TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/13 92/07/0092

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Veröffentlicht am 13.10.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §66 Abs4;
WRG 1959 §31 Abs3;
WRG 1959 §31 Abs4;
WRG 1959 §31 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Aumayr, über die Beschwerde der H in K, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. März 1992, Zl. III/1-27.661/157-92, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der in Beschwerde gezogene Bescheid wird im Umfang der Anfechtung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Krems an der Donau vom 9. Dezember 1991 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 gemeinsam mit einem näher bezeichneten Unternehmen zur ungeteilten Hand verpflichtet, in sechs Spruchpunkten konkret angeführte Maßnahmen zu veranlassen. Einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Weiters wurde der Beschwerdeführerin zur ungeteilten Hand mit dem zweiten Verpflichteten gemäß den §§ 76 ff AVG aufgetragen, Kommissionsgebühren und Barauslagen in der Höhe von insgesamt S 3.820,-- innerhalb eines Monats zu bezahlen.

Auf Grund der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung änderte die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4. März 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG den erstinstanzlichen Bescheid dahin ab, daß die Verpflichtung zur Veranlassung der in dessen Punkten 1 bis 4 und 6 angeführten Maßnahmen ersatzlos aufgehoben wurde. Hinsichtlich des Punktes 5 des erstinstanzlichen Bescheides (Untersuchung vorhandener Sonden und Brunnen auf halogenierte Kohlenwasserstoffe und Kohlenwasserstoffe) wurde die Berufung abgewiesen. Gleichzeitig wurde die Kostenentscheidung dahin abgeändert, daß die Beschwerdeführerin zur Bezahlung der Hälfte des angeführten Betrages verpflichtet wurde.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, die in den Punkten 1 bis 4 und 6 des erstinstanzlichen Bescheides angeordneten Maßnahmen seien bereits vor Erlassung des Bescheides des Bürgermeisters auf Grund von faktischen Amtshandlungen ausgeführt worden; sie könnten daher nicht nochmals bescheidmäßig vorgeschrieben werden. Die Verpflichtung zur Veranlassung der in Punkt 5 des erstinstanzlichen Bescheides aufgetragenen Maßnahmen treffe die Beschwerdeführerin deshalb, weil ihr als Eigentümerin der betroffenen Liegenschaft und der damit verbundenen Betonwannen - unabhängig vom Verschulden - die (die Gewässerverunreinigung bewirkende) Anlage zuzurechnen sei, was die Verpflichtung gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 auslöse. Die Aufteilung der zu ersetzenden Verfahrenskosten sei gemäß § 76 Abs. 3 AVG vorzunehmen gewesen.

Diesen Bescheid ficht die Beschwerdeführerin wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes insoferne an, als damit der von der Behörde erster Instanz ausgesprochene Auftrag bestätigt wird, daß sie als bloße Liegenschaftseigentümerin in halbjährlichen Abständen sämtliche Sonden sowie die näher bezeichneten Brunnen untersuchen zu lassen habe. Ferner ficht sie den Bescheid auch im Kostenausspruch an.

Die Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen vor, sie sei lediglich Grundeigentümerin, habe aber keine gewässerverunreinigenden Anlagen betrieben. Sie habe dem gemeinsam mit ihr zur Durchführung der angefochtenen Maßnahmen verpflichteten Unternehmen ein unbebautes Grundstück vermietet; dieses Unternehmen habe die (zur Gewässerverunreinigung führenden) Anlagen errichtet und betrieben. Die Beschwerdeführerin könne als bloße Liegenschaftseigentümerin nicht zur Adressatin eines wasserpolizeilichen Auftrages gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 31 WRG 1959 in der im Beschwerdefall anzuwendenden

Fassung der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 lautet:

"Allgemeine Sorge für die Reinhaltung

§ 31. (1) Jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, hat mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

(2) Tritt dennoch die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ein, hat der nach Abs. 1 Verpflichtete unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die Bezirksverwaltungsbehörde, bei Gefahr im Verzug den Bürgermeister oder die nächste Dienststelle des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu verständigen. Bei Tankfahrzeugunfällen hat der Lenker, sofern dieser hiezu nicht oder nicht allein in der Lage ist auch der Beifahrer, die erforderlichen Sofortmaßnahmen im Sinne der Betriebsanweisung für Tankfahrzeuge zu treffen. Die Verständigungs- und Hilfeleistungspflicht nach anderen Verwaltungsvorschriften, wie vor allem nach der Straßenverkehrsordnung, wird dadurch nicht berührt. Sind außer den Sofortmaßnahmen weitere Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlich, so ist zu ihrer Durchführung der Halter des Tankfahrzeuges verpflichtet.

(3) Wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, so hat die Wasserrechtsbehörde, soweit nicht der unmittelbare Werksbereich eines Bergbaues betroffen wird, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Wenn wegen Gefahr im Verzuge eine Anordnung der Wasserrechtsbehörde nicht abgewartet werden kann, ist der Bürgermeister befugt, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen - soweit nicht dem Bergrecht unterliegende Anlagen betroffen werden - unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Gefahr im Verzug ist jedenfalls gegeben, wenn eine Wasserversorgung gefährdet ist.

(4) Kann der nach Abs. 1 Verpflichtete nicht gemäß Abs. 3 beauftragt oder zum Kostenersatz herangezogen werden, dann kann an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er den Anlagen oder Maßnahmen, von denen die Gefahr ausgeht, zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Dies gilt auch für Rechtsnachfolger des Liegenschafteigentümers, wenn sie von den Anlagen oder Maßnahmen, von denen die Gefahr ausgeht, Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mußten.

(5) Maßnahmen, die Gegenstand einer behördlichen Anordnung oder eines behördlichen Auftrages gemäß Abs. 3 oder 4 sind, bedürfen keiner wasserrechtlichen Bewilligung. Soweit durch solche Maßnahmen Rechte Dritter berührt werden, findet § 72 Anwendung.

(6) Abs. 4 ist auf Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen, die vor dem 1. Juli 1990 entstanden sind oder gesetzt wurden, mit der Maßgabe anzuwenden, daß der Liegenschaftseigentümer nur zu Leistungen nach Abs. 3 herangezogen werden kann, wenn er die Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen, welche die Gewässerverunreinigung verursachen, auf eigenem Boden ausdrücklich gestattet und daraus in Form einer Vergütung für die Inanspruchnahme seines Eigentums einen Vorteil gezogen hat. Seine Leistungspflicht ist jedoch auf jenen Wert des Vorteils begrenzt, der die übliche Vergütung für die Inanspruchnahme seines Eigentums überstieg. Läßt sich die übliche Vergütung nicht vergleichsweise feststellen, ist sie nach dem Wert des verursachten Nutzungsentganges und der verursachten sonstigen Nachteile - ausgenommen die Leistungspflicht nach Abs. 4 - zu bemessen."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 31. März 1992, Zl. 92/07/0029, ausgeführt hat, kann nach der durch die WRG-Novelle 1990 erfolgten Neufassung des § 31 WRG 1959 eine auf dessen Abs. 3 gestützte Heranziehung des Grundeigentümers gemäß Abs. 4 grundsätzlich nur mehr subsidiär und nur unter den dort angeführten Voraussetzungen Platz greifen. Im Beschwerdefall hat darüber hinaus, da es sich um einen vor dem 1. Juli 1990 verwirklichten Sachverhalt handelt, Abs. 6 dieses Paragraphen mit den dort genannten Einschränkungen Anwendung zu finden.

Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin lediglich deshalb als Adressatin des auf § 31 Abs. 3 WRG 1959 gestützten Auftrages herangezogen wurde, weil sie Eigentümerin des Grundstückes ist, auf dem sich die eine Gewässerverunreinigung verursachenden, von Dritten errichteten und betriebenen Anlagen befinden. Eine allein auf das Liegenschaftseigentum gestützte Heranziehung der Beschwerdeführerin zur Durchführung wasserpolizeilicher Aufträge steht aber mit § 31 WRG 1959 nicht in Einklang.

Die Vorschreibung von Kommissionsgebühren und Barauslagen steht in untrennbarem Zusammenhang mit dem wasserpolizeilichen Auftrag; dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit erfaßt daher auch die Kostenvorschreibung.

Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG - soweit er von der Anfechtung erfaßt war - aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Antrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil Stempelgebührenersatz lediglich für drei Beschwerdeausfertigungen (S 360,--) und eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides (S 60,--) zuerkannt werden konnte.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992070092.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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