TE Vwgh Erkenntnis 1993/3/31 92/02/0330

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Veröffentlicht am 31.03.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §20 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs3 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 26. November 1992, Zl. UVS-03/13/02188/92, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. November 1992 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, am 14. November 1990 um 11.44 Uhr an einem näher bezeichneten Tatort in Wien als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten PKW die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten zu haben, weil die Fahrgeschwindigkeit 72 km/h betragen habe, wobei die Überschreitung mit einem Meßgerät festgestellt worden sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 20 Abs. 2 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe in seiner Berufung vorgebracht, nicht er, sondern eine andere, namentlich benannte Person habe zur Tatzeit das in Rede stehende Kraftfahrzeug gelenkt. Die belangte Behörde habe dieses Vorbringen als unglaubwürdig abgetan, ohne vorher, obwohl dies vom Beschwerdeführer beantragt worden sei, diese Person als Zeugen zu hören. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, die Berufungsverhandlung zur neuerlichen Ladung und Einvernahme des dieser Verhandlung unentschuldigt ferngebliebenen Zeugen zu vertagen.

Damit ist der Beschwerdeführer im Recht.

Gemäß § 45 Abs. 2 AVG (welche Bestimmung auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist) hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, setzt die Wertung eines Beweises auf seine Glaubwürdigkeit hin die Aufnahme des Beweises voraus. Eine antizipative Beweiswürdigung ist den Verwaltungsverfahrensgesetzen fremd. Nur dann, wenn ein Beweismittel objektiv gesehen nicht geeignet ist, über den maßgebenden Sachverhalt einen Beweis zu liefern, darf die Behörde die Durchführung dieses Beweises ablehnen (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 311, Nr. 72-74, abgedruckte hg. Judikatur).

Diese Rechtslage verkannte die belangte Behörde, als sie es mit der Begründung unterließ, die Berufungsverhandlung zur Vernehmung des vom Beschwerdeführer zu dem angeführten Beweisthema beantragten - dieser Verhandlung unentschuldigt ferngebliebenen - Zeugen zu vertagen, die Aussage dieses Zeugen müßte als unglaubwürdig angesehen werden, sollte sie die Darstellung des Beschwerdeführers bestätigen. Denn die Vernehmung dieses Zeugen kann nicht von vornherein als zum Beweis dieses Vorbringens ungeeignet angesehen werden.

Die belangte Behörde belastete damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992020330.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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