TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/25 92/15/0130

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Veröffentlicht am 25.01.1993
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §299 Abs2;
BAO §299;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde des FH in B, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 12.6.1992, Zl H 2914/1/1-IV/6/91, betreffend aufsichtsbehördliche Aufhebung eines aufsichtsbehördlichen Aufhebungsbescheides der FLD für Wien, Nö und Bgld gemäß § 299 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zum 1. Jänner 1979 wurde der nicht protokollierte Betrieb des Beschwerdeführers gemäß Art III Strukturverbesserungsgesetz in die X-GesmbH eingebracht. Dieser Umstand wurde dem Finanzamt in der Art zur Kenntnis gebracht, daß in einer Beilage zur Gewerbesteuererklärung die Einbringung des Unternehmens bekanntgegeben und in der Einbringungsbilanz unter der Rubrik "EB GesmbH 1.1.79" zu Punkt 2 Anlagevermögen - Gebäude angegeben wurde: "Wird nicht eingebracht". Der Buchwert des Gebäudes betrug zu diesem Zeitpunkt S 348.440,--. Die Rubrik Aufwertung wurde betreffend Gebäude nur mit den Zeichen "-.-" versehen. Als Veräußerungsgewinn gelangte in der Gewerbesteuererklärung 1979 der saldierte Aufwertungsbetrag (ohne aufgewertetes Gebäude) von S 422.104,-- abzüglich des Freibetrages von S 100.000,--, somit ein Betrag von S 322.104,-- zum Ansatz. Dieser Betrag wurde auch in der Einkommensteuererklärung 1979 unter den Einkünften aus Gewerbebetrieb als "Veräußerungsgewinn abzüglich Freibetrag" erklärt. Unter Zugrundelegung dieses Betrages wurde der Beschwerdeführer erklärungsgemäß veranlagt und erwuchs der Einkommensteuerbescheid vom 9. November 1981 zunächst in Rechtskraft.

Als Vertreterin des Beschwerdeführers in allen steuerlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten ist mit Vollmachtsurkunde vom 9. März 1978 Dkfm. V ausgewiesen; diese war auch mit der Abfassung der Abgabenerklärungen 1979 samt den notwendigen Beilagen für den Beschwerdeführer befaßt.

Im Zuge eines die Miteigentumsgemeinschaft FH und JH betreffenden Verfahrens wurde ein Schätzungsgutachten vorgelegt, in dem der Gebäudewert auf den 1. Jänner 1987 mit S 4,570.000,-- angegeben wurde. Ausgehend davon wurde der gemeine Wert des Gebäudes im Zeitpunkt der Entnahme mit S 3,718.064,-- und wurden die Einkünfte des Beschwerdeführers aus Gewerbebetrieb im Jahre 1979 mit S 3,691.728,-- errechnet.

Mit Bescheid vom 28. Mai 1990 nahm die Abgabenbehörde erster Instanz das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 1979 gemäß § 303 Abs 4 BAO wieder auf. Sie begründete dies damit, daß der Beschwerdeführer die in § 119 BAO normierte abgabenrechtliche Wahrheitspflicht, den Umfang der Abgabenpflicht betreffend, verletzt hätte. Zwar habe der Beschwerdeführer bekanntgegeben, daß anläßlich der Einbringung des Betriebes in die GesmbH das Gebäude nicht eingebracht worden sei, doch habe er bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes den gemeinen Wert des entnommenen Gebäudes mit dem Buchwert geschätzt, sodaß ein Entnahmegewinn nicht realisiert worden sei. Die Schätzung mit dem Buchwert stelle nach Ansicht des Finanzamtes eine vorsätzliche Verletzung der Wahrheitspflicht dar, die zur Wiederaufnahme des Verfahrens innerhalb der zehnjährigen Verjährungsfrist des § 207 Abs 2 zweiter Satz BAO berechtige.

Mit Bescheid vom 19. Juni 1991, zugestellt am 21. Juni 1991, hob die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland über Anregung der steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers den Wiederaufnahmsbescheid des Finanzamtes gemäß § 299 Abs 2 BAO wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.

In der Folge hob die belangte Behörde ihrerseits diesen Aufhebungsbescheid gemäß § 299 Abs 2 BAO auf.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und unter Hinweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheides von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 299 Abs 2 BAO kann ein Bescheid von der Oberbehörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Der Bescheid der belangten Behörde ist ein auf diese Gesetzesstelle gestützter Aufhebungsbescheid. Mit ihm wurde ein ebenfalls auf § 299 Abs. 2 BAO gestützter Aufhebungsbescheid der Finanzlandesdirektion aufgehoben.

Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hängt daher davon ab, ob der durch den angefochtenen Bescheid aufgehobene Aufhebungsbescheid der Finanzlandesdirektion rechtmäßig war oder nicht.

Vor Erlassung eines Aufhebungsbescheides gemäß § 299 Abs 2 BAO muß der Sachverhalt, aus dem sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des aufzuhebenden Bescheides ergibt, eindeutig geklärt sein. Es müssen daher alle tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Aufhebung in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt und in der Begründung des Aufhebungsbescheides festgestellt werden (vgl das hg. Erkenntnis vom 8. April 1991, 90/15/0068).

Zunächst ist zu bemerken, daß der Beschwerdeführer im seinerzeit rechtskräftig abgeschlossenen Einkommensteuerverfahren für das Jahr 1979 nicht alle für die rechtliche Beurteilung, ob der Teilwert des entnommenen Gebäudes im Entnahmezeitpunkt tatsächlich seinem Buchwert entsprach, bedeutsamen Sachverhaltselemente offengelegt hat und daß daher die rechtliche Würdigung der Finanzlandesdirektion in ihrem Aufhebungsbescheid, der Wiederaufnahmsgrund des nachträglichen Hervorkommens neuer Tatsachen läge im Beschwerdefall nicht vor, unrichtig ist. Wegen des - jedenfalls objektiv betrachtet - vom Beschwerdeführer zu niedrig angesetzten Entnahmewertes des Gebäudes war auch die weitere Voraussetzung für eine Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens, daß die Kenntnis der neu hervorgekommenen Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte, gegeben.

Ungeachtet dessen wäre aber der Aufhebungsbescheid der Finanzlandesdirektion im Ergebnis rechtmäßig, wenn dem Beschwerdeführer keine Abgabenhinterziehung anzulasten wäre; dies deswegen, weil andernfalls der Wiederaufnahmsbescheid bereits nach Eintritt der (unter Zugrundelegung der FÜNFjährigen Frist berechneten) Bemessungsverjährung erlassen worden wäre. Die Finanzlandesdirektion hat aber in ihrem Aufhebungsbescheid weder die für eine in dieser Hinsicht abschließende Würdigung erforderlichen Feststellungen über die objektiven und subjektiven Sachverhaltselemente getroffen noch enthält ihr Bescheid sonst eine Begründung dafür, weswegen dem Beschwerdeführer eine Abgabenhinterziehung nicht angelastet werden könne.

Es war daher jedenfalls im Ergebnis richtig, daß die belangte Behörde in dem nun angefochtenen Bescheid den Aufhebungsbescheid der Finanzlandesdirektion aufgehoben hat.

Da demnach der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Auf Grund dieser Entscheidung erübrigte es sich auch, über den Antrag des Beschwerdeführers vom 28. September 1992 auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen der gestellten Anträge auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992150130.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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