TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/18 91/12/0293

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Veröffentlicht am 18.11.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

AVG §68 Abs1;
BDG 1979 §80;
GehG 1956 §24a idF 1986/387;
GehG 1956 idF 1959/094;
GehGNov 45te Art10;
GehGNov 45te Art9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des K in X, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 24. Oktober 1991, Zl. 242.548/26-2.3/91, betreffend Naturalwohnungsvergütung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Vizeleutnant in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Bund. Seine Dienststelle ist das Landwehrstammregiment nn.

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. März 1991 gemäß § 80 BDG 1979 mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 1990 die Naturalwohnung in X, zugewiesen.

Am 11. März 1991 wurde dem Beschwerdeführer das Dienstrechtsmandat des Korpskommando I vom 6. März 1991 zugestellt, mit dem gemäß § 24a Abs. 3 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, in der Fassung der 45. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 387/1986, im Zusammenhalt mit Art. IX der genannten Novelle mit Wirkung ab 1. Jänner 1991 als monatliche Grundvergütung der Betrag von S 1.309,-- festgesetzt wurde. Gegen dieses Dienstrechtsmandat erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 25. März 1991 Vorstellung, die bei der Dienstbehörde am 26. März 1991 eingegangen ist. Mit Bescheid vom gleichen Tag, der dem Beschwerdeführer am 28. März 1991 zugestellt worden ist, setzte das Korpskommando als monatliche Vergütung für die Naturalwohnung in X, im Gesamtausmaß von 74,10 m2, "gemäß § 24 GG 1956 i.d.F. der 1. GG-Novelle 1959" als monatliche Vergütung mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 1990 fest:

    "a)  Grundvergütung: Aus militärischer Rücksicht

         gemäß Art. IX 45. GG-Novelle 1956         S 875,12

     b)  Garageneinstellplatzbenützung

     c)  Anteil an öffentlichen Abgaben, Betriebs-

         kosten und Kosten für besondere Aufwendungen

         im Ausmaß von                             12,80 %

         Die Vorleistung für öffentliche Abgaben,

         Betriebskosten und Kosten für besondere

         Aufwendungen beträgt zur Zeit (inkl.

         Verwaltungskosten)                        S 1.099,09."

Mit einem weiteren Bescheid des Korpskommando I vom 2. Mai 1991, der dem Beschwerdeführer am 3. Mai 1991 zugestellt worden ist, wurde die monatliche Grundvergütung für die mehrfach genannte Naturalwohnung auf Grund der im Mandatsbescheid genannten Bestimmungen neuerlich mit einen Betrag von S 1.309,-- mit Wirkung vom 1. Jänner 1991 festgesetzt. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, da die Naturalwohnung nach dem 1. Jänner 1987 zugewiesen worden sei, komme auf sie nach Art. X Abs. 1 in Verbindung mit Art. IX der 45. GG-Novelle die erhöhte Grundvergütung im Ausmaß der Kundmachung des Bundesministers für Justiz vom 30. September 1988, BGBl. Nr. 563/1988, zur Anwendung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den zuletzt genannten Bescheid ab. In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe der Berufung und der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 18. September 1991 sowie der anzuwendenden Bestimmungen im wesentlichen ausgeführt, die Grundvergütung für die gegenständliche Naturalwohnung hätte schon ab 1. Juli 1989, also auch zum Zeitpunkt ihrer Überlassung an den Beschwerdeführer (1. Dezember 1990) mit S 1.309,-- festgesetzt werden müssen. Auf Grund der Zustimmung des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Finanzen vom 20. Dezember 1990 sei die Grundvergütung für die Naturalwohnung ab 1. Dezember 1990 bis 31. Dezember 1990 mit S 875,12 und erst ab 1. Jänner 1991 mit S 1.309,-- festzusetzen gewesen. Die ab 1. Jänner 1990 maßgebliche Bemessungsgrundlage von S 23,55 sei unter Zugrundelegung des gemäß Geschäftsstück des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 7. Juni 1989 bei Neuvermietung von bundeseigenen Wohnungen gültigen Hauptmietzinses, kundgemacht durch das Bundesministerium für Justiz im BGBl. Nr. 563/1988 zu bilden. Die Frage, weshalb die Grundvergütung mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 1990 mit S 875,12 ermittelt worden sei, sei nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Die Vergütung der gegenständlichen Naturalwohnung sei im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Finanzen festgesetzt worden. Eine mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1991 geltende Neuregelung habe nicht festgestellt werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:

Gemäß § 80 Abs. 2 BDG 1979 kann dem Beamten im Rahmen des Dienstverhältnisses eine Dienst- oder Naturalwohnung zugewiesen werden. Dienstwohnung ist eine Wohnung, die der Beamte zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben beziehen muß, Naturalwohnung ist jede andere Wohnung. Die Zuweisung oder der Entzug einer Dienst- oder Naturalwohnung hat durch Bescheid zu erfolgen.

Die Vergütung dieser Sachleistung ist im Gehaltsgesetz 1956 geregelt. § 24 Abs. 1 dieses Gesetzes in der Fassung vor der 45. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 387/1986 lautete wie folgt:

"Werden einem Beamten neben seinem Monatsbezug Sachleistungen gewährt, so hat er hiefür eine angemessene Vergütung zu leisten, die im Wege der Aufrechnung hereingebracht werden kann. Bei der Festsetzung der Höhe der Vergütung ist auf die örtlichen Verhältnisse sowie auf die dem Bund erwachsenden Gestehungskosten Bedacht zu nehmen. Die Höhe der Vergütung wird allgemein von der Bundesregierung durch Verordnung oder im Einzelfall vom zuständigen Bundesministerium im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Finanzen festgesetzt."

Durch die 45. Gehaltsgesetz-Novelle (in Kraft getreten mit 1. Jänner 1987) wurde die Vergütung für Dienst- und Naturalwohnungen in den §§ 24a, 24b und 24c Gehaltsgesetz 1956 neu geregelt. Die Übergangsvorschrift des Art. X Abs. 1 lautet wie folgt:

"(1) Grundvergütungen, die vor dem 1. Jänner 1987 für Dienst- oder Naturalwohnungen (nicht jedoch für die in § 24b Abs. 6 genannten Dienstwohnungen) mit rechtskräftigem Bescheid festgelegt worden sind, bleiben unverändert.

(2) Ist für eine Dienst- oder Naturalwohnung, die dem Beamten vor dem 1. Jänner 1987 überlassen oder zugewiesen worden ist, die Grundvergütung bis zum 1. Jänner 1987 noch nicht mit rechtskräftigem Bescheid festgesetzt worden, so ist die Grundvergütung nach den Bemessungsgrundlagen festzusetzen, die am Tage der Überlassung oder Zuweisung der Dienst- oder Naturalwohnung maßgebend gewesen sind.

(3) Die Höhe der nach Abs. 1 oder 2 ermittelten oder festgesetzten Grundvergütung bildet zum Stichtag 1. Jänner 1987 die Basis für die im § 24a Abs. 4 des Gehaltsgesetzes 1956 vorgesehene Wertsicherung."

Nach Art. IX der 45. Gehaltsgesetz-Novelle ist bei vom Bund gemieteten Wohnungen abweichend vom § 24a Abs. 2 Z. 1 und Abs. 4 erster Satz des Gehaltsgesetzes 1956, solange es militärische Rücksichten erfordern, als Bemessungsgrundlage für die Grundvergütung der gemittelte Wert jener Hauptmietzinse heranzuziehen, die der Bund jeweils bei Neuvermietung von im Eigentum des Bundes stehenden Wohnungen erster und zweiter Qualität üblicherweise erhalten würde.

Im Beschwerdefall wurde die gegenständliche Naturalwohnung dem Beschwerdeführer mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. März 1991 mit Wirksamkeit zum 1. Dezember 1990 zugewiesen. Auf die Festsetzung der Naturalwohnungsvergütung war daher jedenfalls das Gehaltsgesetz 1956 in der Fassung der 45. Gehaltsgesetz-Novelle anzuwenden. Die Heranziehung der Übergangsbestimmungen des Art. X dieser Novelle, die nur Grundvergütungen für Dienst- oder Naturalwohnungen regelt, die vor dem 1. Jänner 1987 mit Bescheid rechtskräftig festgelegt worden sind (Abs. 1) bzw. vor diesem Tag überlassen oder zugewiesen worden sind (Abs. 2) kommt daher im Beschwerdefall nicht zur Anwendung.

Die erste Festsetzung der Grundvergütung der gegenständlichen Naturalwohnung erfolgte mit Wirkung vom 1. Jänner 1991 mit dem Dienstrechtsmandat des Korpskommando I vom 6. März 1991. Gegen welches der Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs. 2 AVG rechtzeitig Vorstellung erhoben hat.

Danach erließ (und zwar offenkundig ohne Bezug auf das bekämpfte Dienstrechtsmandat) das Korpskommando I den Bescheid vom 26. März 1991, mit dem die monatliche Vergütung für die gegenständlichen Naturalwohnung gemäß § 24 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung der 1. Gehaltsgesetz-Novelle 1959 (also auf Grund der Rechtslage vor der 45. Gehaltsgesetz-Novelle) mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 1990 mit dem Betrag von S 1.099,09 festgesetzt wurde. Dieser dem Beschwerdeführer am 28. März 1991 zugestellte Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Mit diesem Bescheid wurde aber nicht nur die Naturalwohnungsvergütung für Dezember 1990, sondern nach dem klaren Wortlaut des Spruches mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 1990 als "monatliche Vergütung" festgesetzt.

Der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom 2. Mai 1991, mit dem als monatliche Grundvergütung mit Wirkung vom 1. Jänner 1991 S 1.309,-- festgesetzt wurden, stand daher die Rechtskraft des Bescheides vom 26. März 1991 entgegen. Einer neuen Sachentscheidung steht die Rechtskraft eines früher in der gleichen Angelegenheit ergangenen Bescheides gemäß § 68 Abs. 1 AVG nämlich nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. November 1955, Slg. 3874/A, 15. März 1965, Slg. 2181/64, vom 15. Mai 1985, 84/09/0004 und vom 19. März 1986, 84/09/0148). In diesem Zusammenhang ist der Begriff "Identität der Sache" in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus zu beurteilen. Eine Änderung der Rechtslage - allfällige Erlässe stellen mangels gehöriger Kundmachung keine verbindlichen Normen dar - ist aber zwischen der Erlassung der beiden in der gleichen Sache (Festsetzung der Naturalwohnungsvergütung) ergangenen Bescheide nicht eingetreten. Ebensowenig ist nach der Begründung des angefochtenen Bescheides eine erhebliche Veränderung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes zu erkennen. Daß die Behörde erster Instanz in ihrem Bescheid vom 26. März 1991 nach der Fassung des Spruches von der Rechtslage vor Inkrafttreten der 45. Gehaltsgesetz-Novelle ausgegangen ist, beruht offenbar auf einer unrichtigen Rechtsauffassung, ermöglicht aber keineswegs die Anwendung der Übergangsbestimmung des Art. X dieser Gesetzesnovelle, wie bereits ausgeführt worden ist.

Da die belangte Behörde das Prozeßhindernis der entschiedenen Sache nicht beachtet hat und über die Berufung gegen den unzulässigen Bescheid der Behörde erster Instanz eine negative Sachentscheidung getroffen hat (statt diesen Bescheid ersatzlos aufzuheben), mußte der angefochtene Bescheid der Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes verfallen.

Bemerkt wird, daß durch die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom 29. November 1985, Zl. 85/17/0030 und Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 141) im Beschwerdefall für die Vergütung der Naturalwohnung der Bescheid der Behörde erster Instanz vom 26. März 1991 maßgebend ist, solange er dem Rechtsbestand angehört.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Zurückweisung wegen entschiedener Sache Naturalwohnungsvergütung Grundvergütung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991120293.X00

Im RIS seit

16.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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