TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/23 92/05/0328

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Veröffentlicht am 23.02.1993
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §68 Abs7;
BauO Wr §137 Abs1;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Gritsch, über die Beschwerde der H in Wien, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 22. Oktober 1992, Zl. MD-VfR-B XIX-46/92, betreffend die Zurückweisung von Anträgen in einem Bauverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bringt die Beschwerdeführerin vor, daß sie in einem Baubewilligungsverfahren der Errichtung einer Gerätehütte auf einer Nachbarliegenschaft zugestimmt habe. Der daraufhin ergangene, auf § 71 der Bauordnung für Wien (BO) gestützte Baubewilligungsbescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Tatsächlich sei die Baulichkeit dann abweichend von der erteilten Bewilligung ausgeführt worden, sodaß die Beschwerdeführerin den Antrag gestellt habe, die Abtragung der teilweise konsenslosen Ausführung zu verfügen und die auf § 71 BO gestützte Baubewilligung für nichtig zu erklären. Dieser Antrag wurde mit dem in Beschwerde gezogenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin erklärt nun in ihrer Beschwerde, sie sei sich bewußt, daß sich weder aus § 71 BO noch aus dem ihre Parteistellung regelnden § 134 BO ein Rechtsanspruch auf Widerruf einer gemäß § 71 BO erteilten Baugenehmigung ableiten lasse. Sie vertrete jedoch die Ansicht, daß im Hinblick auf aufgezeigte Widersprüche zu materiell-rechtlichen Vorschriften eine Antragslegitimation gemäß § 137 Abs. 1 BO i.V.m. § 68 Abs. 4 Z. 4d AVG bestehe. Wäre dem nicht so, könnte eine Zustimmung der Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung zu einer möglichen Bewilligung nach § 71 BO dazu führen, daß eine spätere Entscheidung nicht mehr bekämpfbar wäre.

Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Gemäß § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn sie an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leiden.

Nach § 137 Abs. 1 BO können Bescheide der Behörde gemäß § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG als nichtig erklärt werden, wenn sie einer zwingenden Vorschrift dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen widersprechen. Bescheide, die zwingenden Vorschriften der Abschnitte VIII bis XI oder zwingenden Vorschriften der auf Grund dieser Abschnitte erlassenen Verordnungen widersprechen, können nur bis zur Beendigung der Rohbaubeschau als nichtig erklärt werden.

§ 68 Abs. 7 AVG schließlich bestimmt, daß auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechtes niemandem ein Anspruch zusteht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nun zu der letztgenannten Gesetzesstelle in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß die Ausübung des Aufsichtsrechtes zwar angeregt, nicht aber erzwungen werden kann (vgl. etwa die Entscheidungen vom 19. Mai 1950, Slg. Nr. 1455/A, vom 19. Oktober 1950, Slg. Nr. 1698/A, vom 21. Oktober 1976, Slg. Nr. 9162/A, u.a.). Die belangte Behörde ging daher zu Recht davon aus, daß der Beschwerdeführerin ein Rechtsanspruch auf Erlassung des von ihr begehrten Bescheides nicht zusteht. Ihrem Vorbringen nach dürfte die Beschwerdeführerin das Wesen der Rechtskraft eines Bescheides verkennen, besteht doch dieses gerade darin, daß ein rechtskräftiger Bescheid selbst dann seine volle Rechtswirksamkeit entfaltet, wenn er mit der objektiven Rechtslage im Widerspruch steht (vgl. etwa die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 580 ff, wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992050328.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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