TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/25 92/04/0085

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Veröffentlicht am 25.02.1993
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

ABGB §2;
GewO 1973 §74 Abs1;
GewO 1973 §74 Abs2 Z1 bis Z5;
VStG §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der M in B, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 11. Februar 1992, Zl. VIb-225/99-1991, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 25. März 1991 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es in ihrer Eigenschaft als gewerberechtliche Geschäftsführerin und somit gemäß § 9 VStG verantwortliches, zur Vertretung nach außen berufenes Organ der X-Gesellschaft mbH in L, zu verantworten, daß die obgenannte Firma in L, Y-Straße Nr. 31, seit 23. November 1989 eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Bar, ohne die hiefür erforderliche Genehmigung betreibe. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 74 GewO 1973 begangen, weshalb über sie gemäß § 366 GewO 1973 eine Geldstrafe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 21 Tage) verhängt wurde.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 11. Februar 1992 abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Beschwerdeführerin deshalb, weil sie als gewerberechtliche Geschäftsführerin der "X"-Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in L dafür verantwortlich sei, daß diese Gesellschaft in der Zeit von 30. November 1989 bis zum 27. März 1991 am Standort L, Y-Straße 31, eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage, nämlich einen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart einer Bar, ohne die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung betrieben habe, wobei die Genehmigungspflicht der Betriebsanlage jedenfalls aufgrund des Betriebes des zum Gastgewerbebetrieb gehörenden Kundenparkplatzes gegeben sei (Zu- und Abfahren von Kundenfahrzeugen), wegen Übertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 gemäß § 366 Abs. 1 leg. cit. mit einer Geldstrafe von S 15.000,--, im Uneinbringlichkeitsfalle mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen, bestraft werde.

Zur Begründung wurde - nach Darstellung des Sachverhaltes - im wesentlichen ausgeführt, die Berufungsbehörde gehe ebenso wie die Gewerbebehörde erster Instanz davon aus, daß es sich im vorliegenden Fall um eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage handle. Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 unterliege eine Betriebsanlage bereits der Genehmigungspflicht, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sei, die in den Z. 1 bis 5 angeführten Gefährdungen, Belästigungen oder nachteiligen Einwirkungen herbeizuführen. Die Genehmigungspflicht sei sohin schon dann gegeben, wenn derartiges beim Betrieb der Anlage nicht ausgeschlossen werden könne. Die Berufungsbehörde habe zur Frage der Genehmigungspflicht der verfahrensgegenständlichen Betriebsanlage eine Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen des Amtes der Vorarlberger Landesregierung eingeholt. Dieser führe in seiner Stellungnahme vom 25. April 1991 aus, daß die Betriebsweise einer Diskothek mit gemessenen A-bewerteten Maximalschallpegeln von 95 bis 100 dB bzw. äquivalenten Dauerschallpegeln von 88 bis 94 dB im Tanzbereich geeignet sei, das Leben oder die Gesundheit von Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, zu gefährden und darüber hinaus auch Nachbarn durch den Lärm des Zu- und Abgangsverkehrs der Kraftfahrzeuge, die auf dem firmeneigenen Grundstück parkten, belästigt werden könnten. Nach Auffassung des Sachverständigen handle es sich somit um eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage. Aufgrund der Feststellungen des Amtssachverständigen gehe die Berufungsbehörde davon aus, daß die Betriebsanlage geeignet sei, die Nachbarn jedenfalls durch Lärm, der von den zu- und abfahrenden Kraftfahrzeugen der Gäste auf dem bzw. vom Kundenparkplatz verursacht werde, zu belästigen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei nämlich der betriebseigene Kundenparkplatz Teil der Betriebsanlage und der in diesem Bereiche entstehende Lärm im Hinblick auf die Einheit der Betriebsanlage dieser zuzurechnen. Eine Änderung dieser rechtlichen Beurteilung habe sich auch nicht durch die mit der Gewerberechtsnovelle 1988 erfolgte Novellierung des § 74 Abs. 3 GewO 1973 ergeben. Die Beschwerdeführerin irre, wenn sie meine, daß Belästigungen für die Nachbarn durch zu- und abfahrende Fahrzeuge von Gästen nach dem geänderten Text dieser Bestimmung für die Frage der Genehmigungspflicht deshalb unbeachtlich seien, weil sie durch Personen außerhalb der Betriebsanlage verursacht würden. Durch die Worte "in der Betriebsanlage" werde zwar klargestellt, daß nur jenes Verhalten von Kunden und anderen betriebsfremden Personen für eine Zurechnung zur Betriebsanlage in Betracht komme, das in der Betriebsanlage an den Tag gelegt werde. Da aber Kundenparkplätze zur Betriebsanlage gehörten, sei auch der von den Gästen auf diesen Parkplätzen verursachte Lärm durch Zu- und Abfahren mit Kraftfahrzeugen als in der Betriebsanlage bewirkte Belästigung für die Nachbarn anzusehen. Zum Vorwurf der Beschwerdeführerin, der von der Berufungsbehörde herangezogene Sachverständige habe keine konkreten Lärmmessungen durchgeführt bzw. habe, ohne entsprechenden Befund aufzunehmen, die Verursachung von Lärm durch den Zu- und Abgangsverkehr lediglich behauptet, sei zu bemerken, daß für die Frage der Genehmigungspflicht, bereits eine abstrakte Gefährdung, Belästigung u. dgl. genüge. Die bloße Eignung einer Betriebsanlage, nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1973 verursachen zu können, ziehe damit schon deren Genehmigungspflicht nach sich, ohne daß es konkreter Messungen u. dgl. bedürfe. Da die Möglichkeit einer Belästigung der Nachbarn der Betriebsanlage durch den vom Kundenparkplatz herrührenden Lärm zu- und abfahrender Kraftfahrzeuge nicht ausgeschlossen werden könne, sei die Genehmigungspflicht der Betriebsanlage jedenfalls zu bejahen. Die Beschwerdeführerin irre weiters, wenn sie meine, der strafbare Tatbestand sei erst dann erfüllt, wenn in einem gleichzeitig anhängigen Verfahren gemäß § 358 GewO 1973 die Frage der Genehmigungspflicht der Betriebsanlage rechtskräftig entschieden worden sei. Der Straftatbestand des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 enthalte nämlich keine Einschränkung in der Richtung, daß er etwa für Zeiträume, in denen ein Verfahren nach § 358 GewO 1973 anhängig sei, nicht anzuwenden wäre. Die bloße Anhängigkeit eines derartigen Verfahrens sage - bezogen auf den gesetzlichen Straftatbestand nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 - nichts darüber aus, ob die gewerbliche Betriebsanlage, die von einer Person ohne gewerbebehördliche Genehmigung errichtet oder betrieben werde, eine genehmigungspflichtige Anlage sei oder nicht. Sei ein solches Verfahren anhängig, gehe aus diesem Umstand alleine nicht hervor, daß die Behörde gehindert wäre, im Verwaltungsstrafverfahren nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 anzunehmen, die gewerbliche Betriebsanlage sei eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage. Würde jedoch die Behörde im Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 von der Genehmigungspflicht der Betriebsanlage ausgehen und würde nach rechtskräftigem Abschluß des Verwaltungsstrafverfahrens nach dem ersten Satz des § 358 Abs. 1 leg. cit. ein Feststellungsbescheid des Inhaltes erlassen, daß die Errichtung und der Betrieb der Anlage der gewerbebehördlichen Genehmigung nicht bedürften, so ergäbe sich daraus ein Grund für die Wiederaufnahme des Strafverfahrens. Im vorliegenden Fall sei aber ein Feststellungsbescheid wegen Offenkundigkeit der Genehmigungspflicht gar nicht ergangen. Der objektive Tatbestand der der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 sei nach Ansicht der Berufungsbehörde somit hinreichend nachgewiesen. Neben diesem habe die Behörde dem Täter aber auch das Verschulden nachzuweisen. In Anbetracht des der Firma X aufgrund ihres Antrages im Sinne des § 358 GewO 1973 zugegangenen Antwortschreibens der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 23. November 1990 (wohl richtig: 1989), wonach die Genehmigungspflicht der Betriebsanlage offenkundig und ein Feststellungsbescheid im Sinne der angeführten Gesetzesstelle nicht zu erlassen sei, gehe die Berufungsbehörde davon aus, daß die Beschwerdeführerin über die Genehmigungspflicht der Betriebsanlage informiert gewesen sei. Ein Betrieb der Anlage ohne die erforderliche Genehmigung stelle sohin ein vorsätzliches Verhalten der Beschwerdeführerin dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes im wesentlichen vor, die Frage der Genehmigungspflicht von Diskotheken als Betriebsanlagen nach der Gewerbeordnung sei erst in letzter Zeit von den Verwaltungsbehörden "relativiert" worden. Erst in den letzten Jahren sei generell die Frage, ob Gastgewerbebetriebe einer Betriebsanlagengenehmigung bedürften, aufgeworfen worden. Bei der aufgeworfenen Frage handle es sich um ein Problem, das durchaus unterschiedlich beantwortet werden könne. Insbesondere die Frage, ob eine abstrakte Gefährdungs- oder Beeinträchtigungseignung gegeben sei, könne verschieden gesehen werden. Im gegenständlichen Fall sei die Frage der Genehmigungspflicht erstmals im Jahre 1988 aufgeworfen worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Diskothek schon seit langer Zeit bestanden, ohne daß es irgendwelche behördliche Beanstandungen gegeben habe. Auf Grund der Zweifelhaftigkeit der Genehmigungspflicht nach der Gewerbeordnung habe die X-Gesellschaft m.b.H. auch eine höchstgerichtliche Entscheidung angestrebt. Der von der Gewerbeordnung dazu vorgesehene Weg sei das Feststellungsverfahren gemäß § 358 GewO 1973. Für die Frage der Genehmigungspflicht insbesondere auch relevant sei die Gewerbeordnungsnovelle 1988, womit unter anderem § 74 Abs. 3 GewO 1973 geändert worden sei. Der durch an- und abfahrende Besucher hervorgerufene Lärm werde nunmehr ausdrücklich nicht mehr der Betriebsanlage zugerechnet. Gerade um diesen Lärm gehe es bei der Frage der Genehmigungspflicht der Diskothek. Wenngleich eine höchstgerichtliche Entscheidung der Frage der Genehmigungspflicht nicht habe herbeigeführt werden können, da die Bezirkshauptmannschaft Bregenz ohne nähere Begründung von einer Offenkundigkeit der Genehmigungspflicht ausgehe - wogegen sich die Beschwerdeführerin nicht zur Wehr setzen könne - lägen jedenfalls die Voraussetzungen der Strafbarkeit gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 iVm § 74 GewO 1973 nicht vor. Voraussetzung jeder Strafbarkeit sei nämlich ein Verschulden. Die Beschwerdeführerin habe aber jedenfalls in einem das Verschulden ausschließenden Rechtsirrtum gehandelt. Dieser Rechtsirrtum sei jedenfalls unverschuldet, da die Frage der Bewilligungspflicht von Diskotheken nach der Gewerbeordnung unterschiedlich beantwortet werden könne und in der Verwaltungspraxis erst in der letzten Zeit bejaht worden sei. Die Beschwerdeführerin habe den von der Gewerbeordnung ausdrücklich vorgesehenen Weg eingeschlagen, nämlich die Durchführung eines Feststellungsverfahrens beantragt. Ein schuldhaftes Verhalten sei entgegen der Auffassung der belangten Behörde jedenfalls zu verneinen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen:

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Nach § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Z. 1 bis 5 angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.

Im Grunde des § 74 Abs. 3 GewO 1973, in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, besteht die Genehmigungspflicht auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargetan hat, kommt es bei der Beurteilung der Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage nicht darauf an, ob von der in Rede stehenden Betriebsanlage tatsächlich im Gesetz näher bezeichnete Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen ausgehen. Die Genehmigungspflicht ist vielmehr schon bei der bloßen Möglichkeit derartiger Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen und Einwirkungen gegeben, also immer dann, wenn diese Umstände nicht auszuschließen sind (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0212, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung). Ausgehend von dieser Rechtslage und den (auf der Grundlage der von der Berufungsbehörde eingeholten Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen) von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen vermag der Verwaltungsgerichtshof die Annahme der belangten Behörde, es handle sich bei der in Rede stehenden Betriebsanlage schon im Hinblick auf den unmittelbar vor dem Gastlokal gelegenen, betriebseigenen Kundenparkplatz mit ca. 65 bis 70 Abstellplätzen für Kraftfahrzeuge, um eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1973, nicht als rechtswidrig zu erkennen, da danach schon unter Bedachtnahme auf die allgemeine Lebenserfahrung die von der belangten Behörde angenommene Möglichkeit von Gefährdungen und Belästigungen nicht ausgeschlossen werden kann.

Wenn aber die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang vorbringt, nach § 74 Abs. 3 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, werde der durch an- und abfahrende Besucher hervorgerufene Lärm "nunmehr ausdrücklich nicht mehr der Betriebsanlage zugerechnet", so geht dies insoweit ins Leere, als die belangte Behörde den vorliegenden, (nach dem spruchmäßigen Vorwurf)" zum Gastgewerbebetrieb gehörenden Kundenparkplatz" - und zwar von der Beschwerdeführerin unbestritten - als zur Betriebsanlage gehörend ansah. Die Frage, welche die Beschwerdeführerin offenbar anzusprechen scheint, ob die hg. Rechtsprechung hinsichtlich von Vorgängen, die sich zwar außerhalb, aber im engeren örtlichen Bereich der Betriebsanlage abspielen (vgl. u. a. das Erkenntnis vom 18. Februar 1983, Slg. N.F. 10976/A), durch die Neufassung des § 74 Abs. 3 GewO 1973 anläßlich der Gewerberechtsnovelle 1988 als überholt anzusehen ist, stellt sich daher gar nicht.

Nach § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis eines Gesetzes kann nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Selbst guter Glaube stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. März 1990, Zl. 89/04/0226, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung). Insbesondere hat sich wer ein Gewerbe betreibt oder für die Ausübung eines Gewerbes im Sinne des § 39 GewO 1973 verantwortlich ist über die Rechtsvorschriften, die er bei Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, zeitgerecht zu unterrichten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 91/04/0323). Dabei ist auch eine irrige Gesetzesauslegung ein Rechtsirrtum, die den Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, daß sie unverschuldet war und daß er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1992, Zl. 91/04/0309).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kann das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Genehmigungspflicht von Diskotheken bzw. von Gastgewerbebetrieben überhaupt sei "erst in letzter Zeit" aufgeworfen worden, und man könne sie "durchaus unterschiedlich beantworten", ebensowenig wie der Hinweis darauf, daß es im vorliegenden Fall keine behördlichen Beanstandungen gegeben habe, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Gerade im Hinblick auf den von der Beschwerdeführerin gestellten Feststellungsantrag nach § 358 GewO 1973 und der in der Folge ergangenen Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 23. November 1989 (zugestellt am 30. November 1989), wonach von der Offenkundigkeit der Genehmigungspflicht der Anlage ausgegangen und daher der Feststellungsantrag "nicht weiter verfolgt" werde, - als Tatzeitraum wurde im Spruch des angefochtenen Bescheides die Zeit vom 30. November 1989 bis zum 27. März 1991 angegeben - kann von einem entschuldigenden Rechtsirrtum im oben dargestellten Sinn keine Rede sein.

Es kann der belangten Behörde daher insgesamt nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, daß die Tatbestandsmerkmale des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht erfüllt waren.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992040085.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

27.09.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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