TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/26 91/11/0168

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Veröffentlicht am 26.01.1993
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Index

44 Zivildienst;

Norm

ZDG 1986 §31 Abs1 Z1;
ZDG 1986 §31 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. August 1991, Zl. 127 900/17-IV/10/91, betreffend Fahrtkostenersatz nach dem Zivildienstgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Fahrtkosten für monatliche Heimfahrten von der Dienstverrichtungsstelle in Linz, Huemerstraße 13, nach Wien (U-Straße 37) und zurück gemäß § 31 Abs. 1 Z. 4 des Zivildienstgesetzes, BGBl. Nr. 679/1986 (ZDG), abgewiesen. Die belangte Behörde führte zur Begründung ihrer Entscheidung unter anderem aus, daß der Beschwerdeführer, der am 4. Februar 1991 bei der Einrichtung "Österreichisches Rotes Kreuz, Landesverband Oberösterreich" seinen Grundzivildienst angetreten hat, die Zuerkennung von täglichen Fahrtkosten gemäß § 31 Abs. 1 Z. 6 ZDG für ein innerstädtisches Massenverkehrsmittel zur Durchführung von täglichen Fahrten von seiner Adresse in Linz, X-Straße 17, zur Dienstverrichtungsstelle und retour beantragt habe; diesem Antrag sei entsprochen worden. Der Beschwerdeführer könne im Dienstort täglich eine von ihm benützte Wohnung erreichen, an dieser in seinem Antrag auf Gewährung von täglichen Fahrten angeführten Wohnung in Linz seien seine Eltern und Geschwister polizeilich gemeldet; da der Beschwerdeführer nicht verheiratet sei, seien seine Eltern im Sinne der Zielsetzung des § 31 Abs. 1 Z. 4 ZDG, nämlich dem Zivildienstleistenden die Möglichkeit zu bieten, mit seiner Familie zusammenzutreffen, als seine Familie anzusehen. Durch die Gewährung von "täglichen Fahrtkosten" zur Sicherstellung der Erreichbarkeit seiner Linzer Wohnung fehle der Rechtsgrund zur Gewährung von Fahrtkostenersatz im Sinne des § 31 Abs. 1 Z. 4 ZDG für Fahrten vom Dienstort des Beschwerdeführers zur Wiener Wohnung.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich im wesentlichen in seinem Recht, gemäß § 31 Abs. 1 Z. 4 ZDG während des Zivildienstes die Fahrtkosten für die Hin- und Rückreise zweimal im Monat auf der in Z. 1 des § 31 Abs. 1 leg. cit. genannten Strecke ersetzt zu erhalten, verletzt. Die belangte Behörde habe sowohl den Begriff "Wohnung" falsch ausgelegt als auch zu Unrecht angenommen, daß eine Fahrtkostenvergütung gemäß § 31 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. eine solche nach § 31 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. ausschließe. Der Beschwerdeführer habe - worauf mehrfach hingewiesen worden sei - in Linz keine eigene Wohnung, sondern wohne, studiere und arbeite in Wien, wo er seinen einzigen Wohnsitz habe.

Zu Recht verweist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zunächst darauf, daß der Wortlaut des § 31 Abs. 1 Z. 1 ZDG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 598/1988, was den zuvor verwendeten Begriff "Wohnsitz" anlangt, abgeändert wurde. Diese Gesetzesbestimmung, in der genannten Fassung, lautet wie folgt:

"§ 31 (1) Dem Zivildienstpflichtigen sind die notwendigen Fahrtkosten für folgende Reisen zu ersetzen:

1. Bei Antritt des Zivildienstes die Anreise von der Wohnung oder Arbeitsstelle des Zivildienstpflichtigen im Inland, sofern aber diese im Ausland gelegen sind, von der Staatsgrenze zur Einrichtung (Dienstverrichtungsstelle)."

In den Materialien zur Novellierung der genannten Gesetzesbestimmung heißt es: "Diese Bestimmung wurde bereits im Stammgesetz ohne ersichtlichen Grund abweichend von der analogen Regelung des Heeresgebührengesetzes (§ 7 Abs. 2 Z. 1) gestaltet, und zwar wird bei der Anreise im Zivildienstgesetz an den Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen an den Aufenthalt, im Heeresgebührengesetz an die Wohnung oder Arbeitsstelle angeknüpft. Da eine im Bereich des Zivildienstes sachlich begründete Differenzierung nicht gegeben ist, ist nunmehr eine Angleichung an das Heeresgebührengesetz vorgesehen." (EB zu 651 Blg. NR. XVII. GP, 22).

Die Ziffern 4 und 6 der genannten Gesetzesstelle sehen den Fahrtkostenersatz vor für

"4. die Hin- und Rückreise zweimal im Monat während des Grundzivildienstes auf der in Z. 1 genannten Strecke, insoweit im selben Monat nicht Z. 2 oder Z. 3 anzuwenden ist und sofern es die jeweiligen Erfordernisse des Zivildienstes sonst zulassen, daß der Zivildienstleistende seine Einrichtung verläßt,

...

6. die täglichen Fahrten zwischen der Unterkunft (Wohnung) im Dienstort und der Einrichtung (Dienstverrichtungsstelle), soweit diese Wegstrecke mehr als zwei Kilometer beträgt".

Nach den Materialien zu § 31 Abs. 1 Z. 4 ZDG (gleichfalls EB zu 651 Blg. NR. XVII. GP, 22) war die vorgesehene Änderung auf Grund der in § 7 Abs. 1 und 2 vorgenommenen Gliederung des ordentlichen Zivildienstes in einen "Grundzivildienst" und "Zivildienstübungen" in Anpassung an § 7 Abs. 2 Z. 4 des Heeresgebührengesetzes notwendig.

Die belangte Behörde übersieht, daß die hier maßgebliche Bestimmung des § 31 Abs. 1 Z. 4 ZDG den Fahrtkostenersatz für die Hin- und Rückreise auf der IN Z. 1 GENANNTEN STRECKE, vorsieht. Im Zusammenhalt mit Z. 1 der genannten Bestimmung ist daher darauf abzustellen, wo der Beschwerdeführer vor Antritt des Zivildienstes seine Wohnung hatte. Zu diesem Punkt führt die belangte Behörde im Einklang mit den Angaben des Beschwerdeführers selbst aus, daß dieser seinen Zivildienst von der Anschrift Wien, U-Straße 37, angetreten hat, somit von der Wohnung aus, die der Beschwerdeführer seinen Erklärungen zufolge bis zum Antritt seines Zivildienstes benützt hat und auch nach wie vor benützt. Die belangte Behörde selbst verweist in ihrer Gegenschrift darauf, daß der Beschwerdeführer über seinen Antrag hin den Ersatz der notwendigen Fahrtkosten gemäß § 31 Abs. 1 Z. 1 ZDG auf der genannten Fahrtstrecke ausbezahlt erhielt; im angefochtenen Bescheid räumt die belangte Behörde darüber hinaus ein, daß der Beschwerdeführer wiederholt Fahrten von Linz zu SEINER (WIENER) WOHNUNG und retour durchgeführt hat (Seite 2 des angefochtenen Bescheides, Mitte). Davon, daß der Beschwerdeführer diese Wohnung aufgegeben hätte und sie nicht mehr als seine Wohnung anzusehen wäre, kann somit nicht ausgegangen werden.

Der Umstand, daß der Beschwerdeführer allenfalls auch in Linz eine Wohnung begründet hat, würde seinen Anspruch nicht ändern. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß die hier relevante "Privatsphäre" von unverheirateten Zivildienstleistenden ausschließlich in der Wohnung der Eltern oder Geschwister verwirklicht werden könnte, findet in den hier anzuwendenden Gesetzesbestimmungen keine Deckung. Auch insoweit die belangte Behörde darauf hinweist, daß die Bestimmung des § 31 Abs. 1 Z. 4 ZDG den Fahrtkostenersatz für monatliche Heimfahrten nur jenen Zivildienstleistenden zugestehe, "die ihre Privatsphäre nicht ohnedies täglich infolge der Gewährung täglicher Fahrtkosten für die Benützung von Massenbeförderungsmitteln erreichen können", entfernt sie sich vom Inhalt des Gesetzes ("in Z. 1 genannte Strecke").

Da die belangte Behörde - ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht - für den Beschwerdeführer eine Wohnung in Linz als für den Fahrtkostenersatzanspruch gemäß § 31 Abs. 1 Z. 4 im Zusammenhalt mit Z. 1 ZDG maßgeblich angesehen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991110168.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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