TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/20 92/11/0166

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Veröffentlicht am 20.10.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §52;
KFG 1967 §64 Abs2;
KFG 1967 §66 Abs1;
KFG 1967 §67 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des G in A, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 20. Mai 1992, Zl. 11-39 Sche 18-91, betreffend Erteilung einer Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 20. Mai 1992 gab der Landeshauptmann von Steiermark dem Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der befristet erteilten Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B und F mangels geistiger und körperlicher Eignung des Beschwerdeführers keine Folge.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides nahm die belangte Behörde, gestützt auf das von ihr eingeholte Gutachten einer ärztlichen Amtssachverständigen vom 11. März 1992, als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer derzeit geistig und körperlich nicht mehr geeignet sei, Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B und F zu lenken. Nach diesem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Gutachten gelangte die ärztliche Amtssachverständige auf Grund der von ihr vorgenommenen Untersuchung des Beschwerdeführers, einer verkehrspsychologischen Untersuchung vom 25. Juni 1991, eines internistischen Befundes vom 5. Februar 1992 und eines nervenfachärztlichen Befundes vom 6. Februar 1992 im Rahmen der zusammenfassenden Beurteilung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers zum Ergebnis, daß bei ihm ein unter chronischen Alkoholismus zu subsumierender Zustand von Alkoholmißbrauch vorliege. Bereits der deutliche Leistungsabfall bei der letzten verkehrspsychologischen Untersuchung zeige die Verschlechterung bei der Beobachtungsfähigkeit und der Belastbarkeit, wobei eine Kompensationsmöglichkeit nicht zu erkennen sei. Die Folgen des chronischen Alkoholismus seien bereits evident und sie ließen "nach dem derzeitigen Verlauf keine Günstigkeit erwarten, da sich seit Juni 1991 deutliche Fakten der Verschlechterung des Zustandsbildes zeigen: chronischer Alkoholismus ohne konkrete Abstinenzbemühungen oder Behandlungstendenz; gering bis mäßiges hirnorganisches Psychosyndrom. Hinweis auf Kleinhirnlaesion (bei Ataxiezeichen und Intentionstremor), sowie deutliches Polyneuropathiesyndrom bei weiterbestehendem chronischem Alkoholismus im Sinne der Alkoholkrankheit und Alkoholabhängigkeit". Ohne längere stationäre Entziehungsbehandlung sei eine neuerliche Überprüfung des Beschwerdeführers aus nervenfachärztlicher Sicht wenig sinnvoll. Nach dem derzeitigen Zustandsbild im Sinne des chronischen Alkoholismus erscheine der Beschwerdeführer zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen A, B und F geistig und körperlich "nicht mehr geeignet". Indem sich die belangte Behörde dieser ärztlichen Beurteilung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers anschloß, ging sie - wenngleich eine rechtliche Subsumtion im angefochtenen Bescheid nicht vorgenommen wurde - erkennbar davon aus, es fehle dem Beschwerdeführer wegen des bei ihm festgestellten Zustandsbildes des "chronischen Alkoholismus im Sinne der Alkoholkrankheit und Alkoholabhängigkeit" (§ 34 Abs. 1 lit. d KDV 1967) die zum Lenken von Kraftfahrzeugen der genannten Gruppen nötige Gesundheit im Sinne des § 30 Abs. 1 Z. 2 lit. c KDV 1967 und damit die gemäß § 64 Abs. 2 KFG 1967 für die Erteilung der angestrebten Lenkerberechtigung nötige geistige und körperliche Eignung zum Lenken solcher Kraftfahrzeuge. Im Hinblick darauf ist das Fehlen einer rechtlichen Subsumtion im angefochtenen Bescheid nicht als wesentlicher Verfahrensmangel anzusehen.

Der Beschwerdeführer bringt vor, es sei ihm zwar in den Jahren 1981, 1985 und 1987 die Lenkerberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit entzogen worden, doch sei bei der Wertung der zugrundeliegenden strafbaren Handlungen zu berücksichtigen, daß sie, da er niemanden verletzt oder auch nur gefährdet habe, nicht verwerflich seien, und daß er sich in den Jahren zwischen diesen Straftaten wohlverhalten habe. Er habe damit, "daß er sich Jahre nichts zuschulden kommen ließ", bewiesen, daß er ungeachtet seiner früheren strafbaren Handlungen verkehrszuverlässig und auch geistig und körperlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen befähigt sei. Im übrigen könne die Verkehrszuverlässigkeit einer Person zwar nicht mehr für das Lenken von Kraftfahrzeugen mit hoher Höchstgeschwindigkeit, wohl aber noch für das Lenken von Zugmaschinen im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausreichend gegeben sein. "Chronischer Alkoholismus ohne Abstinenzbemühungen oder Behandlungstendenzen" könne bei ihm entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid nicht vorliegen, da er jahrelang keinen Verstoß gegen die Verkehrssicherheit begangen und er sich bereit erklärt habe, sich einer stationären Alkoholentwöhnungskur zu unterziehen.

Dieses Vorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Soweit das Vorbringen die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers betrifft, geht es ins Leere, weil die belangte Behörde die bekämpfte Entscheidung nicht auf das Fehlen dieser Erteilungsvoraussetzung nach § 64 Abs. 2 KFG 1967, sondern auf den beim Beschwerdeführer festgestellten Mangel der geistigen und körperlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen A, B und F gestützt hat. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Erteilungsvoraussetzungen, von denen nur die geistige und körperliche Eignung, nicht aber die Verkehrszuverlässigkeit einer ärztlichen Begutachtung zugänglich ist (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1988, Zl. 87/11/0239, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Die bloße Behauptung, "jahrelang keinen Verstoß gegen die Verkehrssicherheit gesetzt" zu haben, ist als solche nicht geeignet, die entscheidende Aussage des dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Gutachtens, wonach beim Beschwerdeführer auf Grund der erhobenen Befunde das Zustandsbild des chronischen Alkoholismus festzustellen sei, zu erschüttern. Verstöße gegen die Verkehrssicherheit können allenfalls den Anlaß für eine Untersuchung auf das Vorliegen eines derartigen Zustandsbildes bilden. Dessen Bejahung oder Verneinung hat dann aber auf der Grundlage der erhobenen medizinischen Befunde zu erfolgen. Ob in der vom Beschwerdeführer behaupteten Erklärung seiner Bereitschaft, sich einer stationären Entwöhnungskur zu unterziehen, bereits eine "konkrete Behandlungstendenz" des Beschwerdeführers zu erblicken ist, kann dahinstehen. Im gegebenen Zusammenhang kommt es nämlich allein darauf an, ob sich der Beschwerdeführer der Entwöhnungsbehandlung, deren Notwendigkeit er in der Beschwerde selbst nicht in Abrede stellt, noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides mit Erfolg unterzogen hat. Das allerdings wird in der vorliegenden Beschwerde nicht behauptet. Angesichts des von der belangten Behörde unbedenklicherweise angenommenen Fehlens der geistigen und körperlichen Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kfz der Gruppen A, B und F entspricht die Versagung der hiefür angestrebten Lenkerberechtigung dem Gesetz.

Bei dem Hinweis auf den dringenden Bedarf nach der Lenkerberechtigung zur Ausübung seines Berufes als Landwirt läßt der Beschwerdeführer außer acht, daß das Fernhalten hiezu nicht geeigneter Personen vom Straßenverkehr im öffentlichen Interesse der Verkehrssicherheit zum Schutze insbesondere auch der übrigen Verkehrsteilnehmer geboten ist und daß aus diesem Grunde berufliche oder familiäre Interessen des Betreffenden insoweit außer Betracht zu bleiben haben. Die belangte Behörde hat daher das geltend gemachte berufliche Interesse des Beschwerdeführers an der Lenkerberechtigung bei der Entscheidung über seinen Antrag zu Recht unberücksichtigt gelassen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ist die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Arzt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992110166.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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