TE Vwgh Erkenntnis 1993/4/13 92/05/0028

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Veröffentlicht am 13.04.1993
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L80003 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §62 Abs2;
BauO NÖ 1976 §96;
BauO NÖ 1976 §97;
BauplanV NÖ 1978 §4;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde

1.) des HH und 2.) der EH in X, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in N, gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde X wegen Verletzung der Entscheidungspflicht mangels Erledigung einer Berufung in einem Baubewilligungsverfahren (Beteiligte: 1) LS und 2) AS in X, beide vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S), zu Recht erkannt:

Spruch

In Anwendung des § 42 Abs. 4 VwGG wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG aufgrund der Berufung der Beschwerdeführer der Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde X vom 20. Oktober 1975, ohne Zahl, betreffend die Erteilung einer Baubewilligung für einen Schweinestall, aufgehoben und das Ansuchen der beteiligten Bauwerber um Erteilung der Baubewilligung gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.

Die Stadtgemeinde X hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 26. März 1974 hatte der Bürgermeister der Stadtgemeinde X dem Erstbeteiligten die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Schweinestalles, eines Hühnerstalles und eines Preßhauses auf der Liegenschaft EZ 44, KG X, erteilt. Nach dem der Baubewilligung zugrunde gelegten Bauplan sollte ein zweigeschoßiges Gebäude in einer Länge von 35 m und einer Breite von 11 m errichtet werden, wobei das Erdgeschoß teilweise als Schweinestall, das Obergeschoß als Hühnerstall Verwendung finden sollte. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Am 29. Juli 1975 brachten die beschwerdeführenden Nachbarn beim Stadtamt X vor, daß das Stallgebäude nicht plangemäß errichtet worden sei und sie Geruchsbelästigungen ausgesetzt seien. Mit Schreiben vom 31. Juli 1975 forderte der Bürgermeister den Erstbeteiligten auf, im Falle einer Abweichung vom Bauplan einen Auswechslungsplan für das Stallgebäude nachzureichen. Nach einem Aktenvermerk vom 28. Oktober 1975 legte die Zweitbeteiligte Auswechslungspläne vor und übernahm solche am selben Tag. Der Aktenlage nach dürften allerdings die Pläne schon zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegt worden sein, denn in den Verwaltungsakten findet sich ein Vermerk "1. Sept. Pläne" sowie ein Rückschein, demzufolge der Erstbeteiligte aufgefordert wurde, vom Stadtamt X Pläne abzuholen. Dieser Rückschein wurde von der Zweitbeteiligten mit dem Vermerk "Gattin" am 28. Oktober 1975 unterfertigt. Die bei den Verwaltungsakten erliegende Ausfertigung des Planes enthält in Maschinschrift das Datum "20.10.1975", die Unterschrift des Bürgermeisters und den Vermerk "Vorliegender Auswechslungsplan wird baubehördlich genehmigt". Der Darstellung nach handelt es sich entgegen dem Vermerk "Auswechslungsplan zur Errichtung eines Schweinestalles" um die Darstellung eines Neubaues, wie schon der Färbelung des Planes zu entnehmen ist. Nach dem Lageplan und der Grundrißdarstellung soll ein 12,50 m breites und 37 m langes Stallgebäude eingeschoßig errichtet werden, welches hinsichtlich der Lage in etwa dem bisher baubehördlich bewilligten Projekt entspricht. Ein baubehördliches Bewilligungsverfahren unter Beiziehung der Beschwerdeführer als Nachbarn war nicht durchgeführt worden.

In der Folge haben die Beschwerdeführer wiederholt vor allem unzumutbare Geruchsbelästigungen geltend gemacht, was zur Durchführung einer Reihe von Verfahren führte, nicht jedoch erkannten die Gemeindebehörden, daß der Verwaltungsakt vom 20. Oktober 1975 als Bescheid zu qualifizieren ist, wie die NÖ Landesregierung in einem aufsichtsbehördlichen Bescheid vom 9. Jänner 1985 zutreffend feststellte (mit diesem Vorstellungsbescheid waren Vorstellungen der Beschwerdeführer und einer weiteren Nachbarin gegen einen Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde X vom 29. September 1983 als unbegründet abgewiesen worden, mit welchem hinsichtlich der Baubewilligung vom 26. März 1974 zusätzliche Vorschreibungen gemäß § 68 Abs. 3 AVG den Beteiligten auferlegt worden waren). In diesem aufsichtsbehördlichen Bescheid hatte die NÖ Landesregierung festgestellt, daß die Beschwerdeführer als übergangene Parteien ein Recht auf Zustellung des Bescheides vom 20. Oktober 1975 hätten und sie dagegen das Rechtsmittel der Berufung ergreifen können.

In einer Eingabe vom 30. Jänner 1985 begehrten die Beschwerdeführer die Zustellung des Bescheides vom 20. Oktober 1975 und erhoben nach dessen Zustellung am 18. März 1985 rechtzeitig Berufung. Mit Bescheid vom 16. Juli 1990 traf die belangte Behörde neuerlich eine Entscheidung betreffend den errichteten Schweinestall, wobei einerseits von der Rechtskraft des Bescheides vom 26. März 1974 ausgegangen und weitere Auflagen vorgeschrieben wurden, andererseits den Beteiligten weitere Verpflichtungen auferlegt wurden, ohne daß dem Spruch nach formell über die Berufung der Beschwerdeführer entschieden wurde. Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Beschwerdeführer als auch die Beteiligten Vorstellung. Mit Bescheid vom 26. Juli 1991 wies die NÖ Landesregierung die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet ab, gab der Vorstellung der Beteiligten Folge und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurück. Begründend stellte die Gemeindeaufsichtsbehörde fest, daß nach den Aktenunterlagen eine Entscheidung des Gemeinderates über die Berufung der Beschwerdeführer nicht getroffen worden ist. Im Hinblick auf die Berufung der Beschwerdeführer könne aber von einer rechtskräftigen Baubewilligung für die Stallanlage nicht ausgegangen werden, sodaß eine Anwendung des § 68 Abs. 3 AVG nicht zulässig sei. Nach weiteren Ausführungen wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Gemeinderat im fortgesetzten Verfahren über die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 20. Oktober 1975 zu entscheiden haben werde. Im Rahmen dieses Verfahrens werde zu beurteilen sein, ob durch den Schweinestall in der abgeänderten (vergrößerten) Form örtlich unzumutbare Belästigungen der Anrainer im Sinne des § 62 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) entstehen oder nicht. Durch diese Abänderung sei die Fläche zur Schweinehaltung von 211 m2 auf 290 m2 erhöht worden, die Troglänge von ca. 50,4 m auf 116 m Länge und damit eine Vergrößerung des Tierbestandes ermöglicht worden. Dieser Bescheid wurde der belangten Behörde am 7. August 1991 zugestellt und blieb unangefochten.

Nachdem die belangte Behörde weiterhin keine Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführer traf, erhoben diese am 25. Februar 1992 Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Ausdrücklich beantragten die Beschwerdeführer, der Verwaltungsgerichtshof möge ihrer am 18. März 1985 eingebrachten Berufung Folge geben.

Mit Verfügung vom 27. März 1992 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein. Die Beschwerde wurde der belangten Behörde mit dem Auftrag zugestellt, gemäß § 36 Abs. 2 VwGG innerhalb der Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Obwohl diese Verfügung der belangten Behörde am 2. April 1992 zugestellt wurde, legte diese erst mit Schreiben vom 6. Juli 1992 die Verwaltungsakten vor und teilte mit, daß durch den Gemeinderat eine Entscheidung nicht getroffen worden sei.

Mit Verfügung vom 23. November 1992 wurde der wesentliche Sachverhalt kurz zusammengefaßt, und es wurden die daraus möglicherweise zu ziehenden rechtlichen Schlußfolgerungen aufgezeigt, nämlich, daß in Wahrheit die Baubewilligung vom 26. März 1974 nicht mehr Gegenstand der Rechtsordnung ist, weil das tatsächlich ausgeführte Vorhaben mit dem damals bewilligten Bauvorhaben gar nicht ident ist. Eine solche Beurteilung der Sach- und Rechtslage würde aber bedeuten, so wurde ausgeführt, daß auf Grund der Berufung der Beschwerdeführer zunächst einmal - sollte das Bauansuchen nicht zurückgezogen werden - der Verwaltungsgerichtshof die Beteiligten aufzufordern hätte, Baupläne sowie Baubeschreibungen dem Gesetz entsprechend vorzulegen, um sodann auf Grund der vorgelegten Unterlagen zu prüfen, ob im Hinblick auf die Einwendungen der Beschwerdeführer die Erteilung einer Baubewilligung überhaupt in Betracht kommt. Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurden aufgefordert, binnen drei Wochen ab Zustellung dieser Verfügung zu dieser Beurteilung der Sach- und Rechtslage Stellung zu nehmen, gleichzeitig wurde die Zustellung einer Ausfertigung der Beschwerde an die Beteiligten verfügt.

Zu dieser Verfügung nahmen sowohl die Beschwerdeführer als auch die Beteiligten Stellung. Die Beteiligten erklärten, sich der dargelegten Sach- und Rechtslage im wesentlichen anzuschließen, gaben aber zu bedenken, daß entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer die mit Bescheid vom 26. März 1974 dem Erstbeteiligten erteilte baubehördliche Bewilligung in Rechtskraft erwachsen sei. In diesem Verfahren hätten die Beschwerdeführer keine Einwendungen erhoben und seien somit auch mit den Immissionen im Umfang der vorgesehenen Nutzung einverstanden gewesen. Daraus ergebe sich, daß auch dem fortgesetzten Verfahren jene Immissionsgrenzen zugrunde zu legen seien, die der baubehördlichen Bewilligung vom 26. März 1974 zugrunde gelegen seien. Subjektive Rechte der Beschwerdeführer könnten also nur dann beeinträchtigt werden, wenn die Immissionen vom verfahrensgegenständlichen Bauprojekt jene des früheren überschritten. Nach weiteren Ausführungen betreffend die Immissionen erklärten die Beteiligten die Annahme des Verwaltungsgerichtshofes als zutreffend, wonach das tatsächlich ausgeführte Bauvorhaben mit dem bewilligten Bauvorhaben nicht ident sei, wobei auf die Feststellung hingewiesen werde, daß der Auswechslungsplan hinsichtlich der Lage in etwa dem bisher baubehördlich bewilligten Projekt entspreche. Zur Verdeutlichung werde darauf hingewiesen, daß das ursprüngliche Objekt sich als Stall mit den Ausmaßen 35 m x 11 m darstellen sollte, die ausgewechselte Grundrißdarstellung aber ein Stallgebäude mit den Ausmaßen 37 m x 12,5 m betreffe. Tatsächlich sei auch anstatt eines zweistöckigen ein einstöckiges Gebäude errichtet worden. Gehe man von der Annahme der NÖ Landesregierung aus, daß der Vermerk auf dem Auswechslungsplan als neuer Baubewilligungsbescheid anzusehen sei, welcher zumindest zum größten Teil auch das ausgeführte Bauvorhaben decke, so wäre im fortgesetzten Verfahren auch zu berücksichtigen, inwieweit das mit dem ursprünglichen Plan übereinstimmende Bauvorhaben einer teilweise rechtskräftigen Baubewilligung entspreche. Es wurde auch darauf hingewiesen, daß sich die Beteiligten in der Situation befunden hätten, auf Grund des Genehmigungsvermerkes vom 20. Oktober 1975 von einem wohlerworbenen Recht auszugehen. Der Verwaltungsgerichtshof werde unter Beiziehung der erforderlichen Sachverständigen zu klären haben, ob durch die tatsächliche Nutzung Immissionen entstehen, welche die ursprüngliche, widmungsgemäße Verwendung des Stalles überschreiten und sich als erhebliche Belästigung darstellen, dies unter Berücksichtigung sowohl der in der Flächenwidmung erlaubten Nutzung als auch des in der Flächenwidmung intendierten Immissionsausmaßes unter Berücksichtigung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse. Nach weiteren Ausführungen wurde der Antrag gestellt, nach Durchführung der Bauverhandlung das Bauansuchen zu bewilligen.

Mit Verfügung vom 16. Februar 1993 erteilte der Verwaltungsgerichtshof in Anwendung des § 62 VwGG gemäß § 13 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG den Beteiligten den Auftrag, binnen drei Wochen ab Zustellung der Verfügung Baupläne und Beschreibungen entsprechend den §§ 96 und 97 BO für den errichteten Schweinestall in dreifacher Ausfertigung vorzulegen. Auf die Rechtsfolgen nach § 13 Abs. 3 AVG (Zurückweisung des Antrages) wurde verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 22. März 1993 legten die Beschwerdeführer eine Baubeschreibung und einen Plan in dreifacher Ausfertigung vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Im Beschwerdefall hat die NÖ Landesregierung in dem erwähnten Bescheid vom 9. Jänner 1985 zu Recht den Verwaltungsakt vom 20. Oktober 1975 als Bescheid qualifiziert, wurde doch vom Bürgermeister ein als Auswechslungsplan bezeichneter Bauplan, der seiner Darstellung und Färbelung nach ein neues Bauvorhaben zu seinem Gegenstand hat, baubehördlich genehmigt. Zu Recht haben daher die Beschwerdeführer nach Zustellung dieses Bescheides als übergangene Nachbarn dagegen Berufung erhoben, über die allerdings die belangte Behörde Jahre hindurch keine Entscheidung traf und auch die vom Verwaltungsgerichtshof gesetzte Nachfrist nicht zur Nachholung des Bescheides nutzte. Die von den Beschwerdeführern erhobene Säumnisbeschwerde erweist sich sohin als zulässig.

Wie schon in der Verfügung vom 23. November 1992 dargetan, ist das mit Bescheid vom 26. März 1974 bewilligte Bauvorhaben, welches ja insbesondere ein zweigeschoßiges Gebäude zu seinem Gegenstand hatte, weder von seinen Ausmaßen noch von seiner Verwendung mit dem in dem Auswechslungsplan dargestellten eingeschoßigen Gebäude ident, sodaß in Wahrheit von einem rechtskräftig baubehördlich bewilligten Bestand gegenüber den beschwerdeführenden Nachbarn keine Rede sein kann. Auch die Beteiligten haben der Annahme des Verwaltungsgerichtshofes in seiner Verfügung vom 23. November 1992 nicht widersprochen, daß von einem identen Bauvorhaben keine Rede sein kann, wenngleich der größte Teil der bebauten Grundfläche des erstgenannten Bauvorhabens auch vom zweitgenannten Bauvorhaben erfaßt ist. Tatsächlich ist ja auch in dem Auswechslungsplan, wie schon erwähnt, in Wahrheit ein neues Bauvorhaben Gegenstand der Darstellung. Die Beschwerdeführer besitzen als Nachbarn nach den Bestimmungen des § 118 Abs. 8 und 9 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) Parteistellung im baubehördlichen Bewilligungsverfahren und haben in ihrer Berufung zu Recht darauf hingewiesen, daß ihnen ein Anspruch darauf zusteht, durch das Bauvorhaben der Beteiligten nicht einer unzumutbaren Geruchsbelästigung ausgesetzt zu werden. Die NÖ Landesregierung hat schon in ihrem Bescheid vom 9. Jänner 1985 zutreffend festgestellt, daß die belangte Behörde gemäß § 62 Abs. 2 BO verpflichtet ist, zu prüfen, ob das Bauvorhaben der Beteiligten Belästigungen der Beschwerdeführer erwarten läßt, welche das örtlich zumutbare Maß übersteigen. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß nach dem geltenden Flächenwidmungsplan die hier maßgeblichen Grundflächen im Bauland-Agrargebiet liegen, die Errichtung eines Schweinestalles also grundsätzlich zulässig ist, handelt es sich doch um ein Betriebsgebäude, welches landwirtschaftlichen Zwecken dient (siehe § 16 Abs. 1 Z. 5 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976).

Die vorzunehmende Prüfung setzt voraus, daß dem Gesetz entsprechende Baupläne und Beschreibungen vorliegen, was nach der Aktenlage nicht der Fall ist. Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher zunächst den Beteiligten gemäß § 13 Abs. 3 AVG den Auftrag zu erteilen, Baupläne und Beschreibungen gemäß den §§ 96 und 97 BO binnen angemessener Frist vorzulegen. Der dreifach vorgelegte Bauplan wurde als Bestandsplan bezeichnet und stellt die Bauwerke und Bauteile in grauer Farbe dar; in der Legende des Planes wird die Darstellung als Altbestand gekennzeichnet. Da jedoch von einem rechtskräftig bewilligten Bestand nicht auszugehen ist, entspricht der Plan nicht den Anforderungen der Bauplanverordnung, LGBl. 8200/2-0, wären die Bauwerke und Bauteile doch gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 und Abs. 3 Z. 1 dieser Verordnung als neu zu errichtende darzustellen gewesen. Da sohin schon der vorgelegte Bauplan nicht den hiefür maßgeblichen Vorschriften entspricht, hatte der Verwaltungsgerichtshof spruchgemäß zu entscheiden. Es wird Sache der Beteiligten sein, bei der Baubehörde erster Instanz ein neues, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend belegtes Bauansuchen zu stellen, widrigenfalls die Baubehörde mit der Erlassung eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages vorzugehen hätte.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Verbesserungsauftrag Nichtentsprechung Zurückweisung verfahrensrechtlicher BescheidFormgebrechen behebbare Beilagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992050028.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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