TE Vwgh Erkenntnis 1993/5/18 92/11/0283

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Veröffentlicht am 18.05.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
43/01 Wehrrecht allgemein;
44 Zivildienst;

Norm

AVG §68 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwRallg;
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2 impl;
ZDG 1986 §10 Abs1;
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Oktober 1992, Zl. 159 143/6-IV/10/92, betreffend Befreiung von der Zivildienstpflicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des im Jahre 1960 geborenen Beschwerdeführers vom 12. August 1992 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 des Zivildienstgesetzes abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hatte seinen Antrag auf Befreiung von der Zivildienstpflicht damit begründet, daß er mit Wirkung vom

31. (richtig wohl 30.) Juni 1992 sein Dienstverhältnis bei seinem bisherigen Dienstgeber gelöst habe, um ein eigenes Unternehmen zu gründen. Bereits im April habe er die ersten Investitionen getätigt. Er beantrage den Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes um fünf Jahre. Mit Erledigung vom 31. August 1992 teilte ihm die belangte Behörde mit, daß sie sein Ansuchen als auf Befreiung von der Zivildienstpflicht gerichtet betrachte und dementsprechend behandeln werde. Mit Schreiben vom 12. September 1992 legte der Beschwerdeführer Unterlagen betreffend die bevorstehende Gründung einer Gesellschaft m.b.H. vor; zu der Umdeutung seines Antrages vom 12. August 1992 nahm er keine Stellung.

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid der Sache nach damit, daß sie das Vorliegen von wirtschaftlichen Interessen an seiner Befreiung bejahte, deren besondere Rücksichtswürdigkeit im Sinne des Gesetzes jedoch verneinte; dies deswegen, weil der Beschwerdeführer seine Verpflichtung zur Harmonisierung seiner wirtschaftlichen und beruflichen Dispositionen mit seiner Zivildienstpflicht verletzt habe. Es liege daher kein Grund für eine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes in eingeschränktem Umfang - der Beschwerdeführer hatte im Jahr 1989 einen Teil des Grundwehrdienstes beim Bundesheer geleistet - vor.

Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Der Beschwerdeführer hat nach seinen eigenen Angaben seine Bestrebungen, ein selbständiges Unternehmen zu gründen, zu einer Zeit aufgenommen, als er noch wehrpflichtig war (zivildienstpflichtig wurde er erst auf Grund eines Bescheides der belangten Behörde vom 19. Februar 1992). Er mußte damals damit rechnen, seinen restlichen Grundwehrdienst leisten zu müssen. Seit der Feststellung, daß er auf Grund seines Antrages auf Befreiung von der Wehrpflicht im Sinne des § 76b des Zivildienstgesetzes zivildienstpflichtig sei, mußte er mit der Zuweisung zu einer Zivildienstleistung rechnen. Er hat seinen eigenen Angaben zufolge dessenungeachtet die Gründung seines Unternehmens in Angriff genommen und ist im Hinblick darauf Verpflichtungen eingegangen, aus denen er nunmehr seine Befreiung ableiten möchte. Es liegt demnach ein typischer Fall einer Verletzung der in Rede stehenden, auf Grund des Wehrgesetzes entwickelten und auf das Zivildienstgesetz insbesondere im Hinblick auf die Wortgleichheit der Befreiungstatbestände nach den beiden Gesetzen voll übertragbaren Harmonisierungspflicht vor. Der Beschwerdeführer vermag in keiner Weise darzutun, daß er mit seinen wirtschaftlichen Bemühungen nicht hätte zuwarten können, bis er seiner Wehr- bzw. Zivildienstpflicht - in Ansehung der Grunddienste - (zur Gänze) nachgekommen ist. Er gibt sogar selbst an, daß er unselbständig erwerbstätig gewesen sei und sein Arbeitsverhältnis gelöst habe, um das Unternehmen zu gründen. Dieses Arbeitsverhältnis hat er seinen Angaben zufolge gelöst, um eine selbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Es ist kein Grund dafür erkennbar, warum es dem Beschwerdeführer unmöglich oder unzumutbar gewesen sein sollte, die unselbständige Erwerbstätigkeit im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses bis zur Ableistung des ordentlichen Zivildienstes aufrechtzuerhalten. Die potentiellen Schwierigkeiten, auf die er stoßen würde, wenn er kurz vor Antritt des Zivildienstes ein neues Arbeitsverhältnis eingehen wollte, hätte er in gleicher Weise auf Grund der Verletzung der Harmonisierungspflicht selbst zu vertreten wie die nunmehr geltend gemachten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Inangriffnahme seiner selbständigen Erwerbstätigkeit.

Die Harmonisierungspflicht verbietet keineswegs, "Vorkehrungen" für ein künftiges Erwerbsleben zu treffen. Sie gebietet aber, solche Vorkehrungen zu unterlassen, die eine (Wehr- oder) Zivildienstleistung gefährden können. Die belangte Behörde verweist in diesem Zusammenhang zutreffend auf die Möglichkeit einer Antragstellung auf vorzeitige Zivildienstleistung gemäß § 10 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes. Daß der Beschwerdeführer vergeblich von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hätte, behauptet er nicht.

Sein Befreiungsantrag war schon aus diesen Gründen unbegründet. Auf den weiteren Inhalt der Begründung des angefochtenen Bescheides betreffend die Möglichkeit, während der durch einen Zuweisungsbescheid vom 10. Juli 1992 aktualisierten Zivildienstleistung weiterhin unternehmerischen Tätigkeiten nachzugehen, sowie auf das darauf bezughabende Beschwerdevorbringen brauchte nicht eingegangen zu werden.

Bemerkt sei, daß die Beschwerde nicht deswegen als gegenstandslos anzusehen ist, weil sich der Beschwerdeführer - offenbar angesichts eines gegen ihn anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens wegen Nichtbefolgung des genannten Zuweisungsbescheides - mit Schreiben vom 5. Jänner 1993 und mit niederschriftlich festgehaltener Erklärung vom 19. Jänner 1993 damit einverstanden erklärt hat, vom 1. Februar 1993 an Zivildienst zu leisten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß der angefochtene Bescheid (die Feststellung der Verletzung der Harmonisierungspflicht durch die Inangriffnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit) auch noch nach diesen Ereignissen infolge seiner Bindungswirkung für die Zukunft rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Die Beschwerde ist insgesamt unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 im Rahmen des gestellten Begehrens.

Schlagworte

Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Verfahren vor dem VwGH Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992110283.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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