TE Vwgh Erkenntnis 1993/4/1 92/06/0252

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Veröffentlicht am 01.04.1993
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Index

L82000 Bauordnung;
L82005 Bauordnung Salzburg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
BauRallg;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §14 Abs1 lita idF 1992/099;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §14 Abs1 lita;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §14 Abs1;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §14 Abs2;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §2 Abs2;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §2 Abs3;

Betreff

Der VwGH hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde 1. des U B, 2. des G F,

3. des M S, 4. des F P, 5. der C R, 6. des R R in K, 7. des J H in G, 8. des J S, 9. der M S in K, 10. der T-Gesellschaft m. b.H. in S, alle vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Slbg LReg vom 13.11.1992, Zl. 1/02-33.116/2-1992, betreffend Versagung von Bauplatzerklärungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Jeder der Beschwerdeführer hat im Jänner 1991 bzw. im Februar 1992 bei der Bezirkshauptmannschaft Hallein ein Ansuchen um Erteilung einer Bauplatzerklärung für eine jeweils in seinem grundbücherlichen Eigentum stehende Grundfläche im Gemeindegebiet der Gemeinde Kuchl, Katastralgemeinde Kellau, eingebracht. Zum damaligen Zeitpunkt stand der Bebauungsplan "Brennhoflehen", der im Jahre 1990 erlassen worden war und diese Grundflächen erfaßte, in Kraft. Mit der auf Art. 119 a Abs. 6 B-VG gestützten Verordnung der Salzburger Landesregierung, kundgemacht mit dem am 23. Juli 1992 herausgegebenen LGBl. Nr. 64/1992, wurde dieser Bebauungsplan als gesetzwidrig aufgehoben.

Mit insgesamt 9 Bescheiden vom 11. und 12. August 1992 hat die Bezirkshauptmannschaft Hallein die Ansuchen der Beschwerdeführer abgewiesen und die jeweils beantragte Bauplatzerklärung gemäß § 14 Abs. 1 lit. a des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes in Verbindung mit § 2 der Delegierungsverordnung versagt. In der Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 14 Abs. 1 des Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG) sei die Bauplatzerklärung zu versagen, wenn die Grundfläche vom Standpunkt des öffentlichen Interesses als für die Bebauung ungeeignet erscheine; dies sei - wie unter lit. a dieser Bestimmung normiert sei - der Fall, wenn u.a. für die Grundfläche ein Bebauungsplan nicht aufgestellt sei. Gemäß § 2 Abs. 2 BGG sei ausdrücklich festgelegt, daß die Gemeinde für die für eine Bebauung in Betracht kommenden Teile des Gemeindegebietes Bebauungspläne aufzustellen habe, darüber hinaus lege Abs. 3 dieser Bestimmung fest, daß für den Fall, daß für eine Grundfläche noch kein Bebauungsplan gelte, und diese Grundfläche den Gegenstand einer Bauplatzerklärung bilden solle, durch die mehr als zwei Bauplätze geschaffen werden, die Gemeinde, sofern nicht ein Versagungsgrund gemäß § 14 Abs. 1 leg. cit. vorliege, für diese Grundfläche jedenfalls einen Bebauungsplan aufzustellen habe. Da für den Bereich "Brennhoflehen" mehr als zwei Bauplätze geschaffen werden sollen und derzeit für das (jeweils) zum Bauplatz zu erklärende Grundstück ein rechtswirksamer Bebauungsplan nicht aufgestellt sei, liege im (jeweils) gegenständlichen Fall ein Versagungstatbestand nach § 14 Abs. 1 lit. a BGG vor.

In der gegen diese Bescheide eingebrachten Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, die Tatbestände, die die Versagung einer Bauplatzerklärung rechtfertigten, seien im § 14 Abs. 1 BGG aufgezählt, bei Fehlen eines Versagungsgrundes nach dieser gesetzlichen Regelung sei die Bauplatzerklärung gemäß Abs. 2 zu erteilen. Entgegen der Annahme der Behörde erster Instanz sei das Vorliegen eines Bebauungsplanes keine Voraussetzung für die Erteilung einer Bauplatzerklärung, und zwar auch dann nicht, wenn mehr als zwei Bauplätze geschaffen werden sollten, was hier nicht der Fall sei.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wurden die erstinstanzlichen Bescheidsprüche im zweiten Halbsatz so abgeändert, daß dieser lautete: "..., und die beantragte Bauplatzerklärung mangels Vorliegens eines Bebauungsplanes gemäß § 2 Abs. 3 des Bebauungsgrundlagengesetzes als unzulässig zurückgewiesen." Zur Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde aus, wie in der Berufung zutreffend dargelegt, seien im § 14 Abs. 1 BGG die Versagungstatbestände für die Erteilung der Bauplatzerklärung normiert. Ein Versagungstatbestand gemäß § 14 Abs. 1 lit. a BGG sei nicht gegeben. Da auch die weiteren im § 14 Abs. 1 leg. cit. festgesetzten Versagungsgründe betreffend die gegenständlichen Bauplatzansuchen nicht gegeben seien, wären die beantragten Bauplatzerklärungen gemäß § 14 Abs. 2 BGG zu erteilen gewesen. Soweit erscheine das Berufungsvorbringen begründet. Im Zusammenhang mit den beantragten Bauplatzerklärungen sei jedoch die Frage der Rechtswirkung der Bestimmung des § 2 Abs. 3 BGG von wesentlicher Bedeutung. Grundsätzlich sei davon auszugehen, daß die Diktion "..., durch mehr als zwei Bauplätze geschaffen werden, so HAT die Gemeinde ..." keine Leerfloskel (ohne rechtliche Bedeutung für Bauplatzverfahren) darstelle. Bei teleologischer Auslegung dieser gesetzlichen Bestimmung müsse wohl bei der Schaffung von mehr als zwei Bauplätzen das Vorhandensein eines Bebauungsplanes die gesetzliche Voraussetzung für die ZULÄSSIGKEIT der diesbezüglichen Verfahren sein. Da somit die Prozeßvoraussetzung (Bebauungsplan) für die beantragten - mehr als zwei - Bauplatzerklärungen nicht gegeben sei, habe dem Berufungsbegehren (Erteilung der Bauplatzerklärung) keine Folge gegeben werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Bebauungsgrundlagengesetzes, LGBl. Nr. 69/1968 in der Fassung LGBl. Nr. 34/1991 lauten:

§ 2

"...

(2) Die Gemeinde hat für die für eine Bebauung in Betracht kommenden Teile des Gemeindegebietes Bebauungspläne aufzustellen.

(3) Gilt für eine Grundfläche noch kein Bebauungsplan und soll diese Grundfläche den Gegenstand einer Bauplatzerklärung bilden, durch die mehr als zwei Bauplätze geschaffen werden, so hat die Gemeinde, sofern nicht ein Versagungsgrund gemäß § 14 Abs. 1 vorliegt, für diese Grundfläche jedenfalls einen Bebauungsplan aufzustellen."

§ 14 Abs. 1 lit. a und Abs. 2

"(1) Die Bauplatzerklärung ist zu versagen, wenn die Grundfläche vom Standpunkt des öffentlichen Interesses für die Bebauung ungeeignet erscheint. Dies ist der Fall, wenn

a) die Bebauung der Grundfläche dem Flächenwidmungsplan oder dem Bebauungsplan widersprechen würde oder - wenn in einer Gemeinde ein Flächenwidmungsplan oder für die Grundfläche ein Bebauungsplan nicht aufgestellt ist - die Grundfläche mit einem öffentlich-rechtlichen Bauverbot belegt ist beziehungsweise in einem nicht besiedelten Gebiet in solcher Entfernung von einem besiedelten Gebiet gelegen ist, daß ein Zusammenhang mit diesem nicht besteht oder auch ein Zusammenwachsen mit diesem auf längere Zeit hinaus nicht erwartet werden kann (Streulage); die Streulage stellt dann keinen Versagungsgrund dar, wenn auf der Grundfläche Bauten errichtet werden sollen, für die eine Streulage aus betrieblichen Gründen erforderlich ist (z.B. land- und forstwirtschaftliche Betriebsbauten einschließlich der hiefür erforderlichen Wohnbauten, Transformatorenstationen, Schutzhäuser oder gewerbliche Betriebsbauten, für die nach § 74 der Gewerbeordnung 1973 ein besonderes Genehmigungsverfahren vorgeschrieben ist;

b) ...

(2) Liegen Gründe für eine Versagung nicht vor, so hat die Baubehörde die Bauplatzerklärung auszusprechen."

Auf Grund der von der Berufungsbehörde vorgenommenen Änderung der erstinstanzlichen Bescheide lautet der Spruch des nunmehr angefochtenen Bescheides wie folgt:

"Dem Ansuchen des N.N. vom ... um Bauplatzerklärung für das Grundstück Gp. ..., KG. Kuchl, im Flächenausmaß von ...m2 wird keine Folge gegeben und die beantragte Bauplatzerklärung mangels Vorliegens eines Bebauungsplanes gemäß § 2 Abs. 3 des Bebauungsgrundlagengesetzes als unzulässig zurückgewiesen."

Abgesehen davon, daß durch die im angefochtenen Bescheid eingefügte Änderung der Spruch offensichtlich sprachlich verunglückt ist, weil nicht in Betracht kommt, daß eine "beantragte Bauplatzerklärung" als "unzulässig zurückgewiesen" wird, sondern nur das jeweilige ANSUCHEN um Bauplatzerklärung als unzulässig zurückgewiesen werden könnte, geht die belangte Behörde davon aus, daß bei beabsichtigter Schaffung von mehr als zwei Bauplätzen das Vorhandensein eines Bebauungsplanes die gesetzliche Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Bauplatzerklärungsverfahrens sei. Bei Fehlen eines Bebauungsplanes und bei Schaffung von mehr als zwei Bauplätzen sei ein Ansuchen um Bauplatzerklärung als unzulässig zurückzuweisen. Diese Ansicht der belangten Behörde ist hier aus zwei Gründen unrichtig:

Ein Ansuchen um Bauplatzerklärung wäre nur dann zurückzuweisen, wenn das Ansuchen der Beschwerdeführer unzulässig oder die angerufene Behörde unzuständig wäre. Beides ist hier nicht der Fall. Die belangte Behörde hätte daher über die Berufung gegen die erstinstanzlichen Bescheide inhaltlich abzusprechen gehabt. Selbst wenn die Erteilung einer Bauplatzerklärung mangels eines bestehenden Bebauungsplanes nicht in Betracht gekommen wäre, hätte dies keinesfalls die Zurückweisung der Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Bauplatzerklärung gerechtfertigt, sondern allenfalls zu einer Versagung der beantragten Bauplatzerklärungen bzw. zu einer Abweisung der Berufung führen müssen. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie schon aus diesem Grund den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Selbst unter der hier nicht gerechtfertigten Annahme, daß die belangte Behörde in Wahrheit mit dem angefochtenen Bescheid die Anträge der Beschwerdeführer auf Bauplatzerklärung nicht zurückweisen, sondern abweisen wollte, war der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet:

Die Versagungstatbestände sind im § 14 Abs. 1 BGG taxativ aufgezählt. Liegt keiner dieser Gründe vor, so hat die Baubehörde gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung die Bauplatzerklärung auszusprechen. Die belangte Behörde geht - zutreffend - davon aus, daß keiner der im § 14 Abs. 1 leg.cit. normierten Versagungstatbestände vorliegt: § 14 Abs. 1 lit. a BGG regelt nämlich die Vorgangsweise, die von der Baubehörde dann einzuhalten ist, wenn kein Bebauungsplan aufgestellt ist, für alle Fälle der Bauplatzerklärung. In einem derartigen Fall ist nur zu überprüfen, ob die Grundfläche mit einem öffentlich-rechtlichen Bauverbot belegt bzw. in einem nicht besiedelten Gebiet in solcher Entfernung von einem besiedelten Gebiet gelegen ist, daß ein Zusammenhang mit diesem nicht besteht oder auch ein Zusammenwachsen mit diesem auf längere Zeit hinaus nicht erwartet werden kann. Alle diese Voraussetzungen liegen im Beschwerdefall nicht vor. Aus Art. II Abs. 3 der BGG Novelle 1992, LGBl. Nr. 99, wonach innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Bauplatzerklärungen auch ohne Bebauungsplan bewilligt werden dürfen, ist im übrigen ersichtlich, daß auch der Gesetzgeber von dieser Rechtslage ausgegangen ist.

Zu Unrecht hat sich die belangte Behörde auf § 2 Abs. 3 BGG gestützt. Die Berufung auf diese Bestimmung geht schon deshalb fehl, weil durch die bei der ersten Instanz eingebrachten Anträge der Tatbestand des § 2 Abs. 3 BGG nicht erfüllt wird. Mit den jeweiligen Eingaben wurde keine "Parzellierung" (Abteilung von Grundflächen auf mehrere Bauplätze) beantragt. Vielmehr wurden gesonderte Anträge für einzelne Grundstücke, die auch jeweils gesondert im Grundbuch eingetragen sind und Größen zwischen 1.300 und 20.000 m2 aufweisen, eingebracht. Die Grundstücke weisen nur ein gewisses räumliches Naheverhältnis zueinander auf, so liegen die Grundstücke Nr. 86/8 bis 86/12 nebeneinander, hinsichtlich der zwischen dem Grundstück Nr. 86/12 und 86/15 befindlichen Grundstücke Nr. 86/13 und 86/14 liegen keine beschwerdegegenständlichen Anträge vor, die Grundstücke Nr. 86/6 und 86/7 sowie 86/23 sind von den übrigen beschwerdegegenständlichen Grundstücken durch andere Grundflächen getrennt. Die Heranziehung des § 2 Abs. 3 BGG war daher in den Beschwerdefällen nicht gerechtfertigt. Im übrigen stellt die Bestimmung des § 2 Abs. 3 BGG lediglich eine Anordnung an den Verordnungsgeber dar, deren Einhaltung von der Gemeindeaufsichtsbehörde durchzusetzen ist, ohne daß die Nichteinhaltung (anders als gemäß § 14 Abs. 1 lit. a BGG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 99/1992) ein Grund für die Versagung von Bauplatzerklärungen wäre.

Aus den oben angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992060252.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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