TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/18 92/03/0060

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Veröffentlicht am 18.11.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
StVO 1960 §16 Abs1 litc;
StVO 1960 §16 Abs2 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des H in M, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 10. Dezember 1991, Zl. 13/156-2/1991, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 8. Februar 1991 um 17.33 Uhr ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug in Jochberg auf der B 161 in der sogenannten "Nindlkurve", Straßenkilometer 19,9, in Fahrtrichtung Jochberg gelenkt und dabei entgegen den Bestimmungen des § 16 Abs. 2 lit. a StVO trotz des gekennzeichneten Überholverbotes einen Pkw überholt. Es wurde eine Geldstrafe (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Die belangte Behörde ging - entsprechend der Begründung ihres Bescheides - davon aus, daß der Sachverhalt ausreichend geklärt sei und insbesondere die Einvernahme der vom Beschwerdeführer beantragten Zeugin nicht erforderlich sei, weil sie allenfalls über Vorgänge, welche sich vor dem Überholverbot zugetragen haben, eine Aussage hätte machen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, das angefochtene Berufungserkenntnis aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der erstatteten Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Insoweit der Beschwerdeführer die Erwägungen der belangten Behörde darüber, daß sie den Gendarmeriebeamten eher Glauben schenkte, als dem Beschwerdeführer, in Zweifel zieht, ist ihm zu entgegnen, daß er hiemit inhaltlich die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse der verstärkten Senate vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053 und vom 3. Oktober 1990, Zl. 89/02/0195) hat sich jedoch die diesbezügliche Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes nur auf die Vollständigkeit des ermittelten Sachverhaltes und die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung zu erstrecken. In der Gegenüberstellung der Aussagen der Gendarmeriebeamten und des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde ihre Argumente zur Beweiswürdigung schlüssig und vollständig dargestellt, aus den dagegen vorgebrachten Argumenten ist für den Beschwerdeführer somit nichts gewonnen.

Der Beschwerdeführer wendet sich weiters gegen die Unterlassung der Einvernahme der von ihm beantragten Zeugin. Aus welchem Grund die belangte Behörde die Nichtvernehmung dieser Zeugin gebilligt hat, wurde bereits eingangs dargestellt. Der Beschwerdeführer führt dagegen ins Treffen, die Zeugin sei "hautnah am Geschehen" dabei gewesen und hätte seine Angaben stützen können und sei insbesondere zum Beweise dafür angeboten worden, daß ein schuldhaftes Handeln des Beschuldigten nicht vorliege. Damit konkretisiert der Beschwerdeführer nicht, welche rechtserheblichen Feststellungen im einzelnen aus der Aussage der genannten Zeugin gewonnen werden sollten.

In diesem Zusammenhang ist jedoch auch zu beachten, daß der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 20. Juni 1991 die Einvernahme der Zeugin insbesondere zu folgendem Thema beantragt hat:

"... Ein vorheriges Einreihen in die Kolonne war ihm (erg.: dem Beschwerdeführer) deshalb nicht möglich, da er am Einreihen behindert wurde. Herr H hätte sein Überholmanöver ohne Probleme rechtzeitig beenden können. Durch das Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer konnte er jedoch seinen Überholvorgang - wenn überhaupt - erst einige Meter nach dem Verkehrszeichen "Überholverbot" beenden ..."

Nicht nur, daß der Beschwerdeführer hier selbst einräumt, er habe den Überholvorgang erst nach dem Vorschriftszeichen des § 52 lit. a Z. 4a StVO beendet, hat er sein Vorbringen unter einem durch eine Skizze ergänzt, in der er sein Fahrzeug im zweiten Fahrstreifen, unmittelbar neben diesem Vorschriftszeichen auf gleicher Höhe mit dem überholten Fahrzeug eingezeichnet hat. Durch diese Erläuterung hat der Beschwerdeführer jedoch - im Einklang mit den Angaben des vernommenen Gendarmeriebeamten - auch selbst zugestanden, daß der Überholvorgang selbst tatsächlich am Beginn des Überholverbotsbereiches noch nicht abgeschlossen war, weil sich hier sein überholendes und das überholte Fahrzeug noch aneinander vorbeibewegten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 1983, Zl. 82/02/0256).

Daß die Fahrbewegung des Beschwerdeführers ab dem genannten Vorschriftszeichen ausschließlich den Vorgang des Einordnens betroffen hätte, hat er weder im Verwaltungsstrafverfahren behauptet, noch ist dies an Hand der von ihm vorgelegten, Bestandteil seines Vorbringens bildenden Skizze nachvollziehbar.

Nicht jede Unterlassung der Aufnahme eines beantragten Beweises durch die Behörde begründet einen Verfahrensmangel, sondern es darf die Behörde einen Beweis von vornherein ablehnen, wenn er, objektiv gesehen, nicht geeignet ist, über den MAßGEBLICHEN Sachverhalt einen Beweis zu liefern (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 11. Februar 1987, Zl. 86/03/0189). Dem vom Beschwerdeführer zum Antrag auf Einvernahme der Zeugin dargestellten Beweisthema fehlt jedoch unter Berücksichtigung der eigenen Verantwortung des Beschwerdeführers die rechtliche Relevanz.

Vom Beschwerdeführer als Überholendem wäre zu beachten gewesen, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen muß, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern; es entspricht auch der allgemeinen Erfahrung, daß bei dichtem Kolonnenverkehr zu Beginn eines Überholvorganges eine Behinderung anderer Fahrzeuge beim späteren Einordnen nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1986, Zl. 86/02/0097). Bei Auftauchen von Hindernissen, spätestens im Augenblick des Erkennens, daß sich der Überholvorgang nicht mehr rechtzeitig beenden läßt, wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, das Überholmanöver abzubrechen und sich wieder hinter das Fahrzeug, das er überholen wollte, einzuordnen (vgl. E 4 und E 17 zu § 16 StVO in MGA 24 b8). Daß der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen wäre, den Überholvorgang RECHTZEITIG zu beenden, ist nicht hervorgekommen. Es ist daher für den Beschwerdeführer auch aus seinen Behauptungen, er sei durch einen grünen Geländewagen zur Bremsung gezwungen worden und es sei noch zu erheben, wie eng die Fahrzeuge auf der rechten Fahrspur aufgefahren waren und ob der überholte Pkw beschleunigt habe, im Ergebnis nichts gewonnen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Ablehnung eines Beweismittels Beweiswürdigung antizipative vorweggenommene freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992030060.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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