TE Vfgh Beschluss 1990/6/12 B287/90

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Veröffentlicht am 12.06.1990
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33 ZPO §146

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages; kein minderer Grad des Versehens

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Die Beschwerdeführerin bekämpft mit ihrer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde das Erkenntnis der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter vom 6. November 1989, das ihr am 13. Dezember 1989 zugestellt wurde. Die Beschwerdeführerin verbindet mit ihrer am 1. März 1990 zur Post gegebenen Beschwerde einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist.

Der Wiedereinsetzungsantrag wird folgendermaßen begründet:

Das angefochtene Erkenntnis sei der Beschwerdeführerin am 13. Dezember 1989 in ihrer Kanzlei zugestellt worden. Das Schriftstück sei von ihrer einzigen Kanzleikraft übernommen worden, da die Beschwerdeführerin zu dieser Zeit einen Gerichtstermin gehabt hätte. Die Kanzleiangestellte, die seit mehr als 12 Jahren in Anwaltskanzleien tätig und bei der Beschwerdeführerin seit 1985 beschäftigt sei, habe die Beschwerdeführerin vom Einlangen des Erkenntnisses informiert und das Ende der Beschwerdefrist auf der ersten Seite des angefochtenen Erkenntnisses vermerkt, jedoch eine Eintragung in den Terminkalender unterlassen, weil sie mit der Beschwerdeführerin Rücksprache habe halten wollen, ob tatsächlich eine Beschwerde eingebracht werden sollte. Da die Kanzleikraft jedoch an diesem Tag "aufgrund ihrer Erkrankung" vorzeitig die Kanzlei verlassen habe, habe sie das Ende der Beschwerdefrist im Kalender nicht eingetragen, wie sie es vorgehabt hatte. Der Beschwerdeführerin - die den Kalender im Hinblick auf Fristabläufe regelmäßig kontrolliere - sei der Akt während des Laufes der Beschwerdefrist nicht mehr vorgelegt worden, weil es sich um einen "persönlichen Akt" gehandelt habe, bei dem niemandem zu berichten sei. Die Beschwerdeführerin selbst sei erst "bei Studium der Februar-Nummer des Österreichischen Anwaltsblattes nach dessen Zugang am 15. Februar 1990, in welchem das sie betreffende Disziplinarerkenntnis veröffentlicht worden war", darauf aufmerksam geworden, daß die Beschwerdefrist versäumt sein könnte.

2. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist gemäß §146 ZPO (§35 Abs2 VerfGG) nur insoweit zu bewilligen, als es sich bei dem Verschulden an der Fristversäumung lediglich um einen minderen Grad des Versehens handelt. Die Beschwerdeführerin hat vom Einlangen des Erkenntnisses von Anfang an gewußt. Es hätte ihr bei gehöriger Aufmerksamkeit das Fehlen der Fristeintragung schon deshalb auffallen müssen, weil sie durch das angefochtene Erkenntnis in ihrer beruflichen Stellung persönlich und unmittelbar betroffen war. Das Versäumen der Beschwerdefrist beruht daher nicht auf einem bloß geringfügigen Fehler, der gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterlaufen kann (vgl. VfGH 3.10.1988 B1345/88).

Dem Wiedereinsetzungsantrag ist daher keine Folge zu geben.

3. Bei diesem Ergebnis ist die - verspätet zur Post gegebene - Beschwerde gemäß §19 Abs3 Z2 litb VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B287.1990

Dokumentnummer

JFT_10099388_90B00287_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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