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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des N in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Juli 1992, Zl. 4.301.611/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Nationalität, reiste am 18. Juli 1990 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 1. August 1990 (bereits anwaltlich vertreten) einen schriftlichen Asylantrag.
Dieser wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer allein auf Grund seiner Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe in der Türkei politisch verfolgt worden sei. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft seien daher erfüllt.
Bei seiner am 30. August 1990 durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich durchgeführten niederschriftlichen Befragung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen folgendes vor:
Er sei nicht Mitglied der PKK (der Kurdischen Arbeiterpartei) gewesen, habe aber für diese Flugblätter verteilt. Einmal sei er dabei erwischt, drei Tage in Haft genommen, vernommen und auch gefoltert worden. Er sei mit dem Gummiknüppel geschlagen worden. Dies habe sich im Sommer 1985 in Düsendi in der Militärstation ereignet.
Einige Wochen später habe er wieder Flugblätter für die PKK verteilt. Als er von Freunden erfahren habe, daß er wieder von Soldaten gesucht werde, sei er nach Istanbul geflohen, wo er sich bei Freunden verborgen habe.
1986 habe ihn sein Vater verständigt, daß er (der Beschwerdeführer) zum Militär einrücken müsse. Er habe sich daraufhin mit seinem Vater getroffen, der ihm die dazu notwendigen Papiere übergeben habe. Danach habe sich der Beschwerdeführer beim Militär gemeldet. Da die regionalen Militärbehörden offensichtlich die Aktivitäten des Beschwerdeführers und seine Festnahme nicht weitergemeldet hätten, sei ihm dies während seines Militärdienstes nicht vorgehalten worden. Nach der Entlassung vom Militär, im November 1988, sei der Beschwerdeführer wieder in sein Heimatdorf zurückgekehrt, nach wenigen Wochen sei er aber wieder von Soldaten gesucht worden. Während er beim Heer gewesen sei, seien nämlich seine Freunde eingesperrt worden. Er wisse nicht, warum er gesucht worden sei, weil er wieder nach Istanbul geflüchtet sei. Bis zu seiner Ausreise habe er sich in Istanbul bei einem Onkel, der ein Kaffeehaus betreibe, vor den Behörden verborgen gehalten. Er habe bei seinem Onkel für Kost und Quartier gearbeitet. Er habe sich entschlossen, seine Heimat zu verlassen, weil er nicht dauernd im Verborgenen leben wolle. Er habe nach seiner Zeit beim Heer keine Aktivitäten für die PKK gesetzt und sei trotzdem gesucht worden. Man hätte ihm "sowieso nie geglaubt, daß er nichts mehr gemacht habe". Vermutlich sei er, weil er Kurde sei, "grundsätzlich von der Armee wieder gesucht worden".
Daraufhin stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 19. November 1990 fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes und auch nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei.
Dagegen berief der Beschwerdeführer, wobei er rügte, der erstinstanzliche Bescheid sei ein vorgedrucktes Formular, das weder eine Begründung noch Sachverhaltsfeststellungen enthalte. Er habe bei seiner Einvernahme seine Asylgründe dargelegt. Da seine Angaben durch keine wie immer gearteten Beweisergebnisse widerlegt seien, hätte seinem Asylantrag Folge gegeben werden müssen. Sollten Beweisergebnisse gegen seine Angaben sprechen, so seien ihm diese nicht zur Kenntnis gebracht und daher sein rechtliches Gehör verletzt worden.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach in Anwendung des Asylgesetzes 1991 aus, daß Österreich dem Beschwerdeführer kein Asyl gewähre. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, daß das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere die niederschriftliche Befragung des Beschwerdeführers, keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben habe, daß der Beschwerdeführer Flüchtling i.S. des Asylgesetzes 1991 sei. Die belangte Behörde erachtete die Behauptungen des Beschwerdeführers nicht als glaubhaft, weil er seinen eigenen Angaben zufolge 1986 freiwillig seiner Einberufung zum Militärdienst Folge geleistet habe und weil er seinen 18-monatigen Präsenzdienst habe ableisten können, ohne von den Militärbehörden wegen seiner vorherigen Tätigkeit für die PKK verhört worden zu sein. Der Umstand, daß die türkischen Behörden während der Militärdienstzeit des Beschwerdeführers kein Interesse an seiner Verfolgung gezeigt hätten, sei ein Indiz dafür, daß eine Verfolgung des Beschwerdeführers nicht beabsichtigt gewesen sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft und damit auch erkennbar in seinem Recht auf Asylgewährung verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Was zunächst die Behauptung anlangt, der Spruch des angefochtenen Bescheides bezeichne den erstinstanzlichen Bescheid nicht hinreichend, so ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, daß sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides eindeutig ergibt, daß die belangte Behörde mit ihrem Bescheid über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 19. November 1990, Zl. FrA-3166/90 entschieden hat. Da Spruch und Begründung eines Bescheides insoweit eine rechtliche Einheit bilden, haftet sohin dem angefochtenen Bescheid diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit an.
Soweit der Beschwerdeführer die Würdigung seines Vorbringens durch den angefochtenen Bescheid bekämpft, ist ihm zu entgegnen, daß den Argumenten der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann. Angesichts der eigenen Angaben des Beschwerdeführers, der Einberufung zum Militärdienst nach behaupteten Verfolgungen (die bis zur körperlichen Mißhandlung gediehen sein sollen) freiwillig Folge geleistet zu haben und während seines Militärdienstes in keiner Weise behelligt worden zu sein, ist die von der belangten Behörde vorgenommene Würdigung keineswegs unschlüssig. Es wäre in der Tat verwunderlich, wenn ein Aktivist der PKK nach Verfolgungen, wie sie der Beschwerdeführer für das Jahr 1985 behauptete, im Jahr darauf einer Einberufung zum Militärdienst ohne weiteres Folge geleistet hätte und während der Militärdienstzeit unbehelligt geblieben wäre.
Mit Rücksicht darauf, daß die belangte Behörde die Behauptungen des Beschwerdeführers, aus Furcht vor Verfolgung aus Konventionsgründen seine Heimat verlassen zu haben, mit schlüssigen Erwägungen und damit auch frei von Begründungsmängeln für nicht bescheinigt erachtete, erweist sich die Sache aber bereits als spruchreif für eine Abweisung der Beschwerde als unbegründet (§ 42 Abs. 1 VwGG).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992010796.X00Im RIS seit
05.11.1992