TE Vwgh Beschluss 1992/11/19 AW 92/04/0050

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Veröffentlicht am 19.11.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §189 Abs1;
GewO 1973 §361;
GewO 1973 §89 Abs1;
GewO 1973 §91 Abs2;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der M gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 30. Oktober 1992, Zl. 315.123/3-III/5/92, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheidkopie wurde mit dem in diesbezüglicher Bestätigung der vorinstanzlichen Bescheide ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 30. Oktober 1992 der Beschwerdeführerin die Konzession für ein Gastgewerbe in der Betriebsart einer Bar mit den Berechtigungen nach § 189 Abs. 1 Z. 2, 3 und 4 GewO 1973, beschränkt auf die in der Planskizze, die einen Bestandteil des Konzessionsdekretes bilde, bezeichneten Betriebsräume und Betriebsflächen im Standort W., F-Gasse, Reg. Zl. xxx gemäß § 89 Abs. 1 i.V.m. § 91 Abs. 2 und § 361 GewO 1973 entzogen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen habe, sei es Sache des Inhabers eines Gastgewerbes, einen Betrieb, in dem sich Verstöße gegen die öffentliche Ordnung leicht ereignen könnten, so zu überwachen, daß derartige Verstöße nicht vorkämen. Lasse es der Konzessionsinhaber daran fehlen, dann könne es nicht rechtswidrig sein, wenn die Behörde daraus schließe, daß er solche Vorkommnisse zumindest dulde, was ausreiche, um seine Zuverlässigkeit in Zweifel zu ziehen. Es sei ohne Belang, ob ein Gewerbeinhaber das häufige, oft polizeiliches Einschreiten erfordernde oder sonst Ordnung und Ruhe störende Verhalten der Gäste geduldet habe, oder ob dieses Verhalten deshalb möglich gewesen sei, weil es in Abwesenheit des Gewerbeinhabers von dessen Personal geduldet worden sei, der Gewerbeinhaber also die Sorge für Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung dafür ungeeignetem Personal überlassen habe. Wenn die Gestaltung der Betriebsführung von seiten des Gewerbeinhabers eine solche sei, die mit zureichendem Grund die Befürchtung entstehen lasse, der Gewerbeinhaber werde auch in Zukunft sein Gewerbe unter Mißachtung der im Zusammenhang mit diesem Gewerbe zu beachtenden öffentlichen Interessen ausüben, dürfe die Behörde ein dem Gewerbeinhaber zuzurechnendes, seine Zuverlässigkeit beeinträchtigendes schuldhaftes Verhalten annehmen, daß zur Entziehung der Konzession berechtige. Der weite Kreis, der bei der Ausübung eines Gastgewerbes zu wahrenden öffentlichen Interessen sei im wesentlichen dadurch bestimmt, daß ein mit der öffentlichen Ordnung im Einklang stehender Ablauf des Gaststättenbetriebes gesichert sein solle. Die bereits in den vorinstanzlichen Bescheiden wiedergegebenen Verstöße gegen die öffentliche Ordnung unter Anführung der Beweismittel (Aktenzeichen der polizeilichen Amtshandlung) - betreffend die im angefochtenen Bescheid im weiteren bezeichneten Suchtgiftdelikte bzw. Körperverletzung und Diebstahl - seien in ihrer Gesamtheit durchaus geeignet, die Annahme mangelnder Zuverlässigkeit bei jener Person zu begründen, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin zustehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zu hg. Zl. 92/04/0242 protokollierte Beschwerde, mit der der Antrag verbunden ist, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. In der Beschwerde wird u.a. vorgebracht, am 20. Juli 1992, zugestellt am 22. Juli 1992, habe der Magistrat der Stadt Wien eine Verfahrensanordnung getroffen, mit dem Inhalt, daß Frau D aus der Gesellschaft als Person mit maßgebendem Einfluß auf den Betrieb zu entfernen wäre. Es sei gefordert worden, daß der Gewerbebehörde durch Vorlage eines Gesellschaftsvertrages nachgewiesen werde, daß die Genannte als Geschäftsführerin und Mehrheitseigentümerin ausgeschieden sei, wobei als Frist von der Behörde der 31. August 1992 bestimmt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe dieser Verfahrensanordnung vorerst nicht entsprochen. Sodann sei im Verwaltungsrechtszug der beschwerdegegenständliche Entziehungsbescheid ergangen, der der Beschwerdeführerin am 3. November 1992 zugestellt worden sei. Am 29. Oktober 1992 sei ein Notariatsakt errichtet worden, mit dem D ihre Geschäftsanteile an der Beschwerdeführerin an B übertragen habe. Gleichfalls an diesem Tag sei ein Gesellschafterbeschluß des Inhaltes, daß die Genannte als handelsrechtliche Geschäftsführerin abberufen und B zum selbständig vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bestellt werde, gefaßt worden. Mit diesem Notariatsakt und dem Gesellschafterbeschluß sei der anfänglich genannten Verfahrensanordnung des Magistrates der Stadt Wien vollinhaltlich - wenn auch verspätet, jedenfalls aber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides - entsprochen worden. Die Eingabe an das Handelsgericht Wien, Firmenbuch, datiert vom 29. Oktober 1992, sei beim Handelsgericht Wien am 4. November 1992 eingegangen. Dem Magistrat der Stadt Wien sei mittels Telefax am 3. bzw. 4. November 1992 mitgeteilt worden, daß D ihre Geschäftsanteile abgetreten habe und als Geschäftsführerin abberufen worden sei. Die Bezug habenden Urkunden seien der Behörde übermittelt worden. Schließlich sei der Antrag gestellt worden, den in diesem Verfahren angefochtenen Bescheid gemäß § 68 AVG zu beheben. Zur Begründung ihres Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führt die Beschwerdeführerin aus, ihr sei bereits einmal enormer wirtschaftlicher Schaden dadurch entstanden, daß der Landeshauptmann von Wien die Sperrstunde auf 20.00 Uhr vorverlegt habe, und daß bis zur Behebung dieses Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 19. Mai 1992, Zl. 92/04/0036, ein geschäftlicher Betrieb nicht möglich gewesen wäre. Durch die Schließung des Betriebes entstehe evidentermaßen neuerlich ein enormer wirtschaftlicher Schaden. Zwingende öffentliche Interessen stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen, da - ausgehend vom angefochtenen Bescheid - mit Sicherheit feststehe, daß es zumindest seit mehr als einem Jahr im Zusammenhang mit ihrer Betriebsanlage zu keinen Vorfällen, die in den Bereich der Suchtgiftkriminalität fielen, gekommen sei. Schließlich sei darauf zu verweisen, daß die geschäftsführende Mehrheitsgesellschafterin, die von der belangten Behörde als unzuverlässig eingestuft worden sei, als Gesellschafterin ausgeschieden und als Geschäftsführerin abberufen worden sei, ein Umstand, der urkundlich nachgewiesen worden sei. Zu berücksichtigen wären aber auch die besonderen Umstände des konkreten Falles. Ihre Vertreter hätten mit zahlreichen gewerberechtlichen Verfahren zu tun, wobei sie vornehmlich Nachbarn verträten. Es sei in Wien der Regelfall, daß Betriebsanlagen errichtet und betrieben würden - vor allem auch im Bereich des Gastgewerbes -, ohne daß die erforderlichen Konzessionen und Betriebsanlagengenehmigungen vorlägen. Dabei müsse man für die Unternehmer Verständnis aufbringen, da sich die Behörden bei ihren Entscheidungen oft sehr lange Zeit ließen. Es sei den Vertretern der Beschwerdeführerin jedenfalls kein einziger Fall bekannt, bei dem - wie im vorliegenden Fall - unverzüglich mit Zwangsmaßnahmen gemäß § 360 GewO 1973 vorgegangen worden sei. Wenn überhaupt, würden Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet, die den Unternehmer zunächst nicht weiter berührten, ihn jedenfalls in seiner Existenz nicht gefährdeten. Es sei auch nicht bekannt, daß in den vergangenen Jahren der Landeshauptmann von Wien innerhalb weniger Stunden über eine Berufung entschieden habe, und auch der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten innerhalb weniger Tage als Berufungsinstanz entschieden habe. Der Verdacht, daß in diesem Verfahren nicht ganz der langjährigen Behördenpraxis entsprechend und in Übereinstimmung mit der österreichischen Rechtsordnung vorgegangen worden sei, werde auch durch den Umstand verdichtet, daß Medien über dieses Verfahren früher als ihre Vertreter und unmittelbar durch die Behörde - vermutlich aus einem ganz bestimmten politischen Kalkül - informiert worden seien und enge Kontakte zwischen den politisch Verantwortlichen (Bürgermeister und Bundesminister) gepflogen würden.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen u.a. mit dem Vollzug für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem, die aufschiebende Wirkung betreffenden Verfahren die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Auch vermag er die im angefochtenen Bescheid enthaltenen, bei der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde angestellten Erwägungen in diesem Provisorialverfahren nicht etwa von vornherein als unschlüssig zu erkennen. Damit hat aber der Verwaltungsgerichtshof zunächst davon auszugehen, daß entsprechend der sachverhaltsbezogenen Annahme der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des angeführten Entziehungsgrundes in Ansehung der Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin gegeben ist, wobei hiezu insbesondere auch in der Beschwerde selbst vorgebracht wird, die Beschwerdeführerin sei der an sie nach den Tatbestandsmerkmalen des § 91 Abs. 2 GewO 1973 ergangenen Verfahrensanordnung in bezug auf D erst nach Ablauf der darin gesetzten Frist ("verspätet") nachgekommen. Dementsprechend hat aber unter Bedachtnahme auf die dem Abspruch des angefochtenen Bescheides zugrundeliegenden Vorfälle der Verwaltungsgerichtshof auch vom Zutreffen des gemäß § 30 Abs. 2 VwGG rechtserheblichen Tatbestandsmerkmales zwingender öffentlicher Interessen auszugehen, welche der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen (vgl. hiezu sinngemäß den hg. Beschluß vom 20. März 1992, Zl. AW 92/04/0017, u.a.). Eine weitere Prüfung dahingehend, ob mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für die Beschwerdeführerin ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre, hatte somit nicht mehr stattzufinden. Hingewiesen sei ferner darauf, daß, sofern die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung Umstände vorbringt, die nicht den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides betreffen, diesen schon im Hinblick auf das gemäß § 30 Abs. 2 VwGG bestehende Tatbestandserfordernis dessen "Vollzuges" im gegebenen Zusammenhang keine Entscheidungsrelevanz zukommt.

Dem vorliegenden Aufschiebungsantrag war daher nicht stattzugeben.

Schlagworte

Begriff der aufschiebenden Wirkung Unverhältnismäßiger Nachteil Vollzug Zwingende öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:AW1992040050.A00

Im RIS seit

19.11.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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