TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/28 92/04/0264

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Veröffentlicht am 28.01.1993
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

BefNwV Überlassung von Arbeitskräften 1988 §10 Abs2;
GewO 1973 §28 Abs1;
GewO 1973 §323a Abs1;
GewO 1973 §323b Abs1 Z1;
GewO 1973 §346;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der P-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 11. September 1990, Zl. 313.357/1-III/5/90, betreffend Erteilung einer Konzession (Überlassung von Arbeitskräften), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 11. September 1990 wurde über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. Mai 1990, mit welchem der Beschwerdeführerin gemäß § 25 Abs. 2 GewO 1973 die Konzession für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften im Standort W, A-Straße 5, und gemäß § 39 Abs. 5 GewO 1973 die Genehmigung der Bestellung des X zum Geschäftsführer für die Ausübung dieses Gewerbes verweigert worden waren, dahin entschieden, daß der Berufung keine Folge gegeben und daß der erstbehördliche Bescheid im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales gemäß § 25 Abs. 2 GewO 1973 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 und 5, § 323b Abs. 1 Z. 1 und § 376 Z. 36 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 und § 10 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 324/1988 bestätigt werde.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe am 2. Jänner 1986 das Gewerbe "Zurverfügungstellen von Arbeitskräften unter Übernahme des wirtschaftlichen Wagnisses für die Beschäftigung dieser Arbeitskräfte auf längere Dauer und unabhängig davon, ob der Gewerbeinhaber sie entsprechend einsetzen kann" im Standort W, A-Straße 5, angemeldet. Sie habe mit einer am 6. Mai 1988 beim Amt der Wiener Landesregierung eingelangten Eingabe unter Bezugnahme auf § 376 Z. 36 GewO 1973 um die Erteilung der Konzession für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften am angegebenen Standort und um die Genehmigung der Bestellung des X zum Geschäftsführer für die Ausübung dieses Gewerbes angesucht. Mit dem erstbehördlichen Bescheid sei dieses Ansuchen abgewiesen worden, wogegen die Beschwerdeführerin Berufung erhoben habe. Darin werde ausgeführt, daß der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hinsichtlich des Ansuchens des X um Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften einen ablehnenden Bescheid erlassen habe und daß gegen diesen Bescheid Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits das Vorverfahren eingeleitet. Aus diesen Gründen habe die Beschwerdeführerin beantragt, das gegenständliche Konzessionsverfahren bis zum Abschluß des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof zu unterbrechen. Weiters habe sie ausgeführt, daß für den Fall, daß X vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht Recht bekäme, K als "Konzessionsträger" zur Verfügung stehe. Der Bundesminister stelle hiezu fest, daß mit seinem Bescheid vom 6. Februar 1990 der Berufung des X gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. Oktober 1989 - mit welchem dem X gemäß § 28 GewO 1973 die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis (Konzessionsprüfung) für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften verweigert worden sei - keine Folge gegeben und gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1973 der betreffende erstbehördliche Bescheid bestätigt worden sei. Gegen diesen Bescheid habe X Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Mai 1990, Zl. 90/04/0067-4, sei gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren eingeleitet worden. Festzuhalten sei, daß die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren keinen Antrag auf Genehmigung der Bestellung des K zum Geschäftsführer gestellt habe. Sie habe in der Berufung lediglich in Aussicht gestellt, daß einer ihrer Angestellten, K, der die Konzessionsprüfung abgelegt und bestanden habe, als "Konzessionsträger" zur Verfügung stehe, wenn "Herr X in der Sache - Ansuchen um Nachsicht vom Befähigungsnachweis - nicht recht" bekomme. X habe bisher weder die Konzessionsprüfung für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften abgelegt, noch sei ihm die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für das angestrebte Gewerbe erteilt worden. Ebenso habe im Verfahren nicht der Nachweis erbracht werden können, daß X das nunmehr konzessionierte Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften ununterbrochen während der Zeit vom 1. Juli 1983 bis zum 1. Juli 1988 befugt ausgeübt habe oder während dieses Zeitraumes in diesem Gewerbe ununterbrochen als

- gewerberechtlicher - Geschäftsführer oder Filialgeschäftsführer tätig gewesen sei, da die Beschwerdeführerin das Gewerbe "Zurverfügungstellen von Arbeitskräften .." im bezeichneten Standort erst seit 2. Jänner 1986 ausübe. Das von der Beschwerdeführerin (vormals H-Gesellschaft m.b.H.) im bezeichneten Standort ausgeübte Gewerbe "Durchführung der büromäßigen Tätigkeit für Gewerbetreibende, eingeschränkt auf die Erledigung von Korrespondenz und Botendiensten, sowie die Entgegennahme und Weitergabe telefonischer Nachrichten unter Ausschluß jeder an einen Befähigungsnachweis gebundenen Tätigkeit", das am 10. März 1983 angemeldet worden sei, berechtige nicht zur Ausübung des Gewerbes "Zurverfügungstellung von Arbeitskräften" oder eines Gewerbes mit ähnlichem Wortlaut, jedoch mit gleichem Umfang der Gewerbeberechtigung. Da X nicht in der Lage sei, den nach der Verordnung BGBl. Nr. 324/1988 vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erbringen und ihm bisher auch nicht die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für das gegenständliche Gewerbe erteilt worden sei, sei der Berufung der Erfolg zu versagen gewesen. Zu dem in der Berufung gestellten Antrag auf Unterbrechung des gegenständlichen Konzessionsverfahrens bis zur Erledigung der Beschwerde des X an den Verwaltungsgerichtshof wegen Nachsicht vom Befähigungsnachweis werde angemerkt, daß sich der Bundesminister hiezu nicht veranlaßt sehe, weil es ja der Beschwerdeführerin freistehe, nach allfälliger Aufhebung des die Nachsicht verweigernden Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof und anschließender Nachsichtserteilung ein neues Konzessionsansuchen einzubringen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin verbunden mit einem Abtretungsantrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1992, B 1392/89, 1300/90, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfasssungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in ihren Rechten verletzt worden sei; die Beschwerde wurde abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof enthält die vorliegende Beschwerde folgende Erklärung über den Beschwerdepunkt:

"Wir erachten uns durch den angefochtenen Bescheid in dem uns gemäß § 376 Z. 36 GewO zustehenden Recht auf Erteilung einer Konzession sowie dem gemäß § 10 Abs. 2 der Verordnung vom 30.6.1988 des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. Nr. 324/88, eingeräumten Recht auf Nachsicht der Ablegung der Konzessionsprüfung für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften durch Nichtanerkennung der in dieser Verordnung als Ersatz für die Ablegung der Konzessionsprüfung normierten Ausübung bzw. Vordienstzeiten unseres Geschäftsführers X verletzt, sowie in unserem Recht auf ein mängelfreies Verfahren nach dem AVG."

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die Beschwerdeführerin habe in dem über ihren Antrag anhängigen Konzessionsverfahren ausdrücklich beantragt, die Entscheidung in diesem Verfahren bis zur Entscheidung über die von X gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 6. Februar 1990 eingebrachte Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gemäß § 38 AVG auszusetzen. Diesem Antrag sei die belangte Behörde mit der Begründung nicht nachgekommen, die Beschwerdeführerin könne für den Fall, daß dem Geschäftsführer die Nachsicht von der Ablegung der Konzessionsprüfung erteilt würde, einen neuen Konzessionsantrag einbringen. Diese Begründung gehe insofern an der Sach- und Rechtslage vorbei, als es sich im gegenständlichen Fall ja nicht um ein Verfahren, das mit einem Neukonzessionsverfahren vergleichbar sei, handle. Da mit der Abweisung des Konzessionsantrages zwingend auch der Verlust der Befugnis zur weiteren Gewerbeausübung verbunden sei, wäre es vielmehr unter dem Gesichtspunkt des Schutzes wohlerworbener Rechte notwendig gewesen, dem Unterbrechungsantrag stattzugeben, zumal eine Entscheidung über die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde des X eine für die Entscheidung im gegenständlichen Konzessionsverfahren wesentliche Vorfragenentscheidung darstelle. In dem über den Nachsichtsantrag anhängigen Verfahren habe X und im Verfahren über das Konzessionsansuchen habe die Beschwerdeführerin die Vernehmung der beiden Referenten des magistratischen Bezirksamtes für den n. Wiener Gemeindebezirk zum Beweis dafür beantragt, daß die Beschwerdeführerin bzw. X das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung bereits vor dem 1. Juli 1983 ausgeübt hätten. Die beiden Beamten seien weder in jenem noch in diesem Verfahren einvernommen worden, sodaß beide Verfahren an gravierenden Mängeln litten. Umsomehr wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, das gegenständliche Verfahren bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die von X eingebrachte Beschwerde auszusetzen.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides trägt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde habe im gegenständlichen Verfahren unzulässigerweise die Vorfrage, seit wann die Beschwerdeführerin bzw. ihr Geschäftsführer das Gewerbe ausübe, negativ gelöst, dies allerdings unrichtig. Sie sei offenbar davon ausgegangen, daß Entscheidungsgrundlage für das Nachsichtsansuchen des X § 28 GewO 1973 darstelle. Diese Auffassung sei unrichtig, und zwar deshalb, da § 10 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 324/1988 von seiner Formulierung her eindeutig einen auf den konkreten Fall des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes abgestellten Nachsichtstatbestand darstelle, und zwar ohne der Behörde nur den geringsten Ermessensspielraum zu geben, so wie er ihr für die Behandlung von Nachsichtsansuchen allgemeiner Art im Sinne des § 28 Abs. 1 GewO 1973 eingeräumt worden sei. Aus § 10 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 324/1988 ergebe sich ganz eindeutig, daß dann, wenn der Nachsichtswerber das Gewerbe in der Zeit vom 1. Juli 1983 bis zum Inkrafttreten der Verordnung ununterbrochen befugt ausgeübt habe, er seine Befähigung für die Ausübung des Gewerbes nachweise, ohne daß auch nur irgendeine der weiteren in § 28 Abs. 1 GewO 1973 angeführten Voraussetzungen für die Nachsicht des Befähigungsnachweises zu prüfen sei. Die Richtigkeit dieser Überlegungen ergebe sich auch aus dem ersten Halbsatz des § 28 Abs. 1 GewO 1973, in welchem dem Verordnungsgeber eine Nachsichtsausschlußermächtigung eingeräumt sei, im Wege eines Umkehrschlusses, wonach dann, wenn die Verordnung ausdrücklich etwas Konkretes bestimme, unter den Voraussetzungen der Bestimmungen der Verordnung die Erteilung der Nachsicht ebenfalls zulässig sein müsse. Der Verordnungsgeber sei eben bei Erlassung der Verordnung davon ausgegangen, daß bei einer derart langen Verwendungszeit in diesem Gewerbe die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen vorhanden seien, somit offenbar die volle Befähigung im Sinne des § 18 GewO 1973 vorliege. In weiterer Folge habe die belangte Behörde, von ihrer unrichtigen Rechtsansicht ausgehend, obwohl § 10 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 324/1988 die Nachsichtsvoraussetzungen abschließend regle, noch die weiteren Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 GewO 1973 geprüft und habe, da sie das Vorliegen der fälschlicherweise geprüften Umstände verneint habe, es auch unterlassen, Erhebungen über die Zeit, in der X befugterweise die Arbeitskräfteüberlassung betrieben habe, vorzunehmen und die hierüber beantragten Beweise im Bereich des magistratischen Bezirksamtes für den n. Bezirk aufzunehmen. Das durchgeführte Verwaltungsverfahren leide daher an einem gravierenden (sekundären) Verfahrensmangel, der eine erschöpfende Beurteilung der Sach- und Rechtslage hindere. Weiters weise der angefochtene Bescheid auch einen gravierenden Begründungsmangel insofern auf, als X sämtliche der vorstehend angeführten rechtlichen Überlegungen bereits in seiner Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien dargelegt habe. Die belangte Behörde habe diese Überlegungen aber mit Stillschweigen übergangen und sich mit ihnen überhaupt nicht auseinandergesetzt. Die Richtigkeit dieser Überlegungen ergebe sich im Hinblick auf die Verordnung BGBl. Nr. 324/1988 auch daraus, daß in einem "normalen" antragsbedürftigen Nachsichtsverfahren von der zuständigen Behörde ein rechtsgestaltender Bescheid erlassen werde, nämlich in der Form, daß bei Stattgebung des Antrages die Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises erteilt werde. Auf Grund der Formulierung des § 10 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 324/1988 sei aber die Erlassung eines rechtsgestaltenden Bescheides gar nicht mehr möglich, sondern es sei dann, wenn die dort angeführten Voraussetzungen erbracht seien, über einen entsprechenden Antrag ein Feststellungsbescheid des Inhaltes zu erlassen, daß dadurch, daß das Gewerbe befugter- und ununterbrochenerweise vom 1. Juli 1983 bis 30. Juni 1988 ausgeübt worden sei, der Befähigungsnachweis für die Ausübung des Gewerbes der Überlassung von Arbeitskräften erbracht sei. Nachdem es auf Grund der Formulierung der Verordnung für die Erbringung des Befähigungsnachweises ausschließlich auf den Zeitraum vom 1. Juli 1983 bis 30. Juni 1988 ankomme, der bei einem allenfalls auch später einzubringenden Konzessionsansuchen die Konzessionsprüfung zu ersetzen habe, habe X auch ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß er den Befähigungsnachweis durch Gewerbeausübung in der beschriebenen Art und Dauer erbracht habe. Die entsprechende Überprüfung zu einem allfälligen späteren Zeitpunkt eines Konzessionsverfahrens würde nämlich insofern immer schwieriger werden, als das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung als freies Gewerbe in der Gewerbeordnung 1973 nicht ausdrücklich angeführt gewesen sei. Somit hätten auch die Gewerbescheine, auch wenn mit der Ausübung des jeweils ausgeübten Gewerbes die Arbeitskräfteüberlassung verbunden gewesen sei, keinen ausdrücklichen Hinweis darauf enthalten. Über die tatsächliche konkrete Gestaltung und Ausübungsform des Gewerbes in der Zeit bis 1988 hätten daher nur die jeweils für die Ausstellung der Gewerbescheine zuständigen Referenten auf Grund ihrer persönlichen Wahrnehmungen Kenntnis gehabt, im gegenständlichen Fall die im erstinstanzlichen Verfahren beantragten Zeugen. Da diese sicherlich mit der Zeit ihre Wahrnehmungen vergessen könnten oder aus anderen widrigen Umständen nicht mehr als Zeugen zur Verfügung stehen würden, habe X ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 324/1988 hinsichtlich des Ersatzes der Konzessionsprüfung durch entsprechende Ausübungszeiten vorhanden gewesen seien.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Juristische Personen und Personengesellschaften des Handelsrechtes können entsprechend der Bestimmung des § 9 Abs. 1 GewO 1973 Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben.

Gemäß § 39 Abs. 2 GewO 1973 muß der Geschäftsführer unter anderem den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen.

Nach § 323a GewO 1973 unterliegt der Konzessionspflicht - abgesehen von den in § 323a leg. cit. vorgesehenen, im Beschwerdefall nicht relevanten Fällen - die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte (Überlassung von Arbeitskräften).

Die Erteilung der Konzession für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften erfordert neben der Erfüllung der im § 25 Abs. 1 Z. 1 angeführten Voraussetzungen gemäß § 323b leg. cit. u.a. (Z. 1) die Erbringung des Befähigungsnachweises.

§ 376 Z. 36 GewO 1973 enthält hiezu folgende Übergangsbestimmung:

"(1) Personen, die zu einer Tätigkeit, die durch § 323a an eine Konzession gebunden wurde (Überlassung von Arbeitskräften), am 30. Juni 1988 berechtigt sind, bedürfen zur weiteren Ausübung ihrer Tätigkeit nach diesem Zeitpunkt einer Konzession gemäß § 323a in einem ihrer bisherigen Tätigkeit sachlich entsprechenden Umfang. Diese Konzession ist zu erteilen, es sei denn, daß die Voraussetzungen für eine Entziehung der Konzession (§§ 87 bis 89 und 91 Abs. 2) vorliegen, wenn sie

a) nachweisen, daß sie ihre nunmehr an eine Konzession gebundene Tätigkeit während der Zeit vom 1. Juli 1987 bis 30. Juni 1988 befugt ausgeübt haben,

b) selbst oder durch einen Geschäftsführer (§ 39) oder Pächter (§ 40) den Befähigungsnachweis (§ 323b Abs. 1 Z. 1) erbringen, ..."

Hinsichtlich des Befähigungsnachweises enthält § 10 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. Juni 1988, BGBl. Nr. 324, über den Befähigungsnachweis für das konzessionierte Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften folgende Übergangsbestimmung:

"(2) Personen, die nachweisen, daß sie das nunmehr konzessionierte Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften ununterbrochen während der Zeit vom 1. Juli 1983 bis zum Inkrafttreten dieser Verordnung befugt ausgeübt haben oder während dieses Zeitraumes in diesem Gewerbe ununterbrochen als Geschäftsführer oder Filialgeschäftsführer tätig waren, weisen hiedurch ihre Befähigung für die Ausübung dieses Gewerbes nach."

Es besteht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kein Streit darüber, daß es im vorliegenden Fall auf die Beurteilung der Frage ankommt, ob X die persönlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes im Sinne des § 39 Abs. 2 GewO 1973 besitzt. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin besitze er diese persönlichen Voraussetzungen auf dem Boden der Regelung des § 376 Z. 36 Abs. 1 lit. b GewO 1973 in Verbindung mit § 10 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 324/1988.

In diesem Zusammenhang sei in Erwiderung auf das Beschwerdevorbringen zunächst darauf hingewiesen, daß der Bestimmung des § 10 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 324/1988 ausschließlich Entscheidungsrelevanz im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 323b Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 aus Anlaß des Ansuchens um Erteilung der Konzession für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften zukommt, nicht hingegen auch in einem Verfahren auf Grund des Antrages um Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 1990, Zl. 90/04/0067).

Was die Tätigkeit des X in der Zeit vom 1. Juli 1983 bis zum 1. Juli 1988 anlangt, enthält die vorliegende Beschwerde die Sachverhaltsdarstellung, X habe bereits 1978 bis 1979 oder 1980 ein Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen im m., später y. Bezirk betrieben sowie ab 10. März 1983 laufend auf Grund eines Gewerbescheines zunächst im Rahmen der Vermietung von Büroräumen und der entsprechenden Infrastruktur den Mietern der Büroräume Schreib- und Bürohilfskräfte, später auf Grund einer Erweiterung der Gewerbeberechtigung auch Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an einen unbegrenzten Kreis von Dritten zur Verfügung gestellt. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, der Nachweis, daß X das nunmehr konzessionierte Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften ununterbrochen während der Zeit vom 1. Juli 1983 bis zum 1. Juli 1988 befugt ausgeübt habe oder während dieses Zeitraumes in diesem Gewerbe ununterbrochen als

- gewerberechtlicher - Geschäftsführer oder Filialgeschäftsführer tätig gewesen sei, habe nicht erbracht werden können. Die belangte Behörde beruft sich in diesem Zusammenhang weiters auf das am 10. März 1983 angemeldete Gewerbe "Durchführung der büromäßigen Tätigkeit für Gewerbetreibende, eingeschränkt auf die Erledigung von Korrespondenz und Botendiensten, sowie die Entgegenahme und Weitergabe telefonischer Nachrichten unter Ausschluß jeder an einen Befähigungsnachweis gebundenen Tätigkeit" und ferner darauf, daß die Beschwerdeführerin das Gewerbe "Zurverfügungstellen von Arbeitskräften ..." erst seit 2. Jänner 1986 ausübe.

Daß X auf Grund einer auf die Berechtigung zur Arbeitskräfteüberlassung lautenden Gewerbeanmeldung in der Zeit vom 1. Juli 1983 bis zum 1. Juli 1988 ununterbrochen als Gewerbetreibender oder als gewerberechtlicher Geschäftsführer tätig gewesen wäre, und daß und inwiefern die belangte Behörde entsprechende Feststellungen zu treffen gehabt hätte, wird in der vorliegenden Beschwerde nicht vorgetragen. Vielmehr beruft sich die Beschwerdeführerin in der vorliegenden Beschwerde darauf, daß früher ausgestellte Gewerbescheine keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Arbeitskräfteüberlassung enthalten hätten. Die Auffassung der belangten Behörde, daß dem X weder als Gewerbetreibendem noch bis zum 2. Jänner 1986 als Geschäftsführer eine entsprechende befugte Gewerbeausübung im Sinne des § 10 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 324/1988 zugerechnet werden könne, ist unter Bedachtnahme auf die im gegebenen Zusammenhang in der Beschwerde enthaltenen Ausführungen nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerdeführerin geht selbst davon aus, daß eine Nachsichtserteilung einen rechtsgestaltenden Akt darstellt. In diesem Sinn war in dem auf Antrag des X durchgeführten Nachsichtsverfahren im Sinne der §§ 28 und 346 GewO 1973 über keine Frage zu entscheiden, die sich im Verfahren über das Konzessionsansuchen der Beschwerdeführerin als Vorfrage gestellt hätte, weil für die Entscheidung im Sinne des Konzessionsansuchens unter anderem gemäß § 323b Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 der bereits vorhandene Befähigungsnachweis, also nicht das allfällige Vorliegen lediglich von Nachsichtsvoraussetzungen ohne rechtskräftige Nachsichtserteilung, Tatbestandsvoraussetzung gewesen wäre.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Beschwerde des X gegen den die Nachsicht versagenden Bescheid war über die Frage, ob der betreffende Bescheid als rechtswidrig zu erkennen ist oder nicht, abzusprechen und schon unter diesem Blickwinkel keine Frage zu entscheiden, die sich im Verfahren über das Konzessionsansuchen der Beschwerdeführerin als Vorfrage gestellt hätte. Unter dem Gesichtspunkt, daß die belangte Behörde im Verfahren über das Konzessionsansuchen der Beschwerdeführerin nicht davon ausging, daß sich entsprechend der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung eine Vorfrage gestellt hätte, liegt somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor.

Aus den dargelegten Gründen läßt der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992040264.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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