TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/29 92/10/0024

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Veröffentlicht am 29.10.1992
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Index

80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §60;
ForstG 1975 §62 Abs2 lita;
ForstG 1975 §66;
ForstG 1975 §66a Abs1;
ForstG 1975 §67 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des M in P, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in J, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 29. November 1991, Zl. 8-31 Si 6/4-91, betreffend Einräumung von Rechten nach § 66a Forstgesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. F in P, 2. A in P), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Mitbeteiligten sind Eigentümer der im Bereich des X-Grabens gelegenen Waldgrundstücke Nr. 562, 563 und 583, je KG P. Deren Erschließung soll die von den Mitbeteiligten geplante Forststraße "X" dienen, die von der dem Beschwerdeführer gehörenden Forststraße "Y" ihren Ausgang nehmen und in einer Länge von rund 10 m über dessen Grundstück 555 verlaufen soll; vorgesehen ist weiters die Einräumung des Rechtes der Mitbenützung der Forststraße "Y" an die Mitbeteiligten (sogenannte Projektsvariante IV).

Mit der Begründung, daß eine gütliche Einigung hierüber mit dem Beschwerdeführer nicht zustande gekommen sei, begehrten die Mitbeteiligten mit Eingabe an die Bezirkshauptmannschaft (BH) vom 7. Dezember 1989, ergänzt durch die Eingabe vom 10. Juli 1990, die Einräumung eines Bringungsrechtes gemäß § 66a des Forstgesetzes 1975, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 576/1987 (FG).

In den mündlichen Verhandlungen vom 11. April und vom 13. August 1990 erklärte der Beschwerdeführer, der Inanspruchnahme seines Eigentums nicht zuzustimmen; die geplante Erschließung sei auch über Grund und Boden der Mitbeteiligten möglich; letzteres ist Gegenstand der Projektsvarianten III bzw. IIIa.

Die BH verpflichtete mit Bescheid vom 20. September 1990, Zl. 19.1 Si 57-90/1, unter Spruchpunkt I den Beschwerdeführer gemäß § 66a FG, zugunsten der Mitbeteiligten die Errichtung, Erhaltung und zur Waldbewirtschaftung erforderliche Benützung eines Forststraßenanschlusses auf dem Grundstück 555 der KG P in einer Länge von max. 10 m und einer Breite von max. 12 m sowie die Benützung von rund 500 m der Forststraße "Y" nach Maßgabe der beiliegenden Befunde und Pläne dauernd im erforderlichen Umfang zu dulden. Unter Spruchpunkt II setzte die BH gemäß § 67 Abs. 4 FG die von den Mitbeteiligten dem Beschwerdeführer hiefür zu leistende Entschädigung mit S 46.651,50 fest. Nach der Begründung stützte sich die BH hiebei auf die Ausführungen des beigezogenen forsttechnischen Amtssachverständigen. Danach sei die geplante Erschließung für eine forstliche Bewirtschaftung der Waldungen der Mitbeteiligten infolge Fehlens anderer Bringungsanlagen oder -möglichkeiten unerläßlich. Die vom Beschwerdeführer geforderte Erschließung ausschließlich über Grund und Boden der Mitbeteiligten, und zwar ausgehend vom Ende der Forststraße in den X-Graben (Variante III), sei im Hinblick auf § 60 Abs. 1 FG nicht vertretbar: Sie hätte eine starke Übererschließung zur Folge, insbesondere in dem Abschnitt zwischen Weganfang und X-Graben; die dafür erforderlichen Kosten stünden in keinem Verhältnis zu den Ablösekosten für das Anschlußstück auf dem Grundstück 555 von maximal 10 m Länge und für die Mitbenützung der Forststraße "Y".

Mit weiterem Bescheid vom 20. September 1990, Zl. 19.1 Si 57-90/2, erteilte die BH den Mitbeteiligten gemäß §§ 62, 63 FG die Bewilligung zur Errichtung der Forststraße "X" auf den Grundstücken 555, 562, 563 und 583 mit einer Gesamtlänge von rund 900 m.

Der Beschwerdeführer erhob gegen beide Bescheide Berufung.

Der Landeshauptmann von Steiermark holte zunächst das Gutachten eines Amtssachverständigen der Fachabteilung für das Forstwesen vom 3. September 1991 ein. Darin führte der Sachverständige aus, es handle sich bei den in einem steil bis schroff abfallenden Grabeneinhang gelegenen Waldflächen der Mitbeteiligten um Schutzwald (§ 21 FG). Gemäß § 22 FG habe der Eigentümer Schutzwald entsprechend den örtlichen Verhältnissen jeweils so zu behandeln, daß seine Erhaltung als möglichst stabiler, dem Standort entsprechender Bewuchs mit kräftigem inneren Gefüge bei rechtzeitiger Erneuerung gewährleistet sei. Die gegenständlichen Waldflächen lägen weiters im Einzugsgebiet eines Wildbaches und bedürften daher gemäß § 100 FG einer besonderen Behandlung. Die zweckmäßige Bewirtschaftung eines Waldes setze eine entsprechende Erschließung voraus. Sei im Wirtschaftswald schon auf unproblematischen Standorten die Nutzung und Verjüngung auf größeren Flächen in den meisten Fällen abzulehnen, so bedürfe Schutzwald bzw. Wald im Einzugsgebiet von Wildbächen und Lawinen zu seiner Verjüngung einer besonderen forstfachlichen Behandlung in Form von Einzelstammentnahmen, Plenterungen und kleinflächigen Freistellungen von Verjüngungsansätzen. Ein befristetes Bringungsrecht nach § 66 FG sei nicht zielführend, da die zweckmäßige Bewirtschaftung des Waldes nicht nur die Bringung von Holz, sondern weitere Maßnahmen erfordere (Aufforstung, Kulturpflege, Läuterungen), um die Erhaltung und Erneuerung solcher Waldflächen gemäß §§ 22 und 100 FG zu gewährleisten. Dies sei nur durch den Bau einer Forststraße zu erreichen.

Die von der forstlichen Bringungsgenossenschaft "Sprung", bestehend aus den Mitbeteiligten und dem Beschwerdeführer, errichtete Forststraße erschließe etwa die untere Hälfte des Waldkomplexes und ende auf ca. 1450 m Seehöhe vor einer Furth über ein Gerinne unterhalb der Z-Hütte. Mangels einer Einigung mit den Mitbeteiligten sei ohne sie im Anschluß an die genannte Forststraße ausschließlich auf dem Grund des Beschwerdeführers eine weitere Forststraße ("Y") zur Erschließung seiner höher gelegenen Wald- bzw. Almflächen errichtet worden. Eine zweckmäßige Bringung bzw. Bewirtschaftung des Waldes der Mitbeteiligten oberhalb eines Felsbandes bzw. Steilabfalles etwa entlang der Höhenlinie von 1500 m sei derzeit mangels entsprechender Erschließung nicht bzw. nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich.

Mit der geplanten Forststraße "X" sollten nunmehr auch diese Waldflächen der Mitbeteiligten im Ausmaß von 23 ha mit einem darauf stockenden Holzvorrat von 250 vfm/ha, das seien

5.750 vfm auf der Vorteilsfläche, erschlossen werden. Als theoretischer jährlicher Hiebssatz ergebe sich bei einer Umtriebszeit von 100 Jahren eine Holzmenge von 115 vfm. Die Kosten für eine Bergabrückung bei den derzeitigen Aufschließungsverhältnissen mit Rückedistanzen von 250 bis 500 m beliefen sich auf rund 300 S/fm. Bei einem Ernteverlust von 20 % wären jährlich 92 efm zu rücken. Die Kosten wären daher jährlich 92 efm x 300 = S 27.600,--. Durch den Bau einer Forststraße würden die Rückedistanzen auf die Hälfte reduziert (zwischen Null und 250 m) und die Rückekosten auf rund S 100,--/fm gesenkt, sodaß sich jährlich theoretische Rückekosten von S 9.200,-- ergäben. Der Wert des jährlich zu liefernden Holzes betrage laut Preisbericht des Steirischen Holzwirtschaftsrates (Juli 1991) rund S 87.000,--. Die Rückekosten ohne zusätzliche Forststraße lägen demnach bei rund einem Drittel, nach Errichtung einer entsprechenden Forststraße bei etwas mehr als 10 % des Holzerlöses.

Eine Aufschließung gemäß den Varianten III oder IIIa widerspräche den Bestimmungen des § 60 FG sowohl aus forstfachlichen Gründen als auch in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht. Dies werde im beiliegenden Projekt (= Beilage zum erstinstanzlichen Bescheid) schlüssig begründet und sei durch die Besichtigung an Ort und Stelle bestätigt worden. Grundsätzlich sei bei der fachgerechten Walderschließung von einem einheitlichen Erschließungskomplex auszugehen, Besitzgrenzen seien zu negieren. Dadurch sei es möglich, Hangserpentinierungen, die naturgemäß zuviel Waldboden und Bewuchs beanspruchten, zu minimieren und infolge gestreckterer Trassenverläufe einen optimalen Aufschließungsgrad zu erreichen. Auch wenn es vor dem Bau des Y-Weges im Jahre 1982 zu einer Einigung gekommen wäre, wäre dieser Weg im Hinblick auf die Gesamterschließung der Wald- und Almflächen der Mitbeteiligten und des Beschwerdeführers nicht anders anzulegen gewesen, als er sich heute darbiete. Der Anschlußpunkt bei der im Plan mit * gekennzeichneten sogenannten Z-Kehre sei als positiver Kardinalpunkt zu bezeichnen. Von hier sei eine für die örtlichen Gegebenheiten optimale Erschließung der Wälder oberhalb des Steilabfalles in einem Zug möglich und zweckmäßig.

In der Berufungsverhandlung vom 29. Oktober 1991 erklärten die Mitbeteiligten eingangs, ihren Antrag auf Erteilung der Errichtungsbewilligung für die Forststraße "X" zurückzuziehen und zunächst den Ausgang des Bringungsrechtsverfahrens abwarten zu wollen. Sie und der Beschwerdeführer erklärten übereinstimmend, daß sie sich im Falle der Einräumung des forstlichen Bringungsrechtes über die zu leistende Entschädigung einigen würden.

Der beigezogene forsttechnische Amtssachverständige äußerte sich im wesentlichen wie im Gutachten vom 3. September 1991.

Der Vertreter der Wildbach- und Lawinenverbauung erklärte, aus wildbachtechnischer Sicht sei jede vermeidbare Übererschließung in Wildbacheinzugsgebieten abzulehnen. Der Anschnitt von Steilhängen führe zu einer Hebung des bereits versickerten Niederschlagswassers an die Oberfläche. Dies habe einen schnelleren Hochwasserabfluß mit einer höheren Hochwasserspitze zur Folge. Negative Auswirkungen auf den Gerinnezustand sowie negative Folgewirkungen im Anschüttungsbereich des Wildbaches seien mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Er bezeichnete eine möglichst früh eingeleitete Waldverjüngung in den Hochlagen der Einzugsgebiete des Wildbaches als dringlich, doch sei das Erreichen dieses Zieles ohne ausreichende Aufschließung des gegenständlichen Schutzwaldes fraglich.

Der Bezirksnaturschutzbeauftragte führte unter anderem aus, eine Erschließung der Waldflächen der Mitbeteiligten sei für die pflegliche Nutzung der auf diesen Flächen stockenden Wälder unbedingt erforderlich. Sie müsse aber so erfolgen, daß der Eingriff so gering wie möglich gehalten werde. Die Gegenüberstellung der beiden Varianten ergebe ein Wegerfordernis von 1,25 km bei Realisierung der Variante IIIa (Aufschließung über Eigengrund der Mitbeteiligten), hingegen ein solches von 0,01 km bei Verlängerung der bestehenden Variante II (Anbindung an die Forststraße "Y"). Dieser Vergleich zeige eindeutig, daß die Variante IIIa einen wesentlich größeren Eingriff in das Landschaftsbild bewirken würde. Dazu komme, daß am Beginn der Variante IIIa umfangreiche Arbeiten im Felsriegel am Ende des westlichen Astes der Variante I (damit ist der in den unteren Bereich des Simbürgergrabens führende bestehende Forstweg gemeint) notwendig seien, ein tief eingeschnittener Waldbachgraben gequert werden müsse und der Bau durch den Hangschutt der darüberliegenden Felswand die Entstehung größerer Schotterböschungen befürchten lasse.

Der Vertreter der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft wandte gegen die in der Berufungsverhandlung vom Beschwerdeführer vorgeschlagene Modifikation der Variante IIIa ein, diese Trassenvariante hätte nebst allen schon erwähnten Nachteilen die Übererschließung im Anfangsbereich eine weitere Übererschließung im Bereich der neuen Kehre bei der Verebnung zur Folge und sie würde auch auf das Landschaftsbild noch wesentlich nachteiliger einwirken, als die seinerzeit geprüfte Variante IIIa. Er wies nachdrücklich darauf hin, daß für die Erschließung des Schutzwaldes der Mitbeteiligten lediglich die Trasse IV erforderlich sei.

Der Landeshauptmann von Steiermark gab mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Berufung gegen den Bescheid der BH Zl. 19.1 Si 57-90/1 insofern Folge, als er den Ausdruck "im erforderlichen Umfang" durch die Wendung "im notwendigen Umfang" ersetzte und den Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides behob. Im übrigen wurde diese Berufung abgewiesen. In der Begründung führte der Landeshauptmann nach wörtlicher Wiedergabe der Äußerungen der Sachverständigen aus, da ein Antrag auf Einräumung eines forstlichen Bringungsrechtes gemäß § 66a FG gestellt worden sei und die Waldflächen der Mitbeteiligten einer besonderen, im Forstgesetz näher beschriebenen Behandlung bedürften, habe eine lediglich befristete Bringungsbewilligung gemäß § 66 FG von vornherein außer Betracht zu bleiben. Nach dem im vorliegenden Fall anzuwendenden § 66a FG sei zu untersuchen, ob die zweckmäßige Bewirtschaftung der Waldflächen der Mitbeteiligten infolge des Fehlens oder der Unzulänglichkeit einer Bringungsanlage gar nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich sei, und gegebenenfalls jenem Waldeigentümer, in dessen Eigentum im geringsten eingegriffen werde, im notwendigen Umfang die Duldung der Errichtung, Erhaltung und zur Waldbewirtschaftung erforderlichen Benützung einer dauernden Bringungsanlage aufzutragen.

Die höher gelegenen Waldflächen der Mitbeteiligten seien teilweise durch die Forststraße II ("Y"), welche auf dem Grundstück Nr. 555 des Beschwerdeführers errichtet worden sei, erschlossen. Da aber diese Forststraße den Mitbeteiligten nicht zur Verfügung stehe, seien ihre Waldflächen nicht bzw. nur unzulänglich erschlossen. Laut forstfachlicher Stellungnahme lägen allein die Rückekosten ohne zusätzliche Forststraße bei fast einem Drittel, nach Errichtung einer entsprechenden Forststraße nur bei etwas mehr als 10 % des Holzerlöses. Somit sei aufgrund der unzulänglichen Erschließung eine zweckmäßige Bewirtschaftung nicht bzw. nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich. Den forstfachlichen Äußerungen zufolge sei eine zweckmäßige Bewirtschaftung nur durch den Bau einer Forststraße zu erreichen.

Von den geprüften Aufschließungsvarianten widerspräche, wie den wiedergegebenen Äußerungen der Sachverständigen zu entnehmen sei, eine Aufschließung gemäß den Varianten III oder IIIa, aber auch eine weitere vom Berufungswerber vorgeschlagene Trasse (im Lageplan schwach punktiert dargestellt) den Bestimmungen des § 60 FG sowohl aus forstfachlichen Gründen als auch aus technischer, wirtschaftlicher und landschaftsästhetischer Sicht sowie aus den vom Vertreter der Wildbach- und Lawinenverbauung angeführten Gründen. Demgegenüber sei die Variante IV in allen Äußerungen als jene bezeichnet worden, die es zu realisieren gelte.

Da nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen die in § 66a FG normierten Voraussetzungen für die Einräumung des beantragten forstlichen Bringungsrechtes erfüllt seien, sei dieses antragsgemäß einzuräumen gewesen. Im übrigen werde darauf hingewiesen, daß für die Errichtung des Verbindungsstückes von der Z-Kehre bis zur Grundgrenze der Mitbeteiligten und der Forststraße "X" über deren Grundstücke ein Bewilligungsverfahren gemäß §§ 62 und 63 FG durchzuführen sein werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer meint, die Einräumung eines Rechtes nach § 66a FG komme nicht in Betracht, wenn eine zweckmäßige, nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbundene Bewirtschaftung durch die Einräumung eines befristeten Bringungsrechtes nach § 66 FG möglich sei. Die belangte Behörde habe den diesbezüglichen Berufungseinwand des Beschwerdeführers übergangen.

Zu Unrecht habe die belangte Behörde die Einräumung eines Rechtes nach § 66a FG schon deshalb für zulässig erachtet, weil eine Aufschließung gemäß den Varianten III oder IIIa den Bestimmungen des § 60 FG über Bringungsanlagen widerspreche. Daß eine Aufschließungsvariante über Fremdgrund günstiger sei als eine solche über Eigengrund der Antragsteller, rechtfertige noch nicht die Einräumung eines Rechtes nach § 66a FG. Vielmehr sei dies erst dann zulässig, wenn eine Bringungsanlage über Eigengrund nach den allgemeinen Vorschriften des § 60 Abs. 1 und 2 FG auch unter Bedachtnahme auf Abs. 3 nicht bewilligt werden könne, da der Grundsatz des Eingriffes in das Eigentum anderer "im geringsten Ausmaß" auch für den Antragsteller selbst gelte. Eine zweckmäßige Bewirtschaftung des Waldes der Mitbeteiligten sei auch bei der vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen Variante III möglich. Diese sei zwar mit erhöhten, keineswegs jedoch mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, würde doch auch nach den Annahmen der belangten Behörde der Erlös bei Bringung über Eigengrund der Mitbeteiligten durch die Schlägerungskosten und die gesamten Bringungskosten nicht zur Gänze aufgezehrt.

In den Verfahrensrügen bemängelt der Beschwerdeführer das Fehlen ausreichender Feststellungen über die mit den einzelnen Varianten verbundenen Kosten, wobei er auf die Ausführungen zum Begriff "unverhältnismäßige Kosten" im hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1990, Zl. 89/10/0236, Bezug nimmt. Das forsttechnische Gutachten sei insoweit, aber auch hinsichtlich der Bewertung der einzelnen Aufschließungsvarianten mangelhaft. Dabei beruft sich der Beschwerdeführer auf ein der Beschwerde beigelegtes Gutachten des staatlich befugten und beeideten Ziviltechnikers DI C vom 13. Jänner 1992. Darin werde eine "weitere Alternativ-Variante" vorgeschlagen, bei der es sich um die bestmögliche und zweckmäßigste Aufschließung der Waldungen der Mitbeteiligten handle, die im geringsten Ausmaß in das Eigentum des Beschwerdeführers eingreife und im Vergleich mit den anderen Varianten auch mit den geringsten Kosten verbunden wäre. Der Beschwerdeführer erklärt ausdrücklich sein Einverständnis zur Realisierung dieser Variante.

Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet und die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, daß nach der Aktenlage eine Entscheidung über die Berufung gegen den Bescheid der BH Zl. 19.1 Si 57-90/2 bisher nicht ergangen ist. Sie könnte angesichts der Zurückziehung des zugrundeliegenden Antrages durch die Mitbeteiligten rechtens nur in der ersatzlosen Behebung dieses Bescheides bestehen. Dieser gehört allerdings, solange er nicht aufgehoben ist, dem Rechtsbestand an.

Der im vorliegenden Fall anzuwendende § 66a FG wurde durch die Forstgesetz-Novelle 1987 in das Forstgesetz 1975 eingefügt und hat folgenden Wortlaut:

"Bringungsanlagen

(1) Ist die zweckmäßige Bewirtschaftung von Wald als Folge des Fehlens oder der Unzulänglichkeit von Bringungsanlagen nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich, hat die Behörde auf Antrag des Waldeigentümers oder einer Bringungsgenossenschaft jene Grundeigentümer, in deren Eigentum dadurch im geringsten Ausmaß eingegriffen wird, zu verpflichten, die Errichtung, Erhaltung und zur Waldbewirtschaftung erforderliche Benützung einer dauernden Bringungsanlage im notwendigen Umfang zu dulden. Dem Verpflichteten steht das Recht der Mitbenützung zu; § 483 ABGB findet Anwendung.

(2) ..."

§ 60 FG, der die allgemeinen Vorschriften für Bringungsanlagen enthält, lautet:

"(1) Bringungsanlagen sind so zu planen, zu errichten und zu erhalten, daß unter Berücksichtigung technischer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte Waldboden und Bewuchs möglichst wenig Schaden erleiden, insbesondere in den Wald nur so weit eingegriffen wird, als es dessen Erschließung erfordert.

(2) Unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 darf durch die Errichtung, Erhaltung und Benützung von Bringungsanlagen jedenfalls nicht

a)

eine gefährliche Erosion herbeigeführt,

b)

der Hochwasserabfluß von Wildbächen behindert,

c)

die Entstehung von Lawinen begünstigt oder deren Schadenswirkung erhöht,

d)

die Gleichgewichtslage von Rutschgelände gestört oder

e)

der Abfluß von Niederschlagswässern so ungünstig beeinflußt werden, daß Gefahren oder Schäden landeskultureller Art heraufbeschworen oder die Walderhaltung gefährdet oder unmöglich gemacht werden.

(3) Im Zusammenhang mit der Errichtung oder Erhaltung von Bringungsanlagen sind Eingriffe der im Abs. 2 umschriebenen Art zulässig, sofern sie unvermeidbar sind, möglichst gering und kurzfristig gehalten werden und durch sie verursachte Gefährdungen jederzeit behoben werden können. Die Eingriffe müssen jedoch raschestmöglich wieder beseitigt oder abgesichert werden."

Verfehlt ist die Meinung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte vorerst prüfen müssen, ob nicht bereits die Einräumung von Bringungsrechten nach § 66 FG ausreiche. Denn diese Bringungsrechte ermöglichen lediglich die Bringung, das ist gemäß § 58 Abs. 1 und 2 FG die Beförderung von Holz oder sonstigen Forstprodukten aus dem Wald vom Gewinnungsort bis zu einer öffentlichen Verkehrsanlage, die in ihrem Zuge auftretende Zwischenlagerung der Forstprodukte sowie den Transport der mit der Bringung befaßten Personen und der für diese notwendigen Geräte zum und vom Gewinnungsort. Die zweckmäßige Bewirtschaftung von Wald im Sinne des § 66a Abs. 1 umfaßt jedoch noch weitere Maßnahmen wie die Fällung der Bäume, die Wiederaufforstung und sonstige Maßnahmen zur Pflege des Waldes. Dazu kommt, daß der Antrag der Mitbeteiligten - worauf die belangte Behörde auch ausdrücklich hinwies - nicht etwa auf die Begründung bloß eines befristeten Bringungsrechtes gemäß § 66 FG, sondern eines Bringungsrechtes nach § 66a FG zum Zwecke der Bewirtschaftung ihrer Waldungen gerichtet war. Die in diesem Zusammenhang stehenden Verfahrensrügen sind nicht berechtigt, da die belangte Behörde das diesbezügliche Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers nicht übergangen hat und sich nach dem Gesagten die vom Beschwerdeführer vermißten Feststellungen betreffend die Einräumung eines befristeten Bringungsrechtes nach § 66 FG erübrigten.

§ 66a FG, der zum Unterschied von dem die "befristete Bringung" regelnden § 66 FG die Einräumung von dauernden Rechten zum Gegenstand hat, spricht zwar explizit nur von der Verpflichtung des Grundeigentümers, auf seinem Grund die Errichtung, Erhaltung und zur Waldbewirtschaftung erforderliche Benützung einer dauernden Bringungsanlage zu dulden. Kraft Größenschlusses ergibt sich aber aus § 66a Abs. 1 FG auch die Verpflichtung des Grundeigentümers, die Mitbenützung einer von ihm auf seinem Grund errichteten dauernden forstlichen Bringungsanlage durch andere auf Dauer zu dulden. Dabei handelt es sich um eine in das Eigentum in erheblich geringerem Ausmaß eingreifende Verpflichtung als bei jener zur Duldung der Errichtung und Erhaltung einer dauernden fremden Bringungsanlage auf eigenem Grund. Bei einer anderen Betrachtungsweise würde der Zweck des § 66a Abs. 1 FG, die Bewirtschaftung von Wald unter Vermeidung unverhältnismäßiger Kosten zu ermöglichen, vielfach nicht erreicht. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, eine solcherart unvollständige Regelung gewollt zu haben. Dies insbesondere im Hinblick auf die Bedeutung, die das Gesetz der Ermöglichung einer zweckmäßigen Bewirtschaftung von Wald unter Vermeidung unverhältnismäßiger Kosten gerade durch die Regelungen der §§ 66 und 66a FG beimißt. Es ist daher mit der belangten Behörde (wenngleich dies im angefochtenen Bescheid nicht ausgesprochen wird) davon auszugehen, daß § 66a Abs. 1 FG die bescheidmäßige Begründung von Dauerrechten in zweifacher Hinsicht ermöglicht, nämlich einerseits des Rechtes der Errichtung, Erhaltung und Benützung einer dauernden Bringungsanlage auf fremdem Grund und andererseits des Rechtes der Mitbenützung einer dort bestehenden Bringungsanlage durch andere. Festzuhalten ist, daß im letzteren Fall § 67 Abs. 2 FG zum Tragen kommt, mithin insoweit an die Stelle der Entschädigung ein angemessener Beitrag zu den Kosten der Errichtung und Erhaltung der Bringungsanlage tritt.

Wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, hatte sie zunächst die Erforderlichkeit der geplanten Forststraße "X" zu prüfen. Erst nach Bejahung dieser Frage stellte sich ihr die weitere Frage nach dem Vorliegen der Voraussetzungen für die Begründung von Rechten am Eigentum des Beschwerdeführers.

In der Frage der Erforderlichkeit der geplanten Forststraße zur Erschließung der hoch gelegenen Waldflächen der Mitbeteiligten hat sich die belangte Behörde der Meinung des im Berufungsverfahren beigezogenen forsttechnischen Amtssachverständigen und der übrigen Sachverständigen angeschlossen, die in ihren Gutachten, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, übereinstimmend die Notwendigkeit der Errichtung der geplanten Forststraße bejaht haben, weil nur so die zweckmäßige Bewirtschaftung des gegenständlichen hoch gelegenen Schutzwaldes der Mitbeteiligten ermöglicht werde. Diese Beurteilung ist auf dem Boden der (vom Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde bestrittenen) Ermittlungsergebnisse, daß nämlich der gegenständliche Schutzwald in einem Grabeneinhang oberhalb eines etwa entlang der Höhenlinie von 1500 m verlaufenden Steilabfalles bzw. Felsbandes stockt, dieser Wald gemäß den §§ 22 und 100 FG einer besonderen, nachhaltigen Bewirtschaftung bedarf, er aber durch Bringungsanlagen nicht erschlossen ist, nicht als unzutreffend zu erkennen. Festzuhalten ist, daß der Beschwerdeführer die Erforderlichkeit der geplanten Erschließungsmaßnahme selbst im Verwaltungsverfahren nicht bestritten hat. Sein Vorbringen in den mündlichen Verhandlungen vom 11. April 1990, vom 13. August 1990 und vom 29. Oktober 1991 beschränkte sich darauf, die Notwendigkeit der Inanspruchnahme seines Grundes mit dem Hinweis auf die nach seiner Meinung gegebene Möglichkeit der geplanten Aufschließung ausschließlich über Eigengrund der Mitbeteiligten zu bestreiten. Die Berufung enthält zwar eine Reihe von Verfahrensrügen, aber kein Vorbringen, welches die Erforderlichkeit der geplanten Erschließungsmaßnahme schlechthin in Abrede stellt. Auch die Beschwerdeausführungen in ihrer Gesamtheit lassen erkennen, daß der Beschwerdeführer die Notwendigkeit der geplanten Erschließung der Waldungen der Mitbeteiligten selbst nicht in Frage stellt. Das zeigt nicht zuletzt sein ausdrückliches Einverständnis zur Ausführung der in dem seiner Beschwerde beigelegten Gutachten vom 13. Jänner 1992 beschriebenen "weiteren Alternativ-Variante". Dabei handelt es sich um eine Modifikation der Forststraße "X". Danach würde diese Forststraße zwar so wie die von den Mitbeteiligten geplante Trasse von der Forststraße "Z" des Beschwerdeführers ihren Ausgang nehmen, in weiterer Folge aber einen etwas geänderten, nach Meinung des Beschwerdeführers in mehrfacher Hinsicht günstigeren Verlauf nehmen. Der Streit geht im Grunde nur um die Anbindung der geplanten Forststraße an die bereits vorhandenen, nämlich darum, ob sie ihren Ausgang von der Forststraße "Y" des Beschwerdeführers nehmen und in einer Länge von maximal 10 m über dessen Grundstück Nr. 555 führen soll, oder ob sie an eine bestehende, in den unteren Bereich des X-Grabens führende Forststraße der Mitbeteiligten anschließen und unter Querung dieses Grabens ausschließlich über deren Grund und Boden bis zu jenem Punkt führen soll, an dem die geplante Trasse (Variante IV), von der sogenannten Sprung-Kehre kommend, Waldgrund der Mitbeteiligten erreicht (Varianten III bzw. IIIa).

Im Hinblick auf das Gesagte erübrigt sich unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit der geplanten Erschließungsmaßnahme an sich eine Auseinandersetzung mit den Verfahrensrügen.

In der Frage der Auswahl zwischen den verschiedenen Varianten ist von folgenden Erwägungen auszugehen:

Da bei der Errichtung von Bringungsanlagen die allgemeinen Vorschriften des § 60 FG zu beachten sind (§ 62 Abs. 2 lit. a leg. cit.), haben bei der Auswahl zwischen mehreren technisch möglichen Varianten jene unberücksichtigt zu bleiben, die nur unter Verletzung der Vorschriften des § 60 FG verwirklicht werden könnten. Ein danach unzulässiger Eingriff in den Wald liegt etwa dann vor, wenn eine Bringungsanlage in unmittelbarer Nähe einer bereits behördlich bewilligten Forststraße angelegt werden soll (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 1985, Zl. 85/07/0087). Weiters haben entsprechend dem Zweck des § 66a Abs. 1 FG, die Bewirtschaftung des Waldes unter Vermeidung unverhältnismäßiger Kosten zu ermöglichen, auch jene Erschließungsvarianten außer Betracht zu bleiben, die solche Kosten verursachen würden. Diese Grundsätze haben in gleicher Weise für den in § 66a Abs. 1 FG ausdrücklich geregelten Fall der Wahl zwischen Erschließungsvarianten über Fremdgrund wie für den Fall der Wahl zwischen einer Erschließung ausschließlich über eigenen Grund und Boden und einer Erschließung unter Inanspruchnahme von Fremdgrund zu gelten. Im ersteren Falle kommt überdies das in dieser Bestimmung ausdrücklich normierte Auswahlkriterium des "Eingriffes im geringsten Ausmaß" zum Tragen.

Im Hinblick auf diese Rechtslage hat sich die belangte Behörde mit Recht der übereinstimmenden Auffassung aller Sachverständigen angeschlossen, es komme letztlich nur die sogenannte Variante IV, mithin der Anschluß an die Forststraße "Y" des Beschwerdeführers in Betracht. Eine Gegenüberstellung dieser von den Mitbeteiligten vorgesehenen Anbindung der geplanten Forststraße mit der vom Beschwerdeführer verlangten Aufschließung über Eigengrund der Mitbeteiligten (Variante III bzw. IIIa) zeigt ein gravierendes Mißverhältnis zwischen dem jeweils erforderlichen Ausmaß der Inanspruchnahme von Waldgrund: Im ersteren Fall beträgt die notwendige Weglänge 10 m, im letzteren Fall (Variante IIIa) hingegen 1.250 m (Stellungnahme des Bezirksnaturschutzbeauftragten in der Berufungsverhandlung vom 29. Oktober 1991; Technischer Bericht zum Projekt = Beilage zum erstinstanzlichen Bescheid). Angesichts dieses Mißverhältnisses und der damit notwendig verbundenen erheblichen Mehrkosten, der von beiden forsttechnischen Amtssachverständigen übereinstimmend betonten Übererschließung vor allem im Bereich des X-Grabens und der vom Vertreter der Wildbach- und Lawinenverbauung dargelegten Bedenken hält der Gerichtshof die Ansicht der belangten Behörde für zutreffend, die vom Beschwerdeführer geforderte Aufschließung über den X-Graben widerspreche den Bestimmungen des § 60 FG.

Die Verfahrensrügen sind nicht berechtigt. Sie gehen, soweit sie nicht die auf § 60 FG gestützte Argumentation der belangten Behörde betreffen, wie insbesondere jene zum Begriff der "unverhältnismäßigen Kosten", ins Leere. Im übrigen vermögen sie keinen relevanten Begründungsmangel aufzuzeigen. Dazu genügt der Hinweis darauf, daß selbst der vom Beschwerdeführer beigezogene Sachverständige in seinem mit der Beschwerde vorgelegten Gutachten davon spricht, daß ihm "die (vom Beschwerdeführer verlangte) Grabenquerung durch den X-Bach problematisch erscheint, obwohl auch diese technisch machbar ist".

Da sich die Beschwerde als nicht begründet erwiesen hat, ist sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992100024.X00

Im RIS seit

29.10.1992

Zuletzt aktualisiert am

06.05.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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