TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/16 92/12/0048

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Veröffentlicht am 16.12.1992
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Index

L24009 Gemeindebedienstete Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs1;
DO Wr 1966 §52 Abs2 lita;
DVG 1984 §1 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/12/0099

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerden des Dr. J in W, gegen den Bescheid des Wiener Stadtsenates vom 25. Februar 1992, Pr.Z. 543/92, betreffend Anträge auf Wiederaufnahme eines Pensionierungsverfahrens, und II. den Bescheid des Wiener Stadtsenates vom 28. April 1992, Pr.Z. 1320/92, betreffend einen Antrag auf Wiederaufnahme eines Pensionierungsverfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Magistratsrat i.R. in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Stadt Wien und ist rechtskundig im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG.

Mit Bescheid des Wiener Stadtsenates vom 11. Juli 1989 wurde der 1941 geborene Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 2 lit. a der Dienstordnung 1966 (DO) wegen Dienstunfähigkeit auf Grund psychischer bzw. habitueller Ursachen (insbesondere wegen mangelnder Einordnungs- und Einsichtsfähigkeit in rechtliche Zusammenhänge, die zu einer Störung des Dienstbetriebes führten) in den Ruhestand versetzt.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene und unter Zl. 89/12/0143 protokollierte Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof am 17. Dezember 1990 als unbegründet abgewiesen.

Zur Frage der Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers führte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis zusammenfassend aus:

"Entscheidend für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist die Frage der Dienstfähigkeit bzw. Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers und ob eine Wiedererlangung seiner Dienstfähigkeit ausgeschlossen werden kann. Rechtlich zutreffend und unter Angabe der Rechtsprechung hat die belangte Behörde dargelegt, daß der Schluß der Dienstunfähigkeit nicht nur auf ärztlichen Feststellungen, sondern auch aus der Art der Dienstleistung selbst zulässig ist, wobei insbesondere auch habituelle Charaktereigenschaften bzw. geistige Mängel eine ordnungsgemäße Führung der Amtsgeschäfte ausschließen können. Unter Habitus im psychischen Sinn sind zum Charakter gewordene, verhaltenseigene, gewohnheitsmäßige Besonderheiten im Erscheinungsbild bzw. Verhalten eines Menschen zu verstehen (vgl. in diesem Sinne Duden, Fremdwörterbuch).

Da der Beschwerdeführer eine fachärztliche Untersuchung seines psychischen Gesundheitszustandes verweigerte, ging die belangte Behörde den vorher dargestellten Überlegungen entsprechend vor und gelangte nach umfangreichen, praktisch die gesamte A-Laufbahn des Beschwerdeführers umfassenden Erhebungen zu dem Schluß, daß der Beschwerdeführer durch mangelnde Einsicht und Einordnung durch längere Zeit hindurch gegen Dienstpflichten verstoßen hat; durch die auf Grund dieser Fakten erkennbare Haltung des Beschwerdeführers ist der Dienstbetrieb wesentlich gestört worden. Die Nachhaltigkeit dieses Verhaltens des Beschwerdeführers gegen viele seiner Vorgesetzten in verschiedenen Dienststellen zeigt, daß der Grund hiefür auf seiten des Beschwerdeführers in psychischen bzw. habituellen Ursachen zu suchen ist.

Bereits diese abgehandelten und nicht als rechtswidrig befundenen Feststellungen und Überlegungen der belangten Behörde zeigen, daß die Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers nicht in der Summe der dargestellten Einzelfakten, sondern in der auf Grund dieser Fakten erkennbaren Haltung des Beschwerdeführers gesehen worden ist, der gerade als rechtskundiger Beamter bei Ausübung seines Dienstes vernünftige Einsicht in rechtliche Zusammenhänge haben muß. Die Entscheidung der belangten Behörde erweist sich, ausgehend von dem bereits bisher Dargelegten - trotz umfangreichen Vorbringens des Beschwerdeführers, das auch ein weiteres Indiz für die besondere Eigenart des Beschwerdeführers darstellt - nicht als rechtswidrig, sondern ist auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich zutreffend und in den Ermittlungsergebnissen gedeckt.

Das weitere umfangreiche Vorbringen des Beschwerdeführers in der großen Zahl der von ihm unaufgefordert eingebrachten Schriftsätze geht am wesentlichen Verfahrensgegenstand, nämlich der Frage seiner Dienstfähigkeit, vorbei. Immer wieder beschäftigt den Beschwerdeführer die Frage des seinerzeit abgegebenen "Dienstgutachtens", das ungerechtfertigt abgeändert worden sein soll, worin die Ursache für die von ihm erstatteten Disziplinar- und Strafanzeigen zu suchen seien."

Gegen die mit dem vorher genannten Bescheid vom 11. Juli 1989 erfolgte Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers richten sich, genauso wie gegen die zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes eine Vielzahl von Anträgen des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen vom 24. Oktober 1991 wurde der Beschwerdeführer vom Vorwurf des Verbrechens der Verleumdung, der im Zusammenhang mit verschiedenen Maßnahmen in seinen Dienstrechtsangelegenheiten erhoben worden war, mangels subjektiver Einsichts- und Erkenntnisfähigkeit freigesprochen.

Mit dem ERSTANGEFOCHTENEN Bescheid vom 25. Februar 1992 gab die belangte Behörde den Anträgen des Beschwerdeführers vom 12. September und vom 22. Oktober 1991 auf Wiederaufnahme seines Ruhestandsversetzungsverfahrens gemäß § 69 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 AVG keine Folge.

Zur Begründung wird nach Darstellung der "Vorgeschichte" der Antrag des Beschwerdeführers vom 12. September 1991 zusammengefaßt wiedergegeben, in dem der Beschwerdeführer als Wiederaufnahmegrund die angebliche Nichtbefassung der gemeinderätlichen Personalkommission mit den von ihm vorgebrachten 47 Disziplinarsachverhalten in seinem "Verfahrensantrag" vom 11. Juli 1989 geltend macht. Im folgenden legt die belangte Behörde zu diesem Antrag im wesentlichen dar, daß weder ein Erschleichungstatbestand vorliegen könne, noch sonst eine gerichtlich strafbare Handlung erkennbar sei. Im übrigen sei der vom Beschwerdeführer als Wiederaufnahmegrund geltend gemachte Sachverhalt diesem bereits unmittelbar nach der Erlassung seines Pensionierungsbescheides bekannt gewesen. In seinem Antrag vom 22. Oktober 1991 habe der Beschwerdeführer ausgeführt, es sei ihm mit Schreiben der Magistratsabteilung 1 (MA 1) vom 18. Oktober 1991 mitgeteilt worden, daß seine Eingabe vom 11. Juli 1989 bewußt nicht an die belangte Behörde weitergeleitet worden sei und daher ein Informationsmangel bei den entscheidenden Organwaltern gegeben gewesen wäre. Die belangte Behörde setzt sich dann mit diesem Vorbringen unter Darlegung der Geschäftseinteilung und der offensichtlich gegebenen sprachlichen Fehlbeurteilung des genannten Schreibens der MA 1 durch den Beschwerdeführer auseinander und führt abschließend aus, daß der angeblich strafbare Sachverhalt weder bei der Staatsanwaltschaft Wien noch beim Verwaltungsgerichtshof Anlaß für Maßnahmen bzw. zur Annahme eines Verfahrensmangels gewesen sei.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 28. April 1992 gab die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme seines Ruhestandsversetzungsverfahrens vom 18. November 1991 gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG keine Folge. In der Begründung wird u.a. der Antrag des Beschwerdeführers dargelegt, in dem der Beschwerdeführer die ohne gesetzliche Ermächtigung erfolgte Abänderung einer "positiven Dienstbeschreibung" geltend macht. Davon ausgehend habe er gegen einen namentlich genannten Beamten der Verwaltungsrevision Disziplinaranzeige erstatten müssen, was wieder seine Pensionierung bewirkt habe. Zeitungsartikel zeigten nun, daß dieser Bedienstete auch in anderen Zusammenhängen habe geschützt werden sollen, was auch ein anderes Licht auf die Pensionierung des Beschwerdeführers und die Vorgangsweise der Magistratsstellen werfe. Dem hält die belangte Behörde nach der Begründung des zweitangefochtenen Bescheides insbesondere entgegen, daß die spekulativen Vermutungen des Beschwerdeführers keinen konkreten Ansatzpunkt für eine Wiederaufnahme des genannten Ruhestandsversetzungsverfahrens enthielten und überhaupt am Wesen der Wiederaufnahme bezogen auf dieses Verfahren vorbeigingen.

Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden, mit denen kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die genannten Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Behandlung verbunden und erwogen:

Nach § 69 Abs. 1 des gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1.

der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2.

neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnisse des Verfahren voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, ....

Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist die Verfügung, ein bereits abgeschlossenes Verfahren neuerlich durchzuführen, weil - aus den im Gesetz genannten besonderen Gründen - die Richtigkeit der Sachentscheidung im ersten Verfahren in Frage gestellt erscheint.

Die gegen den erstgenannten Bescheid gerichtete Beschwerde beschäftigt sich inhaltlich mit dem Vorwurf der Nichtbehandlung bzw. Unterdrückung der genannten "47 Gegensachverhaltsdarstellungen", die vom Beschwerdeführer zunächst an die Disziplinarkommission gerichtet waren. Dadurch sei die belangte Behörde über wesentliche, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechende Umstände im Zusammenhang mit seiner Pensionierung getäuscht worden.

In der gegen den zweitgenannten Bescheid gerichteten Beschwerde setzt sich der Beschwerdeführer inhaltlich mit der angeblich rechtswidrig erfolgten Abänderung seines "positiven Dienstgutachtens" und den dabei tätigen Bediensteten auseinander, über den im Wege der Tagespresse interessante Hintergründe bekannt geworden seien.

Wie dem bereits vorher wiedergegebenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1990, mit dem die Beschwerde gegen die Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers abgewiesen worden war, zu entnehmen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof die bereits damals vom Beschwerdeführer angezogene Frage der Abänderung des "Dienstgutachtens" und der verschiedenen Disziplinaranzeigen als am entscheidenden Verfahrensgegenstand vorbeigehend bezeichnet.

Die mit den angefochtenen Bescheiden hinsichtlich der genannten Wiederaufnahmeanträge des Beschwerdeführers erfolgte Nichtstattgebung war daher schon aus diesem Grunde nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerden waren - da dies bereits auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers erkennbar war - gemäß § 35 VwGG iVm § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992120048.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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