TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/18 92/09/0321

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Veröffentlicht am 18.02.1993
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §7 Abs6;
GmbHG §18;
StGB §4;
VStG §1;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des P in R, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 14. Oktober 1992, Zl. 19/02/91.006/5, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg (BH) vom 12. Juni 1991 wurde der Beschwerdeführer als gemäß § 9 VStG für die Firma P-Gesellschaft m.b.H. (in der Folge kurz: Ges.m.b.H.) einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- verurteilt, weil er vom 2. März 1991 bis zum 29. April 1991 den Ausländer R.M. beschäfigt habe, obwohl für diesen keine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei und er auch keinen Befreiungsschein besessen habe. Die BH stützte sich begründend auf die gegen den Beschwerdeführer erstattete Anzeige. Der Beschwerdeführer habe trotz gebotener Gelegenheit keine Stellungnahme zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf abgegeben.

Im Berufungsverfahren machte der Beschwerdeführer u.a. geltend, der Ges.m.b.H. seien für R.M. folgende Beschäftigungsbewilligungen erteilt worden:

-

am 19. Juli 1989 für die Zeit vom 20. Juli bis zum Jahresende 1989,

-

am 6. Dezember 1989 für das ganze Jahr 1990 und

-

am 4. Dezember 1990 für das ganze Jahr 1991.

Am 31. Dezember 1990 sei das Arbeitsverhältnis durch Kündigung seitens des R.M. gelöst worden; am 14. Jänner 1991 sei R.M. bei der Gebietskrankenkasse abgemeldet worden. Dieses Ausscheiden des R.M. sei für die Ges.m.b.H. völlig überraschend erfolgt; R.M. habe jedoch Anfang April 1991 wieder bei der Ges.m.b.H. vorgesprochen und erklärt, er wolle nun doch wieder für diese arbeiten, weil die von ihm in Wien aufgenommene Arbeit doch nicht das Richtige sei. Seitens der Ges.m.b.H. sei man über diese Heimkehr sehr erfreut und mit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit R.M. einverstanden gewesen. R.M. sei daher ab dem 2. April 1991 wieder als Maler beschäftigt und unverzüglich bei der Gebietskrankenkasse angemeldet worden. Hinsichtlich der Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG sei der Beschwerdeführer in Unkenntnis des § 7 Abs. 6 AuslBG der irrigen Meinung gewesen, daß die am 4. Dezember 1990 erteilte Bewilligung für das ganze Jahr 1991 auch das fortgesetzte Arbeitsverhältnis erfassen würde und sich daher eine neuerliche Antragstellung erübrige. Unmittelbar nach Information durch das Arbeitsamt, daß eine neue Beschäftigungsbewilligung erforderlich sei, habe die Ges.m.b.H. das Arbeitsverhältnis mit R.M. am 30. April 1991 wieder beendet. Der aufgezeigte Rechtsirrtum des Beschwerdeführers sei unverschuldet gewesen, was nach der vom Beschwerdeführer noch näher beleuchteten Sach- und Rechtslage zur Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach dem AuslBG führen müsse.

Nach Einholung einer Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Burgenland und nach Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung, in der weitere Beweise aufgenommen wurden, gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. Oktober 1992 der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 51 Abs. 1 VStG keine Folge und bestätigte den Bescheid der BH vom 12. Juni 1991 mit der Maßgabe, daß der Spruch wie folgt zu lauten habe:

"Sie haben als handelsrechtlicher Verantwortlicher der Firma P-GesmbH vom 02 04 1991 bis 29 04 1991 in R den Ausländer R.M., geb 03 06 1943, beschäftigt, obwohl für diesen weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, noch eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 28 Abs 1 Z 1 lit a) iVm § 3 Abs 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl Nr 218/1975 idF BGBl Nr 450/1990 (AuslBG).

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe von S 10.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a zweiter Strafsatz AuslBG.

... (Kostenentscheidung) ..."

Zum oben näher wiedergegebenen Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich des behaupteten Rechtsirrtums ging die belangte Behörde begründend von den vom Beschwerdeführer angegebenen Daten über bereits für R.M. erteilte Beschäftigungsbewilligungen aus. Die Bewilligung für das Jahr 1991 sei jedoch auf Grund der Kündigung des Arbeitnehmers gemäß § 7 Abs. 6 AuslBG erloschen. Der Entschuldigungsgrund des § 5 Abs. 2 VStG sei im Beschwerdefall schon deshalb nicht anzuwenden, weil in den für die Erwirkung einer Beschäftigungsbewilligung vorgesehenen Antragsformularen ausdrücklich darauf hingewiesen werde, daß eine erteilte Bewilligung mit Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erlösche. Daß der Beschwerdeführer diesen Hinweis "offensichtlich übersehen" und sich auch sonst nicht über die Rechtswirkungen einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auf die erteilte Beschäftigungsbewilligung erkundigt habe, sei allein ihm zuzuschreiben und von ihm zu verantworten. Dies umso mehr, als er als Geschäftsführer der Ges.m.b.H. für die Einhaltung des AuslBG verantwortlich gewesen sei und schon eine Verurteilung nach diesem Gesetz aufweise. Abgesehen davon sei die Annahme des Erlöschens der Beschäftigungsbewilligung im Falle der Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses keineswegs derart lebensfremd, daß der Beschwerdeführer vom Weiterbestand der erteilten Bewilligung ausgehen hätte können. Er habe auch nicht Zweifel an der Wiedererlangung der Bewilligung ausschließen können, weil jede solche Bewilligung vom Arbeitsamt erst nach einem Ermittlungsverfahren u.a. über die Arbeitsmarktlage erteilt werden dürfe. Ein Geschäftsführer, der seit Jahren mit dem Arbeitsamt zwecks Erwirkung von Beschäftigungsbewilligungen in Kontakt und verpflichtet sei, das AuslBG zu kennen, könne darüber hinaus auch nicht als juristischer Laie auf diesem Gebiet dargestellt werden. Das Verhalten des Beschwerdeführers sei daher zumindest als fahrlässig zu werten, was gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit genüge. Mangels eines Schuldausschließungsgrundes habe somit der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Übertretung in objektiver und in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Die Berufungsbehörde sei ferner zur Berichtigung des Bescheides der BH hinsichtlich der verletzten Norm und der relevanten Tatzeit befugt gewesen. Anschließend setzte sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid noch ausführlich mit den Gründen für die Strafbemessung auseinander.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, "wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu, wegen Rechtswidrigkeit seines Zustandekommens" erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf verletzt, "daß im Falle unverschuldeter Unkenntnis der betreffenden Verwaltungsvorschrift keine Bestrafung zu erfolgen hat (§ 5 Abs. 2 VStG)".

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, durch die "Fortsetzung" des Beschäftigungsverhältnisses mit R.M. in der Zeit vom 2. bis zum 29. April 1991 objektiv gegen die Bestimmungen der §§ 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a und 3 Abs. 1 AuslBG verstoßen zu haben. Er sei aber in dem entschuldigenden Rechtsirrtum befangen gewesen, daß die am 4. Dezember 1990 für das ganze Jahr 1991 erteilte Beschäftigungsbewilligung trotz der kurzfristigen Absenz des R.M. weiterhin wirksam sein würde. Zwar sei der belangten Behörde einzuräumen, daß es dem Geschäftsführer eines Unternehmens obliege, sich über die gesetzliche Regelung betreffend die Ausländerbeschäftigung zu informieren, doch hieße es den Bogen zu überspannen, wollte man von einem juristischen Laien die detaillierte Kenntnis der Gründe für ein vorzeitiges Erlöschen einer befristeten Beschäftigungsbewilligung verlangen. Daß der Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt keine Kenntnis von der einschlägigen Bestimmung des § 7 Abs. 6 AuslBG gehabt habe, ergebe sich insbesondere daraus, daß er die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unverzüglich bei der Gebietskrankenkasse gemeldet und somit keinesfalls vor den Behörden verbergen habe wollen.

Gemäß § 7 Abs. 6 AuslBG erlischt die Beschäftigungsbewilligung mit Beendigung der bewilligten Beschäftigung. Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, daß er ohne Kenntnis dieser Vorschrift das Unerlaubte der "Fortsetzung" des Beschäftigungsverhältnisses mit R.M. nicht einsehen konnte. Entscheidend ist daher, ob der behauptete Rechtsirrtum tatsächlich vorlag und ob er geeignet war, den Beschwerdeführer im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG zu entlasten.

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid in sachverhaltsmäßiger Hinsicht von der Richtigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers insoweit ausgegangen, als sie ihren rechtlichen Erwägungen zugrunde legte, der Beschwerdeführer habe im Tatzeitpunkt den § 7 Abs. 6 AuslBG nicht gekannt. Dies ergibt sich aus der Feststellung im angefochtenen Bescheid, der Beschwerdeführer habe den diesbezüglichen Hinweis im Antragsformular "offensichtlich übersehen", und er habe sich "auch sonst nicht über die Rechtswirkungen einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auf die erteilte Beschäftigungsbewilligung" erkundigt. Von diesem Sachverhalt hatte gemäß § 41 Abs. 1 VwGG auch der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Rechtskontrolle auszugehen.

Auch im Verwaltungsstrafverfahren ist eine Bestrafung nur bei Vorliegen eines schuldhaften Verhaltens möglich. Dabei kommt einem Rechtsirrtum nach Maßgabe des § 5 Abs. 2 VStG Bedeutung zu. Nach dieser Gesetzesstelle entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift allerdings nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 727 ff, angeführte Rechtsprechung).

Die belangte Behörde hat im Einklang mit dieser Rechtsprechung zutreffend ausgeführt, daß der Beschwerdeführer als Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. verpflichtet war, sich mit den Bestimmungen über die Ausländerbeschäftigung vertraut zu machen. Der Beschwerdeführer wendet dagegen indes mit Recht ein, daß diese Forderung einem Nichtjuristen gegenüber nicht überspannt werden dürfe. Daß sich der Beschwerdeführer über die Notwendigkeit einer behördlichen Bewilligung für die Beschäftigung eines Ausländers im klaren war, geht daraus hervor, daß er den R.M. bis zum Tatzeitpunkt regelmäßig erst nach Einholung der erforderlichen Bewilligung beschäftigt hat. Eine solche Bewilligung lag unbestritten auch bereits für das ganze Jahr 1991 vor. Fraglich ist daher nur, ob der Beschwerdeführer auch wissen mußte, daß es dessenungeachtet nach dem AuslBG für die Weiterbeschäftigung des R.M. im April 1991 einer neuen Beschäftigungsbewilligung bedurfte. In der Beschwerde wird zutreffend ausgeführt, daß die Unkenntnis des Gesetzes in diesem Detail einen entschuldbaren Rechtsirrtum darstellt. Daß der Beschwerdeführer bei der Weiterbeschäftigung des R.M. im April 1991 offensichtlich im Vertrauen auf die für das Jahr 1991 bereits erteilte Beschäftigungsbewilligung und daher in gutem Glauben gehandelt hat, läßt sich daraus entnehmen, daß er diese Weiterbeschäftigung prompt der Krankenkasse gemeldet und diese Beschäftigung sofort nach erlangter Kenntnis von der gesetzlichen Notwendigkeit einer (neuerlichen) Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG beendet hat.

Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß die nach den Verhältnissen des Beschwerdeführers erforderliche Sorgfalt auch die Kenntnis des § 7 Abs. 6 AuslBG und seiner Konsequenzen für die Wiederaufnahme eines kurzfristig unterbrochenen Beschäftigungsverhältnisses (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1992, Zl. 92/09/0020) umfaßt hätte.

Die von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Bestätigung des Schuldspruches entsprach somit nicht der Rechtslage, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Anzumerken ist noch, daß die (zulässige) Korrektur des Bescheidspruches der BH durch die belangte Behörde auch eine Einschränkung des Tatzeitraumes um ein volles Monat umfaßt hat, ohne daß sich dies auf die Strafzumessung bzw. deren Begründung niedergeschlagen hat.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie iVm Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992090321.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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