TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/22 91/04/0019

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Veröffentlicht am 22.12.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
GewO 1973 §366 Abs1 Z3 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z3;
GewO 1973 §370 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §39 Abs1;
GewO 1973 §39 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des H in Innsbruck, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 27. November 1990, Zl. IIa-90.043/2-90, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 22. Februar 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt wie folgt:

"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der E-Ges.m.b.H. zu verantworten, daß durch die genannte Unternehmung in der Zeit vom 1. Juli 1989 bis 12. Dezember 1989 im Zuge der Ausübung des Elektroinstallationsgewerbes der Unterstufe in Innsbruck, eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage betrieben wurde, ohne daß jedoch für diese eine im Sinne der §§ 74 ff GewO 1973 erforderliche Betriebsanlagengenehmigung vorlag und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 iVm § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1973 und des weiteren iVm § 370 Abs. 2 GewO 1973 begangen.

Diese genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage umfaßt im Erdgeschoß des angeführten Hauses eine Werkstätte (mit einer Räumlichkeit im Ausmaß von ca. 80 m2), die mit einer Schlagschere, einer Schwenkbiegemaschine, einer Nippelmaschine, einer Metallkreissäge, zwei Heizlüftern, einem Punktschweißgerät und zwei Schutzgasschweißgeräten ausgestattet ist und werden in dieser Werkstätte Kästen aus Metall hergestellt.

Des weiteren umfaßt sie eine zusätzliche Werkstätte (mit einer Räumlichkeit im Ausmaß von ca. 20 m2), in welcher die vorangeführten, aus Metall hergestellten Kästen unter Anwendung des Spritzlackierverfahrens lackiert werden, eine Elektrowerkstätte im ersten Obergeschoß des angeführten Hauses, welche mit einer Standbohrmaschine ausgestattet ist, und außerdem einen an der Ostseite des Hauses auf Privatgrund gelegenen Parkplatz, welcher ca. 15 Kraftfahrzeugen Platz bietet.

Im Hinblick auf die dort durchgeführten Spritzlackierarbeiten und die dort verwendeten Schweißgeräte und die damit einhergehende Brand- und Explosionsgefahr in Ansehung eines Brandes war bzw. ist diese Betriebsanlage geeignet, das Leben und die Gesundheit der Kunden, welche die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen und das Leben und die Gesundheit sowie des Eigentums der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Ziff. 1 GewO 1973 zu gefährden.

Überdies war bzw. ist sie im Sinne des § 74 Abs. 2 Ziff. 2 geeignet, die Nachbarn auf Grund der im Zusammenhang mit den bei der Herstellung der Kästen aus Metall verwendeten Geräten und zwar insbesondere der Schlagschere, der Nippelmaschine und der Metallkreissäge durch Lärm, auf Grund der durchgeführten Spritzlackierarbeiten durch Geruch, sowie infolge des dortigen Unterhaltens des oben angeführten, auf Privatgrund gelegenen Parkplatzes und des in diesem Zusammenhang erfolgenden Zu- und Abfahrens mit Kraftfahrzeugen zu diesem Parkplatz bzw. von diesem durch Lärm und Geruch (Abgase), zu belästigen."

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 27. November 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Zur Begründung wurde - nach Darlegung der Rechtslage - im wesentlichen ausgeführt, es ergebe sich zweifelsfrei, daß die Entscheidung der Erstbehörde im Hinblick auf die objektive Tatseite richtig sei. Denn daß es sich bei den oben angeführten Werkstätten um gewerbliche Betriebsanlagen handle, daß diese auch die abstrakte Eignung besäßen, Gefährdungen oder Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1973 darzustellen, sowie daß es sich beim Beschwerdeführer um einen Geschäftsführer im Sinne des § 370 Abs. 2 GewO 1973 handle, stehe außer Zweifel und werde auch nicht bestritten.

Wie es in der Begründung an anderer Stelle weiters heißt, habe sich der Beschwerdeführer nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht in einem einen Entschuldigungsgrund bildenden Rechtsirrtum befunden. Er wäre verpflichtet gewesen, sich darüber zu informieren, ob es sich bei seinen Werkstätten um genehmigungspflichtige Betriebsanlagen handle. Er hätte nicht einfach oder "der Einfachheit halber" davon ausgehen dürfen, daß dem nicht so sei. Der Beschwerdeführer habe nach Auffassung der Berufungsbehörde die ihn als gewerberechtlichen Geschäftsführer treffende Sorgfaltspflicht (im Sinne einer Erkundigungspflicht) grob vernachlässigt. Ihm sei zumindest grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Wenn hier von einem "zumindest grob fahrlässigen Verhalten" die Rede sei, so wolle die Berufungsbehörde damit zum Ausdruck bringen, daß sie beinahe geneigt gewesen wäre, von bedingt vorsätzlichem Verhalten auszugehen. Da dies jedoch nicht nachzuweisen gewesen sei, sei sie bei der Strafbemessung von bloß fahrlässigem Verhalten ausgegangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, die belangte Behörde gehe davon aus, daß bei Ungehorsamsdelikten - um ein solches handle es sich im gegenständlichen Fall - insofern eine Beweislastumkehr vorliege, als nicht die Behörde den Beweis der Schuld zu erbringen habe, sondern der Beschwerdeführer dann straflos bleibe, wenn er glaubhaft mache, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Die Glaubhaftmachung der Schuldlosigkeit - hier irre nach Ansicht des Beschwerdeführers die belangte Behörde - liege nicht in deren Beweis, sondern im bloßen Nachweis der Wahrscheinlichkeit. Sie entspreche der Bescheinigung nach § 273 ZPO. Der Beschwerdeführer habe versucht darzutun, daß er das in seiner Macht Stehende vorgekehrt habe, um eine Verwaltungsübertretung nicht zu begehen bzw. er der Überzeugung gewesen sei, daß er unter Berücksichtigung der erfüllten Auflagen, die baupolizeilich als auch feuerpolizeilich vorgeschrieben worden seien, auch allem entsprochen habe, was von der Behörde zur Führung einer Betriebsstätte notwendig sei. Die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Beschwerdeführer zuwidergehandelt habe, sei auch im Verwaltungsstrafrecht relevant und begründe Straffreiheit, wenn folgende Voraussetzungen gegeben seien: Erstens müsse die Unkenntnis erwiesenermaßen unverschuldet sein, wobei es nach den Umständen des Falles nicht schon als ein Verschulden des Täters anzusehen sein dürfe, daß er es unterlassen habe, sich vom Bestand bzw. Inhalt der Verwaltungsvorschrift von sich aus Kenntnis zu verschaffen. Zweitens dürfe das Unerlaubte des Verhaltens des Beschwerdeführers "nicht ohne weiteres anzusehen gewesen sein, d.h. es darf sich um einen Fall handeln, in dem der Beschwerdeführer bereits aus allgemeinen Vernunftsgründen zum Bewußtsein des Unerlaubten seines Verhaltens hätte kommen müssen". Dem Beschwerdeführer sei zugute zu halten, daß er nach Gründung der Gesellschaft m.b.H beim Stadtmagistrat Innsbruck seine Betriebsstätte angezeigt und damit in Verbindung auch der Behörde zur Kenntnis gebracht habe, daß verschiedene Umbauarbeiten durchgeführt würden. Dem Beschwerdeführer bzw. der Gesellschaft m.b.H. sei die gegenständliche Betriebsstätte vermietet worden, wobei ihm bekannt gewesen sei, daß in diesem Objekt bereits vor ihm ein Gewerbebetrieb untergebracht gewesen sei. Damit sei für ihn festgestanden, daß das Bestandobjekt für die Ausübung eines Gewerbes benutzt worden sei, womit für ihn erwiesenermaßen festgestanden sei, daß die gewerberechtlichen Voraussetzungen für dieses Betriebsgebäude vorlägen. Mit dem Ansuchen auf Durchführung von baulichen Veränderungen, die zur Adaptierung des Bestandobjektes für die Zwecke des Beschwerdeführers gedient hätten, sei für ihn klar gewesen, daß der Behörde zur Kenntnis gebracht worden sei, daß er einerseits in diesen Räumlichkeiten einen Gewerbebetrieb zur Ausübung des Elektroinstallationsgewerbes der Unterstufe ausübe und andererseits, daß die Behörde nach Vorschreibung der baupolizeilichen und feuerpolizeilichen Auflagen und Erfüllung derselben durch den Beschwerdeführer auch diese gewerbliche Betriebsanlage in dieser Form akzeptiere. Parallel hiezu habe er noch nach Eintragung der Gesellschaft m.b.H. in das Handelsregister bei der Gewerbebehörde um die Konzession unter diesem Standort angesucht, sodaß aus seiner Sicht alles vorgekehrt gewesen sei, was unter Berücksichtigung der einschlägigen Verwaltungsvorschriften vorzukehren gewesen wäre. Für den Beschwerdeführer sei nicht zu unterscheiden gewesen, daß eine Behörde in verschiedenen Aufgabenbereichen mit verschiedenen Beamten zuständig sei. Mit der Verhandlung vom 28. September 1989, durchgeführt durch den Stadtmagistrat Innsbruck, wo ihm eben sowohl entsprechende baupolizeiliche als auch feuerpolizeiliche Auflagen, abgestellt auf das von ihm in diesem Objekt zu betreibende Gewerbe, erteilt worden seien, sei für ihn festgestanden, daß er weitere Bewilligungen nicht benötige. Umso erstaunter sei er gewesen, als er zur Kenntnis habe nehmen müssen, daß er noch eine weitere Bewilligung aus dem Titel der Gewerbeordnung benötige und, da diese nicht eingeholt worden sei, das gegenständliche Straferkenntnis erlassen worden sei. Hiezu komme noch, daß dem Beschwerdeführer, der an sich nicht in Innsbruck, sondern in S ansässig sei, von dort bekannt gewesen sei, daß bei einer Betriebsansiedlung die zuständige Bezirkshauptmannschaft "im Rahmen einer Verhandlung alles Notwendige verhandelt" und dann die entsprechenden Genehmigungen erteilt würden. Damit in Verbindung sei für ihn weiters festgestanden, daß eben mit der vom Stadtmagistrat Innsbruck durchgeführten Verhandlung vom 28. September 1989, wo der Betrieb auf die Einhaltung feuerpolizeilicher und baupolizeilicher Vorschriften untersucht worden sei, ebenfalls alles erledigt sei. Der Beschwerdeführer habe sohin überhaupt keine Veranlassung gehabt, nur im entferntesten daran zu denken, daß er, nachdem er diese Auflagen erfüllt gehabt habe, seinen Betrieb nicht ordnungsgemäß bzw. unter Verletzung weiterer Verwaltungsvorschriften betreibe. Er habe sohin gar keine Veranlassung gehabt, daran zu denken, daß er eine unerlaubte Verhaltensweise setze, weshalb er auch nicht in der Lage gewesen sei, dieses Unerlaubte einzusehen. Wenn schon unterstellt würde, es wäre dem Beschwerdeführer trotzdem möglich gewesen, dementsprechend nach allgemeinen Vernunftsgründen den Sachverhalt zu beurteilen und daraus das Unerlaubte seines Verhaltens einzusehen, so sei dem entgegenzuhalten, daß sich dann zumindest der Beschwerdeführer in einem Rechtsirrtum befunden habe, womit darunter ein Irrtum über die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens in bezug auf ein rechtliches Gebot zu verstehen sei. Der Beschwerdeführer sei der Überzeugung gewesen, er habe sämtliche Vorschriften, insbesondere unter Berücksichtigung der durchgeführten Verhandlung und der von ihm hiebei erfüllten Auflagen, eingehalten, und weitere Maßnahmen seien nicht zu treffen, "die er unter Berücksichtigung der Gewerbeordnung gebraucht hätte". Da sohin die belangte Behörde dem Beschwerdeführer diesen Schuldausschließungsgrund nicht zugute kommen habe lassen, liege der gegenständliche Beschwerdepunkt vor. Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde gehe davon aus, daß es quasi eine notorische Tatsache sei, daß die vom Beschwerdeführer betriebene Betriebsanlage nur mit entsprechender behördlicher Genehmigung betrieben werden dürfe, "wobei damit in Verbindung die Eignungsprüfung durchzuführen sei, ob durch diese Betriebsanlage eine Gefährdung des Lebens, der Gesundheit sowie des Eigentums der Nachbarn gegeben sei". Die Feststellungen der belangten Behörde würden auf einem Bericht des städtischen "Erhebungsberichtes vom 12. Dezember 1989" gestützt, wobei nach Ansicht des Beschwerdeführers dieser Bericht jedoch keineswegs ausreiche, um die gewerberechtlich relevanten Fragen zu beantworten. Vielmehr wäre es notwendig gewesen, im Rahmen einer durchzuführenden Verhandlung unter Beiziehung entsprechender Sachverständiger eine Beurteilung vorzunehmen, "in welcher Form der von der Gesellschaft m.b.H., vertreten durch den Beschwerdeführer, Betrieb beschaffen ist", welche Tätigkeiten in diesem Betrieb vorgenommen würden und ob damit in Verbindung eine im Sinne der §§ 74 ff GewO 1973 erforderliche Betriebsanlagengenehmigung notwendig sei oder nicht. Auf einen Bericht des Erhebungsamtes könne die Beurteilung dieser Frage nicht abgestellt werden, weshalb, da die entsprechenden hiefür notwendigen Gutachten nicht vorlägen, das gegenständliche Verfahren mangelhaft geblieben sei. Des weiteren liege eine Mangelhaftigkeit bzw. ein Verfahrensfehler darin, daß von der belangten Behörde nicht überprüft worden sei, welchen Inhalt die am 28. September 1989 abgeführte Verhandlung gehabt habe, welcher Antrag diesem "Vertrag" zugrundegelegen sei und ob nicht durch dieses Verfahren, in dem die entsprechenden bau- und feuerpolizeilichen Auflagen erteilt worden seien, das Verfahren für die Betriebsanlagengenehmigung inkludiert und mitumfaßt sei. Die belangte Behörde habe sich mit diesem Verfahren überaupt nicht auseinandergesetzt, weshalb sie auch zu den für das gegenständliche Verfahren betreffenden Fakten keine Aussagen treffen könne.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen:

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

§ 370 Abs. 2 GewO 1973 bestimmt, daß, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde, Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen sind.

Nach § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Z. 1 bis 5 angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargetan hat, kommt es bei der Beurteilung der Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage nicht darauf an, ob von der in Rede stehenden Betriebsanlage tatsächlich im Gesetz näher bezeichnete Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen ausgehen. Die Genehmigungspflicht ist vielmehr schon bei der bloßen Möglichkeit derartiger Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen und Einwirkungen gegeben, also immer dann, wenn diese Umstände nicht auszuschließen sind (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0212, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung). Ausgehend von dieser Rechtslage und den in den Spruch des von der belangten Behörde übernommenen Straferkenntnisses aufgenommenen Feststellungen vermag der Verwaltungsgerichtshof die Annahme der belangten Behörde, es handle sich bei der in Rede stehenden Betriebsanlage im Hinblick auf die Art der vorgefundenen Einrichtungen und Ausstattungen sowie im Hinblick auf die in dieser - auch seitens des Beschwerdeführers unbestritten geblieben - durchgeführten Tätigkeiten um eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1973, nicht als rechtswidrig zu erkennen, da danach schon unter Bedachtnahme auf die allgemeine Lebenserfahrung die von der belangten Behörde angenommene Möglichkeit von Gefährdungen und Belästigungen nicht ausgeschlossen werden kann.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß in der im Spruch genannten Zeit die in Rede stehende Betriebsanlage ohne Genehmigung betrieben wurde, beruft sich aber darauf, er habe versucht darzutun, "daß er das in seiner Macht Stehende vorgekehrt hat, um eine Verwaltungsübertretung nicht zu begehen bzw. er der Überzeugung war, daß er unter Berücksichtigung der erfüllten Auflagen, die baupolizeilich als auch feuerpolizeilich vorgeschrieben wurden, auch allem entsprochen hat, was von der Behörde zur Führung einer Betriebsstätte notwendig ist."

Soweit dieses Vorbringen dahin zu verstehen sein sollte, der Beschwerdeführer habe im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft gemacht, daß ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe, so ist zunächst festzuhalten, daß, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört - es sich somit um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt - und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1977, Zl. 2103/76). Es besteht in solchen Fällen von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Dazu bedarf es nicht eines Entlastungsbeweises durch den Beschuldigten, sondern es ist hiefür die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens ausreichend, weshalb es in diesem Zusammenhang (nur) mehr erforderlich ist, die Behörde von der Wahrscheinlichkeit (und nicht von der Richtigkeit) des Vorliegens einer bestimmten Tatsache zu überzeugen. Dies ändert aber nichts daran, daß es Sache des Beschuldigten ist, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1989, Zl. 89/02/0017). Es kann der belangten Behörde im vorliegenden Fall nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, daß er alles vorgesehen habe, um keine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 zu begehen. Nach dem vorliegenden Akteninhalt - auch seinem Vorbringen ist nichts anderes zu entnehmen - traf der Beschwerdeführer lediglich Vorkehrungen, um die baupolizeilichen und feuerpolizeilichen Auflagen zu erfüllen, was im Hinblick auf eine notwendige gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung irrelevant ist.

Soweit der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen einen Schuldausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG geltend machen sollte, ist festzuhalten, daß nach § 5 Abs. 2 VStG Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift nur dann entschuldigt, wenn sie ERWIESENERMAßEN UNVERSCHULDET IST und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Wie der Verwaltungsgerichtshof unter anderem in seinem Erkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 91/04/0323, dargetan hat, hat sich, wer ein Gewerbe betreibt oder als Geschäftsführer für die Ausübung eines Gewerbes im Sinne des § 39 GewO 1973 verantwortlich ist, zeitgerecht über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten. Die Unkenntnis eines Gesetzes kann nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen ERFORDERLICHEN SORGFALT unbekannt geblieben ist; selbst guter Glauben stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1986, Zl. 86/04/0133).

Der Beschwerdeführer als gewerberechtlicher Geschäftsführer hätte sich daher - etwa durch Anfrage bei der zuständigen Behörde - vergewissern müssen, welche Bewilligungen er für seinen Betrieb braucht. Dieser Verpflichtung kam der Beschwerdeführer offensichtlich nicht nach, weshalb davon auszugehen ist, daß - sollte ein Rechtsirrtum tatsächlich vorgelegen sein - dieser nicht unverschuldet und daher unbeachtlich sei.

Die belangte Behörde hat daher nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie davon ausging, der Beschwerdeführer habe das Tatbild der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.

Was die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers betrifft, es wäre notwendig gewesen, im Rahmen einer durchzuführenden Verhandlung unter Beiziehung entsprechender Sachverständiger eine Beurteilung vorzunehmen, "in welcher Form der von der Gesellschaft mbH, vertreten durch den Beschwerdeführer, Betrieb beschaffen ist, welche Tätigkeiten in diesem Betrieb vorgenommen werden und ob damit in Verbindung eine im Sinne der §§ 74 ff GewO 1973 erforderliche Betriebsanlagengenehmigung notwendig ist", so ist darauf zu verweisen, daß die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen insbesondere im Hinblick darauf, daß - wie oben dargelegt - eine Genehmigungspflicht immer schon dann gegeben ist, wenn die im Gesetz näher bezeichneten Gefährdungen, Belästigungen und Beeinträchtigungen oder Einwirkungen nicht auszuschließen sind, ausreichen, um die Frage der Genehmigungspflicht der Betriebsanlage zu beantworten. Zur Feststellung dieses Umstandes bedurfte es daher keines weiteren Ermittlungsverfahrens.

Wenn der Beschwerdeführer weiters rügt, es liege eine Mangelhaftigkeit bzw. ein Verfahrensfehler darin, "daß von der belangten Behörde nicht geprüft wurde, welchen Inhalt die am 28.9.1989 abgeführte Verhandlung hatte, welcher Antrag diesem Vertrag zugrunde lag und ob nicht durch dieses Verfahren, in dem die entsprechenden bau- und feuerpolizeilichen Auflagen erteilt wurden, das Verfahren für die Betriebsanlagengenehmigung inkludiert und mitumfaßt ist", so ist dem entgegenzuhalten, daß damit das Vorliegen einer Betriebsanlagengenehmigung nach der GewO 1973 nicht einmal behauptet wird. Nur auf eine solche gewerbebehördliche Genehmigung kommt es im vorliegenden Fall jedoch an, nicht aber auf ein Verfahren, in dem - im Vollzug landesgesetzlicher Vorschriften - bau- und feuerpolizeiliche Auflagen erteilt wurden.

Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Erheblichkeit des BeweisantragesSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel ZeugenbeweisSachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastVerfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Unmittelbarkeitsprinzip Gegenüberstellungsanspruch Fragerecht der Parteien VwRallg10/1/2Verhältnis zu anderen Materien Normen VStGSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991040019.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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