TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/25 93/18/0026

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Veröffentlicht am 25.02.1993
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 1954 §2 Abs1;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
MRK Art8 Abs2;
PaßG 1969 §26 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des E in K, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 18. November 1991, Zl. FrB-4250/91, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. November 1991 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) ein bis zum 31. Dezember 1996 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen.

In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die österreichische Botschaft in Ankara habe dem Beschwerdeführer auf dessen Antrag vom 18. September 1990 einen Sichtvermerk bis 9. Oktober 1990 erteilt. Als Reisezweck habe der Beschwerdeführer angegeben, eine Person namens S. R. besuchen zu wollen; weiters habe er die Erklärung abgegeben, daß er nach Ablauf des Sichtvermerkes das österreichische Bundesgebiet wieder verlassen werde und lediglich zu Besuchszwecken nach Österreich einzureisen beabsichtige. Am 25. September 1990 sei der Beschwerdeführer nach Österreich eingereist. Mit Schreiben vom 15. November 1990 habe er bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch einen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes mit der Begründung gestellt, daß er geschäftsführender Gesellschafter einer näher angeführten GesmbH mit Sitz in Österreich sei, wobei er die Kopie eines Handelsregisterauszuges, datiert mit 10. Oktober 1990, beigelegt habe, aus welchem hervorgehe, daß der Beschwerdeführer Geschäftsführer dieser GesmbH sei. Er sei somit nach ca. zweiwöchigem Aufenthalt im Bundesgebiet geschäftsführender Gesellschafter dieser Gesellschaft geworden.

Im Hinblick auf diese "rasche Abwicklung", welche dafür gesprochen habe, daß der Beschwerdeführer gegenüber der österreichischen Vertretungsbehörde in der Türkei unrichtige Angaben über den Zweck bzw. die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht habe, um sich die Einreise zu verschaffen, seien der "Einlader" S.R. sowie der Bruder des Beschwerdeführers als Zeugen einvernommen worden. S.R. habe unter anderem angegeben, er könne nicht sagen, ob der Beschwerdeführer bereits anläßlich der Antragstellung bei der österreichischen Vertretungsbehörde die Absicht gehabt habe, in Österreich zu bleiben, er (der Zeuge) glaube dies eher nicht. Der Bruder des Beschwerdeführers habe - so die belangte Behörde - unter anderem ausgeführt, er und eine andere Person hätten sich im Wege des Vaters erkundigt, ob der Beschwerdeführer als Gesellschafter eintreten werde; dem Vater sei es sehr recht gewesen, daß der Beschwerdeführer nun eine Existenz in Österreich gründen könne. Bei der Einreise habe dieser dann bereits einen Bargeldbetrag in sechsstelliger Höhe vom Vater mitgebracht. Mit dieser Grundlage sei dann der Gesellschaftsvertrag nach der Einreise beim Notar unterzeichnet worden. Über den Vater habe - so dieser Zeuge - der Beschwerdeführer daher gewußt, daß er in Österreich die Gesellschaft gründen und längere Zeit hier bleiben könnte.

Diesen Angaben - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - könne einwandfrei entnommen werden, daß der Beschwerdeführer von vornherein die Absicht gehabt habe, nicht lediglich zu Besuch nach Österreich zu kommen, sondern bei der erwähnten GesmbH als Gesellschafter einzutreten. Der Aussage seines Bruders habe der Beschwerdeführer nicht widersprochen. Er habe daher zweifelsfrei bei der österreichischen Botschaft in Ankara unrichtige Angaben über den Zweck bzw. die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht, um sich die Einreise- oder Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Ein solches Verhalten stelle jedoch eine schwerwiegende Verletzung der österreichischen Rechtsordnung dar; der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers würde somit die öffentliche Ordnung gefährden. An persönlichen und familiären Verhältnissen sei zu berücksichtigen gewesen, daß sich der Beschwerdeführer seit 25. September 1990 im Bundesgebiet aufhalte und geschäftsführender Gesellschafter der erwähnten GesmbH sei. Weiters sei bekannt, daß sich ein Bruder des Beschwerdeführers im Bundesgebiet aufhalte. Von einer Integration könne auf Grund des kurzfristigen Aufenthaltes nicht gesprochen werden. Eine berufliche Beeinträchtigung möge gegeben sein, der Beschwerdeführer sei jedoch nur deshalb geschäftsführender Gesellschafter geworden, weil er auf Grund eines erschlichenen Sichtvermerkes in das Bundesgebiet einreisen hätte können. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes würden daher unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 29. September 1992, Zl. B 61/92, ablehnte und sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Rahmen der ihm zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. dazu das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe anläßlich der Stellung seines Sichtvermerksantrages bei der österreichischen Botschaft in Ankara unrichtige Angaben über den Zweck und die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht, auch unter Bedachtnahme auf die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte, oben angeführte Aussage des Zeugen S.R. nicht als rechtswidrig zu erkennen. Weiters kann dahinstehen, ob der Beschwerdeführer die Gesellschaftsanteile auch in der Türkei erwerben hätte können, weil die belangte Behörde nicht von Hypothesen, sondern von dem von ihr in einem mängelfreien Verfahren festgestellten Sachverhalt auszugehen hatte. Auch kommt es entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht darauf an, ob die Übertragung der Gesellschaftsanteile erst durch den konstitutiven Notariatsakt erfolgte und es denkbar gewesen wäre, daß der Noatriatsakt nicht zustande gekommen, sodaß der Beschwerdeführer wieder zurück in die Türkei gereist wäre. Entscheidend ist, daß die belangte Behörde zu dem nicht als rechtswidrig zu erkennenden Ergebnis gelangt ist, daß der Beschwerdeführer anläßlich der Stellung seines Sichtsvermerksantrages bei der österreichischen Botschaft im oben dargestellten Sinn unrichtige Angaben gemacht hat.

Was schließlich den Hinweis des Beschwerdeführers auf das hg. Erkenntnis vom 20. September 1989, Zl. 88/01/0331, anlangt, so vermag er damit schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil es dort nicht um die Frage ging, ob der damalige Beschwerdeführer den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 6 FPG erfüllt hat. Da letzteres auf den Beschwerdeführer zutrifft, war auch die Annahme gerechtfertigt, der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder laufe anderen im Art. 8 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwider (§ 3 Abs. 1 FPG).

Auch die im Grunde des § 3 Abs. 3 FPG von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Insbesondere sei darauf verwiesen, daß es dem Beschwerdeführer verwehrt ist, solche Tatsachen für sich ins Treffen zu führen, die entgegen den den Aufenthalt im Bundesgebiet regelnden Vorschriften geschaffen wurden, wobei nur die Dauer eines rechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich bei der Interessenabwägung zugunsten des Fremden zu berücksichtigen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 1992, Zl. 92/18/0316).

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180026.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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