TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/23 92/05/0297

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Veröffentlicht am 23.02.1993
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Index

L37134 Abfallabgabe Müllabgabe Sonderabfallabgabe Sondermüllabgabe
Müllabfuhrabgabe Oberösterreich;
L82404 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 1990 §29 Abs1 Z6;
AWG OÖ 1990 §1;
AWG OÖ 1990 §2 Abs7 Z3;
AWG OÖ 1990 §2 Abs7;
B-VG Art10 Abs1 Z12;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art140 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Gritsch, über die Beschwerde der E AG in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. September 1991, Zl. UR-300400/11-1991 Wi/La, betreffend eine Bewilligung nach dem O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 16. September 1991 wurde der Beschwerdeführerin unter Berufung auf die "§§ 20, 22 - 27 O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990" die Bewilligung zur Aufschüttung einer Mulde, welche sich im Bereich mehrerer, in der Katastralgemeinde X gelegener Grundstücke befindet, mit Aushubmaterial, welches im Zuge des Ausbaues des Streckenabschnittes St. Pölten - Attnang/Puchheim zur Hochleistungsstrecke (Umfahrung Lambach) aus einem geplanten Tunnel anfällt, erteilt.

Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 1992, Zl. B 1243/91-11, wurde die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzte - Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid ausschließlich in ihrem Recht "auf Wahrung der gesetzlich begründeten Behördenzuständigkeit" verletzt und bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, daß der belangten Behörde in der vorliegenden "Angelegenheit keine Zuständigkeit zur Bescheiderlassung zukommt, da hinsichtlich dieser Abfälle ... die Zuständigkeit für die gegenständliche Entscheidung dem Bund" zufällt.

Die Beschwerdeführerin ist also offenbar der Meinung, daß der belangten Behörde die Zuständigkeit dafür fehlt, nach Maßgabe der von ihr angewendeten Bestimmungen des

O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990, LGBl. Nr. 28/1991, die in Rede stehende Bewilligung zu erteilen.

Die für die Beantwortung dieser Frage maßgebenden Bestimmungen dieses Gesetzes haben nachstehenden Wortlaut:

"§ 2

Begriffe

...

(4) Als Abfälle im Sinne des Abs. 1 gelten Hausabfälle (Abs. 5), sperrige Abfälle (Abs. 6), sonstige Abfälle (Abs. 7) und Kompostierabfälle (Abs. 8).

(5) Hausabfälle sind alle festen Stoffe, die in Haushalten üblicherweise anfallen sowie die in Anstalten, Betrieben und sonstigen Arbeitsstellen anfallenden Stoffe ähnlicher Art und Menge, sofern sie nicht einer Verwertung als Altstoffe (Abs. 9) oder einer Verrottung als Kompostierabfälle (Abs. 8) zugeführt werden.

(6) Sperrige Abfälle sind Stoffe im Sinne des Abs. 5, die wegen ihrer Größe oder Form nicht in den für Hausabfälle bestimmten Abfallbehältern (§ 11) gelagert werden können.

(7) Sonstige Abfälle sind solche, die nicht unter die Abs. 5 und 6 fallen, wie insbesondere:

1. Abfälle aus dem Bauwesen:

a)Bauschutt (weitgehend im Sinne des § 3 Z. 3 inerte, mineralische Abfälle aus Ziegeln, Beton, Mörtel, Asbestzement, Gips und dgl.);

b)Altasphalt;

c)sonstige Baustellenabfälle, soweit sie nicht unter

Z. 9 fallen, wie Bleche, Kabel, Dichtungsfolien und dgl.;

2.

Straßenkehricht;

3.

größere Mengen von natürlichem Bodenmaterial, wie Erde, Sand, Schotter, Steine, Schlamm;

4.

größere Mengen von Laub und Gartenabfällen;

5.

Räumgut aus Senkgruben, Hauskläranlagen und Kleinkläranlagen, Kanälen, Oberflächenwässern sowie Klärschlamm aus Abwasserreinigungsanlagen, soweit dieser nicht nach den Bestimmungen des

O.ö. Klärschlammgesetzes ausgebracht wird;

6.

die bei der Tierhaltung anfallenden, nicht für landwirtschaftliche Zwecke bestimmten oder geeigneten Stoffe;

7.

von Akkumulatoren, Batterien, Altölen, Kraftstoffen und anderen gefährlichen Bestandteilen befreite Wracks oder Teile von Kraftfahrzeugen, Maschinen und Geräten;

8.

Altreifen;

9.

flüssige und heiße Abfälle;

10.

größere Mengen von Verpackungsmaterial, von Holz-,

Kunststoff-, Leder-, Textil-, Metallabfällen, Großküchenabfälle u.ä.

(8) Kompostierabfälle sind verrottbare Stoffe im Sinne der Abs. 5, 6 und 7, wie Gras-, Baum- und Strauchschnitt, Laub, Küchenabfälle, die einer Kompostierung gemäß § 6 Abs. 2 Z. 2 zugeführt werden.

..."

"§ 20

Allgemeines

(1) Abfallbehandlungsanlagen sind:

1.

Anlagen zur Sammlung (Sammelstellen), vorübergehende Lagerung (Zwischenlager), Aufbereitung (z.B. Sortierung, Zerkleinerung) sowie zur sonstigen Behandlung von Abfällen;

2.

Anlagen für Kompostierabfälle (Kompostierungsanlagen);

3.

Anlagen zur thermischen Verwertung von Abfällen;

4.

Ablagerungsplätze, insbesondere Reststoffdeponien.

...

(4) Abfallbehandlungsanlagen, die gemäß § 22 einer abfallrechtlichen Bewilligung bedürfen, können auch von anderen als den im Abs. 2 genannten Rechtsträgern errichtet, betrieben und erhalten werden, wenn

1.

es sich um Abfallbehandlungsanlagen von Betrieben handelt,

2.

in der Abfallbehandlungsanlage nur Abfall aus dem eigenen Betrieb oder zusammen mit diesem Abfall auch Abfall derselben Art aus anderen Betrieben im Rahmen eines auf überbetriebliche Abfallentsorgung ausgerichteten Zusammenwirkens behandelt wird, wobei der aus anderen Betrieben übernommene Abfall derselben Art nur jeweils bei diesen Betrieben angefallen sein darf, und

3.

der Umfang der Abfallbehandlung den Umfang der sonstigen Tätigkeit nicht übersteigt.

Dies gilt sinngemäß auch für Betriebsstätten im Rahmen von Anstalten, Betrieben und sonstigen Arbeitsstellen."

"§ 22

Bewilligungspflicht

(1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von Abfallbehandlungsanlagen bedarf unabhängig von Bewilligungen und Genehmigungen, die nach anderen Rechtsvorschriften erforderlich sind, einer abfallrechtlichen Bewilligung.

..."

"§ 24

Bewilligungsbehörde

Zuständige Behörde für die abfallrechtliche Bewilligung (§ 26) und für die Betriebsbewilligung (§ 27) ist:

1.

die Landesregierung für alle Abfallbehandlungsanlagen gemäß § 20, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist;

2.

die Bezirksverwaltungsbehörde für Abfallbehandlungsanlagen gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 (Kompostierungsanlagen), die von der Gemeinde errichtet und betrieben werden;

3.

die Bezirksverwaltungsbehörde für Abfallbehandlungsanlagen gemäß § 20 Abs. 4, wenn die Bezirksverwaltungsbehörde nach gewerberechtlichen Vorschriften auch für die Genehmigung der gewerblichen Betriebsanlage zuständig ist."

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ausdrücklich festgehalten, "daß es sich bei den inerten Aushubmaterialien um keine gefährlichen Abfälle handelt", weshalb davon auszugehen ist, daß das in Rede stehende Aushubmaterial, da es nicht zu den Hausabfällen, sperrigen Abfällen oder Kompostierabfällen gehört, angesichts der demonstrativen Aufzählung der sonstigen Abfälle im § 2 Abs. 7 leg. cit. und der ausdrücklichen Erwähnung von "natürlichem Bodenmaterial" (siehe die Z. 3 dieser Gesetzesstelle) zu den sonstigen Abfällen zu zählen ist. Daraus folgt, daß die belangte Behörde im Hinblick auf die vorstehend wiedergegebene Zuständigkeitsregelung des § 24 leg. cit. in Ermangelung von Anwendungsfällen der Z. 2 und 3 dieser Gesetzesstelle mit Recht ihre Zuständigkeit zur Erteilung der in Rede stehenden Bewilligung in Anspruch genommen hat.

Zu der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Zuständigkeit des Bundes ist zu bemerken, daß die Abfallwirtschaft zufolge Art. 10 Abs. 1 Z. 12 B-VG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 685/1988 (nur) "hinsichtlich gefährlicher Abfälle, hinsichtlich anderer Abfälle nur soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften vorhanden ist", in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache ist, wobei auf das in Ausführung dieser Kompetenzbestimmung ergangene Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. Nr. 325/1990, und zwar insbesondere dessen § 29 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. hinzuweisen ist, wonach die Errichtung oder wesentliche Änderung sowie die Inbetriebnahme von Deponien für nicht gefährliche Abfälle mit einem Gesamtvolumen von mindestens 100.000 m3 einer Genehmigung des Landeshauptmannes bedarf. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür und wurde von der Beschwerdeführerin auch gar nicht behauptet, daß ein derartiger Anwendungsfall vorliegt, und im übrigen bestehen gegen die erwähnte Bestimmung des Abfallwirtschaftsgesetzes im Hinblick auf das auch im erwähnten Ablehnungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes zitierte Erkenntnis dieses Gerichtshofes vom 6. März 1992, Zl. G 231/91-11, keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Auch mit einem Hinweis auf eisenbahnrechtliche Bestimmungen vermag die Beschwerdeführerin für ihren Standpunkt schon deshalb nichts zu gewinnen, weil es sich beim

O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990 um eine nach Maßgabe der erwähnten Kompetenzbestimmung des B-VG erlassene, die einschlägige Materie als lex specialis regelnde Norm handelt.

Die behauptete Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt daher nicht vor.

Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid im Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) nicht in ihren Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992050297.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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