TE Vwgh Beschluss 1993/3/29 92/15/0154

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Veröffentlicht am 29.03.1993
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
BAO §83;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1;
ZustG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro, und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde der AC, vertreten durch Dr. Wolfgang Grohmann und Dr. Helmut Paul, Rechtsanwälte in Krems/Donau, Obere Landstraße 14, gegen die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. des Jahresausgleiches für das Jahr 1990, den Beschluß gefaßt

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 6.460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem beim zuständigen Finanzamt am 1. Oktober 1991 eingelangten Schriftsatz vom Tag zuvor hat die Beschwerdeführerin gegen den Jahresausgleichsbescheid für das Jahr 1990 Berufung erhoben. Diese Berufung wurde durch einen beim Finanzamt am 23. Jänner 1992 eingelangten, von den nunmehrigen Beschwerdevertretern vorgelegten Schriftsatz vom 21. Jänner 1992 näher ausgeführt; auf Seite 1 dieses Schriftsatzes heißt es sinngemäß, daß die Beschwerdeführerin durch die einschreitenden Rechtsanwälte vertreten wird. Beigefügt wurde der Vermerk "Vollmacht gem. § 8 RAO erteilt".

Mit Berufungsentscheidung vom 13. August 1992 entschied die belangte Behörde über die Berufung der Beschwerdeführerin. Diese Entscheidung wurde der Beschwerdeführerin am 21. August 1992 unter einer Nachsendeadresse nachweislich zugestellt.

Die vorliegende Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht langte am 2. September 1992 beim Verwaltungsgerichtshof ein.

Mit Beschluß vom 30. September 1992 leitete der.

Verwaltungsgerichtshof über die Beschwerde das Vorverfahren gemäß § 35 Abs. 3 VwGG ein.

Hiezu teilte die belangte Behörde unter Vorlage der Verwaltungsakten sodann mit, daß sie ihre Berufungsentscheidung vom 13. August 1992 noch vor Erhebung der Säumnisbeschwerde erlassen habe; dementsprechend könne dieser Bescheid nunmehr nicht nachgeholt werden.

In ihrer Äußerung hiezu räumte die Beschwerdeführerin ein, daß ihr die Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 13. August 1992 am 21. August 1992 zugestellt worden sei. Diese Zustellung sei aber nicht rechtsgültig erfolgt, weil sie im Berufungsverfahren anwaltlich vertreten gewesen sei. Da die Beschwerdeführerin die von ihr übernommene Berufungsentscheidung ihrem Rechtsvertreter erst am 7. September 1992 zugemittelt habe, sei die schon vorher erhobene Säumnisbeschwerde zulässig gewesen. Sie beantrage deshalb den Zuspruch der ihr entstandenen Verfahrenskosten.

Die Beschwerdeführerin hat sich, wie dargestellt, im Laufe des Berufungsverfahrens anwaltlich vertreten lassen. Der von ihren Vertretern eingebrachte ergänzende Berufungsschriftsatz enthält keinerlei Hinweis auf eine Einschränkung der Vollmacht und ermächtigt daher als sogenannte "allgemeine Bevollmächtigung zur Vertretung" nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch zur Empfangnahme von Schriftstücken im Sinne des § 9 Zustellgesetz (vgl. z.B. die zum AVG ergangenen hg. Erkenntnisse vom 18. Juni 1990, Z1. 90/10/0035, und vom 15. Februar 1991, Zl. 88/18/0012, sowie die dort zitierte Rechtsprechung). Ein Tatbestand gemäß § 103 Abs. 2 BAO, dessentwegen die Zustellungsbevollmächtigung unwirksam wäre, liegt offenkundig nicht vor. Des Nachweises der Vollmacht bedurfte es im Einblick auf den letzten Satz des 5 8 Abs. 1 Rechtsanwaltsordnung in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 474/1990 nicht, weil nach dieser Bestimmung die Berufung auf die Bevollmächtigung vor allen Gerichten und Behörden deren urkundlichen Nachweis ersetzt. Gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, hat die Behörde, wenn eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Da im Beschwerdefall der in der tatsächlichen Zustellung der Berufungsentscheidung vom 13. August 1992 an die Beschwerdeführerin anstatt an zumindest einen ihrer Zustellungsbevollmächtigten gelegene Zustellungsmangel erst am 7. September 1992 saniert worden ist, die Säumnisbeschwerde aber schon am z. September 1992 erhoben worden war, liegt ein Fall der Nachholung des bis dahin versäumten Bescheides vor.

Durch den genannten Bescheid wurde die Beschwerdeführerin klaglos gestellt, doch ist in einem solchen Fall das Verfahren nicht nach § 36 Abs. 2, sondern nach § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen (vgl. u.a. den hg. Beschluß vom 22. September 1968, Slg. Nr. 3815/F).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991 (vgl. u.a. den Beschluß eines verstärkten Senates vom 30. März 1977, Slg. Nr. 5111/F).

Wien, am 29. März 1993

Schlagworte

Säumnisbeschwerde Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992150154.X00

Im RIS seit

07.03.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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