TE Vfgh Erkenntnis 1990/10/3 B773/88

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Veröffentlicht am 03.10.1990
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Index

95 Technik
95/06 Ziviltechniker

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Rechtsverletzung Anlaßfallwirkung der Aufhebung eines Teils des Pkt. 5.1. der Standesregeln für Ziviltechniker sowie der Feststellung der Gesetzwidrigkeit des Beschlusses des Kammervorstandes der Ingenieurkammer für Oberösterreich und Salzburg vom 29.06.73 idF vom 09.10.81 mit E v 03.10.90, V107,108/89.

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird im bekämpften Umfang aufgehoben.

Die Bundes-Ingenieurkammer ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Vertreters die mit S 11.000,- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit Berufungserkenntnis der Berufungskommission in Disziplinarangelegenheiten bei der Bundes-Ingenieurkammer vom 15.12.1987 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen ein Erkenntnis des Disziplinarsenates der Ingenieurkammer für Oberösterreich und Salzburg, Sektion Zivilingenieure, nur teilweise Folge gegeben. In seiner auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde wird das Berufungserkenntnis insoweit bekämpft, als der Berufung gegen Punkt lita) des Schuldspruches, wonach der Beschwerdeführer dadurch ein Disziplinarvergehen begangen habe, daß er die Ingenieurkammer für Oberösterreich und Salzburg nicht davon informiert habe, daß er zu einer Anbotslegung für die statische Bearbeitung des Neubaues der Lehrwerkstätte der S AG eingeladen worden sei, nicht Folge gegeben wurde. Über den Beschwerdeführer wurde gemäß §49 Abs1 Z1 des Bundesgesetzes vom 22.1.1969 über die Ingenieurkammern (Ingenieurkammergesetz), BGBl. Nr. 71, die Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises verhängt.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß Art2 StGG, Art83 Abs2 B-VG und Art7 Abs1 MRK sowie in seinen Rechten dadurch verletzt, daß die belangte Behörde die gesetzwidrige Bestimmung des Punktes 5.1. der Standesregeln der österreichischen Ziviltechniker angewendet habe. Er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde abzuweisen.

II. Bei der Beratung über die Beschwerde sind Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Beschlusses des Kammervorstandes der Ingenieurkammer für Oberösterreich und Salzburg vom 29.6.1973 in der Fassung des Beschlusses vom 9.10.1981, verlautbart in den Kammernachrichten Nr. 4/81 vom 9.11.1981, entstanden. Diesem Beschluß zufolge haben alle Ziviltechniker Einladungen zur Anbotslegung, sofern Art und Weise der Aufforderung erkennen lassen, daß es sich um Aufforderungen zu Konkurrenzanboten handelt, unverzüglich an die nach Lage des Vorhabens zuständige Ingenieurkammer mit dem Ersuchen um Gebührenauskunft zu melden. Ferner sind Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Wortfolge "und die gesetzmäßigen Beschlüsse der Kammerorgane zu befolgen" in Punkt

5.1. der Standesregeln der österreichischen Ziviltechniker, kundgemacht in den Amtlichen Nachrichten der Bundeskammer und der Länderkammern vom 19.3.1974, entstanden. Der Verfassungsgerichtshof beschloß daher, gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der genannten Bestimmungen einzuleiten.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom heutigen Tag, V107,108/89, wurde die zitierte Wortfolge in Punkt 5.1. der Standesregeln als gesetzwidrig aufgehoben und festgestellt, daß der Beschluß des Kammervorstandes der Ingenieurkammer für Oberösterreich und Salzburg vom 29.6.1973 idF vom 9.10.1981 gesetzwidrig war.

III. Gemäß Art139 Abs6 B-VG sind die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Verordnung und die Verordnung, deren Gesetzwidrigkeit festgestellt wurde, im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden.

Die belangte Behörde hat gesetzwidrige Verordnungen bzw. Verordnungsbestimmungen angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).

Der Bescheid war daher im bekämpften Umfang aufzuheben.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 1.000,-

enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B773.1988

Dokumentnummer

JFT_10098997_88B00773_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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