestimmt werden könne, daß der Bürgermeister als "Baubehörde I. Instanz" nicht bei der Büroverhandlung am 28. Jänner 1991 anwesend hätte sein dürfen, sei darin dennoch kein schwerwiegender Verfahrensmangel zu erblicken, der zu einer Aufhebung der Berufungsentscheidung führen müßte. Der Bürgermeister sei ja nicht als Verhandlungsleiter aufgetreten und es könne festgestellt werden, daß auch ohne seine Anwesenheit kein anderes Ergebnis hätte erzielt werden können. Das in den Einreichunterlagen dargestellte Projekt erweise sich jedenfalls als genehmigungsfähig, möge auch ein zur Verfügung gestandenes Modell des Projektes mit den Einreichplänen nicht ident gewesen sein. Da die Vorstellungswerber durch die Erteilung der Baubewilligung nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden seien, sei die Vorstellung abzuweisen gewesen.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und den mitbeteiligten Parteien erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Zunächst ist davon auszugehen, daß im Bereich der mitbeteiligten Gemeinde ein Bebauungsplan bisher nicht erlassen worden ist. Es gelten daher die Übergangsbestimmungen des § 120 der NÖ Bauordnung 1976 (BO). Nach § 120 Abs. 3 BO ist eine Bewilligung gemäß § 92 oder § 93 in Gemeinden, in denen nur ein vereinfachter Bebauungsplan gemäß Abs. 1 gilt - abgesehen von § 100 Abs. 2 -, zu versagen, wenn

1. das geplante Vorhaben zur bestehenden Bebauung in einem auffallenden Widerspruch steht;

2. das Vorhaben außerhalb eines zusammenhängend bebauten Ortsgebietes geplant ist und die geordnete Entwicklung der Bau- und Siedlungstätigkeit der Gemeinde gefährdet ist.

In Baulandbereichen, für die noch keine Regelung der Bebauung getroffen wurde, gelten die auf die vorherrschende Bebauung zutreffenden Bestimmungen dieses Gesetzes.

Eine Bewilligung gemäß § 92 oder § 93 ist nach § 120 Abs. 4 BO in einer Gemeinde, in der noch kein Bebauungsplan und auch kein vereinfachter Bebauungsplan gilt, zu versagen, wenn das geplante Vorhaben einer Bestimmung des Abs. 3 widerspricht.

Unter dem Blickwinkel einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaupten nun die beschwerdeführenden Nachbarn, daß das von der Erstmitbeteiligten geplante Bauvorhaben zur bestehenden Bebauung in einem auffallenden Widerspruch stehe und daher ihre subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt worden seien.

Nach § 118 Abs. 9 BO werden subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über

1.

den Brandschutz;

2.

den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können;

              3.              die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung;

              4.              die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung.

Die letztgenannten Festsetzungen sind typischer Inhalt eines Bebauungsplanes (vgl. § 5 BO) und dementsprechend kommt den Nachbarn für den Fall des Fehlens eines Bebauungsplanes nach den Übergangsbestimmungen des § 120 Abs. 2 und 3 BO ein Rechtsanspruch darauf zu, daß ein Vorhaben, welches zur bestehenden Bebauung in einem auffallenden Widerspruch steht, wegen Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte nicht bewilligt wird (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. März 1979, Zl. 1127/76, u.a.).

Der Verwaltungsgerichtshof hat nun wiederholt ausgesprochen, daß die genannte Übergangsregelung den geordneten Weiterausbau einer Ortschaft zu gewährleisten hat. In die Beurteilung der Frage, ob ein Vorhaben zur bestehenden Bebauung in einem auffallenden Widerspruch steht, sind daher alle jene Liegenschaften einzubeziehen, die miteinander nach der überwiegend herrschenden faktischen Bebauung ein im wesentlichen einheitliches, zusammenhängendes Ganzes bilden; nur auf diese Weise kann, dem Sinn der angeführten Übergangsregelung entsprechend, ein einem Bebauungsplan ähnlicher Beurteilungsmaßstab geschaffen werden. Die Prüfung des Vorhabens hat ferner alle Merkmale zu umfassen, die Gegenstand eines Bebauungsplanes sein können (vgl. etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 6. Juni 1977, Slg. N.F. Nr. 9338/A). In der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde immer wieder zum Ausdruck gebracht, daß konkrete Feststellungen zunächst über die Grenzen des Bezugsbereiches (Abgrenzung des Gebietes, das als Maßstab herangezogen werden soll) erforderlich sind (vgl. etwa das Erkenntnis vom 20. November 1984, Slg. N.F. Nr. 11.588/A), wie die belangte Behörde in ihrem in Rechtskraft erwachsenen Vorstellungsbescheid vom 23. Mai 1990 zutreffend ausgeführt hat.

Im Beschwerdefall zeigt nun das auf Verwaltungsebene durchgeführte Ermittlungsverfahren, daß ein eindeutiger Bezugsbereich nicht so ohne weiteres festzustellen ist, wie die verschiedenen Beurteilungen durch Amtssachverständige, den beigezogenen nichtamtlichen Sachverständigen, das von den Beschwerdeführern vorgelegte Gegengutachten und das von der belangten Behörde durchgeführte ergänzende Ermittlungsverfahren, wie es im angefochtenen Bescheid verwertet worden ist, erweisen. So hat zunächst ein bautechnischer Amtssachverständiger anläßlich der Verhandlung vom 28. Oktober 1983 als Bezugsbereich das gesamte Bauland des Ortes (ohne Außenbereiche Z und B) seinem Gutachten zugrunde gelegt und darauf hingewiesen, daß in diesem Bereich der Höhe nach Bauklassen I bis IV vertreten seien, insbesondere seien drei größere Wohnhausanlagen in der Bauklasse III bis IV als gewisse Dominanten anzusehen. Eine genaue Beschreibung des faktischen Zustandes ist freilich diesem Gutachten nicht zu entnehmen. Der dem damaligen zweitinstanzlichen Verfahren beigezogene Amtssachverständige hat in seinem Gutachten vom 26. Juni 1984 ein bestimmtes Bezugsgebiet abgegrenzt und dieses in einer beiliegenden Mappenkopie ersichtlich gemacht. Das Schwergewicht legte dieser Sachverständige auf die Gebäudehöhe und er vertrat zusammenfassend die Ansicht, daß das in erster Instanz bewilligte Bauvorhaben in einem auffallenden Widerspruch zur bestehenden Bebauung stehe, handle es sich doch in diesem Bezugsgebiet vorherrschend um Einfamilien- und Kleinwohnhäuser mit geringer bebauter Fläche. Der Sachverständige führte freilich auch aus, daß 14 Gebäude der Bauklasse II entsprechen würden und 6 Gebäude der Bauklasse III. Zu diesem Gutachten erstattete der mit der Planung des Bauvorhabens betraute Architekt ein Gegengutachten, in welchem vor allem die Abgrenzung des Bezugsbereiches kritisiert und im Hinblick auf die Struktur der Bebauung in der Gemeinde das gesamte Gemeindegebiet als Bezugsbereich angenommen wurde. Vor allem sei der Amtssachverständige nicht auf die wichtige Tatsache eingegangen, daß in der Gemeinde bereits drei, erst in den letzten Jahren errichtete ähnliche Wohnobjekte entstanden seien. Gerade die unmittelbare Nähe der Bahnstation, der Busstation, der Hauptschule, des Kindergartens, der Post, eines Gasthofes usw. sei nicht ausreichend gewürdigt worden.

Die Gemeinde betraute schließlich im Hinblick auf die widersprechenden Gutachten, wie schon in der Sachverhaltsdarstellung erwähnt, einen Zivilingenieur mit der Erstellung eines Gutachtens zu den hier maßgeblichen Fragen. In seinem Gutachten vom 20. Juli 1984 stellte der Sachverständige fest, daß die nähere Umgebung des Projektes nicht als ein zusammengehöriges Ganzes bezeichnet werden könne, weil weder in der näheren noch in der weiteren Umgebung irgendeine Einheitlichkeit in bezug auf die Bebauung festzustellen sei. Dies wurde im einzelnen näher begründet. Nach Meinung des Sachverständigen sei daher im konkreten Fall als Bezugsbereich das ganze zusammenhängend bebaute Gebiet der Gemeinde zu wählen und es liege die zu bebauende Liegenschaft am Rande des Ortskernes, weshalb mit Recht davon ausgegangen werden könne, daß auf Grund einer Reihe öffentlicher Einrichtungen in unmittelbarer Nähe die Bauplätze an einer Erweiterungsachse des Ortskernes liegen. Die seitlichen bzw. hinteren Anrainerliegenschaften seien gleichfalls als Bauland-Wohngebiet gewidmet, jedoch unbebaut. Nach Meinung des Sachverständigen könnte daher von einem auffallenden Widerspruch des Bauvorhabens zur bestehenden Bebauung nicht gesprochen werden. Diesem Gutachten ist ein Ausschnitt aus dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde sowie eine Fotomontage angeschlossen.

In der Folge ergänzte der beigezogene Zivilingenieur am 3. Dezember 1985 im Hinblick auf den aufhebenden Bescheid der NÖ Landesregierung vom 4. Juli 1985 sein bisher erstattetes Gutachten, wobei er freilich als Bezugsgebiet zur Beurteilung der Frage eines auffallenden Widerspruches des Bauvorhabens zur bestehenden Bebauung neuerlich das gesamte zusammenhängend bebaute Gebiet der Gemeinde heranzog und zu diesem Zweck Pläne mit dem tatsächlichen Bestand sowie Tabellen mit weiteren näheren Angaben erstellte. Zusammenfassend vertrat der Sachverständige die Ansicht, daß das Bauvorhaben hinsichtlich der Bebauungsdichte, Bauweise (Bebauungsweise) und Firstrichtung der bestehenden Bebauung entspricht. In bezug auf das Kriterium Bauklasse entspreche das Bauvorhaben nicht dem Durchschnitt der bestehenden Bebauung, es stelle jedoch keinen auffallenden Widerspruch dar, wie der Sachverständige schon in seinem Gutachten vom 20. Juli 1984 ausgeführt habe.

Nach Erstellung des zuletzt genannten Gutachtens hat die Erstmitbeteiligte ihr Projekt reduziert, in der Folge jedoch dann im Juli 1987 ein völlig überarbeitetes anderes Projekt vorgelegt, welches hinsichtlich der maximalen Höhe eine Verringerung um eine Bauklasse bedeutete. Bei der in erster Instanz durchgeführten Bauverhandlung erklärte der bautechnische Amtssachverständige, daß das nunmehrige Vorhaben "weder in seiner Gebäudehöhe, noch in seiner Gebäudegliederung, Dachgestaltung, Fassadengestaltung und architektonischen Ausdruck einen auffallenden Widerspruch" zur bestehenden Bebauung darstelle. Auch der im Zuge des Berufungsverfahrens beigezogene bautechnische Amtssachverständige teilte die Auffassung des in erster Instanz beigezogenen Amtssachverständigen, begründete freilich seine Auffassung nicht ausreichend, zum Teil erörterte der Amtssachverständige, wie die Beschwerdeführer zu Recht in einer Äußerung bemängelten, Rechtsfragen. Dementsprechend hat die NÖ Landesregierung in ihrem aufhebenden Bescheid vom 23. Mai 1990, wie bereits in der Sachverhaltsdarstellung dargetan, die zuletzt eingeholten Gutachten als unzureichend qualifiziert, das zuletzt ergänzte Gutachten des Zivilingenieurs vom 3. Dezember 1985 jedoch deshalb als nicht maßgeblich angesehen, weil dieses zum ursprünglich eingereichten Bauprojekt erstellt worden sei, nunmehr jedoch im Hinblick auf die vergrößerte bebaute Fläche hinsichtlich der Beurteilung der Bebauungsdichte nicht entscheidend sein könne. In seinem weiteren Gutachten vom 23. Juli 1990 hat nun der Zivilingenieur, wie schon in der Sachverhaltsdarstellung dargetan, sich neuerlich zur Abgrenzung des Bezugsbereiches geäußert, wobei er bezüglich der Bebauungsdichte auf das durch Wegfall von zwei Stiegenhäusern verkleinerte Projekt Bezug nehmen konnte, sodaß in dieser Beziehung der dem Vorstellungsbescheid vom 23. Mai 1990 zugrundeliegende Sachverhalt durch die Projektsänderung als überholt anzusehen war. Diesem Gutachten hat der Sachverständige bezüglich des Bestandes die schon seinem Ergänzungsgutachten vom 3. Dezember 1985 beigegebenen Unterlagen zugrunde gelegt. Der Gutachter erachtete keinen auffallenden Widerspruch zur bestehenden Bebauung als gegeben.

Der von den Beschwerdeführern beauftragte Architekt S. hat in seinem Gutachten vom 4. April 1991 den zum Vergleich herangezogenen Bezugsbereich in einem Mappenausschnitt dargelegt und ausgeführt, es seien alle jene Liegenschaften in Betracht gezogen worden, die untereinander nach der überwiegend herrschenden faktischen Bebauung ein im wesentlichen einheitliches zusammenhängendes Ganzes bilden, das sich dem äußeren Eindruck nach von der angrenzenden Bebauung abhebe. In seiner Begutachtung kommt der Sachverständige zu dem Schluß, daß bezüglich der Bebauungsdichte eine Überschreitung von 146 Prozent gegenüber der durchschnittlichen Bebauung gegeben sei und auch die Bauklasse nicht der vorherrschenden Bebauung entspreche. Das Bauvorhaben stehe daher trotz der Weglassung zweier Stiegenhäuser in einem auffallenden Widerspruch zur bestehenden Bebauung und gefährde die geordnete Entwicklung der Bau- und Siedlungstätigkeit der Gemeinde.

Im Hinblick auf diese unterschiedlichen Gutachten ist zunächst klarzustellen, daß die im Beschwerdefall zu lösende Frage, ob das Vorhaben der Erstmitbeteiligten zur bestehenden Bebauung in einem auffallenden Widerspruch steht, eine Rechtsfrage ist, die von dem einem Verfahren beigezogenen Sachverständigen jedenfalls nicht endgültig beantwortet werden kann. Dasselbe gilt für den für diese Beurteilung heranzuziehenden Bezugsbereich, also die Abgrenzung jenes Gebietes, das als Maßstab für die Beurteilung des auffallenden Widerspruches heranzuziehen ist. Das umfangreichste Material zur Beurteilung dieser Frage haben seinerzeit der Amtssachverständige in seinem Gutachten vom 26. Juni 1984 sowie der erwähnte Zivilingenieur in seinem ergänzenden Gutachten vom 3. Dezember 1985 erarbeitet. Der Amtssachverständige hat hiebei freilich auch die in unmittelbarer Nähe zu den zu bebauenden Grundflächen befindlichen Gebäude mit Gemeinschaftseinrichtungen berücksichtigt und in dieser Beziehung die Gleisanlagen der Österreichischen Bundesbahnen als Begrenzung des Bezugsbereiches beurteilt, was der von den Beschwerdeführern beauftragte Architekt unterließ, ein Umstand, den die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend bemängelte. Wie immer aber ein Bezugsbereich im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abzugrenzen ist, als unmittelbare Grenze drängt sich jedenfalls die auch optisch dominierende Gleisanlage der Österreichischen Bundesbahnen auf. Dies entspricht auch sämtlichen Gutachten, ausgenommen dem von den Beschwerdeführern vorgelegten. Die Frage, ob das gesamte Ortsgebiet als Bezugsbereich anzusehen ist oder nur das Gebiet in der unmittelbaren Umgebung, hängt im vorliegenden Fall davon ab, ob die zu bebauenden Grundflächen als am Rande des Ortskernes befindlich dem Ortskern zuzuzählen sind, oder ob sie in Verbindung mit der unmittelbaren Umgebung als eigenes Bezugsgebiet beurteilt werden können. Wie besonders deutlich die Planunterlagen des Gutachtens des Zivilingenieurs vom 3. Dezemer 1985 zeigen, dürfte seine Betrachtungsweise eher dem Sinn des Gesetzes entsprechen als die Betrachtungsweise des Amtssachverständigen in seinem Gutachten vom 26. Juni 1984, sowie des von den Beschwerdeführern beigezogenen Architekten in seinem Gutachten vom 4. April 1991. Das Problem, entsprechende Abgrenzungskriterien zu finden, ist im vorliegenden Fall offensichtlich deshalb so schwer zu lösen, weil zum Teil Grundflächen in der Nähe des Ortszentrums noch immer nicht verbaut sind, auf der anderen Seite aber gerade im Bereich des Ortszentrums auch eine dichtere und höhere Bebauung anzutreffen ist als in Randlage. Gerade die bei den Verwaltungsakten erliegenden Pläne und Fotografien vermitteln den Eindruck, daß sowohl die Gemeindebehörden als auch die belangte Behörde zu Recht eher dem Gutachten des Zivilingenieurs gefolgt sind, der den gesamten Ortskern als einen einheitlichen Bezugsbereich angenommen hat, mag auch in Zweifel gezogen werden, daß das von ihm nach 21 Bereichen eingeteilte Gemeindegebiet in manchen Bereichen überhaupt oder doch nicht zur Gänze hätte einbezogen werden dürfen. Der Sinn der Abgrenzung von Bezugsbereichen als der für die Beurteilung der hier maßgeblichen Frage erforderliche Maßstab ist ja vor allem darin gelegen, willkürliche Festlegungen zu verhindern, um auf diese Weise den gesetzlichen Bestimmungen gerecht zu werden, wenn schon den Zielsetzungen des Gesetzes, einen Bebauungsplan zu erstellen, nicht Rechnung getragen worden ist. Gerade der Beschwerdefall zeigt deutlich, welche Unsicherheiten gegeben sind, wenn auf Grund von Übergangsbestimmungen Fragen zu beantworten sind, die letztlich der Gemeinderat als für die örtliche Raumplanung zuständiges Organ für die sachgerechte und vorausschauende Entwicklung des Ortsgebietes im Rahmen der Erlassung eines Bebauungsplanes vornehmen müßte. Wie immer aber die Frage des "sachgerechten" Bezugsbereiches beantwortet wird, keinesfalls kann davon die Rede sein, daß das nunmehr zur Beurteilung vorliegende Projekt zur bestehenden Bebauung in einem auffallenden Widerspruch steht, wurde doch sowohl hinsichtlich der ursprünglich geplanten Gebäudehöhe als auch hinsichtlich der später angestrebten Bebauungsdichte eine solche Änderung früherer Projekte vorgenommen, daß nicht zu Recht von einem auffallenden Widerspruch die Rede sein kann.

Wenn die Beschwerdeführer behaupten, daß die Grenzen eines Bezugsbereiches von der belangten Behörde jedenfalls festgestellt hätten werden müssen, vermag ihnen der Verwaltungsgerichtshof im konkreten Fall so allgemein nicht zu folgen, weil hier im Hinblick auf die besondere Situation verschiedene Abgrenzungen als sachgerecht beurteilt werden können, nicht aber - wie schon dargetan - jener Bezugsbereich sachgerecht ist, den der von den Beschwerdeführern beauftragte Architekt als richtig beurteilte. Im Ergebnis hat daher die belangte Behörde zutreffend festgestellt, daß ein subjektiv-öffentliches Recht der Beschwerdeführer nach § 120 Abs. 3 und 4 BO nicht verletzt worden ist.

Wenn die Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens behaupten, durch den Wegfall zweier Stiegenhäuser im Zuge der zuletzt erfolgten Projektsänderung habe sich eine Änderung der Lärmsituation und des Brandschutzes ergeben, so vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, in welcher Beziehung hier eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer in Betracht kommen soll. Da die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch keine konkreten Behauptungen aufstellen, erübrigte sich ein näheres Eingehen auf dieses Vorbringen.

Soweit die Beschwerdeführer der Meinung sind, daß im Zuge des Rechtsmittelverfahrens die genannte Modifikation des Bauansuchens unzulässig sei, jedenfalls aber nach dieser Projektsänderung neuerlich Gutachten von Sachverständigen einzuholen gewesen wären, vermag der Verwaltungsgerichtshof hierin gleichfalls eine Mangelhaftigkeit des durchgeführten Verfahrens nicht zu erblicken, wurde doch gerade im Interesse der Beschwerdeführer das Projekt teilweise zurückgezogen und auf diese Weise die von ihnen bekämpfte Bebauungsdichte reduziert; eine solche Einschränkung des Bauvorhabens ist auch im Zuge des Berufungsverfahrens unbedenklich. Aus welchen Gründen eine neuerliche Befassung von Sachverständigen erforderlich gewesen wäre, ist auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführer nicht zu erkennen. Wenn allerdings die mitbeteiligte Gemeinde der Ansicht sein sollte, die im Zuge des Berufungsverfahrens vorgenommene Reduktion des Vorhabens (Weglassung zweier Stiegenhäuser, Änderung der Stellplatzzahl) hätte gar keiner Bewilligung bedurft, übersieht sie, daß diese Änderung des Projektes bewilligungspflichtig ist und ja auch Gegenstand des Berufungsverfahrens war.

Unter dem Titel einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügen die Beschwerdeführer auch, daß der Bürgermeister als Vertreter der Baubehörde erster Instanz bei der Verhandlung am 28. Jänner 1991 nicht hätte anwesend sein dürfen. Der Bürgermeister habe auch an der im Zuge des Vorstellungsverfahrens durchgeführten Verhandlung teilgenommen, was gleichfalls von den Beschwerdeführern als Verfahrensmangel gerügt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der Beschwerdeführer, daß der Bürgermeister als der den Bescheid in erster Instanz erlassende Organwalter im Hinblick auf den Befangenheitsgrund nach § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG auch an einer zweitinstanzlichen Verhandlung nicht teilzunehmen hat. Im Beschwerdefall hat er jedoch an der Erlassung des zweitinstanzlichen Bescheides jedenfalls nicht mitgewirkt, sodaß der damit von den Beschwerdeführern aufgezeigte Verfahrensmangel nicht wesentlich ist, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend feststellte.

Soweit die Beschwerdeführer eine Teilnahme des Bürgermeisters im Rahmen des Vorstellungsverfahrens rügen, dürften sie übersehen, daß die Gemeinde im Rahmen des Gemeindeaufsichtsverfahrens in gleicher Weise wie die Beschwerdeführer Parteistellung besitzt, der Bürgermeister aber zur Vertretung der Gemeinde nach außen berufen ist. In dieser Beziehung liegt daher keine Befangenheit vor.

Wenn die Beschwerdeführer abschließend behaupten, die zuständige Kollegialbehörde - gemeint offensichtlich der Gemeinderat - sei unrichtig zusammengesetzt gewesen, was eine Nichtigkeit zur Folge habe, so vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, aus welchen Gründen der Gemeinderat als Berufungsbehörde unrichtig zusammengesetzt gewesen sein soll, wird doch eine derart konkrete Behauptung nicht einmal aufgestellt. Auch der Hinweis, daß nach Art. 6 MRK den Beschwerdeführern ein Rechtsanspruch auf eine Entscheidung durch ein unabhängiges und unparteiisches Tribunal zustehe, ist in diesem Zusammenhang unverständlich, kann doch die aufgezeigte Befangenheit des Bürgermeisters zu keiner Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führen, die der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der von ihm anzuwendenden Gesetzesbestimmungen aufzugreifen hätte. Bedenken gegen die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden sind aber nach der gegebenen Österreichischen Verfassungsrechtslage (vgl. VfSlg. 11500) nicht berechtigt.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992050064.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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