TE Vwgh Erkenntnis 1993/3/9 92/06/0264

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Veröffentlicht am 09.03.1993
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO Tir 1989 §25 lita;
BauO Tir 1989 §53 Abs1 lita;
BauO Tir 1989 §53 Abs2;
VStG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des LW jun. in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 24. September 1992, Zl. 2/18-8/1992, betreffend Übertretung der Tiroler Bauordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 14. Jänner 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, dadurch, daß er am 21. November 1991 um 11.30 Uhr auf der Grundparzelle Nr. 787/4, KG S Holzpfetten auf die halbfertige Dachkonstruktion des dort befindlichen Gebäudes geschoben habe, seinem Vater vorsätzlich die Begehung von Verwaltungsübertretungen erleichtert habe, da er gewußt habe, daß für dieses bewilligungspflichtige Bauvorhaben keine Bewilligung vorlag. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 7 VStG in Verbindung mit § 53 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 und § 25 lit. a der Tiroler Bauordnung begangen. Es wurde über ihn wegen dieser Verwaltungsübertetung eine Geldstrafe in der Höhe von S 100.000,-- (Ersatzarrest sechs Wochen) verhängt. Mit Bescheid vom 26. März 1992 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 14. Jänner 1992 insofern Folge, als sie das Strafausmaß auf S 50.000,-- (Ersatzarreststrafe drei Wochen) herabgesetzt hat, im übrigen wurde die Berufung abgewiesen. Aufgrund der gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 9. Juli 1992, Zl. 92/06/0097, im Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 26. März 1992 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Zur Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis ausgeführt, die Berufungsbehörde habe keine Ermittlungen dahingehend angestellt, ob der Vater des Beschwerdeführers tatsächlich zum Zeitpunkt der Aufnahme einer Niederschrift am 17. Dezember 1991 von seinem Sohn, dem Beschwerdeführer, mit dessen Vertretung beauftragt war. Aufgrund des ausdrücklichen Bestreitens des Vorliegens eines Vollmachtsverhältnisses in der Berufung sei die belangte Behörde aber verpflichtet gewesen, Ermittlungen dahingehend durchzuführen, ob dieses Vertretungsverhältnis tatsächlich bestanden habe. In der Folge hat der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol das Verfahren insofern ergänzt, als er am 24. September 1992 eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat, in deren Verlauf der Beschwerdeführer als Beschuldigter sowie der Anzeigenleger Rev.Insp. E. als Zeuge, vernommen wurden. Während dieser Verhandlung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe seinen Vater nicht mit seiner Vertretung beauftragt. Weiters gab er - zusammengefaßt - an, es stimme nicht, daß er am 21. November 1991 um 11.30 Uhr mit einem Sapin Holzpfetten auf die halbfertige Dachkonstruktion des dort befindlichen Gebäudes geschoben habe, er sei zu diesem Zeitpunkt wohl an Ort und Stelle gewesen, habe aber lediglich einen Sapin in der Hand gehabt und keine Arbeiten verrichtet. Er habe gewußt, daß sein Vater an besagter Stelle ein Gebäude errichte, für das keine Baubewilligung vorliege. Auf die Frage, des Berichterstatters, was er zu diesem Zeitpunkt an der Baustelle gemacht habe, ob er irgendwelche andere Arbeiten durchgeführt habe, gab er an, daß er sich nicht selbst belasten müsse. Der als Zeuge vernommene Rev.Insp. E. erklärte während dieser Verhandlung, zum Zeitpunkt seiner Wahrnehmung sei der Beschwerdeführer auf der halbfertigen Dachkonstruktion oder auf einer Rampe gestanden und habe einen Sapin in der Hand gehabt. Er habe keine Arbeiten feststellen können, die der Beschwerdeführer am Dach vorgenommen habe. Er könne nur Vermutungen anstellen, was man mit einem Sapin in der gegenständlichen Angelegenheit machen könnte.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 24. September 1992 hat der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 14. Jänner 1992 insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf S 35.000,-- (Ersatzarrest zwei Wochen) herabgesetzt wurde. Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wurde abgeändert und lautete: "Sie haben am 21. 11. 1991 um 11. 30 Uhr auf Gp 747/4 KG S mit einem Sapin Holzbalken auf die halbfertige Dachkonstruktion des sich dort im Bau befindlichen Stall- und Wirtschaftsgebäudes geschoben und dadurch Ihrem Vater LW sen. vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, da Sie wußten, daß für das bewilligungspflichtige Bauvorhaben Ihres Vaters keine Baubewilligung vorlag."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dem Spruch und der Begründung ihres Bescheides zufolge ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit mit einem Sapin Holzbalken auf die halbfertige Dachkonstruktion des im Bau befindlichen Stall- und Wirtschaftsgebäudes geschoben und dadurch seinem Vater vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert habe. Gerade diese Annahme findet aber im vorgelegten Verwaltungsakt keine Deckung, hat doch der als Zeuge vernommene Anzeigenleger während der mündlichen Verhandlung vom 24. September 1992 angegeben, daß er keine Arbeiten feststellen konnte, die der Beschwerdeführer am Dach (oder einer anderen Stelle des Objektes) vorgenommen habe. Der Zeuge könne nur Vermutungen darüber anstellen, was man mit einem Sapin in der gegenständlichen Angelegenheit machen könnte. Weder diese Zeugenaussage noch die Verantwortung des Beschwerdeführers rechtfertigte die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe eine bestimmte, im Spruch genau bezeichnete Tätigkeit, nämlich das Einschieben von Holzbalken auf die halbfertige Dachkonstruktion vorgenommen. Da sie dies verkannte, belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil der Sachverhalt von der belangten Behörde in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 4 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992060264.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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