TE Vwgh Erkenntnis 1993/4/14 93/18/0062

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Veröffentlicht am 14.04.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Grundrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §56;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art131a;
B-VG Art144 Abs3;
FrPolG 1954 §13;
FrPolG 1954 §5 Abs1;
FrPolG 1954 §5a Abs1;
FrPolG 1954 §5a;
PersFrSchG 1988 Art1;
PersFrSchG 1988 Art2;
PersFrSchG 1988 Art6 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des I in D, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 29. Juni 1992, Zl. Senat-F-92-002, betreffend Schubhaft und Abschiebung sowie Ersatz der Kosten gemäß § 79a AVG,

Spruch

A. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird insoweit, als sie sich gegen die Abweisung der an die belangte Behörde erhobenen Beschwerde im Umfang der Bekämpfung der Anhaltung des Beschwerdeführers am 21. November 1991 von ca. 11.30 Uhr bis gegen 13.15 Uhr und seiner Abschiebung um 13.15 Uhr richtet, zurückgewiesen.

B. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird insoweit, als mit ihr der angefochtene Bescheid im Umfang der Abweisung des Kostenmehrbegehrens bekämpft wird, als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Aufgrund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 18. November 1991 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, zur Sicherung der Abschiebung - über ihn war mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 2. Oktober 1991 im Instanzenzug ein Aufenthaltsverbot verhängt worden - am 21. November 1991 von ca. 5.30 Uhr bis gegen 13.15 Uhr in Schubhaft genommen und um 13.15 Uhr per Flugzeug in die Türkei abgeschoben.

2. U.a. dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 23. Dezember 1991 Beschwerde an die belangte Behörde. Diese erließ daraufhin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung dem Beschwerdeführer gegenüber den Bescheid vom 29. Juni 1992, dessen Spruch - soweit für die Beschwerdeerledigung von Belang - wie folgt lautet:

"Hinsichtlich der Behauptung, der Beschwerdeführer sei durch seine weitere Anhaltung bis zu seiner Abschiebung am 21. November 1991 um 13.15 Uhr und die Abschiebung selbst in seinen Rechten verletzt worden, wird die Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit § 59 Abs. 2 AVG die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in der Höhe von S 16.810,-- innerhalb eines Monats bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird als unbegründet abgewiesen."

3. Gegen diesen Bescheid, und zwar im Umfang der vorzitierten Spruchteile (hinsichtlich des Kostenausspruches im Umfang der Abweisung des Mehrbegehrens), richtet sich die vorliegende Beschwerde, die zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhoben und nach Ablehnung von deren Behandlung durch diesen Gerichtshof (Beschluß vom 30. November 1992, B 1032/92-3) und anschließender Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof (Beschluß vom 8. Februar 1993, B 1032/92-5) im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entsprechend ergänzt wurde (Schriftsatz vom 15. März 1993).

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Beschwerderecht gemäß § 5a des Fremdenpolizeigesetzes an den unabhängigen Verwaltungssenat steht nur tatsächlich festgenommenen oder angehaltenen Personen zu. In Freiheit befindlichen Adressaten eines Schubhaftbescheides kommt ein solches Beschwerderecht nicht zu. Dies gilt auch für jene Fälle, in denen eine Person nicht mehr angehalten wird, weil sie bereits aus der Schubhaft entlassen worden ist (vgl. den hg. Beschluß vom 3. Dezember 1992, Zl. 92/18/0390).

Da im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen am 21. November 1991 (um 13.15 Uhr) in die Türkei abgeschoben wurde, er somit bereits zu diesem Zeitpunkt aus der Schubhaft entlassen war, fehlte ihm die Berechtigung am 23. Dezember 1991 Beschwerde wegen behaupteter Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung bis zum angegebenen Zeitpunkt an die belangte Behörde zu erheben. Der Beschwerdeführer konnte demnach in dem von ihm in dieser Hinsicht geltend gemachten Recht auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaft nicht verletzt werden (vgl. nochmals den hg. Beschluß Zl. 92/18/0390).

2. Was das vom Beschwerdeführer geltend gemachte Recht auf meritorische Erledigung seiner Beschwerde durch die belangte Behörde, soweit jene die Behauptung der Rechtswidrigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers zum Gegenstand hat, anlangt, ist auf folgendes hinzuweisen:

Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (vgl. den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 15. März 1984, VfSlg. 9999, und den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1984, VwSlg. 11.468/A) stellt die Abschiebung bloß eine der Vollstreckung vorausgegangener Bescheide (hier jedenfalls des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot verhängt wurde) dienende Maßnahme dar. Eine solche Maßnahme kann - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht - nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt angesehen werden; sie war daher weder nach Art. 144 Abs. 3 noch nach Art. 131a B-VG, jeweils idF vor der Novelle BGBl. Nr. 685, bekämpfbar noch ist sie dies gemäß Abs. 1 Z. 2 des durch diese Novelle eingefügten Art. 129a B-VG (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 93/18/0113).

Dem Beschwerdeführer mangelte somit im Hinblick auf das Vorliegen eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes auch insoweit die Berechtigung, eine Beschwerde an die belangte Behörde zu erheben; die Bekämpfung einer auf § 13 des Fremdenpolizeigesetzes gestützten Abschiebung (Überstellung zum Flughafen, von dort Beförderung in die Türkei) im Wege einer Beschwerde an die belangte Behörde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG erweist sich daher als unzulässig. Dies hat zur Folge, daß die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des als verletzt bezeichneten Rechtes, "nicht durch zwangsweise Beförderung abgeschoben zu werden" (gemeint: des Rechtes, die Abschiebung für rechtswidrig zu erklären), ausgeschlossen ist.

3. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen war die Beschwerde in dem im Spruch (Punkt A) dieser Entscheidung umschriebenen Umfang gemäß § 34 Abs. 1 VwGG unter Bedachtnahme auf § 12 Abs. 3 leg. cit. ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

4. Die belangte Behörde hat ihre den Beschwerdeführer betreffende Kostenentscheidung (Zuerkennung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in der Höhe von S 16.810,--; Abweisung des darüber hinausgehenden Mehrbegehrens) mit der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1991, Zl. 91/19/0162, zum Ausdruck gebrachten Ansicht begründet, daß sich der Kostenersatz gemäß § 79a AVG an den Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG über den Kostenersatz iVm der auf § 49 VwGG gestützten Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung des Aufwandersatzes vor dem Verwaltungsgerichtshof (derzeit: BGBl. Nr. 104/1991) zu orientieren habe, wobei ein um ein Drittel dieser Pauschalsätze gekürzter Betrag angemessen sei.

Der Beschwerdeführer bekämpft die Abweisung des Kostenmehrbegehrens mit dem Hinweis, daß sich kein Bezug zwischen den "beiden gesetzlichen Systemen" des § 79a AVG einerseits und der §§ 47 ff VwGG anderseits feststellen lasse, sodaß die Festlegung auf nur zwei Drittel der Pauschalsätze vor dem Verwaltungsgerichtshof im Gesetz keine Deckung finde; außerdem werde mit dieser Festsetzung dem § 79a AVG ein "denkunmöglicher Gehalt" beigemessen.

Dieses Vorbringen bietet keinen Anlaß, von der in dem von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnis Zl. 91/19/0162 (und seither in ständiger Rechtsprechung) vertretenen Rechtsanschauung abzugehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat dort im einzelnen unter Bezugnahme auf einschlägige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes dargetan, warum er bei der Kostenentscheidung gemäß § 79a AVG eine Orientierung an den für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geltenden pauschalierten Aufwandersätzen mit der Maßgabe, daß diese um ein Drittel (gerundet) zu kürzen sind, für adäquat hält. Dem vermochte die Beschwerde nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen. Der angefochtenen Entscheidung haftet demnach insoweit Rechtswidrigkeit nicht an.

5. Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß - in Ansehung der Kostenentscheidung - die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde insoweit gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur Rechtsverletzungsmöglichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180062.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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