TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/16 92/01/0071

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Veröffentlicht am 16.12.1992
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des A.E. in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Jänner 1992, Zl. 4.300.843/8-III/13/91, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 20. August 1990 beantragte der Vater des Beschwerdeführers unter der Behauptung einer Bevollmächtigung, die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers festzustellen. In diesem schriftlichen Antrag bezeichnete er den Beschwerdeführer als "staatenlosen Studenten deutscher Volkszugehörigkeit, derzeit noch mit dem Statut politischer Gefangener in der Gefangenschaft und Geiselhaft in der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik seit dem 29. Juli 1987".

Weiters führte er folgendes aus:

"Zur Begründung des moralischen Anspruches des politisch und rasseverfolgten Studenten deutscher Volkszugehörigkeit aus Prag ist es nicht notwendig, viel zu sagen. Die beigefügten Beilagen zu diesem Antrag sprechen über das Schicksal des A.E. selbst. Es wäre nicht angebracht, hiezu die heutige Situation in der CSFR zu analysieren oder sich darüber zu streiten. ... Es wird noch viel Mühe kosten, bis der politische Gefangene A.E. aus der tschechoslowakischen Gefangenschaft und Geiselhaft herauskommt. Es ist unbestritten, daß er für seine demokratische Gesinnung, wegen seiner Volkszugehörigkeit, bestraft wurde und man wollte ihn und sein Leiden als politisches und persönliches Erpressungsmittel benutzen. Es ist aber auch unbestritten, daß er in gewissem Maße auch für die Republik Österreich gelitten hat und wegen seiner Zugehörigkeit zur österreichischen Sozialdemokratie."

Dem Schriftsatz war ein umfangreiches Konvolut von Unterlagen (Abschriften von Zeitungsartikeln, Flugblätter, "Aufrufe", Korrespondenz des Vaters des Beschwerdeführers mit verschiedenen Politikern, Behörden und Institutionen) angeschlossen.

Mit einem am 22. November 1990 bei der Verwaltungsbehörde erster Instanz überreichten Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die oben erwähnte Eingabe seines Vaters, ihm "politisches Asyl" zu gewähren. Er führte im wesentlichen folgendes aus:

"Heute, das ist der 17.11.1990, habe ich die Staatsgrenze zwischen der Tschechoslowakei und Österreich illegal überschritten, um die politische und nationale Verfolgung in der CSSR/CSFR zu beenden, weil ich mich bis zu diesem Tag in einer Geiselhaft in einer Prager psychiatrischen Anstalt befand, nachdem ich im Jahre 1990 aus der politischen Gefangenschaft in der Tschechoslowakei auf den Druck der öffentlichen Meinung in der Tschechoslowakei bedingt freigelassen worden war. Die Umstände meiner Verhaftung im Sommer 1987 und der folgenden politischen Prozesse mit mir waren und sind auch für die Machthaber in der Tschechoslowakei von heute gefährlich und bedrohend. Einige mir persönlich bekannte Personen und einige sogenannte graue Eminenzen, die mit meinem Fall damals etwas zu tun hatten, sind heute wieder am Ruder und versuchten ihre verbrecherische und schmutzige Vergangenheit als Stasi-Agenten zu verstecken. Meine Geiselhaft in der psychiatrischen Anstalt nach der Freilassung aus dem Gefangenenlager S, die auf unbestimmte Zeit bis lebenslang durch die Kommunisten von damals geplant worden war, nutzten diese Scheindemokraten von heute mich zum Schweigen zu zwingen vor Angst vor dem Entdecken ihrer Kollaboration mit der Stasi."

Mit Bescheid vom 30. Jänner 1991 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen folgendes vor: Er sei bis zu seiner Flucht nach Österreich in der Tschechoslowakei politisch und "gesellschaftlich" verfolgt worden. Sollte er in die Tschechoslowakei zurückkehren müssen, würde er umgehend festgenommen werden. Sein Vater sei der Initiator einer Strafanzeige gegen die kommunistische Partei der Tschechoslowakei und "konkrete Personen in der CSFR" wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Er habe bisher vergeblich versucht, die tschechische Regierung bzw. den tschechischen Nationalrat zur Gründung einer Untersuchungskommission, die sich mit dem Fall des Beschwerdeführers beschäftigen würde, zu bewegen. Dies alles "zieht mit sich die Angst und die Rachegelüste der betreffenden Personen, die bis heute an der Macht sind und die Schlüsselpositionen in der CSFR unter ihrer Kontrolle hatten und haben. Daß für diese Personen nur eine gesellschaftliche bis physische Liquidation aus gewissen Gründen wünschenswert war, braucht keine weitere Erläuterung". Er sei staatenlos und könne daher nicht in die Tschechoslowakei zurückkehren. Im Zusammenhang mit seiner Flucht aus der tschechoslowakischen Gefangenschaft drohe ihm eine zusätzliche Freiheitsstrafe. Weiters führte er folgendes aus:

"Ich wurde im Jahre 1987 gleich nach der Matura von der Tschechoslowakischen Stasi festgenommen und bin wegen falschen Anschuldigungen aus diverser Straftaten politischer Natur gegen den kommunistischen Staat und anderer Taten, die ich nie begangen habe, in Gefangenschaft geraten. In einem politischen Monsterprozeß in Prag im Jahre 1988 - 1989 war ich zu sieben Jahre Kerker mit verschärften Bedingungen verurteilt worden. Im Jahre 1986 habe ich mich mit meinem Vater der SPÖ in Wien angeschlossen und bin zahlendes Mitglied der Partei. Meine politische Gesinnung, Volkszugehörigkeit: Ich bin Volksdeutscher und meine literarische Tätigkeit waren die Hauptgründe meiner Verfolgung in der Tschechoslowakei. Nach der Wende der politischen Situation in der Tschechoslowakei bin ich trotz meiner Erwartungen und obwohl ich auf der Liste der politisch Verfolgten stand, nicht freigelassen worden. Herr Vaclav Havel lehnte persönlich meine Amnestierung ab. Nach der Empörung der breiten Öffentlichkeit in der Tschechoslowakei und Artikelserien über mein Schicksal in den tschechoslowakischen Printmedien wurde ich pro forma aus dem Gefangenenlager S "freigelassen" und in einem abgeschlossenen Wagen in eine psychiatrische Anstalt in Prag gesperrt. Ich bin direkt aus der Gefangenschaft in einer psychiatrischen Klinik in Prag nach Österreich geflohen. Am 18. Jänner 1991 war ich in die Tschechoslowakische Botschaft in Wien eingeladen worden, und man übergab mir dort eine Ausbürgerungsurkunde, nach der ich aus der tschechoslowakischen Bürgerschaft zum 19. November 1990 entlassen worden bin. Weil bei meinem Fall auch einige eingekerkerte sogenannte Chartisten 77 (d.h. damalige Mitarbeiter des heutigen CSFR-Präsidenten V. Havel) als Stasi-Konfidenten in der Prager U-Haft mißbraucht worden sind, habe ich verschiedene schmutzige und erpresserische Beziehungen zwischen Stasi-Kommunisten und Havel-Chartisten erkannt. Diese Tatsache wurde auch zur Ursache zum Verschweigen und ins Dunkelstellen meines Falles, denn meine Kenntnisse einige dieser zwischenpolitischen Beziehungen können für manche jetzige CSFR-Posteninhaber noch gefährlich sein. Auch aus diesem Grund war ich in der Tschechoslowakei meines Lebens nicht sicher."

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung ab. Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte die belangte Behörde aus, aus dem im März 1990 an den Präsidenten in der CSFR gerichteten Gnadengesuch gehe hervor, daß der Beschwerdeführer mit den Urteilen des Landesgerichtes Prag vom 7. Juli 1988 bzw. des Obersten Gerichtshofes der CSSR vom 31. Jänner 1989 wegen Unterstützung und Propagation des Faschismus, versuchter Vergewaltigung, sexuellen Mißbrauches, Sittlichkeitsgefährdung der Jugendlichen, Beschädigung sozialistischen Eigentums und unerlaubter Bewaffnung verurteilt worden sei. Im Gnadengesuch sei im wesentlichen argumentiert worden, daß die gegen den Beschwerdeführer verhängte Strafe aus politischen Motiven verschärft worden sei und seine Freilassung nach einer Haftzeit von zwei Jahren und sechs Monaten einer objektiven Unterscheidung der wahren strafbaren Tätigkeiten von der politisch strafbaren Tätigkeit entsprechen würde. Diese Ausführungen seien als Indiz dafür zu werten, daß der Verurteilung des Beschwerdeführers Sachverhalte zugrunde gelegen seien, die auch in Staaten mit demokratischer Rechtsordnung Anlaß zu einer strafrechtlichen Verfolgung geben würden. Die Frage, ob das Strafverfahren in einer den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit genügenden Weise durchgeführt worden sei, sei angesichts der derzeitigen politischen Situation in der CSFR für das vorliegende Asylverfahren nicht als entscheidungsrelevant anzusehen. Es seien daher weitere Ermittlungen zum Sachverhalt, wie etwa eine amtswegige Übersetzung des vom Beschwerdeführer vorgelegten Strafurteiles, zur Entscheidungsfindung nicht erforderlich. Die CSFR sei als demokratischer Rechtsstaat anzusehen. Angesichts der politischen Umwälzungen seit dem Zeitpunkt der Verurteilung des Beschwerdeführers gebe es keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß dieser durch die staatlichen Behörden eine Fortsetzung der von ihm behaupteten politisch motivierten Verfolgung durch das frühere kommunistische Regime oder eine im Sinne der Flüchtlingskonvention relevante Verfolgung wegen seiner Zugehörigkeit zur deutschen Minderheit befürchten müsse. Der Umstand, daß ein kurze Zeit nach der teilweisen Amnestierung des Beschwerdeführers eingebrachtes Gnadengesuch (wobei die Angaben des Beschwerdeführers zum Ausmaß des Strafnachlasses erheblich von dem im Gnadengesuch angeführten abwichen) erfolglos geblieben sei, könne angesichts der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Straftaten in keiner Weise als Indiz für eine derartige Verfolgung gewertet werden. Dagegen zeige das vom Beschwerdeführer vorgelegte Schreiben der Generalprokuratur der CSFR vom 27. Juni 1991, mit dem er zur Ergänzung einer Anzeige wegen eines angeblich auf ihn ausgeübten Zwanges, sich einer Kastration zu unterziehen, aufgefordert werde, daß die Justizbehörden der CSFR bereit seien, die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Verurteilung sowie dem Strafvollzug zu überprüfen. Auch die vom Beschwerdeführer behauptete Anhaltung in einer psychiatrischen Anstalt nach seiner bedingten Entlassung aus der Strafhaft sei nicht geeignet, eine im Sinne der Flüchtlingskonvention relevante Verfolgung zu indizieren. Der Beschwerdeführer habe im erwähnten Gnadengesuch sowie in einer Strafanzeige an die Landesstaatsanwaltschaft in Prag behauptet, er habe eine psychische Abnormität nur simuliert, um einen für ihn günstigen Ausgang des Strafverfahrens zu erwirken. Es könne nicht die Aufgabe der belangten Behörde sein, die medizinische Notwendigkeit einer derartigen Maßnahme (gemeint offenbar: der Anhaltung in einer psychiatrischen Anstalt) zu überprüfen; sie habe ausschließlich die Frage zu klären, ob diese Anhaltung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention genannten Gründen erfolgt sei. Dem in weiten Teilen polemischen, häufig divergierenden und zum Teil im Widerspruch zu den von ihm selbst beigebrachten Bescheinigungsmitteln stehenden Vorbringen des Beschwerdeführers komme nur geringe Glaubwürdigkeit zu. Dieses sei in keiner Weise geeignet, glaubhaft zu machen, er müsse in der CSFR zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Verfolgung aus den in der Flüchtlingskonvention genannten Gründen befürchten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Voraussetzung für die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 1 Asylgesetz in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden.

Der Beschwerdeführer hat seine Furcht, im Falle seiner Rückkehr in die CSFR verfolgt zu werden, im Verwaltungsverfahren damit begründet, daß

"die Umstände meiner Verhaftung im Sommer 1987 und der folgenden politischen Prozesse mit mir auch für die Machthaber in der Tschechoslowakei von heute gefährlich und bedrohend sind. Einge mir persönlich bekannte Personen und einige sogenannte graue Eminenzen, die mit meinem Fall damals etwas zu tun hatten, sind heute wieder am Ruder und versuchten ihre verbrecherische und schmutzige Vergangenheit als Stasi-Agenten zu verstecken. Meine Geiselhaft in der psychiatrischen Anstalt nach der Freilassung aus dem Gefangenenlager, die auf unbestimmte Zeit bis lebenslag durch die Kommunisten von damals geplant worden war, nutzten diese Scheindemokraten von heute mich zum Schweigen zu zwingen vor Angst vor dem Entdecken ihrer Kollaboration mit der Stasi."

Mit diesen weder in sachlicher noch in persönlicher Hinsicht konkretisierten Behauptungen hat der Beschwerdeführer aber ein politisches oder sonstiges auf Konventionsgründe bezogenes Motiv für ihn drohende Verfolgung nicht dargetan, weil seinen eigenen Behauptungen zufolge diese Verfolgung nicht durch die politische Gesinnung oder eine andere, einem Konventionsgrund zuzuordnende Eigenschaft des Beschwerdeführers, sondern durch sein behauptetes Wissen über ein Fehlverhalten von nicht namentlich genannten, als "graue Eminenzen" bezeichneten Personen motiviert wäre.

Eine Zuordnung der behaupteten Verfolgungsgefahr zu einem Konventionsgrund käme im Beschwerdefall somit nur dann in Betracht, wenn die dem Beschwerdeführer drohende Verfolgung in der Aufrechterhaltung einer seinerzeit aus Gründen (insbesondere) seiner politischen Gesinnung - wenngleich im Rahmen eines wegen des Vorwurfes krimineller Delikte geführten - Strafverfahrens angeordneten, die Intensität einer Verfolgung im Sinne der Konvention erreichenden Maßnahmen bestehen würde. Die Entziehung der Freiheit in Form der zwangsweisen Anhaltung in einer psychiatrischen Anstalt kommt unter dem Gesichtspunkt der Intensität der Maßnahme (der Schwere des Eingriffes) als Verfolgung in Betracht. Auch ein politischer Umsturz und die Beseitigung des früheren Regimes, von dem die Verfolgung ausging, änderte an der Zuordnung einer Maßnahme zu Konventionsgründen nichts, wenn die seinerzeit auf Konventionsgründe zurückzuführende Maßnahme - allenfalls auch ohne aktuelle asylrechtlich relevante Beweggründe der staatlichen Stellen - aufrechterhalten wird.

Im Beschwerdefall ist somit maßgeblich, ob es sich bei der nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ihm drohenden zwangsweisen Anhaltung in einer psychiatrischen Anstalt um die Aufrechterhaltung einer seinerzeit nicht im Zusammenhang mit einer Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit angeordneten, sondern durch in der Person des Beschwerdeführers gelegene Konventionsgründe motivierte Maßnahme handeln würde; nur in einem solchen Fall würde die dem Beschwerdeführer nach eigener Darlegung drohende Anhaltung sich als Folge einer früheren Verfolgung aus Konventionsgründen darstellen.

Davon ausgehend hat der Beschwerdeführer schon deshalb keinen asylbegründenden Sachverhalt konkret dargetan, weil er nicht behauptet hat, daß es sich bei seiner zwangsweisen Anhaltung in einer psychiatrischen Anstalt um eine im Rahmen des Strafverfahrens angeordnete Maßnahme gehandelt hätte. Vielmehr hat er dargelegt, im Jahre 1990 aus der "politischen Gefangenschaft" unter dem Druck der öffentlichen Meinung in der Tschechoslowakei freigelassen worden zu sein; seine unmittelbar anschließende Anhaltung in einer psychiatrischen Anstalt stellt er in Zusammenhang mit den oben schon erwähnten Umständen (seinem Wissen um Fehlverhalten "grauer Eminenzen"). Daß eine (auch rechtswidrige) Anhaltung im letztgenannten Fall nicht auf Konventionsgründe zurückzuführen wäre, wurde bereits dargelegt.

Im übrigen erscheint aber auch die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, daß seine Strafverfolgung auf Gründe seiner politischen Gesinnung zurückgehe, angesichts der geltend gemachten Umstände schon deshalb nicht unschlüssig, weil der Beschwerdeführer seine Anhaltung zwar als "politische Gefangenschaft" bezeichnete, die "politischen" Gründe für seine Anhaltung aber niemals konkretisierte. Im gesamten Verwaltungsverfahren hat er - von Andeutungen, denen ein konkreter Sachverhalt nicht entnommen werden kann, abgesehen - weder dargelegt, welcher Art seine politische Gesinnung gewesen wäre noch, auf welche konkrete Art und Weise er diese nach außen (für die staatlichen Stellen Anlaß zur behaupteten "politischen" Verfolgung gebend) geäußert hätte. Seiner Verpflichtung, einen Sachverhalt vorzutragen und glaubhaft zu machen, dem schlüssig die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft entnommen werden können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0792), hat der Beschwerdeführer damit nicht entsprochen. Schon aus diesem Grund erweist sich die Auffassung der belangten Behörde, es lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, daß die Strafverfolgung des Beschwerdeführers politisch motiviert gewesen wäre, nicht als rechtswidrig.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die belangte Behörde verkenne - offenbar von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung ausgehend - daß sich Verfolgung aus politischen Gründen auch in der Gestalt strafgerichtlicher Verfolgung oder einer "Psychiatrierung" manifestieren könne. Der Mißbrauch der Psychiatrie und der Strafgerichtsbarkeit in totalitären Staaten im allgemeinen und in den ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes im besonderen sei allgemein bekannt. Aus der Art der Delikte, die zur Verurteilung des Beschwerdeführers geführt hätten, könne weder auf die tatsächliche Begehung der zur Last gelegten Tat noch auf das Fehlen einer politischen Motivation der staatlichen Behörden für die Einleitung des Anhalte- bzw. Strafverfahrens geschlossen werden.

Diesen Darlegungen ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde das Fehlen einer politischen Motivation für die frühere strafgerichtliche Verfolgung des Beschwerdeführers nicht aus der Art der Delikte, die der Verurteilung des Beschwerdeführers zugrunde lagen, gefolgert und somit ihren Bescheid auch nicht auf die von der Beschwerde unterstellte Rechtsansicht gestützt hat. Vielmehr hat die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung eine politische Motivation der früheren Strafverfolgung des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft gemacht angesehen. Dies erweist sich schon im Hinblick auf die oben dargelegten Umstände nicht als unschlüssig.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, die belangte Behörde berufe sich mehrfach auf die Veränderungen der politischen Situation in der CSFR und stütze sich damit auf Tatsachen, die dem Beschwerdeführer vor Bescheiderlassung nicht zur Kenntnis gebracht worden seien. Diesen und den weiteren gegen die Bedachtnahme auf die Änderung der politischen Verhältnisse in der CSFR gerichteten Darlegungen der Beschwerde ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer der im erwähnten Zusammenhang dargelegten Auffassung der belangten Behörde, die CSFR sei nach politischen Umwälzungen als demokratischer Rechtsstaat anzusehen, nicht entgegentritt. Er entspricht somit nicht seiner Verpflichtung, jene entscheidenden Tatsachen darzulegen, die der Behörde wegen der Unterlassung des Parteiengehörs unbekannt geblieben sind (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 15. Dezember 1989, Zl. 89/09/0067). Die Schlußfolgerungen, die die belangte Behörde aus dieser Feststellung zu ziehen beabsichtigte, mußte sie dem Beschwerdeführer nicht vorhalten, weil sich die Verpflichtung, Parteiengehör zu gewähren, nur auf Tatsachenelemente und Ermittlungsergebnisse bezieht (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1989, Zl. 89/18/0061). Im übrigen erwiese sich die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, daß seine strafgerichtliche Verfolgung politisch motiviert gewesen wäre, aus den weiter oben dargelegten Gründen selbst dann nicht als unschlüssig, wenn die belangte Behörde die zuletzt erwähnte Feststellung nicht getroffen hätte.

Die folgenden Darlegungen der Beschwerde, die sich gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Beweiswürdigung wenden, gehen von der Vorstellung aus, die strafgerichtliche Verfolgung oder "Psychiatrierung" des Beschwerdeführers stelle ein Indiz für die Gefahr politischer Verfolgung dar. Dem ist zu erwidern, daß strafgerichtliche Verfolgung wegen des Vorwurfes allgemein krimineller Handlungen (auch in totalitären Staaten) im vorliegenden Zusammenhang weder in der einen noch in der anderen Richtung als Indiz aufgefaßt werden könnten. Im Rahmen seiner allgemeinen Behauptungs- und Bescheinigungspflicht im Asylverfahren traf den Beschwerdeführer somit die Verpflichtung, konkrete Umstände zu behaupten und glaubhaft zu machen, aus denen folgte, daß seine strafgerichtliche Verfolgung wegen des Vorwurfes allgemein krimineller Delikte mit in seiner Person gelegenen Konventionsgründen im Zusammenhang stand. Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer, wie bereits dargelegt wurde, nicht nachgekommen; entgegen der Auffassung der Beschwerde war die belangte Behörde daher nicht verpflichtet, im einzelnen festzustellen und zu begründen, daß und warum sie es als wahrscheinlich erachte, daß der Beschwerdeführer die ihm (von den Strafverfolgungsbehörden) zur Last gelegten Taten tatsächlich begangen habe.

Auch mit dem Hinweis auf das Unterbleiben der Übersetzung des vom Beschwerdeführer vorgelegten Urteiles des Landesgerichtes Prag zeigt die Beschwerde keinen relevanten Verfahrensmangel auf, weil nicht behauptet wird, dem genannten Urteil könnten Umstände entnommen werden, wonach sich die Strafverfolgung des Beschwerdeführers als Verfolgung wegen dessen politischer Gesinnung (oder anderer Konventionsgründe) darstellte.

Bei den ebenfalls gegen die Beweiswürdigung gerichteten Darlegungen der Beschwerde, es wäre dem Beschwerdeführer als unglaubwürdig angerechnet worden, wenn er ein sachliches, bis in alle Einzelheiten schlüssiges und mit den Bescheinigungsmitteln vollständig übereinstimmendes Vorbringen erstattet hätte, weil bei einer mehrjährigen Anhaltung in einer psychiatrischen Klinik davon auszugehen sei, daß diese wegen der permanenten Behandlung mit Psychopharmaka "psychosomatische" Schäden verursache, der Beschwerdeführer jedoch den Eindruck eines völlig normalen Menschen vermittle, handelt es sich um Mutmaßungen, die weder im Inhalt des angefochtenen Bescheides noch der Verwaltungsakten eine Grundlage finden und somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Nur am Rande ist darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge von August bis November 1990 in einer psychiatrischen Anstalt angehalten wurde und somit von einer "mehrjährigen Anhaltung in einer psychiatrischen Klinik" nicht die Rede sein kann.

Die Beschwerde zeigt somit weder eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes noch einen relevanten Verstoß gegen Verfahrensvorschriften auf. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010071.X00

Im RIS seit

16.12.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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