TE Vfgh Erkenntnis 1990/9/24 B664/90

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Veröffentlicht am 24.09.1990
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art83 Abs2 RAO §28 Abs2 RAO §30 Abs4 RAO §34 Abs1 lita RAO §5a

Leitsatz

Keine Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung von Berufungen an die OBDK gegen die amtswegige Löschung aus der Liste der Rechtsanwälte nach rechtskräftiger Eröffnung des Konkurses; Zulässigkeit einer Berufung nur in den vom Gesetz ausdrücklich angeführten Fällen

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Antrag der Beschwerdeführerin, die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten, wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 26. Februar 1985, GZ 5 Nc 32/84, wurde ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens rechtskräftig gemäß §72 KO abgewiesen.

2. Mit Beschluß des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland (im folgenden kurz als "Ausschuß" bezeichnet) wurde die amtswegige Löschung der Beschwerdeführerin aus der Liste der Rechtsanwälte verfügt. Die dagegen von der Beschwerdeführerin eingebrachte Vorstellung wurde vom Ausschuß als unzulässig zurückgewiesen.

3. Die gegen diese beiden Bescheide des Ausschusses eingebrachten Berufungen wurden von der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (OBDK) mit Bescheid vom 8. Juli 1985 mangels Zuständigkeit der OBDK zur Entscheidung über die Berufungen zurückgewiesen.

II. Über die gegen diesen Bescheid der OBDK erhobene Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:

1. §34 RAO lautet:

§34. (1) Die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft erlischt:

a) durch den Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft, ferner durch den Verlust der Eigenberechtigung, solange dieser dauert, sowie durch die rechtskräftige Eröffnung des Konkurses bis zu seiner rechtskräftigen Aufhebung;

b)....

2. Mit der rechtskräftigen Eröffnung des Konkursverfahrens erlischt also gemäß §34 leg.cit. die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft. Ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin wurde in Ermangelung eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens ausreichenden Vermögens abgewiesen.

3. §28 Abs1 RAO zählt demonstrativ alle jene Angelegenheiten auf, die in den Wirkungsbereich des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer gehören. Zusätzlich bestimmt §28 Abs2 RAO, daß dem Ausschuß außerdem alle jene Aufgaben obliegen, die nicht durch Gesetz einem anderen Organ zugewiesen sind. Gemäß §34 Abs1 lita RAO erlischt - wie dargetan - die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft ex lege durch rechtskräftige Eröffnung des Konkurses. Die Durchführung der Löschung aus der Liste der Rechtsanwälte ist vom Gesetz keinem bestimmten Organ zugewiesen. Gemäß §28 Abs2 leg.cit. obliegt daher diese Aufgabe dem Ausschuß der Rechtsanwaltskammer. Ein Instanzenzug ist nicht vorgesehen. Eine Berufung vom Ausschuß an die OBDK ist nur in den vom Gesetz ausdrücklich angeführten Fällen (§§5a und 30 Abs4 RAO) zulässig.

Da die Berufungen der Beschwerdeführerin sohin zu Recht zurückgewiesen wurden, wurde die Beschwerdeführerin im - von ihr in erster Linie geltend gemachten - Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der die Zurückweisung tragenden Rechtsvorschriften (vgl. zB VfSlg. 7768/1976, 5396/1966, 6429/1971) ist es damit auch ausgeschlossen, daß sie in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre (vgl. zB VfSlg. 10374/1985).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

4. Der Antrag der Beschwerdeführerin, die Beschwerde zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, da es sich bei der belangten Behörde um eine Kommission nach Art133 Z4 B-VG handelt - die Mitglieder der OBDK sind in Ausübung ihrer Tätigkeit an keine Weisungen gebunden, ihre Entscheidungen unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg (§55e DSt) - und eine Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes im Gesetz nicht vorgesehen ist (VfSlg. 11352/1987).

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Rechtsanwälte, Berufsrecht Rechtsanwälte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B664.1990

Dokumentnummer

JFT_10099076_90B00664_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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