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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1968 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grossmann und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Februar 1992, Zl. 4.295.994/3-III/13/90, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatangehöriger, reiste am 11. Februar 1990 in das Bundesgebiet ein und stellte am folgenden Tag einen Asylantrag.
Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe bei der niederschriftlichen Befragung am 24. März 1990 angegeben, Angehöriger der ungarischen Minderheit und deshalb am Arbeitsplatz benachteiligt worden zu sein. Er habe mit seiner Familie keine geeignete Wohnung bekommen und in einem einzigen Zimmer wohnen müssen. Am 22. Dezember 1989 habe er gemeinsam mit einem Freund in der Direktion des Unternehmens, wo er beschäftigt gewesen sei, das Bild Ceausescus von der Wand nehmen wollen. Er sei deshalb vom Direktor gewarnt worden. Nach der Revolution habe sich in den Führungspositionen nichts geändert; er habe daher eine kleine Organisation gegründet, um "diese Leute" ablösen zu können. Die Abhaltung von Wahlen in den Betrieben habe nichts gebracht, da diese manipuliert worden seien. Nach der Revolution habe sich die nationalistische, gegen die ungarische Minderheit gerichtete Strömung verstärkt. Er habe für sich und seine Familie als Angehörige der ungarischen Minderheit keine Zukunft mehr gesehen und Rumänien deswegen verlassen.
In seiner Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion habe der Beschwerdeführer ausgeführt, die Führungskräfte in den Bezirken und Fabriken seien bereits während der Revolution von der Partei bestimmt worden. Der Beschwerdeführer habe dagegen gemeinsam mit einigen Arbeitskollegen protestiert und eine Unterschriftenaktion durchgeführt. Die Staatspolizei habe daraufhin den Beschwerdeführer und seine Kollegen "durch tätliche Angriffe bedroht" und ihnen zu verstehen gegeben, daß der Beschwerdeführer seinen Arbeitsplatz und die Freiheit verlieren werde, wenn die Aktion nicht beendet werde.
Nach Darlegung der Rechtslage vertrat die belangte Behörde die Auffassung, der Beschwerdeführer habe keine Umstände glaubhaft gemacht, die objektiv die Annahme rechtfertigen könnten, daß er sich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatlandes befinde. Die Nachteile, die er seinen Angaben zufolge wegen seiner Zugehörigkeit zur ungarischen Minderheit zu tragen gehabt habe, stellten keinen derart gravierenden Eingriff in seine Grundrechte dar, daß der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannte Tatbestand hergestellt wäre. Sein Vorbringen, die Betriebswahlen seien manipuliert worden, könne nicht zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft führen, weil dies keine individuelle, gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgungshandlung darstelle. Aus dem Versuch, ein Bild Ceausescus zu entfernen, hätten sich offenbar keine konkreten Schwierigkeiten ergeben; auch daraus könne somit nicht die Flüchtlingseigenschaft abgeleitet werden. Sein Berufungsvorbringen, er sei wegen einer Unterschriftenaktion von der Staatspolizei "tätlich bedroht" worden, sei nicht glaubwürdig, weil derartige Eingriffe im allgemeinen bei der Ersteinvernahme nicht vergessen würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen, daß er der ungarischen Minderheit angehöre und diese noch immer unterdrückt werde. Er habe weiters darauf hingewiesen, daß er nach dem Sturz der alten Ceausescu-Regierung versucht habe, für die Rechte der ungarischen Minderheit einzutreten und eine Gleichstellung der ungarischen Minderheit mit der rumänischen Mehrheit habe erreichen wollen. Aufgrund der gewalttätigen Auseinandersetzungen habe er erkennen müssen, daß die ungarische Minderheit weiterhin unterdrückt und eine nationale Gleichstellung nicht erreichbar sein werde. Es sei daher sehr glaubwürdig, daß er aus diesen nationalen Gesichtspunkten die Flucht ergriffen habe. Die belangte Behörde habe es unterlassen, auf dieses rechtlich bedeutsame Vorbringen in der Begründung des angefochtenen Bescheides näher einzugehen.
Diese nicht auf die konkrete Situation des Beschwerdeführers, sondern ausschließlich auf die allgemeine Lage der ungarischen Minderheit in Rumänien bezogenen Darlegungen können der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Zugehörigkeit zu einer Minderheit allein nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch keinen Grund für die Anerkennung als Konventionsflüchtling darstellt (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Mai 1992, Zl. 92/01/0407, und vom 17. Juni 1992, Zl. 92/01/0130). Das in der Beschwerde bezogene Vorbringen über die allgemeine Lage der ungarischen Minderheit in Rumänien war somit für sich allein nicht geeignet, wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus einem der in Art. I Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe glaubhaft zum machen. Mangels rechtlicher Relevanz dieses Vorbringens liegt somit entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kein wesentlicher Begründungsmangel darin, daß sich die belangte Behörde mit diesem Vorbringen nicht weiter auseinandersetzte.
Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor; die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992010401.X00Im RIS seit
14.10.1992Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009