TE Vfgh Beschluss 1990/11/28 B47/90

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Veröffentlicht am 28.11.1990
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Index

L1 Gemeinderecht
L1000 Gemeindeordnung

Norm

VfGG §17 Abs2
Stmk GdO 1967 §32
VfGG §88

Leitsatz

Zurückweisung der von einem Rechtsanwalt namens einer Gemeinde erhobenen Beschwerde mangels rechtsgültiger Bevollmächtigung des Beschwerdevertreters durch den Vizebürgermeister; keine Verhinderung des Bürgermeisters im Zeitpunkt der Vollmachterteilung; Entzug der Vertretungsbefugnis durch den Bürgermeister; kein Kostenzuspruch an die mitbeteiligte Partei

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuspruch eines Kostenersatzes wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit Bescheid vom 23.11.1989 erteilte die Steiermärkische Landesregierung dem Müllwirtschaftsplan des Müllwirtschaftsverbandes Hartberg in der Fassung der Beschlüsse der Verbandsversammlung vom 15.3.1989 und vom 2.8.1989 die Genehmigung gemäß §§18 Abs1 und 20 Abs3 des Steiermärkischen Müllwirtschaftsgesetzes 1987, LGBl. Nr. 7/1988.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, als "Beschwerde gemäß Art139 B-VG" bezeichnete Eingabe, die namens der Gemeinde St. Johann in der Haide von Rechtsanwalt Dr. F U als deren Rechtsvertreter eingebracht wurde.

3. Die Steiermärkische Landesregierung als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Müllwirtschaftsverband Hartberg als mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Äußerung mit dem Begehren, die Beschwerde "zurückzuweisen" sowie die Kosten für die Erstattung der Gegenschrift in Höhe von S 2.000,- zu erstatten.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Die Vollmacht an Rechtsanwalt Dr. F U zur Einbringung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof "... gegen den Bescheid der steierm. Landesregierung vom 23.11.1989, GZ.: 03-38 H 2-1989/11 ..." wurde durch den Vizebürgermeister der Gemeinde St. Johann in der Haide erteilt.

2. Die gegenständliche Beschwerdeschrift langte beim Verfassungsgerichtshof am 12.1.1990 ein. Am 10.1.1990 traf beim Verfassungsgerichtshof ein an den als Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Gemeinde einschreitenden Rechtsanwalt Dr. F U sowie an den Verfassungsgerichtshof - zur Kenntnisnahme - adressiertes Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde St. Johann in der Haide mit folgendem Inhalt ein:

"Die Ihnen am 8. Jänner 1990 vom Vizebürgermeister ... erteilte Vollmacht zur Einbringung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde ist durch einen Gemeinderatsbeschluß nicht gedeckt und daher für die Gemeinde St. Johann in der Haide nicht rechtsverbindlich, da sie auch nicht von mir als Bürgermeister erteilt wurde. Ich ersuche um Kenntnisnahme und Nichteinbringung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde."

Da gemäß §32 Abs1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 der Bürgermeister vom Vizebürgermeister nur im Falle seiner Verhinderung vertreten wird, der Bürgermeister aber zum Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht offensichtlich nicht verhindert war, ist die vom Vizebürgermeister namens der Gemeinde St. Johann in der Haide erteilte Vollmacht an Dr. F U ungültig. Dr. F U war sohin von der Gemeinde St. Johann in der Haide nicht rechtsgültig bevollmächtigt, für sie eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof einzubringen.

3. Das im Wortlaut wiedergegebene Schreiben des Bürgermeisters ist seinem Inhalt nach aber auch als Entzug der Vertretungsbefugnis zu werten. Damit wäre aber selbst für den Fall, daß die ursprüngliche Erteilung der Vollmacht zur Einbringung der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof durch den Vizebürgermeister gemäß §32 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 zulässig gewesen wäre, ein Entzug der Vertretungsbefugnis durch das dafür zuständige Organ anzunehmen. Die Beschwerde war daher auch aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen.

III. Der mitbeteiligten Partei war der Ersatz der Kosten des Verfahrens nicht zuzusprechen, weil sie zur Rechtsfindung keinen Beitrag leisten konnte (vgl. VfSlg. 10228/1984).

IV. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Prozeßvollmacht, Gemeinderecht Organe, Bürgermeister, VfGH / Beteiligter, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B47.1990

Dokumentnummer

JFT_10098872_90B00047_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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