TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/12 92/11/0084

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Veröffentlicht am 12.01.1993
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §66 Abs2 litf;
KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §74 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des V in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. Jänner 1992, Zl. MA 64-8/307/91, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. Jänner 1992 wurde dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C, E, F und G gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 vorübergehend für die Dauer von drei Monaten (von der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides am 19. Juni 1991 bis zum 19. September 1991) entzogen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1. Die belangte Behörde ging davon aus, daß der Beschwerdeführer mit der in Rechtskraft erwachsenen Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wien vom 17. April 1991 unter anderem wegen einer am 3. Dezember 1990 begangenen Übertretung des § 99 Abs. 2 lit. c in Verbindung mit § 9 Abs. 2 StVO 1960 schuldig erkannt worden sei. In dieser Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer unter anderem angelastet, "Kindern, die sich auf einem Schutzweg befanden - unter besonders gefährlichen Verhältnissen (der Verkehrsposten mußte die Kinder zurückdrängen) - nicht das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn ermöglicht" zu haben. Die belangte Behörde sah in diesem Verhalten eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. f (erster Fall) KFG 1967. Die vom Beschwerdeführer begangene Übertretung sei verwerflich und gefährlich, zumal der Meldungsleger die Kinder habe zurückdrängen müssen, um einen Verkehrsunfall zu vermeiden. Da seit der Begehung der Tat noch keine so lange Zeit verstrichen gewesen sei, daß mit Sicherheit auf eine Änderung der Sinnesart habe geschlossen werden können, sei der Beschwerdeführer in der von der erstinstanzlichen Behörde festgesetzten Zeit als verkehrsunzuverlässig anzusehen gewesen.

2. Der Beschwerdeführer bestreitet die Rechtskraft der Strafverfügung vom 17. April 1991 mit der Begründung, die Zustellung dieser Strafverfügung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil die Hinterlegungsanzeige nicht in seinem Brieffach zurückgelassen worden sei.

Dem Beschwerdeführer ist diesbezüglich zu erwidern, daß die belangte Behörde auf Grund der Ergebnisse des von ihr im Hinblick auf ein entsprechendes Vorbringen in der Berufung durchgeführten Ermittlungsverfahrens ohne Verstoß gegen die Denkgesetze oder die Erfahrungen des Lebens zu der Überzeugung gelangen durfte, die Strafverfügung sei ordnungsgemäß zugestellt worden. Abgesehen davon, daß der Zusteller bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung das Zurücklassen der Hinterlegungsanzeige im Brieffach des Beschwerdeführers bestätigt und der Beschwerdeführer bloß behauptet hat, die Hinterlegungsanzeige in seinem Brieffach nicht vorgefunden zu haben, spricht für die Richtigkeit der Annahme der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer über den Verbleib der Ankündigung des zweiten Zustellversuches keine Behauptungen aufgestellt hat und es äußerst unwahrscheinlich erscheint, daß dem Zusteller an zwei verschiedenen Tagen derselbe Fehler, nämlich die Unterlassung des Einlegens einer wichtigen Verständigung in das Brieffach des Adressaten, unterlaufen sein soll. Der Beschwerdeführer hat zudem die mit der Strafverfügung verhängten Strafen bezahlt und nicht etwa fehlerhafte Zustellung der Strafverfügung behauptet.

3. Da die belangte Behörde von der Rechtskraft der Strafverfügung ausgehen durfte, hatte sie im Hinblick auf die Bindung an diese Entscheidung die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte strafbare Handlung als erwiesen anzusehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1989, Zl. 89/11/0126, mit weiterem Judikaturhinweis).

4. Im Rahmen der Wertung des strafbaren Verhaltens des Beschwerdeführers nach den Kriterien des § 66 Abs. 3 KFG 1967 durfte die belangte Behörde mit Recht auf die Gefährlichkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers hinweisen, ergibt sich doch die besondere Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, bereits aus dem Vorliegen einer bestimmten Tatsache nach § 66 Abs. 2 lit. f erster Fall KFG 1967 (siehe das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1989, Zl. 88/11/0229, mit weiterem Judikaturhinweis). Daß die vom Beschwerdeführer herbeigeführte Gefährdung der Kinder auf dem Schutzweg verwerflich ist, bedarf keiner besonderen Erörterung. Die Verwerflichkeit dieses Verhaltens wird auch nicht dadurch gänzlich aufgewogen, daß der Beschwerdeführer nach der Aktenlage keine Vorstrafen aus den letzten Jahren vor der Tat aufweist. Die von der Begehung der Tat bis zur Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides verstrichene Zeit von etwas mehr als sechs Monaten ist zu kurz, als daß das nach der Aktenlage anzunehmende Wohlverhalten des Beschwerdeführers während dieser Zeit entscheidend zu seinen Gunsten ins Gewicht fallen würde. Die in der Beschwerde ins Treffen geführten, mit der Entziehung der Lenkerberechtigung für den Beschwerdeführer verbundenen beruflichen Nachteile können im Hinblick auf den Schutzzweck einer solchen Maßnahme nicht berücksichtigt werden (siehe das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1989, Zl. 89/11/0228, mit weiterem Judikaturhinweis).

Zusammenfassend erweist sich daher die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides und jedenfalls noch weitere drei Monate als verkehrsunzuverlässig anzusehen gewesen, als rechtlich zutreffend. Damit kam die bloße Androhung der Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 74 Abs. 3 KFG 1967 nicht in Betracht.

5. Aus den dargelegten Gründen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992110084.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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