TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/14 92/09/0214

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Veröffentlicht am 14.01.1993
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1 idF 1975/218;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs3 Z4 idF 1988/231;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 16. Juni 1992, Zl. IIc/6702 B, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer stellte am 29. April 1992 beim Arbeitsamt Angestellte in Wien den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die philippinische Staatsangehörige E.B. als Verkäuferin mit einer Entlohnung von S 5.000,-- brutto für 20 Wochenstunden ohne Zulage. Aus der diesem Antrag gemäß § 4 Abs. 3 Z. 5 AuslBG angeschlossenen Erklärung geht hervor, daß der Beschwerdeführer der E.B. eine unentgeltliche Unterkunft in W, M-Gasse 3A, gewährt.

Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 8. Mai 1992 gemäß § 4 Abs. 3 Z. 4 und § 4 Abs. 6 iVm § 4 Abs. 1 AuslBG ab. Diese Abweisung begründete das Arbeitsamt unter Hinweis auf die im Spruch genannten Gesetzesstellen damit, daß der auf dem Antrag angegebene Gehalt nicht dem Kollektivvertrag entspreche. Außerdem spreche die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die beantragte Beschäftigung der E.B., weil auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Verkäufer/innen Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen. Auch habe der Vermittlungsausschuß die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In seiner dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, er habe sich vor der Antragstellung von seiner zuständigen Interessenvertretung die kollektivvertraglichen Lohnbedingungen mitteilen lassen; es hätte ihm daher Gelegenheit geboten werden müssen, zu diesem Punkt Stellung zu nehmen und seinen Antrag dahingehend abzuändern, daß er den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Bestimmungen entspreche.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. Juni 1992 hat die belangte Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 und § 4 Abs. 1 sowie § 13a AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, keine Folge gegeben. Ausgehend von den genannten Bestimmungen wies die belangte Behörde begründend darauf hin, daß die Landeshöchstzahl für das Land Wien im Kalenderjahr 1992 (§ 13a AuslBG) weit überschritten sei. Es seien daher bei der Prüfung des Antrages auf Beschäftigungsbewilligung sowohl die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und 3 sowie nach § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 AuslBG seien nicht gegeben, weil die Arbeitsmarktverwaltung primär für die Integration der nach § 4b AuslBG bevorzugt zu behandelnden Personen zu sorgen habe und eine Überprüfung der Lage auf dem relevanten Arbeitsmarkt ergeben habe, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte zur Deckung des Bedarfes des Beschwerdeführers zur Verfügung stünden. Der Antrag des Beschwerdeführers sei aber auch gemäß § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG abzulehnen, weil die darin angegebene Entlohnung der E.B. mit brutto S 5.000,20 für 20 Wochenstunden unter dem kollektivvertraglichen Lohn liege. Unabhängig davon sei einem Ausländer durch die Eingehung des beabsichtigten Dienstverhältnisses die Möglichkeit zu bieten, mit den durch seine Tätigkeit erwirtschafteten Einkünften seinen Lebensunterhalt zu bestreiten oder zumindest einen wesentlichen Beitrag zu diesem zu leisten. Nach Ansicht der belangten Behörde könne aber die angebotene Entlohnung nicht ausreichend zur Deckung des Lebensunterhaltes der E.B. dienen. Durch die Geringfügigkeit der Gehaltszahlung sei der durch die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu erzielende wirtschaftliche Zweck nicht erfüllt; somit stehe das gesamtwirtschaftliche Interesse der Erteilung dieser Bewilligung entgegen. Schließlich seien auch die wegen Überschreitung der Landeshöchstzahl zu prüfenden Gründe nach § 4 Abs. 6 AuslBG im Beschwerdefall nicht gegeben, sodaß auch diese Ausnahmsbestimmungen die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht zuließen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Die belangte Behörde hat - wie schon zuvor das Arbeitsamt - die Abweisung der beantragten Beschäftigungsbewilligung auf § 4 Abs. 1, § 4 Abs. 3 Z. 4 und § 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden, seit 1. Jänner 1992 in Kraft stehenden Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der dagegen erhobenen Beschwerde.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist (was im Beschwerdefall nicht in Betracht kommt), die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

§ 4 Abs. 3 AuslBG zählt weitere Voraussetzungen für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung auf. So darf gemäß § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG die Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn die Gewähr gegeben erscheint, daß der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält.

Daraus hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung den Schluß gezogen, daß keine Umstände vorliegen dürfen, die für das in Aussicht genommene Beschäftigungsverhältnis die künftige Einhaltung insbesondere auch der kollektivvertraglichen Bestimmungen als zweifelhaft erscheinen lassen (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 18. Oktober 1990, Zl. 88/09/0142, und vom 23. November 1989, Zl. 89/09/0090, sowie die dort angeführte Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer hat weder im Verwaltungsverfahren noch in seiner Beschwerde das Vorliegen eines im Beschwerdefall anzuwendenden Kollektivvertrages (Zusatz-Kollektivvertrag für die Angestellten in Tabaktrafiken vom 21. November 1991 zum Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs vom selben Tag) und dessen Inhalt bestritten. Es ist insbesondere auch unbestritten geblieben und es trifft auch, wie der Verwaltungsgerichtshof nachgeprüft hat, zu, daß der Beschwerdeführer für die beantragte Ausländerin eine Entlohnung angegeben hat, die unter dem anzuwendenden Kollektivvertrag liegt (vgl. auch dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 1989, Zl. 89/09/0090). Der Beschwerdeführer hat gegen diese bereits erstinstanzliche Feststellung in seiner Berufung nur ausgeführt, ihm hätte Gelegenheit geboten werden müssen, zu den kollektivvertraglichen Lohnbedingungen Stellung zu nehmen und seinen Antrag entsprechend abzuändern; er hat aber von dieser ihm im Berufungsverfahren offen gestandenen Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.

In der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vor, er habe beabsichtigt, E.B. neben ihrer Tätigkeit als Verkäuferin auch als Kindermädchen zu beschäftigen, weshalb sie insgesamt von ihren Einkünften ihren Lebensunterhalt hätte bestreiten können, zumal sie im Familienverband des Beschwerdeführers lebe, in welchem die wirtschaftlichen Lasten des einzelnen auf eine kollektive Gesamtlast des Verbandes aufgeteilt würden.

Abgesehen davon, daß dieses Vorbringen, wie die belangte Behörde zutreffend aufzeigt, als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung unbeachtlich ist, hat der Beschwerdeführer damit nicht in Zweifel gezogen oder gar widerlegt, daß die von ihm der E.B. für die Verkäuferinnentätigkeit gebotene Barentlohnung unter dem von den eingeschrittenen Behörden festgestellten kollektivvertraglichen Niveau liegt. Der Beschwerdeführer hat auch weder in seinem Antrag vom 29. April 1992 noch im weiteren Verfahren jemals behauptet, der E.B. neben der angegebenen Barentlohnung auch freies Logis als Teilentgelt für ihre Tätigkeit als Verkäuferin zu gewähren. Abgesehen von der Frage, ob ein solcher teilweiser Naturalersatz für den kollektivvertraglich vorgesehenen Barlohn überhaupt zulässig wäre (vgl. dazu Floretta-Spielbüchler-Strasser, Individualarbeitsrecht2, S. 141 f), geht dazu aus den Beschwerdeausführungen selbst unmißverständlich hervor, daß die freie Unterkunftsgewährung des Beschwerdeführers an E.B. ihren Grund im bestehenden Familienverband und nicht etwa in einer Teilentlohnung für die Verkäufertätigkeit hat, als welche sie, wie gesagt, im Antrag vom 29. April 1992 auch gar nicht angeführt worden ist.

Da aber der Ausländer auf Grund der beschriebenen Rechtslage jedenfalls Anspruch auf die in den einschlägigen Rechtsvorschriften (einschließlich Kollektivvertrag) festgelegten Mindestlohn- oder Arbeitsbedingungen hat (vgl. auch dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1990, Zl. 88/09/0142), diese Voraussetzung aber im Beschwerdefall gemäß den vorangegangenen Erwägungen nicht erfüllt ist, erweist sich die Beschwerde schon aus diesem Grund als unbegründet.

Die Beschwerde war deshalb, ohne daß auf die weiteren Versagungsgründe eingegangen zu werden brauchte, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992090214.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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