TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/17 92/01/0893

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.02.1993
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1968 §27;
AsylG 1991 §18 Abs1;
AVG §39a Abs1;
AVG §58 Abs1;
B-VG Art8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Juni 1992, Zl. 4.337.785/1-III/13/92, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 10. April 1992, mit dem festgestellt wurde, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei, wurde dem Beschwerdeführer am 17. April 1992 zugestellt und von diesem eigenhändig übernommen. Der Beschwerdeführer bestätigte dies mit seiner Unterschrift auf dem Rückschein. Am 5. Mai 1992 (Datum des Poststempels) gab der Beschwerdeführer seine Berufung gegen diesen Bescheid zur Post. Das Schreiben vom 15. Mai 1992, mit dem dem Beschwerdeführer die Verspätung der Berufung vorgehalten werden sollte, konnte diesem nicht zugestellt werden. Dem Bericht des Zustellers vom 19. Mai 1992 und einer Auskunft der Meldebehörde vom 21. Mai 1992 zufolge war der Beschwerdeführer "unbekannt verzogen".

Mit Bescheid vom 30. Juni 1992 wies die belangte Behörde die Berufung als verspätet zurück. Begründend vertrat sie die Auffassung, die zweiwöchige Frist des § 63 Abs. 5 AVG zur Erhebung der Berufung habe im Hinblick auf die Zustellung des bekämpften Bescheides am 17. April 1992 am 4. Mai 1992 geendet;

die am 5. Mai 1992 zur Post gegebene Berufung sei daher verspätet. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 8. Juli 1992 zugestellt und von diesem eigenhändig übernommen;

der Beschwerdeführer bestätigte dies mit seiner Unterschrift auf dem Rückschein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

In der Beschwerde wird - nach einem Hinweis des zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwaltes, er habe mit dem Beschwerdeführer keine Information aufnehmen können und auch der Akteninhalt sei ihm unbekannt, weshalb er auf Vermutungen angewiesen sei - geltend gemacht,

a) der angefochtene Bescheid sei mangels rechtswirksamer Zustellung bisher nicht erlassen worden;

b) der Bescheid der Sicherheitsdirektion sei nicht dem Beschwerdeführer, sondern "einer anderen Partei zugestellt" und dem Beschwerdeführer "erst verspätet übergeben" worden;

c) die Berufung sei bereits am 4. Mai 1992 "eingebracht" worden;

d) der Bescheid der Sicherheitsdirektion sei in deutscher Sprache, die der Beschwerdeführer nicht verstehe, ausgefertigt worden. Die wirksame Zustellung sei daher erst durch Kenntnisnahme vom Inhalt (durch Übersetzung) nach einigen Tagen erfolgt.

Diese Darlegungen erweisen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Der zu a) wiedergegebene Einwand - dessen Zutreffen im übrigen zur Zurückweisung der Beschwerde führen müßte - widerspricht, wie sich schon aus den Darlegungen zum Sachverhalt ergibt, der Aktenlage. Die nicht weiter konkretisierten, offenkundig auf "Vermutungen" beruhenden Darlegungen bieten auch keinen Anlaß zu Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der beurkundeten Zustellvorgänge; insbesondere hat der Beschwerdeführer weder die Echtheit seiner Unterschrift noch die Richtigkeit des auf dem Rückschein eingetragenen Zustelldatums bestritten. All dies trifft auch auf den zu b) erhobenen Beschwerdevorwurf zu.

Mit dem zu c) wiedergegebenen, nicht weiter konkretisierten Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil die belangte Behörde im Hinblick auf das Datum des Poststempels (5. Mai 1992) mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgehen konnte, daß der Beschwerdeführer den Berufungsschriftsatz an diesem Tag der Post zur Beförderung übergeben hatte.

Die nicht näher begründete Auffassung der Beschwerde, die Zustellung werde erst an jenem Tag wirksam, an dem der der deutschen Sprache nicht mächtige Beschwerdeführer durch Übersetzung des Bescheides von dessen Inhalt Kenntnis erlangt habe, kann nicht geteilt werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht im allgemeinen kein Anspruch auf Verwendung einer fremden Sprache im schriftlichen Verkehr mit der Behörde (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 1. Februar 1989, Zl. 88/01/0330); ein Fall der Zulassung einer weiteren Sprache als Amtssprache (vgl. Art. 7 Z. 3 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. Nr. 152/1955) liegt hier nicht vor. Die Asylbehörde erster Instanz hatte auch das am 1. Juni 1992 in Kraft getretene Asylgesetz 1991 (vgl. § 27 leg. cit.) noch nicht anzuwenden; eine dem § 18 Abs. 1 letzter Satz Asylgesetz 1991 entsprechende Vorschrift gehörte im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht dem Rechtsbestand an. Es entsprach daher dem Gesetz (Art. 8 B-VG), daß die Sicherheitsdirektion ihren Bescheid in deutscher Sprache ausfertigte; auf der Grundlage des bei ihrer Entscheidung anzuwendenden Rechtes war sie auch zur Beigebung einer Übersetzung nicht verpflichtet. Daß der Beschwerdeführer der deutschen Sprache allenfalls nicht ausreichend mächtig ist, machte somit die Zustellung des Bescheides der Sicherheitsdirektion schon aus den dargelegten Gründen nicht rechtswidrig. Der von der Beschwerde aufgezeigte Umstand vermag somit nichts daran zu ändern, daß im Sinne des § 63 Abs. 5 letzter Satz AVG die Berufungsfrist mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides - und nicht erst mit der Herstellung einer Übersetzung - begonnen hat.

Im Beschwerdefall ist auch nicht zu erörtern, ob ein Verfahrensmangel darin liegt, daß die belangte Behörde keinen weiteren Versuch der Zustellung des Vorhaltes vom 15. Mai 1992 unternahm; denn die Beschwerde führt nicht aus, welcher Sachverhalt der belangten Behörde (infolge Verletzung des Parteiengehörs) unbekannt geblieben wäre.

Die Beschwerde zeigt somit keine bei der Zurückweisung der Berufung unterlaufene Rechtswidrigkeit auf; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Rechtsmittelbelehrung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992010893.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten