TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/20 92/04/0141

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Veröffentlicht am 20.10.1992
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Index

50/01 Gewerbeordnung;
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

Norm

GewO 1973 §48 Abs1 idF 1988/399;
HKG 1946 §57a Abs1;
HKG 1946 §57a Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der X-Gesellschaft mbH in D, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Präsident) - diese Behörde vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, - vom 11. Juni 1992, Zl. Präs 142-27/92/Wa/Dt, betreffend Vorschreibung einer Grundumlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol erließ einen mit 18. November 1991 datierten, an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheid mit folgendem Spruch:

"Gemäß §§ 3 (2), 57a, 57f und 57g des Handelskammergesetzes, BGBl. 182/46 in seiner derzeit geltenden Fassung wurde ihnen als Mitglied der Innung der Fleischer die Grundumlage für das Jahr 1991 in Höhe von S 3.297,-- pro Berechtigung S 900,-- + Zuschlag von 5 Promille der im Jahre 1988 entrichteten Sozialversicherungsbeiträge vorgeschrieben. Die vorgeschriebene Grundumlage wird gemäß § 57f Abs. 1 HKG binnen einem Monat nach Erhalt der Vorschreibung fällig."

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit Bescheid des Präsidenten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft vom 11. Juni 1992 wurde die Berufung abgewiesen und der erstbehördliche Bescheid mit der Ergänzung bestätigt, daß eine Zahlungsverpflichtung der Beschwerdeführerin von S 3.297,-- festgestellt werde und sich der Spruch des Bescheides der Erstbehörde im Hinblick auf die Bestimmungen des § 59 Abs. 1 AVG auch auf den von der Landesinnung Tirol der Fleischer gefaßten Grundumlagenbeschluß, kundgemacht im Mitteilungsblatt der Kammer Tirol, Tirols Wirtschaft Nr. 13, am 31. Mai 1991, Seite 5, gründe. Zum Einwand der Beschwerdeführerin, am gegenständlichen Standort (N, S-Straße 16) werde das Gewerbe "Fleischer" nicht mehr geführt, wurde begründend auf den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 3. Dezember 1991 verwiesen, womit festgestellt worden sei, daß die Beschwerdeführerin "aufgrund des Bescheides der BH N vom 16.1.1985, Zl. III-8432/3-A zur Ausübung des Gewerbes Fleischer gemäß § 94 Z. 16 GewO 1973 in einer weiteren Betriebsstätte im Standort N, S-Straße 16, berechtigt ist".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, die in Rede stehende Grundumlage 1991 mit Leistungsbescheid vorgeschrieben zu erhalten, ferner auch in dem Recht, die Bezahlung dieser Grundumlage zu verweigern. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin u.a. vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, ihr zur Kenntnis zu bringen, daß sie allenfalls den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 3. Dezember 1991 als weitere Entscheidungsgrundlage heranziehen könnte und sie zur Stellungnahme zu diesem Bescheid aufzufordern. Dadurch sei die Beschwerdeführerin außerstande gewesen, geltend zu machen, daß in der Mitteilung an die Bezirkshauptmannschaft X vom 29. Dezember 1987 über die bereits stattgefundene "Auflösung" des Marktes in N, S-Straße 16, jedenfalls auch ein Verzicht auf die Ausübung der Gewerbeberechtigung an diesem Standort gelegen sei und eine Berechtigung, auf die die Beschwerdeführerin bereits im Jahre 1987 verzichtet habe, keine Grundumlagenpflicht für das Jahr 1991 auslösen könne. Im übrigen sei Abspruchsgegenstand des genannten Bescheides der BH X keineswegs die Berechtigung zur Ausübung des Fleischergewerbes am Standort N, S-Straße 16, gewesen, sondern die Feststellung, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Standortverlegung nach B, I-Straße 53, nicht vorlägen und die Gewerbeausübung an diesem Standort untersagt werde.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Ergebnis im Recht.

Gemäß § 48 Abs. 1 GewO 1973 erlischt das Recht zur Ausübung des Gewerbes in der weiteren Betriebsstätte mit dem Einlangen der Anzeige des Gewerbeinhabers über die Einstellung der Gewerbeausübung in der weiteren Betriebsstätte bei der Behörde (§ 345 Abs. 4 oder 5), wenn nicht der Gewerbeinhaber die Einstellung mit einem späteren Tag erklärt oder an den Eintritt einer Bedingung bindet.

Zufolge Abs. 2 ist die Anzeige nach dem Zeitpunkt ihres Einlangens bei der Behörde unwiderruflich. Ist die Anzeige unter der Bedingung erstattet worden, daß eine bestimmte Person für den Standort der weiteren Betriebsstätte eine Gewerbeberechtigung zur Ausübung des gleichen Gewerbes erlangt, so ist die Anzeige hinfällig, wenn diese Person die Gewerbeanmeldung oder das Konzessionsansuchen zurückzieht, wenn sie stirbt oder untergeht oder wenn rechtskräftig entschieden wurde, daß diese Person die Gewerbeberechtigung nicht erlangt; diese Regelung gilt sinngemäß, wenn die Anzeige über die Einstellung der Gewerbeausübung in der weiteren Betriebsstätte unter der Bedingung erstattet worden ist, daß eine bestimmte Person für diesen Standort das Recht zur Ausübung des gleichen Gewerbes in einer weiteren Betriebsstätte erlangt.

Gemäß § 57a HKG haben die Mitglieder der Fachgruppen (Fachverbände) eine Grundumlage zu entrichten. Zufolge Abs. 4 dieser Bestimmung ist die Grundumlage für jede Berechtigung nach § 3 Abs. 2, die in den Wirkungsbereichen einer Fachgruppe (eines Fachverbandes) fällt, zu entrichten.

Aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Akten des Verwaltungsverfahrens ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin am 29. Dezember 1987 an die Bezirkshauptmannschaft N ein Schreiben folgenden Inhaltes richtete:

"Der "Y"-Markt in N, S-Straße 16, wurde aufgelöst.

Wir bitten Sie daher, die Gewerbeberechtigung für den Einzelhandel (nicht Fleisch - wurde nach B verlegt) mit sofortiger Wirkung aufzuheben ..."

Der Inhalt dieses Schreibens ist als Anzeige im Sinne des § 48 Abs. 1 GewO 1973 - und zwar hinsichtlich des gesamten Umfanges des in der in Rede stehenden Betriebsstätte ausgeübten Gewerbes - anzusehen. Denn die Mitteilung, der fragliche "Y-Markt" sei "aufgelöst" worden, läßt eine Interpretation dahin, es werde dort etwa das Fleischergewerbe weiterhin ausgeübt, auch im Lichte des zweiten Absatzes nicht zu. Dieser zweiter Absatz läßt lediglich erkennen, daß die Beschwerdeführerin von der unrichtigen Rechtsansicht ausging, für die Ausübung des Fleischergewerbes in der weiteren Betriebsstätte B sei es zweckmäßig, eine diesbezügliche Löschung im Gewerberegister der Bezirkshauptmannschaft N zu unterlassen. Im Hinblick auf den strikten Wortlaut des ersten Absatzes des fraglichen Schreibens kann dessen zweiter Absatz auch nicht als Bedingung mit Sinne des § 48 Abs. 2 GewO 1973 angesehen werden. Es wurde somit durch das als Anzeige im Sinne des § 48 Abs. 1 leg. cit. anzusehende Schreiben vom 29. Dezember 1987 die Rechtsfolge des Erlöschens des Rechtes zur Ausübung des Gewerbes in der weiteren Betriebsstätte N, S-Straße 16, ausgelöst und zwar unabhängig davon, ob, wie es in der Folge geschah, die Gewerbeausübung in der weiteren Betriebsstätte im Standort B untersagt wurde oder nicht.

War aber solcher Art das Recht der Beschwerdeführerin, in der weiteren Betriebsstätte im Standort N, S-Straße 16, das Fleischergewerbe auszuüben, im Jahre 1991 bereits erloschen, so konnte dadurch auch nicht eine Verpflichtung zur Entrichtung einer Grundumlage nach § 57a Abs. 1 und 4 HKG ausgelöst werden.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992040141.X00

Im RIS seit

20.10.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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