TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/14 92/01/0548

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Veröffentlicht am 14.10.1992
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des S in N, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. April 1992, Zl. 4.319.436/2-III/13/92, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. April 1992 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer - ein türkischer Staatsangehöriger, der am 23. März 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist - nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat ihrer Entscheidung die Angaben des Beschwerdeführers am 11. Oktober 1991 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich zugrunde gelegt. Demnach gehöre der Beschwerdeführer der kurdischen Minderheit in der Türkei an. Er habe nie einer Partei angehört und sich auch nicht politisch betätigt. Er sei lediglich nach Österreich gekommen, weil man als Kurde in der Türkei keinen ordentlichen Arbeitsplatz bekommen könne. Sonstige Probleme habe er nicht gehabt.

Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie daraus die rechtliche Schlußfolgerung gezogen hat, daß sich der Beschwerdeführer nicht aus wohlbegründeter Furcht, aus einem der im Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ angeführten Gründe verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befinde. Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, daß auch wirtschaftliche Gründe Fluchtgründe (im Sinne der Konvention) darstellen könnten, wenn auf Grund staatlicher Diskriminierungshandlungen dem Asylwerber die Gewährung einer lebensfähigen und menschenwürdigen Existenz verwehrt werde, und diese Voraussetzungen bei ihm vorlägen, so ist ihm entgegenzuhalten, daß sich der mit ihm aufgenommenen Niederschrift vom 11. Oktober 1991 nicht entnehmen läßt, daß der Beschwerdeführer konkret irgendwelchen Verfolgungshandlungen in seinem Heimatland ausgesetzt gewesen sei. Er hat zum Abschluß seiner unter Beiziehung eines Dolmetsch durchgeführten Vernehmung ausdrücklich erklärt und dies auch mit seiner Unterschrift bestätigt, daß er den Inhalt der Niederschrift verstanden und nichts hinzuzufügen habe. Der Beschwerdeführer behauptet selbst nicht, daß die Protokollierung seiner Angaben unrichtig oder unvollständig erfolgt sei. Geht man aber von diesen Angaben aus, so ergibt sich daraus keine gegen den Beschwerdeführer gerichtete, staatlichen Behörden zuzurechnende Maßnahme, auf Grund welcher ein Verbleib in seinem Heimatland für ihn unerträglich gewesen wäre. Vielmehr hat sich der Beschwerdeführer auf diese Weise nur auf die allgemeine Lage der Kurden in der Türkei, die auch ihn als Angehörigen dieser Volksgruppe treffe, berufen, womit aber kein relevanter Verfolgungsgrund dargetan wird. Die belangte Behörde war auf Grund dieser eindeutigen Angaben - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht gehalten, die von ihm behaupteten wirtschaftlichen Gründe, auf die der Beschwerdeführer im übrigen auch nicht in der Beschwerde weiter eingeht, "näher zu hinterfragen und zu überprüfen".

Der Beschwerdeführer hat seinen schriftlichen Asylantrag vom 9. Juli 1991 - nachdem er, wie aktenkundig ist, bereits am 23. März 1991 um Asyl angesucht hatte - im wesentlichen damit begründet, daß er Kurde sei und, wie viele andere auch, hätte miterleben müssen, wie sehr das kurdische Volk seitens der Behörden unterdrückt werde. Er habe für die Sozialistische Partei Kurdistans (TSK) in völlig legaler Art Parteipropaganda gemacht. Im Zuge dieser Tätigkeit habe er sich auch für das Anliegen der kurdischen Bevölkerung eingesetzt. Diese Tätigkeit sei den Behörden nicht verborgen geblieben, und er sei unter polizeiliche Aufsicht gestellt worden. Er sei mehrmals von der Polizei hinsichtlich seiner Aktivitäten befragt und beschimpft worden. Es sei ihm eine hohe Gefängnisstrafe angedroht und jede politische Betätigung verboten worden. In letzter Zeit habe er allerdings feststellen müssen, daß Freunde in ähnlicher Situation, auch wenn sie nur Sympathisanten gewesen seien, geschlagen und inhaftiert worden seien. Er habe befürchtet, das gleiche Schicksal zu erleiden, und daher die Türkei verlassen. Der Beschwerdeführer selbst ist der Ansicht, daß diese Angaben im klaren Widerspruch zu den Angaben anläßlich seiner Vernehmung am 11. Oktober 1991 stehen. Er rügt aber, daß die belangte Behörde auf diese Widersprüche nicht eingegangen sei, sie ihn nicht zur Beseitigung dieser Widersprüche aufgefordert habe und "auch entsprechende Ermittlungstätigkeiten zu diesen Ungereimtheiten" unterblieben seien, wobei er die Auffassung vertritt, daß sich dann, wenn dies geschehen wäre, herausgestellt hätte, daß er tatsächlich den im Asylantrag "genannten Verfolgungsgründen ausgesetzt" gewesen sei. Darauf ist dem Beschwerdeführer - ungeachtet der Frage, ob im Asylantrag relevante Verfolgungsgründe enthalten sind, was unerörtert bleiben kann - zu erwidern, daß er mangels Angabe jeglicher Gründe dafür, worauf diese Widersprüche zurückzuführen sind, die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan hat. Hat der Beschwerdeführer hiefür keine plausiblen Gründe genannt, so kann nicht davon die Rede sein, daß er seine Verfolgung glaubhaft gemacht hat, weshalb auch darin, daß die belangte Behörde zwar das Vorbringen im Asylantrag in der Begründung des angefochtenen Bescheides gleichfalls wiedergegeben, dieses aber bei ihrer Erledigung unberücksichtigt gelassen hat, keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinen Rechten erblickt werden kann.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010548.X00

Im RIS seit

14.10.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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