TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/14 92/01/0704

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Veröffentlicht am 14.10.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
AVG §37;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Mai 1992, Zl. 4.305.854/2-III/13-92, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Nationalität, reiste am 5. Oktober 1990 nach Österreich ein und stellte am 18. Oktober 1990 (bereits anwaltlich vertreten) einen schriftlichen Asylantrag.

Darin behauptete er, Kurden würden in der Türkei als Menschen 2. Klasse behandelt; sie dürften ihre Sprache nicht gebrauchen und seien politischen Verfolgungshandlungen ausgesetzt. Angehörige der Miliz und der Polizei seien in das Dorf, wo der Beschwerdeführer gelebt habe, gekommen und hätten die Kurden "terrorisiert". Die Dorfbewohner seien beschuldigt worden, mit der "PKK" zusammenzuarbeiten, unabhängig davon ob dies wahr gewesen sei oder nicht. Die Kurden seien "mit dem Tod und mit Gewalt" bedroht worden bzw. seien die jungen Kurden gezwungen worden, mit der Miliz und den Soldaten zusammenzuarbeiten.

Für den Beschwerdeführer sei dies nicht in Frage gekommen, weil er keinen Verrat an seinem Volk habe üben wollen. Seine Weigerung, mit den türkischen Organen zusammenzuarbeiten, habe ihn in konkrete Gefahr gebracht. So habe er beschlossen, ins Ausland zu flüchten. Eine Vernehmung des Beschwerdeführers scheiterte daran, daß er an den beiden von seinem Rechtsanwalt der Behörde über Aufforderung bekanntgegebenen Anschriften (L, N-Straße n bzw. X-Straße n), wo er zwar gemeldet war, nicht wohnte und es sich dabei nach den gepflogenen Erhebungen nur um Scheinmeldungen handelte (vgl. die Berichte der Bundespolizeidirektion Linz vom 31. Oktober 1990 und 14. Jänner 1991).

Mit Bescheid vom 22. März 1991 stellte daraufhin die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes und daher auch nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei.

Dagegen berief der Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung, es handle sich beim erstinstanzlichen Bescheid um ein vorgedrucktes Formular, das weder eine Begründung noch Tatsachenfeststellungen enthalte. Auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers als Partei und der Beweisergebnisse hätte die Erstbehörde dem Asylantrag stattgeben müssen. Ausdrücklich beantragte der Beschwerdeführer seine Einvernahme als Partei, wobei im Rubrum der Berufung als Anschrift des Beschwerdeführers wiederum L, X-Straße n, angegeben war.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach ebenfalls aus, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes, weil er keine konkreten, gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen i.S. der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht habe.

Gegen diesen Besheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, er habe in seinem Asylantrag konkrete Verfolgungsgründe dargetan (und dabei seine Argumente aus dem schriftlichen Asylantrag wiederholt), ist darauf hinzuweisen, daß es sich dabei nur um bloße Behauptungen handelt, die jedenfalls einer Glaubhaftmachung im Wege einer niederschriftlichen Befragung des Beschwerdeführers bedurft hätten. Eine solche scheiterte aber daran, daß der Beschwerdeführer an beiden, von seinem Rechtsanwalt der Behörde bekanntgegebenen Anschriften nicht wohnhaft war. In Ermangelung der Möglichkeit, den Beschwerdeführer zu seinem Vorbringen zu befragen, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie das im schriftlichen Asylantrag erhobene Vorbringen als ungeeignet dafür angesehen hat, begründete Furcht vor Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe glaubhaft zu machen.

Die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte durch gezielte Fragen auf eine Präzisierung des Vorbringens hinwirken und den Beschwerdeführer anleiten müssen, kann schon angesichts des Umstandes, daß eine Vernehmung des Beschwerdeführers aus Gründen, die von ihm selbst zu vertreten sind, nicht durchgeführt werden konnte, nicht von Erfolg sein. Dazu kommt, daß die Beschwerdeschrift mit keinem Wort näher dartut, welche Ergänzungen und Konkretisierungen der Beschwerdeführer bei der von ihm vermißten Präzisierung und Anleitung vorgebracht hätte. Aus diesem Grund kann auch darin, daß die belangte Behörde dem Vertreter des Beschwerdeführers den Bericht der Bundespolizeidirektion Linz nicht vorgehalten und keinen weiteren Versuch unternommen hat, den Beschwerdeführer zu vernehmen, kein Verfahrensmangel erblickt werden.

Da sich der angefochtene Bescheid sohin als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010704.X00

Im RIS seit

14.10.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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