TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/29 90/10/0044

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Veröffentlicht am 29.10.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
56/04 Sonstige öffentliche Wirtschaft;
80/02 Forstrecht;
96/01 Bundesstraßengesetz;

Norm

AVG §9;
BStG 1971 §23 Abs2;
ForstG 1975 §27 Abs2 litg;
ForstG 1975 §28 Abs1;
ForstG 1975 §29;
ForstG 1975 §30 Abs1;
ForstG 1975 §30 Abs2 lita;
ForstG 1975 §31;
Österreichische BundesforsteG 1977 §1;
VwGG §21 Abs1;
VwGG §47 Abs3;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §48 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck und Dr. Waldner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der Republik Österreich - Bund (Österreichische Bundesforste) in 1030 Wien, Marxergasse 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 16. Jänner 1990, Zl. IIIa2-1334/1, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Bannlegung nach dem Forstgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird abgewiesen.

Die vom Landeshauptmann von Tirol namens der Republik Österreich - Bund (Bundesstraßenverwaltung) erstattete "Gegenschrift" und das darin enthaltene Kostenersatzbegehren werden zurückgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 13. Dezember 1989 wies die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel den Antrag der beschwerdeführenden Partei betreffend die Bannlegung von Teilflächen der Gp. 2419, EZ 129/II, KG Kössen, als unzulässig zurück. Nach der Begründung dieses Bescheides sei sowohl der Begünstigte als auch der Verpflichtete des Bannlegungsverfahrens - Österreichische Bundesforste bzw. Bundesstraßenverwaltung - als Wirtschaftskörper dem Bund zuzurechnen; diese Einrichtungen besäßen keine vom Bund verschiedene Rechtspersönlichkeit. Es fehle also die im Forstgesetz 1975 vorgesehene notwendige Verschiedenheit des Begünstigten vom Verpflichteten, sodaß sich der Antrag des Bundes "gegen sich selbst" richte.

Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung.

1.2. Mit Bescheid vom 16. Jänner 1990 wies der Landeshauptmann von Tirol diese Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 30 des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 40, in der Fassung BGBl. Nr. 576/1987 (im folgenden: ForstG), als unbegründet ab. Nach der Begründung dieses Bescheides fehle es an einem wesentlichen Element für eine taugliche Antragstellung, wenn verwaltungsorganisatorische Einheiten desselben Rechtsträgers - in diesem Falle des Bundes - sowohl auf seiten des Waldeigentümers (des Verpflichteten) als auch auf seiten des Begünstigten (Bundesstraßenverwaltung) aufträten. Dies deshalb, weil sich der Antrag des Bundes gegen sich selbst richte, also kein rechtlich anderer zu Begünstigender namhaft gemacht werde. Die Vorschreibungen der Forstbehörde richteten sich in jedem Fall ausschließlich an den Bund. Dies sei aber "eine denkunmögliche Auslegung des Forstgesetzes". Es sei zwar richtig, daß nicht der Rechtsträger, sondern dessen Eigentum, der Wald, in Bann gelegt werde. Das Bannlegungsverfahren bringe aber die Vorschreibung von Maßnahmen der Waldbewirtschaftung mit sich, die zu Lasten des Begünstigten gingen. Es würde also "der Bund (ÖBF) sich selbst (Bundesstraßenverwaltung) verpflichten". Beispielsweise wäre es genauso denkunmöglich, daß der Eigentümer eines Hauses zum Schutz dieses Hauses seinen eigenen darüber liegenden Wald in Bann legen lasse.

Hinsichtlich der zivilrechtlichen Dispositionsfähigkeit bezüglich Maßnahmen zur Erfüllung der im § 27 Abs. 2 ForstG angeführten Bannzwecke werde auf § 12 leg. cit. verwiesen. Der Waldeigentümer habe die dort normierten Grundsätze zu beachten. Gleichzeitig sei er im Sinne des § 6 Abs. 2 leg. cit. verpflichtet, die Nutzwirkung, Schutzwirkung, Wohlfahrtswirkung und Erholungswirkung seiner Wälder durch geeignete forstliche Raumplanung sicherzustellen. Dies bedeute, daß der Bund (Österreichische Bundesforste) - genauso wie jeder andere Waldeigentümer - seine Wälder zu pflegen und in Ordnung zu halten habe. Als Eigentümer sei er berechtigt, alle Maßnahmen zu setzen, die dazu erforderlich seien.

Hingewiesen werde unter anderem auf § 28 Abs. 2 lit. e ForstG, wonach der Eigentümer des Bannwaldes auf Antrag des Begünstigten verpflichtet sei, besondere Maßnahmen zu dulden. Dies setze eine Verschiedenheit von Begünstigtem und Verpflichtetem voraus.

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Nach der Begründung dieser Beschwerde sei der seinerzeitige Bannlegungsantrag damit begründet worden, daß der unterhalb des Klobensteinwaldes verlaufende Teil der Bundesstraße und somit alle Straßenbenützer ständig der Gefährdung durch Steinschlag und Schneeabbrüche ausgesetzt seien; weiters entstünden der beschwerdeführenden Partei bei der Waldbewirtschaftung und Holznutzung schwere wirtschaftliche Nachteile, weil nicht bekannt sei, ob und welche Maßnahmen (§ 28 Abs. 2 und 3 ForstG) mit Rücksicht auf die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs von der Behörde zu verfügen seien. In der Beschwerde wird nun die Auffassung vertreten, weder § 27 ForstG noch die Bestimmungen des AVG verlangten, daß zu den im § 27 leg. cit. genannten Kriterien für die Bannlegung noch zusätzliche hinzutreten müßten, etwa daß für die Erlassung eines Bannlegungsbescheides ein einzelner Begünstigter vorhanden sein oder eine Verschiedenartigkeit in der Person des Waldeigentümers und des Begünstigten gegeben sein müsse. Dies vor allem deshalb, weil volkswirtschaftliche und öffentliche Interessen zu schützen seien, "bei denen die Allgemeinheit der Begünstigte" sei (Wasservorkommen, Landesverteidigung, Verkehrssicherheit). Der Begriff des Begünstigten sei nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei "weniger von der Seite der Rechtsperson her, sondern vielmehr aus der Sicht zu betrachten, welche Institution mit eigener Kompetenz und selbständiger Geldgebarung für den Schutz bestimmter öffentlicher Interessen im Interesse der Allgemeinheit verantwortlich" sei. Dies gelte sowohl für die Bundesstraßenverwaltung als auch die Österreichischen Bundesforste. Gehe man davon aus, daß Maßnahmen zur Erfüllung des Bannzweckes zu ergreifen seien, dann wäre die bestmögliche Gewährleistung des Bannzweckes sicher nicht gegeben, wenn etwa erst von den betroffenen Institutionen des Bundes über die Art der Maßnahmen zu beraten, zu beschließen und hierüber ein Konsens herbeizuführen wäre. Eine derartige Gesetzeshandhabung würde letztlich bedeuten, "daß der Republik Österreich im Bereiche ihrer Privatwirtschaftsverwaltung fallweise eine Bescheidkompetenz nach den Bestimmungen des Forstgesetzes zukommen" solle. Von den Österreichischen Bundesforsten als Trägern der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes könne jedoch keine Behördenentscheidung gefällt werden. Eine derartige Gesetzesinterpretation widerspräche jeder Rechtssicherheit und dem gesetzlichen Auftrag an die Forstbehörde, die Bannlegungsbestimmungen des Forstgesetzes in einem Verwaltungsverfahren zu vollziehen. Besonders müsse in diesem Zusammenhang der Ansicht des Landeshauptmannes widersprochen werden, die beschwerdeführenden Österreichischen Bundesforste als Waldeigentümer seien mit ihrem geschulten Personal selbst in der Lage, alles für den Bannzweck Nötige vorzukehren. Nicht nur, daß auf diese Weise das im AVG zwingend vorgeschriebene Ermittlungsverfahren umgangen würde, käme es bei einer solchen Vorgangsweise auch noch zu einer Verletzung der behördlichen Entscheidungspflicht gemäß § 73 Abs. 1 AVG.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie der Bund - Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Tirol, Landesbaudirektion, eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

2.1. In einem rechtsähnlichen Fall, in welchem, wie hier, Begünstigter und Verpflichteter der Bannlegung ein und dieselbe juristische Person, nämlich die Gebietskörperschaft Republik Österreich - Bund, war, in dem allerdings der Bannlegungsantrag der Österreichischen Bundesforste von der Behörde abgewiesen und nicht zurückgewiesen worden war, hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 19. Oktober 1992, Zl. 89/10/0183, ausgesprochen, daß der damalige Antrag der Österreichischen Bundesforste zurückzuweisen gewesen wäre, weil das Forstgesetz offensichtlich von einer Verschiedenheit des Begünstigten bzw. Verpflichteten im Bannlegungsverfahren ausgehe.

Der Verwaltungsgerichtshof geht auch im vorliegenden Fall davon aus, daß sich die dem Waldeigentümer im § 30 Abs. 2 lit. a ForstG eingeräumte Antragslegitimation auf die Einleitung eines Verfahrens zur Bannlegung seines Waldes begrifflich nur auf den Fall erstreckt, daß der durch die Bannlegung Begünstigte eine andere Rechtsperson als der antragstellende Waldeigentümer ist. Ein Antragsrecht auf behördliche Anordnung von Beschränkungen der Nutzung des eigenen Eigentums kann ja ein sachgerechtes rechtliches Interesse nur insoweit widerspiegeln, als die mit der Bannlegung verknüpfte Entschädigung (§ 31 ForstG) mit in die Betrachtung einbezogen wird. Fehlt eine solche Möglichkeit mangels Verschiedenartigkeit der Rechtspersonen, ist eine Antragslegitimation des Waldeigentümers mangels eines rechtlichen Interesses - in einer den Wortlaut des § 30 Abs. 2 lit. a ForstG teleologisch reduzierenden Auslegung - zu verneinen. Eine rechtliche Aussage über die amtswegige Verfahrensinitiative oder eine Verfahrenseinleitung auf Grund eines Antrages nach den übrigen Bestimmungen des § 30 Abs. 2 ForstG wird damit nicht getroffen.

Auf die vorhin zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes wird unter Bezugnahme auf § 43 Abs. 2 VwGG und Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

2.2. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.3. Bei dem von der belangten Behörde beantragten Kostenzuspruch hätte der Bund (als Träger von Privatrechten für den eingeschrittenen Wirtschaftskörper Österreichische Bundesforste) dem Bund (dem gemäß § 47 Abs. 5 VwGG im Falle des Obsiegens der in mittelbarer Bundesverwaltung tätig gewordenen belangten Behörde Aufwandersatz zu leisten wäre) Kosten zu ersetzen. Aus diesem Grund der Identität der letztlich gemäß § 47 Abs. 5 VwGG vom Kostenersatz bzw. zur Kostentragung verpflichteten Rechtsperson war das Kostenersatzbegehren des in mittelbarer Bundesverwaltung eingeschrittenen Landeshauptmannes von Tirol abzuweisen (vgl. auch hiezu das zitierte hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1992).

2.4. Im Punkt 2.2. wurde dargetan, daß im vorliegenden Bannlegungsverfahren der Verpflichtete (der antragstellende Waldeigentümer) und der durch die Bannlegung Begünstigte dieselbe Rechtsperson, nämlich der Bund, sind. Gemäß § 21 Abs. 1 VwGG sind Parteien im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof der Beschwerdeführer, die belangte Behörde und die Personen, die durch den Erfolg der Anfechtung des Verwaltungsaktes in ihren rechtlichen Interessen berührt werden (Mitbeteiligte). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Beschwerde einer Person gegen die verwaltungsbehördliche Zurückweisung eines von ihr gestellten Bewilligungsantrages kommt ebenderselben Rechtsperson nicht zugleich die Rechtsstellung als mitbeteiligte Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 VwGG zu. Daher waren die vom Landeshauptmann von Tirol namens des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) erstattete "Gegenschrift" sowie das darin enthaltene Kostenersatzbegehren zurückzuweisen.

Schlagworte

Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit Gebilde ohne Rechtsfähigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990100044.X00

Im RIS seit

27.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

08.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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