TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/21 92/02/0140

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.10.1992
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §38 Abs5;
StVO 1960 §52 Z10a;
StVO 1960 §99 Abs3 lita;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 9. Dezember 1991, Zl. MA 70-10/981/91/Str, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 9. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 11. November 1990 um 6.22 Uhr 1. in Wien 14, Hadikgasse Richtung stadtauswärts Kreuzung Nisselgasse, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet zu haben, indem er, ohne vor der Haltelinie anzuhalten, in die Kreuzung eingefahren sei, und 2. in Wien 14, Hadikgasse zwischen Ameisgasse und Guldengasse die durch Vorschriftzeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h erheblich überschritten zu haben. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen zu 1. nach § 38 Abs. 5 StVO 1960 und zu 2. nach § 52 Z. 10a leg. cit. begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstatte eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer gab bereits sowohl im erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahren, als auch im Berufungsverfahren zu, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit geringfügig überschritten zu haben. Auch in der Beschwerde bestreitet er eine solche geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitung nicht, macht jedoch geltend, die belangte Behörde habe zu Unrecht angenommen, er sei mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h gefahren.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung kein Tatbestandsmerkmal der Verwaltungsübertretung nach § 52 Z. 10a StVO 1960 darstellt und daher für die Strafbarkeit seines Verhaltens das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung bedeutungslos ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. November 1989, Zl. 89/03/0274). Dem gegen das von der belangten Behörde angenommene Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung gerichteten Beschwerdevorbringen mangelt es somit an der Relevanz im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG, sodaß darauf nicht weiter einzugehen ist.

Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs. 5 StVO 1960 die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft, ist daran zu erinnern, daß sich hinsichtlich der Beweiswürdigung der belangten Behörde die verwaltungsgerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob der Sachverhalt vollständig erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen schlüssig sind (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). In diesem Rahmen hält aber die Beweiswürdigung der belangten Behörde der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung stand. Da sich der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens darauf beschränkte, die Darstellung des Meldungslegers, er habe am gegenständlichen Tatort das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet und die Fahrt Richtung stadtauswärts fortgesetzt, obwohl ihm ein sicheres Anhalten vor der Haltelinie der genannten Kreuzung möglich gewesen wäre, mit dem Vorbringen zu bekämpfen, er sei noch bei grünblinkendem Licht oder bei Gelblicht in die Kreuzung eingefahren, ohne, wie nunmehr in der Beschwerde, zu behaupten, es hätten besonders ungünstige Sichtverhältnisse geherrscht, die dem Meldungsleger eine entsprechende Wahrnehmung unmöglich machten, hatte die belangte Behörde, welche der Aussage des Meldungslegers höhere Glaubwürdigkeit zubilligte, keinen Anlaß, Feststellungen über die am Tatort herrschenden Sichtverhältnisse zu treffen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher in der Beweiswürdigung der belangten Behörde auch unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer angesprochenen Grundsatzes "in dubio pro reo" eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Auch das gegen die Spruchfassung des angefochtenen Bescheides gerichtete Beschwerdevorbringen ist nicht berechtigt:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es nach § 44a Z. 1 VStG rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und

2. die Identität der Tat - z.B. nach Ort und Zeit - unverwechselbar feststeht. Dieser letzteren Forderung ist dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er - im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren - in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. die hg. Erkenntnisse verstärkter Senate vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A, und vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Diesen Erfordernissen kommt der Spruch des angefochtenen Bescheides in ausreichendem Maße nach. Insbesondere bedeutet es keine Verletzung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers, wenn die belangte Behörde als Tatzeit lediglich einen Zeitpunkt angab, obwohl die beiden Verwaltungsübertretungen nur innerhalb eines - allerdings sehr kurzen - Zeitraumes verwirklicht werden konnten. Es besteht auch nicht die Gefahr, daß der Beschwerdeführer aus diesem Grund wegen desselben Verhaltens noch einmal bestraft werden könnte.

Der Anführung des Ausmaßes der vom Beschwerdeführer gesetzten Geschwindigkeitsüberschreitung bedurfte es im Spruch des angefochtenen Bescheides deshalb nicht, weil - wie bereits oben ausgeführt - das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung kein Tatbestandsmerkmal des § 52 Z. 10a StVO 1960 darstellt (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 956f abgedruckte hg. Judikatur).

Schließlich erweist sich auch das Verjährung behauptende Beschwerdevorbringen als nicht berechtigt. Aktenwidrig ist in diesem Zusammenhang die Behauptung, eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG sei gegen den Beschwerdeführer erst mit Straferkenntnis vom 25. Juli 1991 gesetzt worden. Tatsächlich bildet bereits der an den Beschwerdeführer am 20. November 1991 ausgestellte Ladungsbescheid eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne der zitierten Gesetzestelle. Eine weitere taugliche Verfolgungshandlung stellt die am 12. Dezember 1990 erfolgte Vernehmung des Beschwerdeführers dar, in deren Rahmen ihm der Inhalt der Anzeige zur Kenntnis gebracht wurde und er sich dazu rechtfertigen konnte. Es trifft auch nicht zu, daß dem Beschwerdeführer erstmals im Berufungsbescheid die von ihm eingehaltene Fahrtrichtung und der Umstand vorgehalten wurde, in die Kreuzung eingefahren zu sein. Beides ergibt sich mit ausreichender Deutlichkeit bereits aus der Anzeige, die dem Beschwerdeführer, wie bereits erwähnt, im Rahmen seiner Vernehmung am 12. Dezember 1990 zur Kenntnis gebracht wurde.

Da sich die Beschwerde somit zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992020140.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten