TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/12 92/11/0214

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Veröffentlicht am 12.01.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AtemalkoholmeßgeräteV;
B-VG Art18 Abs2;
KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §74 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 27. Juli 1992, Zl. Ib-277-18/92, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 iVm § 73 Abs. 2 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B für die Dauer von vier Monaten von der Abgabe des Führerscheines am 3. Dezember 1991 an entzogen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde stützt die bekämpfte Entziehungsmaßnahme darauf, daß sie in Beurteilung einer Vorfrage als erwiesen annahm, der Beschwerdeführer habe am 30. November 1991 eine Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 begangen. Der Beschwerdeführer habe ferner bereits am 11. August 1990 ein Alkoholdelikt im Sinne des § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen. Die erstgenannte Verwaltungsübertretung stelle eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 dar, aus der sich die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers ableiten lasse.

Der Beschwerdeführer bestreitet ausschließlich, am 30. November 1991 ein Alkoholdelikt begangen zu haben. Die Messung des Alkoholgehaltes seiner Atemluft sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem sie infolge kurz vorangegangenen Alkoholkonsums noch nicht hätte durchgeführt werden dürfen. Die Messung mit einem sogenannten Alkomat-Gerät sei um 1.19 Uhr bzw. 1.21 Uhr erfolgt. Die Annahme, er sei um 1.04 Uhr am Tatort angehalten und um 1.05 Uhr zur Ablegung der Atemluftprobe aufgefordert worden, sei unrichtig. Vielmehr hätten sich Anhaltung und Aufforderung - den ursprünglichen Angaben in der Anzeige entsprechend - um 1.14 Uhr bzw. 1.15 Uhr ereignet. Das letzte Mal habe er ungefähr eine Minute vor der Anhaltung Alkohol zu sich genommen. Nach den Anwendungsrichtlinien für Alkomat-Geräte müsse zwischen dem letzten Alkoholgenuß und der Atemluftprobe mindestens ein Zeitraum von 15 Minuten verstrichen sein, nach Auffassung näher genannter - als namhafte Wissenschaftler bezeichneter - Personen sogar 30 Minuten.

Mangels gegenteiliger Feststellungen über den Zeitpunkt des letzten Alkoholkonsums des Beschwerdeführers vor der Anhaltung und der Ablegung der Atemluftprobe ist entscheidend, ob die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung davon ausgehen durfte, daß die Anhaltung des Beschwerdeführers bereits um 1.04 Uhr sowie die Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe bereits um 1.05 Uhr erfolgt ist und dem Meldungsleger bei Verfassung der Anzeige insofern ein Schreibfehler unterlaufen ist, als er als Tatzeit 1.14 Uhr und als Zeitpunkt der Aufforderung 1.15 Uhr festgehalten hat.

Bei der Prüfung der Beweiswürdigung der belangten Behörde sind dem Verwaltungsgerichtshof insoferne Grenzen gesetzt, als er darauf beschränkt ist, die Beweiswürdigung auf ihre Schlüssigkeit und auf ihre Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut sowie daraufhin zu prüfen, ob der Sachverhalt vollständig erhoben worden ist. Die Prüfung, ob die Beweiswürdigung in dem Sinne richtig ist, daß die Verantwortung einer Partei und nicht eine gegen sie sprechende Sachverhaltsversion den Tatsachen entspricht, ist dem Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde verwehrt (vgl. die diesbezüglichen Ausführungen im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Einer solchen Prüfung hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde jedenfalls stand. Der Meldungsleger, der als Zeuge ausgesagt hat, ihm sei bei der Verfassung der Anzeige hinsichtlich der Tatzeit ein Schreibfehler unterlaufen, verweist auch auf das im Verwaltungsakt erliegende ausgedruckte Protokoll über die Atemluftprobe, wonach das Gerät um 1.16 Uhr eingeschaltet worden ist. Für die Fahrt vom Tatort ins Wachzimmer, in dem die Atemluftprobe vorgenommen worden ist, benötige man mindestens vier Minuten. Die Zeitangaben 1.14 Uhr als Tatzeit und 1.15 Uhr als Zeitpunkt der Aufforderung müßten daher unrichtig sein.

Es kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie bei Feststellung des Sachverhaltes dieser in sich schlüssigen und mit keinem anderen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Widerspruch stehenden Darstellung des Meldungslegers gefolgt ist. Der Beschwerdeführer hat auch keinen Beweis dafür angeboten, daß er um 1.04 Uhr nicht am Tatort, sondern anderswo gewesen sei. Demnach aber lagen zwischen dem behaupteten letzten Alkoholkonsum des Beschwerdeführers und den Messungen des Alkoholgehaltes seiner Atemluft 16 bzw. 18 Minuten. Nach den Verwendungsrichtlinien des Bundesministeriums für Inneres für Atemalkoholanalysegeräte müssen zwischen letztem Alkoholkonsum und Messung des Alkoholgehaltes der Atemluft mindestens 15 Minuten verstrichen sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat der Beurteilung von derartigen Meßvorgängen in fachlicher Hinsicht immer diese Verwendungsrichtlinien zugrunde gelegt, auch wenn es sich dabei nicht um eine verbindliche Rechtsverordnung handelt (vgl. die Erkenntnisse vom 11. Juli 1990, Zl. 89/03/0279, und vom 19. Juni 1991, Zl. 91/03/0055). Diese Vorgangsweise vermag der Beschwerdeführer für die durch lediglich mit einigen Namen untermauerte Behauptung, 15 Minuten Zeitunterschied sei zu wenig, nicht zu erschüttern.

Die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe am 30. November 1991 ein Alkoholdelikt begangen - und damit die Entziehung der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers - ist mit keiner vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit behaftet.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Alkomat Sachverhalt Beweiswürdigung Verfahrensrecht Verfahrensrecht Verfahrensmängel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992110214.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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