TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/24 90/04/0310

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Veröffentlicht am 24.11.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §366 Abs1 Z3 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. September 1990, Zl. 04-25 Ko 10-1990/1, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. Dezember 1990 wurde der Beschwerdeführer - in diesbezüglicher Bestätigung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Bruck a.d. Mur vom 2. Juli 1990 - schuldig erkannt, er habe auf dem Grundstück Nr. 671/2 der Gemeinde B, zu den näher bezeichneten Betriebszeiten einen Gewehr- und Pistolenstand betrieben, obwohl für diese genehmigungspflichtige Betriebsanlage die erforderliche rechtskräftige Genehmigung nicht erteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1973 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe fünf Tage) verhängt wurde.

Zur Begründung wurde - nach Darstellung des Berufungsvorbringens - ausgeführt, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck a.d. Mur vom 7. August 1980, GZ.: 4/2 Ko 2/8-1980, sei dem Beschwerdeführer die gewerbebehördliche Genehmigung zum Betrieb eines Gewehr- und Pistolenstandes auf dem Grundstück Nr. 671/2, KG B, erteilt worden. Auf Grund zahlreicher Nachbarbeschwerden sei von der Bezirkshauptmannschaft Bruck a.d. Mur am 23. Juni 1986, GZ. 4.1 Ko 1-86/13, ein weiterer Bescheid erlassen worden. Dieser Bescheid sei zufolge Berufung mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. Februar 1990, GZ. 308.342/1-III-3/89, behoben worden. Hiebei sei ausgeführt worden, das gegenständliche Betriebsgrundstück sei ausschließlich als Freiland ohne besondere Nutzung gewidmet. Im Hinblick auf § 77 Abs. 1 GewO 1973 sei daher die Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung nicht möglich. Der Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. Februar 1990 sei dem Beschwerdeführer nachweislich am 23. März 1990 zugestellt worden und sei somit mit diesem Datum in Rechtskraft erwachsen. Aus dem Schießbuch sei festgestellt worden, daß zu den im Beiblatt des angefochtenen Straferkenntnisses, welches als Bestandteil des Spruches gelte, angeführten Zeiten auf der genannten Schießanlage der Schießbetrieb stattgefunden habe. Da es sich bei der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde um ein außerordentliches Rechtsmittel handle, sei somit der Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten als letztinstanzlicher Bescheid am 23. März 1990 in Rechtskraft erwachsen. Es müsse daher der Rechtfertigung des Beschwerdeführers entgegengehalten werden, ab diesem Zeitpunkt sei ihm durchaus bekannt gewesen, daß am genannten Grundstück der Schießbetrieb einzustellen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden.

Die Beschwerde erweist sich schon auf Grund folgender Überlegungen als berechtigt:

Gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer (Z. 3) eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Nach § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Ziffern 1 bis 5 angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können (vgl. hiezu insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. 11.466/A).

Diesen Anforderungen kommt der Spruch des angefochtenen Bescheides insofern nicht nach, als ein Schuldspruch nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973, um das Erfordernis des § 44a Z. 1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten muß, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die im § 74 Abs. 2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist (vgl. dazu sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1991, Zl. 90/04/0216).

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war. Im Hinblick auf dieses Ergebnis kann insbesondere auch dahingestellt bleiben, daß sich die belangte Behörde mit der Frage, ob bzw. in welchem Umfang der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck a.d. Mur vom 7. August 1980 im Tatzeitraum noch dem Rechtsbestand angehört hatte, nicht auseinandergesetzt hat, und ob insofern der angefochtene Bescheid dem Begründungserfordernis des § 60 AVG entspricht.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den über den gesetzlich pauschalierten Aufwandersatz für den Beschwerdeschriftsatz hinausgehenden Betrag.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990040310.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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