TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/9 92/10/0045

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Veröffentlicht am 09.11.1992
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Index

82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

LMG 1975 §1 Abs2;
LMG 1975 §20;
LMG 1975 §28 Abs1 litb;
LMG 1975 §45 Abs2;
LMG 1975 §7 Abs1 litb;
LMG 1975 §74 Abs2 Z1;
LMG 1975 §74 Abs3 Z1;
LMG 1975 §74 Abs5 Z3;
LMG 1975 §8 litg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des H in U, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 27. November 1991, Zl. Vd-San-14.903/2, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Spruchpunktes 5 (einschließlich des entsprechenden Verfahrenskostenausspruches) und bezüglich des Ausspruches über die Verpflichtung zum Ersatz der Untersuchungsgebühren an die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. November 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 2. August 1989 in seinem Gastgewerbebetrieb Gasthof-Pension "XY" in U 1. eine 1/4 vollgefüllte Dose "Lebkuchengewürz" durch gebrauchsbereites Lagern im Wandschrank der Gasthausküche neben anderen Gewürzen in Verkehr gebracht, deren Inhalt bereits einen Aromaverlust, somit Anzeichen eines beginnenden Verderbens aufgewiesen habe. Das gegenständliche Würzmittel sei daher als im Sinne des § 8 lit. g LMG wertgemindert zu qualifizieren, ohne daß dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich gemacht worden sei,

2. diese Gewürzdose "Lebkuchengewürz", deren Außenseite und Deckel stark klebrig und verschmutzt gewesen seien, somit durch Unterlassen der Lagerung in einem sauberen Behältnis, einer unnotwendigen Verschmutzung ausgesetzt und dadurch dem Gebot des § 20 LMG zuwidergehandelt,

3. eine 1/8 vollgefüllte Dose "Zimt gemahlen" der Fa. "Z" durch gebrauchsbereites Lagern im Wandschrank der Gasthausküche neben anderen Gewürzen in Verkehr gebracht, deren Inhalt bereits einen Aromaverlust, somit Anzeichen eines beginnenden Verderbs, aufgewiesen habe. Das gegenständliche Würzmittel sei daher als im Sinne des § 8 lit. g LMG wertgemindert zu qualifizieren, ohne daß dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich bekanntgemacht worden sei,

4. diese Dose "Zimt gemahlen" der Fa. "Z", deren Außenseite und Deckel stark klebrig und verschmutzt gewesen seien, somit durch Unterlassen der Lagerung in einem sauberen Behältnis, einer unnotwendigen Verschmutzung ausgesetzt und dadurch dem Gebot des § 20 LMG zuwidergehandelt,

5. einen Pfefferstreuer, dessen oberer Rand und Außenwände durch anhaftende, verkrustete Lebensmittel stark verschmutzt gewesen seien, durch gebrauchsbereites Lagern in der Küche neben dem Herd in Verkehr gebracht, welcher bei bestimmungsgemäßem Gebrauch durch Kontakt mit Lebensmitteln diese Lebensmittel mit Verunreinigungen kontaminiere und damit im Sinne des § 28 Abs. 1 lit. b dahingehend nachteilig beeinflusse, daß sie zumindest wertgemindert seien.

Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen zu 1. und 3. nach § 74 Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 lit. b und 8 lit. g LMG, zu 2. und 4. nach § 74 Abs. 5 Z. 3 in Verbindung mit § 20 LMG und zu 5. nach § 74 Abs. 3 Z. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 lit. b LMG begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Weiters wurde der Beschwerdeführer unter Berufung auf § 64 Abs. 3 VStG verpflichtet, die im Strafverfahren entstandenen Untersuchungsgebühren in Höhe von S 1.250,-- der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Innsbruck zu ersetzen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die folgende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, hinsichtlich sämtlicher ihm angelasteten Fakten liege inhaltliche Rechtswidrigkeit vor, weil die belangte Behörde bei allen Punkten neue Tatbestandsmerkmale in den Spruch eingeführt und damit die Grenzen der "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG überschritten habe. Hinsichtlich der Spruchpunkte 1, 3 und 5 werde der Tatumstand des "gebrauchsbereiten Lagerns" in den Spruch aufgenommen, in den Punkten 2 und 4 die Worte "durch Unterlassung der Lagerung in einem sauberen Behältnis" und im Spruchpunkt 5 werde der Ausdruck "aufbewahrt" durch "gebrauchsbereites Lagern" ersetzt. Da erst im Bescheid der belangten Behörde alle Tatbestandsmerkmale umschrieben worden seien, sei auch hinsichtlich aller Fakten Verjährung eingetreten.

Nach § 74 Abs. 2 Z. 1 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe, die unreif oder wertgemindert sind, wenn dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist oder wenn sie auch mit einer solchen Kenntlichmachung nicht in Verkehr gebracht werden dürfen (§ 7 Abs. 2), in Verkehr bringt.

Wertgemindert sind Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe dann, wenn sie nach der Herstellung, ohne daß eine weitere Behandlung erfolgt ist, eine erhebliche Minderung an wertbestimmenden Bestandteilen oder ihrer spezifischen, wertbestimmenden Wirkung oder Eigenschaft erfahren haben, soweit nicht Verdorbenheit vorliegt (§ 8 lit. g LMG).

Nach § 74 Abs. 5 Z. 3 LMG begeht eine Verwaltungsübertretung unter anderem derjenige, der den Bestimmungen des § 20 zuwiderhandelt.

§ 20 enthält Bestimmungen über die Hygiene im Lebensmittelverkehr und verpflichtet denjenigen, der Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe in Verkehr bringt, dafür vorzusorgen, daß sie nicht durch äußere Einwirkung hygienisch nachteilig beeinflußt werden, soweit das nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft möglich und nach der Verkehrsauffassung nicht unzumutbar ist.

Nach § 1 Abs. 2 LMG ist unter Inverkehrbringen das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht. Bei Beurteilung einer Ware (Abs. 1) ist jedoch auch zu berücksichtigen, ob sich ihre etwaige dem Gesetz nicht entsprechende Beschaffenheit bloß aus der Besonderheit jener Phase des Inverkehrbringens ergibt, aus der sie stammt. Ein Inverkehrbringen liegt nicht vor, wenn sichergestellt ist, daß die Ware (Abs. 1) in ihrer dem Gesetz nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt.

Im Punkt 1 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses bzw. der damit übereinstimmenden, innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 74 Abs. 6 LMG erlassenen Strafverfügung der Behörde erster Instanz wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe eine 1/4 vollgefüllte Dose "Lebkuchengewürz", deren Inhalt bereits einen deutlichen Aromaverlust, somit Anzeichen eines beginnenden Verderbs, aufgewiesen habe, sodaß eine erhebliche Minderung der spezifischen wertbestimmenden Eigenschaften vorgelegen sei, im Wandschrank der Gasthausküche neben anderen Gewürzen gelagert, somit ein wertgemindertes Lebensmittel durch Lagern in Verkehr gebracht, obwohl dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht worden sei. Punkt 3 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses bzw. der Strafverfügung enthielt den Vorwurf, der Beschwerdeführer habe eine 1/8 vollgefüllte Dose "Zimt gemahlen" der Firma "Z", deren Inhalt bereits einen deutlichen Aromaverlust, somit Anzeichen eines beginnenden Verderbs aufgewiesen habe, sodaß eine erhebliche Minderung der spezifischen wertbestimmenden Eigenschaften vorgelegen sei, im Wandschrank der Gasthausküche neben anderen Gewürzen gelagert, somit ein wertgemindertes Lebensmittel durch Lagern in Verkehr gebracht, obwohl dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht worden sei. Im Punkt 5 schließlich hieß es, der Beschwerdeführer habe einen Pfefferstreuer, dessen oberer Rand und Außenwände durch anhaftende, verkrustete Lebensmittel stark verschmutzt gewesen seien, in der Küche seines Gastbetriebes neben dem Herd aufbewahrt, somit einen Gebrauchsgegenstand, der bei bestimmungsgemäßem Gebrauch geeignet sei, Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe derart zu beeinflussen, daß diese verdorben, verfälscht, nachgemacht oder wertgemindert seien, durch Lagern in Verkehr gebracht. Damit wurden die als erwiesen angenommenen Taten so umschrieben, daß sie in zweifelsfreier Weise den Tatbeständen der §§ 74 Abs. 2 Z. 1 (in Verbindung mit § 8 lit. g) und 74 Abs. 3 Z. 1 (in Verbindung mit § 28 Abs. 1 lit. b) LMG zugeordnet werden können. Durch die Verwendung des Wortes "lagern" war auch eindeutig ersichtlich, daß und in welcher Weise das Tatbestandselement des Inverkehrbringens erfüllt war. Wenn nun die belangte Behörde diese Tatumschreibung der Erstbehörde durch die Wendung "gebrauchsbereites" Lagern ergänzt und das Wort "aufbewahren" beseitigt hat, so liegt darin keine Auswechslung der Tat, sondern lediglich eine Umschreibung derselben mit anderen Worten. Dadurch hat die belangte Behörde ihre funktionelle Kompetenz nicht überschritten.

Im Punkt 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (bzw. der diesem vorangehenden Strafverfügung) wurde die als erwiesen angenommene Tat dahingehend umschrieben, der Beschwerdeführer habe die Gewürzdose "Lebkuchengewürz", deren Außenseite und Deckel stark klebrig und stark verschmutzt gewesen seien, durch Lagern im Wandschrank der Gasthausküche neben anderen Gewürzen in Verkehr gebracht. Er habe durch dieses Verhalten nicht vorgesorgt, daß Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe durch äußere Einwirkung nicht hygienisch nachteilig beeinflußt würden, soweit das nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft möglich und nach der Verkehrsauffassung nicht unzumutbar sei. Im Punkt 4 wurde ihm derselbe Vorwurf in bezug auf die Dose "Zimt gemahlen" gemacht. Wenn die Gefahr der hygienisch nachteiligen Beeinflussung von Lebensmitteln in der Verwendung stark verschmutzter Behälter (Dosen) besteht, dann ergibt sich daraus unmittelbar, daß die nach dem Stand der Technik mögliche und nach der Verkehrsauffassung zumutbare Vorsorge gegen eine solche hygienisch nachteilige Beeinflussung darin besteht, die Lebensmittel in einem sauberen Behältnis zu lagern. Die erstinstanzliche Strafverfügung war daher eine Verfolgungshandlung, die geeignet war, die Verfolgungsverjährung zu unterbrechen. Die Aufnahme der Worte "durch Unterlassung der Lagerung in einem sauberen Behältnis" in den Spruch des angefochtenen Bescheides stellt kein Auswechseln der Tat dar.

Unzutreffend ist auch der Einwand des Beschwerdeführers, es sei nicht ersichtlich, worin die nachteilige hygienische Beeinflussung bestehen solle.

§ 20 LMG will sicherstellen, daß der Verbraucher Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe erhält, die in jeder Hinsicht unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse der Reinlichkeit und Sauberkeit in Verkehr gebracht werden. Ein Verstoß gegen § 20 kann, muß aber nicht zu einer verpönten Eigenschaft im Sinne des § 8 führen. Die Vorsorgepflicht wird nicht nur dann verletzt, wenn der hygienisch nachteilige Einfluß tatsächlich eingetreten ist; es genügt vielmehr bereits abstrakte Gefährdung (vgl. Barfuß-Smolka-Onder, Lebensmittelrecht, 2. Aufl. I A 4 f). Daß durch die Verwendung eines stark verschmutzten Behältnisses für die Aufbewahrung von Lebensmitteln die Gefahr besteht, daß beim Gebrauch der Doseninhalt, aber auch andere Lebensmittel verunreinigt und damit hygienisch nachteilig beeinflußt werden, liegt auf der Hand.

Der Beschwerdeführer erblickt eine Verletzung seines Rechtes auf ein faires Verfahren darin, daß "diejenige Untersuchungsanstalt, die letztendlich die Anzeige erstellt habe, in der Entscheidungsbegründung auch als Gutachter herangezogen" worden sei.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem Urteil vom 6. Mai 1985, GZ 6/1984/78/122 (= EuGRZ 1986, S. 127 ff) eine Verletzung des Rechtes auf ein faires Verfahren (Waffengleichheit) in dem Umstand erblickt, daß jener Bedienstete der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung, dessen Gutachten die Anzeigeerstattung ausgelöst hatte ("Anzeigegutachten") auf Grund des § 48 LMG in der Fassung vor der Aufhebung des ersten Satzes der Bestimmung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. November 1985 zwingend zum Sachverständigen im gerichtlichen Strafverfahren zu bestellen war, wodurch diesem auf Grund der Bestimmungen der Strafprozeßordnung eine privilegierte Stellung (Möglichkeit, der gesamten Verhandlung beizuwohnen, Fragen an den Angeklagten und an Zeugen zu stellen, zu ihren Aussagen sofort Stellung zu nehmen etc.) zukam. Der Gerichtshof erklärte aber ausdrücklich, daß die Vernehmung dieses Bediensteten an sich grundsätzlich nicht gegen die Menschenrechtskonvention verstieß. Der Verstoß wurde - wie bereits erwähnt - ausschließlich in der privilegierten Stellung, die diesem Bediensteten als Sachverständigen im Prozeß zukam, erblickt.

Dieser Auffassung hat sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. November 1985, Slg. 10.701, angeschlossen.

Im Verwaltungsstrafverfahren genießt der Bedienstete der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung, dessen Gutachten der Anzeigeerstattung zugrundegelegt wurde, keine privilegierte Stellung. Den Verwaltungsstrafbehörden wäre es auch nicht verwehrt gewesen, erforderlichenfalls andere Sachverständige beizuziehen. Dies erwies sich aber nicht als notwendig, da der Beschwerdeführer von seinem Recht, dem Gutachten der Bundesanstalt durch ein Gegengutachten entgegenzutreten, keinen Gebrauch gemacht hat und auch sonst nichts vorgebracht hat, was geeignet gewesen wäre, Zweifel an der Richtigkeit des Anstaltsgutachtens zu erwecken. Die behauptete Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt daher nicht vor.

Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens nicht als erwiesen annehmen dürfen, bringt aber nichts vor, was geeignet wäre, die von der belangten Behörde verwendeten Beweismittel, insbesondere das Gutachten der Bundesanstalt und die Zeugenaussage des die Anzeige erstattenden Lebensmittelaufsichtsorgans und die von der belangten Behörde aus diesen Beweismitteln gezogenen Schlüsse in Zweifel zu ziehen. Er beschränkt sich lediglich auf die Behauptung, die Aussagen des als Zeugen vernommenen Lebensmittelaufsichtsorgans seien nicht beweiskräftig.

Richtig ist, daß dem Beschwerdeführer der Aktenvermerk der erstinstanzlichen Behörde vom 22. August 1990, demzufolge er als Gewerbeinhaber des Gasthauses, in dem die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen festgestellt wurden, aufscheint, vor Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nicht zur Kenntnis gebracht wurde. Die Akteneinsicht durch den Beschwerdeführer erfolgte nämlich bereits am 21. Februar 1990, der erwähnte Aktenvermerk ist mit 22. August 1990 datiert. In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ist aber ausgeführt, daß laut Gewerberegister der Beschwerdeführer verantwortlicher Konzessionsinhaber für den Gasthof XY sei. Der Beschwerdeführer hatte daher die Möglichkeit, im Rahmen der Berufung dagegen Stellung zu nehmen und hat dies auch getan, indem er behauptete, es sei nicht ausreichend erhoben, wer Betriebsinhaber und Konzessionsträger des Gasthofes "XY" sei. Diese Behauptung war nicht geeignet, die auf das Gewerberegister gestützte Annahme der Behörde zu erschüttern, daß der Beschwerdeführer Betriebsinhaber und damit für den Betrieb des Gasthofes Verantwortlicher sei.

Wenn der Beschwerdeführer meint, hinsichtlich der Spruchpunkte 1 und 3 des angefochtenen Bescheides sei nicht ersichtlich, was überhaupt Inhalt der angeführten Dosen sei, so ist ihm zu erwidern, daß aus der Bezeichnung "Dose Lebkuchengewürz" bzw. "Dose Zimt gemahlen" mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden kann, welches Lebensmittel gemeint ist. Daß sich in diesen Dosen Zimt (Lebkuchengewürz) befand, geht auch aus dem Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung hervor.

Hingegen ist der Beschwerdeführer im Recht, wenn er geltend macht, Spruchpunkt 5 des angefochtenen Bescheides sei rechtswidrig.

Nach § 28 Abs. 1 lit. b LMG ist es verboten, Gebrauchsgegenstände in Verkehr zu bringen, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch geeignet sind, Lebensmittel, Verzehrprodukte, Zusatzstoffe oder kosmetische Mittel nachteilig zu beeinflussen.

Nach § 74 Abs. 3 Z. 1 LMG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer Gebrauchsgegenstände, die bei bestimmungsgemäßem oder vorauszusehendem Gebrauch geeignet sind, Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe derart zu beeinflussen, daß diese verdorben, verfälscht, nachgemacht oder wertgemindert sind, oder kosmetische Mittel so zu beeinflussen, daß diese verdorben sind, in Verkehr bringt.

Die belangte Behörde wirft im Punkt 5 dem Beschwerdeführer das Inverkehrbringen eines stark verschmutzten Pfefferstreuers vor, welcher bei bestimmungsgemäßem Gebrauch durch Kontakt mit Lebensmitteln diese Lebensmittel mit Verunreinigungen kontaminiere und damit durch Wertminderung nachteilig beeinflusse. Weder der Begründung des angefochtenen Bescheides noch dem sonstigen Akteninhalt ist ein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, inwiefern durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des verschmutzten Pfefferstreuers eine Wertminderung von Lebensmitteln im Sinne des § 8 lit. g LMG eintreten könnte. Eine solche Wertminderung setzt nämlich voraus, daß das Lebensmittel eine erhebliche Minderung an WERTBESTIMMENDEN BESTANDTEILEN oder ihrer SPEZIFISCHEN, WERTBESTIMMENDEN WIRKUNG oder EIGENSCHAFT erfahren hat. Inwiefern durch eine "Kontaminierung" eine Wertminderung in diesem spezifischen Sinn herbeigeführt werden könnte, ist nicht ohne weiteres ersichtlich und bedürfte einer entsprechenden Begründung.

Nach § 45 Abs. 2 Satz 2 LMG ist im Straferkenntnis dem Beschuldigten der Ersatz der Kosten der Untersuchung an die jeweilige Untersuchungsanstalt vorzuschreiben.

Aus der Verwendung des Wortes "Straferkenntnis" folgt, daß eine Kostenauferlegung nur dann stattfinden kann, wenn es zu einer Bestrafung des Beschuldigten kommt. Dies ergibt sich auch daraus, daß § 45 Abs. 2 erster Satz LMG für das gerichtliche Strafverfahren hinsichtlich der Kosten der Untersuchung auf die Bestimmungen der Strafprozeßordnung verweist; diese sehen eine Kostenauferlegung auch nur für den Fall vor, daß das gerichtliche Strafverfahren durch Verurteilung endet. Es kann nicht angenommen werden, daß im gerichtlichen Strafverfahren eine Kostenauferlegung nicht zulässig sei, wenn es zu keiner Verurteilung kommt, im Verwaltungsstrafverfahren aber den Beschuldigten in jedem Fall eine Verpflichtung zur Kostentragung träfe.

Da die mit dem Pfefferstreuer in Zusammenhang stehende Verwaltungsübertretung (Punkt 5 des angefochtenen Bescheides) der Aufhebung verfiel, erfolgte auch die Auferlegung der diesbezüglichen Untersuchungskosten der Bundesanstalt zu Unrecht. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer zur Erstattung eines Betrages von S 1.250,-- an Untersuchungskosten verpflichtet, ohne zwischen den - trennbaren - Kosten für die Untersuchung der beiden Zimt- bzw. Lebkuchengewürzdosen auf der einen und jenen für den Pfefferstreuer auf der anderen Seite zu unterscheiden. Aus diesem Grund erweist sich die gesamte Untersuchungskostenvorschreibung als rechtswidrig.

Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid hinsichtlich seines Spruchpunktes 5 sowie bezüglich der Verpflichtung zum Ersatz der Untersuchungsgebühren gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im übrigen aber gemäß § 42 Abs. 1 leg. cit. als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992100045.X00

Im RIS seit

09.11.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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